Suchoptionen
Startseite Medien Wissenswertes Forschung und Publikationen Statistiken Geldpolitik Der Euro Zahlungsverkehr und Märkte Karriere
Vorschläge
Sortieren nach

Vorwort von Christine Lagarde, Präsidentin der EZB

Der Redaktionsschluss für das Vorwort der Präsidentin und das Interview mit dem Vorsitzenden des Aufsichtsgremiums war am 28. Februar 2023.

Das Jahr 2022 stellte die Bürgerinnen und Bürger im Euroraum vor große Herausforderungen. Die Wirtschaft war zwar auf einem guten Weg, sich von der Corona-Pandemie zu erholen, wurde dann aber durch den ungerechtfertigten Einmarsch Russlands in die Ukraine in Mitleidenschaft gezogen. Die unmittelbaren Auswirkungen auf die Banken waren zunächst begrenzt, da nur wenige von ihnen umfangreiche Engagements in den vom Krieg betroffenen Regionen aufwiesen. Die Institute sahen sich jedoch mit einem Umfeld konfrontiert, das von tiefgreifender wirtschaftlicher Unsicherheit und einer historisch hohen Inflation geprägt war.

Die durch das Kriegsgeschehen ausgelöste Energiekrise führte zusammen mit den Lieferengpässen und der aufgestauten Nachfrage, beides eine Folge der Pandemie, zu einem hohen Inflationsdruck. In einer derartigen Situation ist es Aufgabe der geldpolitischen Entscheidungsträger, dafür zu sorgen, dass sich die Inflation nicht verfestigt und sie zeitnah auf den Zielwert zurückkehrt. Nach dieser Maßgabe handelte die EZB. Sie leitete die Normalisierung der Geldpolitik ein, indem sie erst die Nettoankäufe von Vermögenswerten einstellte und dann die Zinsen anhob.

Die steigenden Zinsen wirkten sich 2022 auf die Geschäftsentwicklung der beaufsichtigten Institute aus. Deren erste Verteidigungslinie gegen Schocks ist die Ertragskraft, und die wurde durch das erstmals seit mehreren Jahren wieder höhere Zinsergebnis gestützt. Da zudem die Bestände an notleidenden Krediten auf dem niedrigsten Niveau seit 2015 – dem Beginn der Datenerfassung in der Bankenunion – lagen und sich infolgedessen die Qualität der Aktiva verbesserte, ist somit sichergestellt, dass unsere geldpolitischen Impulse über die Banken reibungslos auf die Wirtschaft des Euroraums übertragen werden.

Vor dem Hintergrund der sich verschärfenden Refinanzierungsbedingungen müssen die Institute jedoch weiter daran arbeiten, bestehende Schwachstellen im Bereich ihrer Governance und ihres internen Risikokontrollrahmens zu beseitigen. Die europäische Bankenaufsicht behält daher den Aufbau von Risiken fest im Blick.

Die Banken mussten ihre Geschäftsmodelle auch schon vor dem Jahr 2022 an die strukturellen Herausforderungen der Digitalisierung und des Klimawandels anpassen. Durch den ungerechtfertigten Krieg in der Ukraine wurden diese Herausforderungen allerdings noch verstärkt, denn das Risiko von Cyberangriffen ist infolge des Krieges weiter gestiegen. Außerdem haben die Transitionsrisiken im Zuge der Bestrebungen Europas, sich von russischem Öl und Gas unabhängig zu machen, zugenommen. In Anbetracht dessen und der sich mehrenden physischen Risiken müssen die Banken proaktiv umfassende Strategien entwickeln, um widerstandsfähiger gegenüber Klima- und Transitionsschocks zu werden.

Die EZB hat bereits mehrere wichtige Schritte unternommen, um sicherzustellen, dass die Banken den Herausforderungen gewachsen sind. Wir werden in unseren Anstrengungen nicht nachlassen und weiterhin unseren Teil dazu beitragen, dass die Menschen in Europa auch künftig auf einen robusten Bankensektor zählen können.

Einleitendes Interview mit Andrea Enria, Vorsitzender des Aufsichtsgremiums

Der Redaktionsschluss für das Vorwort der Präsidentin und das Interview mit dem Vorsitzenden des Aufsichtsgremiums war am 28. Februar 2023.

2022 war ein ereignisreiches Jahr. Wie hat es sich für die Bankenaufsicht der EZB dargestellt?

Einerseits war es ein Jahr, in dem eine Krise auf die andere folgte. Zu Jahresbeginn deutete alles auf eine stetige Erholung von der Pandemie hin – einer Pandemie, die unser Leben und unsere Wirtschaft grundlegend verändert hat. Ich erinnere mich noch gut daran, wie man in Banken- und Analystenkreisen erstmals seit langer Zeit wieder mit einem gewissen Optimismus in die Zukunft blickte. Und genau dann kam der durch nichts zu rechtfertigende Angriff Russlands auf die Ukraine. Mit diesem Krieg hat Russland zuallererst einmal unsägliches Leid über die Menschen in der Ukraine gebracht. Ferner sorgte der Krieg in Europa und weltweit für Turbulenzen in der Wirtschaft und im Finanzsystem, die sich nach und nach zu einem handfesten makroökonomischen Schock entwickelt haben.

Um auf die rasanten gesamtwirtschaftlichen Veränderungen und die sich daraus ergebenden Herausforderungen für den Bankensektor zu reagieren, mussten wir als Bankenaufsicht schnell und agil handeln. Nur einige wenige Banken waren durch ihre direkten Risikoengagements in Russland und ihre Verflechtungen mit diesem Land unmittelbar vom Krieg und von den Sanktionen betroffen. Doch alle Banken waren den negativen Auswirkungen ausgesetzt, die mit den Energie- und Rohstoffpreisschocks sowie mit der anhaltend hohen Inflation und der raschen Normalisierung der Geldpolitik zusammenhingen.

Andererseits brachte das Jahr 2022 auch neue Entwicklungen in der EZB‑Bankenaufsicht mit sich. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren wieder regelmäßiger vor Ort anzutreffen. Ich habe mich wirklich gefreut, dass nach und nach Leben in die Büros zurückkehrte. Auch war ich sehr froh darüber, dass ich wieder mehr Sitzungen des Aufsichtsgremiums in Präsenz leiten und den nationalen zuständigen Behörden den einen oder anderen persönlichen Besuch abstatten konnte.

Des Weiteren gab es Fortschritte bei unserem Vorhaben, die Arbeit der EZB und der nationalen zuständigen Behörden innerhalb des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM) stärker zu verbinden. Wir fördern eine gemeinsame Aufsichtskultur und integrierte Karrierewege in der Bankenaufsicht, wir schaffen Möglichkeiten für eine engere Zusammenarbeit über den Aufsichtszyklus hinweg, wir bemühen uns um eine größere Abstimmung bei der Planung und Budgetierung, wir entwickeln die Instrumente für die Zusammenarbeit im SSM weiter, und wir führen gemeinsame Aufsichts- und Schulungstechnologien ein.

Welche Folgen hatte der Krieg in der Ukraine für die Banken?

Das hängt ganz davon ab, ob die Banken direkte Verbindungen zu Russland haben oder nicht.

Einige wenige Banken waren unmittelbar von den geopolitischen Ereignissen betroffen – hauptsächlich aufgrund der verhängten Sanktionen. Die in Österreich ansässige und in russischem Eigentum befindliche Sberbank Europe AG erlitt zusammen mit ihren Tochtergesellschaften in Kroatien und Slowenien einen schweren Reputationsverlust und verzeichnete im Zuge dessen auch erhebliche Einlagenabflüsse. Das Institut wurde letztlich als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend eingestuft und schied aus dem Markt aus. Ein weiteres Beispiel war die RCB Bank Ltd. in Zypern, an der die in Russland ansässige Bankengruppe VTB eine bedeutende Beteiligung hielt. Als die Sanktionen gegen Russland verhängt wurden und sich die geopolitische Lage verändert hatte, beschloss die RCB Bank Ltd., ihre Bankgeschäfte freiwillig einzustellen. Daraufhin wurde ihr die Bankzulassung entzogen.

Auch Bankengruppen aus dem Euroraum, die über eine direkte Präsenz in Russland verfügen und einen Austritt aus dem dortigen Markt anstreben, müssen mit Verlusten rechnen. Für manche ist dieses Risiko bereits eingetreten, wobei die Auswirkungen begrenzt und beherrschbar blieben.

Im Allgemeinen hat sich der Bankensektor bislang als sehr widerstandsfähig gegenüber dem durch den Krieg ausgelösten makroökonomischen Schock erwiesen. Er ist sogar besser gerüstet, als wir es mithilfe unserer Vulnerabilitätsanalyse vom Mai 2022 prognostiziert hatten. Ende des dritten Quartals 2022 lag die aggregierte Quote des harten Kernkapitals bei 14,7 % und damit nur leicht unter dem Stand von Ende 2019. Die Qualität der Aktiva hat sich weiter verbessert. So sanken die notleidenden Risikopositionen der bedeutenden Institute bis Ende September 2022 auf 349 Mrd. €. Dies ist der niedrigste Stand seit 2015, als erstmalig aufsichtliche Daten zu den bedeutenden Instituten veröffentlicht wurden. Auch die Daten zur Ertragslage waren so gut wie nie zuvor. Die durchschnittliche Eigenkapitalrendite der Banken belief sich im dritten Quartal 2022 auf 7,6 %.

Angesichts dieser positiven Entwicklung planen die Banken für das Jahr 2023 wieder Ausschüttungen: Diese wären in etwa so hoch wie die Dividenden und Aktienrückkäufe im Berichtsjahr, die den Nachholbedarf der Banken nach dem Wegfall der pandemiebedingten Beschränkungen widerspiegelten. Wir haben gegen keinen dieser bankspezifischen Pläne Einwände erhoben, stehen aber mit allen Instituten im Rahmen unserer regulären Beurteilung der Kapitalentwicklung im bilateralen aufsichtlichen Dialog.

Zum Jahresende 2022 hellten sich die gesamtwirtschaftlichen Aussichten allmählich wieder auf. Der makroökonomische Schock ist deshalb aber noch längst nicht überstanden. Wenn der Inflationsdruck anhält, wird eine weitere zügige Normalisierung der Geldpolitik erforderlich sein, die sich wiederum auf die Portfolios und Geschäftsfelder bestimmter Banken auswirken könnte. Dieses neue Umfeld vielfältiger Herausforderungen dürfte potenzielle Gewinner und Verlierer hervorbringen.

Was sind denn Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen, vor denen die europäischen Banken stehen?

Zunächst denke ich da an die konjunkturellen Herausforderungen.

Wird die Energiekrise nicht gelöst, könnte das Kreditrisiko gegenüber jenen Unternehmen steigen, deren Geschäftstätigkeit am stärksten von der Energieproblematik betroffen ist. Allgemein ging die konjunkturelle Abschwächung gegen Jahresende mit einem Wiederanstieg der Unternehmensinsolvenzen einher. Daher ist mit Blick auf die Aktiva-Qualität erhöhte Wachsamkeit geboten.

Die rasche Normalisierung der Geldpolitik und vor allem die steigenden Zinsen haben maßgeblich zur Verbesserung der Ertragslage der Banken beigetragen. Möglicherweise droht damit aber auch eine Verschlechterung der Aktiva-Qualität bei besonders zinssensitiven Kreditportfolios, wenn die Kreditnehmer Probleme haben, ihre Schulden zu bedienen.

Zudem könnte das veränderte Zinsumfeld in einigen Finanzmarktsegmenten sowie bei Finanzinstituten außerhalb des Bankensektors zu ungeordneten Anpassungen führen. Banken, deren Risikopositionen sich auf genau diese Märkte und Marktteilnehmer konzentrieren, wären dann mit einem höheren Gegenparteiausfallrisiko konfrontiert.

Zusätzlich zu den konjunkturellen Herausforderungen könnten sich einige Banken infolge der Zinsnormalisierung und der quantitativen Straffung der Geldpolitik dazu gezwungen sehen, ihre mittelfristigen Refinanzierungsstrategien auf den Prüfstand zu stellen und ihr Augenmerk verstärkt auf Liquiditäts- und Refinanzierungsrisiken zu richten.

Der aufsichtliche Überprüfungs- und Bewertungsprozess (SREP) für das Jahr 2022 hat uns neue Erkenntnisse über einige dauerhaft bestehende Schwachstellen gebracht. So schlagen sich etwa die mangelhaften Risikokontrollen weiterhin in geringeren Scorewerten für das Kreditrisiko nieder. In einer Reihe von Prüfungsfeststellungen wurden die Wirksamkeit der Leitungsorgane, das Risikomanagement, die Compliance und die interne Revision beanstandet. Unsere Bedenken hinsichtlich der Risikokontrollen und der Governance der Banken werden noch dadurch verstärkt, dass die vergangenheitsbezogenen Indikatoren des Risikoniveaus im derzeit unsicheren außenwirtschaftlichen Umfeld möglicherweise nicht geeignet sind, künftige Trends und Risiken mit der erforderlichen Genauigkeit zu prognostizieren.

Weitere große Herausforderungen für unsere Banken sind auf mittlere Sicht der digitale Wandel sowie Klima- und Umweltrisiken. Sie bedürfen unverzüglich und in besonderem Maße unserer Aufmerksamkeit.

Sie haben die Normalisierung der Geldpolitik angesprochen. Wie gut sind die europäischen Banken mit Blick auf das sich verändernde Zinsumfeld aufgestellt?

Steigende Zinsen sind normalerweise erfreulich für Banken. So können sie aus der Zinsmarge – also der Differenz zwischen dem Zinssatz, den sie für Kredite verlangen, und jenem, den sie auf Einlagen zahlen – höhere Erträge erwirtschaften. Tatsächlich waren die Zinsnormalisierung und das gestiegene Zinsergebnis, das aus diesem lang erwarteten Schritt resultierte, ausschlaggebend für die positive Entwicklung der Banken im Jahr 2022. Erstmals seit Jahren erhöhte sich das Zinsergebnis nicht allein aufgrund des zunehmenden Kreditvolumens, sondern auch, weil sich die Nettozinsmargen ausweiteten.

Für das laufende Jahr schätzen die Banken wie auch Analysten die Ertragsaussichten ähnlich günstig ein. Wenn sich die Gesamtwirtschaft so entwickelt wie derzeit erwartet, dürften weitere geordnete Zinserhöhungen unseren Daten zufolge die durchschnittlichen Erträge im Bankensektor stützen.

Wenn wir jedoch ungünstigere Entwicklungen in Betracht ziehen als im Basisszenario angenommen, ergibt sich möglicherweise ein ganz anderes Bild. In bestimmten Portfolios und Geschäftsfeldern könnten die mit einer Verschlechterung der Aktiva-Qualität verbundenen Kosten die Erträge aufzehren, die aus den steigenden Zinsen erwirtschaftet werden. Dies gilt vor allem, wenn sich das Wirtschaftswachstum verlangsamt. Mit Blick auf Portfolios, die üblicherweise sehr empfindlich auf die Kreditkosten reagieren, könnte sich die Schuldendienstfähigkeit der Kreditnehmer verringern. Deshalb wird die Aufsicht ihren Fokus besonders auf Konsumentenkredite, Immobilienkredite und Leveraged Finance legen.

Wie bereits erwähnt, halte ich es durchaus für möglich, dass es im Zuge der Zinsanpassung zu ungeordneten Entwicklungen an den Finanzmärkten kommt. Die lang anhaltende Niedrigzinsphase hat einen Anstieg der Verschuldung in bislang ungekanntem Ausmaß begünstigt. Einige weniger oder gar nicht regulierte Institute weisen Positionen mit hoher Hebelwirkung und oftmals hoher Risikokonzentration auf. Hier kann es schnell zu Verlusten kommen, wenn sich die wirtschaftlichen Aussichten oder das Zinsumfeld unerwartet ändern. Der Zusammenbruch von Archegos im Jahr 2021 und die Turbulenzen im Zusammenhang mit Liability-Driven Investments im Vereinigten Königreich 2022 zeigen, wie leicht derartige Stressphasen ohne geldpolitische Interventionen auf den Bankensektor übergreifen können.

Die steigenden Zinsen und die quantitative Straffung der Geldpolitik zwingen die Banken dazu, ihre Liquiditäts- und Refinanzierungsrisiken stärker in den Blick zu nehmen. Wenn die Banken ihre Risikomanagementkapazitäten und ihr strategisches Lenkungsvermögen nicht zügig anpassen, können allzu simple und eindeutig überholte Strategien der Aktiv- und Passivsteuerung durch das schwierigere Refinanzierungsumfeld infrage gestellt werden. Das gilt beispielsweise für die Praxis einiger Institute, Zinsdifferenzen zwischen unterschiedlichen Währungen auszunutzen, um von der außerordentlichen geldpolitischen Unterstützung zu profitieren. Es besteht die Gefahr, dass die Banken dabei auf dem falschen Fuß erwischt werden.

Ein Aufsichtsschwerpunkt lag 2022 auf den Risikokontrollen und der internen Governance der Institute. Welche weiteren Verbesserungen erwarten Sie hier von den Banken?

Ehrlich gesagt sehen wir in diesem Bereich nicht genügend Fortschritte.

Zum einen wiesen die Datenaggregation und die Berichterstattung im Jahr 2022 weiterhin Mängel auf. Grund hierfür waren ineffiziente Verfahren für die Daten-Governance und das Datenqualitätsmanagement, eine fragmentierte IT-Landschaft sowie die unterdimensionierten und wenig ambitionierten Projekte der Banken zur Beseitigung dieser Mängel. So ist es für die Leitungsorgane schwer, an die benötigten Informationen zu gelangen, um die Risiken und die interne Strategie steuern zu können.

Zum anderen ließen mehrere Banken weiteren Verbesserungsbedarf bei den internen Kontrollfunktionen erkennen. Dabei ging es vor allem um die unzureichende Personalausstattung und den niedrigen Stellenwert dieser Funktionen sowie um Mängel in den Prozessen, wie etwa in der Compliance-Überwachung und bei der Festlegung der Risikobereitschaft der Bank. Bei den gezielten Überprüfungen haben wir uns im Berichtsjahr die Risikomanagementpraktiken der Banken in Bereichen angeschaut, die von der Coronakrise und der Normalisierung der Zinssätze betroffen waren. Hierzu zählten insbesondere die Kreditvergabe im Gewerbe- und Wohnimmobiliensektor, das Zinsänderungs- und das Kreditspreadrisiko im Anlagebuch sowie das Gegenparteiausfallrisiko.

Um spürbare Fortschritte dort voranzutreiben, wo sie am dringendsten benötigt werden, sind wir entschlossen, alle uns nach EU-Recht und nationalem Recht zur Verfügung stehenden Aufsichtsinstrumente und ‑befugnisse in vollem Umfang zu nutzen. Wo durch qualitative Maßnahmen nicht ausreichend sichergestellt werden konnte, dass die Banken festgestellte Schwachstellen zeitnah in Angriff nehmen und beseitigen, können gezielte Eigenkapitalanforderungen der Säule 2, Durchsetzungsmaßnahmen oder Sanktionen zum Einsatz kommen, um angemessene Fortschritte herbeizuführen. In den Bereichen, in denen die Banken zu langsam vorankommen und dauerhaft unbefriedigende Ergebnisse vorweisen, werden wir die Wirksamkeit unserer Aufsicht noch erhöhen. Hierzu wird die EZB prüfen, wie sie aufsichtliche Maßnahmen innerhalb eines klar definierten Zeitrahmens eskaliert.

Manche behaupten, die europäische Bankenaufsicht sei zu streng, mit zu hohen Belastungen verbunden und stelle vergleichsweise hohe Anforderungen, die die Wettbewerbsfähigkeit der Banken in der EU beeinträchtigten. Was würden Sie darauf antworten?

Zunächst einmal trifft es schlicht und einfach nicht zu, dass die regulatorischen und aufsichtlichen Eigenkapitalanforderungen in der EU höher sind als in Ländern wie den Vereinigten Staaten oder dem Vereinigten Königreich. Wir kommen häufig mit unseren Kolleginnen und Kollegen aus den USA und dem Vereinigten Königreich zusammen und vergleichen die Anforderungen, die wir jeweils an unsere Banken stellen. Und ich muss sagen, dass wir so ziemlich die gleiche Messlatte anlegen. In Europa sind die Eigenkapitalanforderungen an die größten systemrelevanten Banken – das sind die Institute, die wirklich an den globalen Märkten im Wettbewerb stehen – sogar etwas weniger streng.

Dessen ungeachtet sind wir immer bereit, uns der Kritik zu stellen. So nehmen wir gerade Änderungen an unseren Aufsichtsprozessen vor, um einige der Bedenken in der Branche aufzugreifen.

Wir führen einen Risikotoleranzrahmen ein, der es den Aufsichtsbehörden ermöglichen wird, ihre Anstrengungen dort zu verstärken, wo sie am dringendsten benötigt werden. Dadurch lassen sich die strategischen SSM-weiten Aufsichtsprioritäten leichter in die Aufsichtsplanung für die einzelnen Banken umsetzen. Der Rahmen für die Risikotoleranz bedeutet weder eine Aufweichung von Aufsichtsstandards noch eine Minderung der Intensität unserer bankspezifischen Aufsicht. Vielmehr schärft er unseren Fokus auf eine risikobasierte Aufsicht. Die Banken sollten also auch damit rechnen, dass sich die Aufsicht nicht mehr so sehr auf das routinemäßige Abarbeiten kleinteiliger Vorgaben konzentrieren wird. Es wird potenziell weniger Informationsersuchen und einen geringeren Meldeaufwand geben, denn wir gehen nicht das gesamte Aufsichtshandbuch von A bis Z durch, sondern setzen bei jedem Institut spezifische Prioritäten. Dies ist ein wichtiger Schritt in unserem Bestreben, die Aufsichtsprozesse agiler, anpassungsfähiger, verhältnismäßiger und risikobasierter zu gestalten.

Durch den neuen mehrjährigen SREP-Ansatz wird sich auch die Belastung für die Banken verringern, da wir unsere aufsichtlichen Interaktionen mit den Instituten in den verschiedenen Risikobereichen auf mehrere Jahre verteilen werden, statt jedes Jahr alles abzuarbeiten. Dadurch können wir dann auch stärker risikoorientiert vorgehen und die wichtigsten Risikobereiche im jeweiligen Berichtsjahr priorisieren. Darüber hinaus erhalten wir bald Rückmeldung von einem unabhängigen Expertengremium, das unseren SREP bewertet. Außerdem werden wir prüfen, inwieweit sich die Transparenz unserer Methoden weiter erhöhen lässt. All diese Initiativen zielen darauf ab, unsere Aufsichtsprozesse so gut wie möglich auf die Risiken abzustimmen, mit denen die beaufsichtigten Banken wohl in Zukunft konfrontiert sein werden.

1 Bankenaufsicht im Jahr 2022

1.1 Entwicklung und Hauptrisiken der unter europäischer Bankenaufsicht stehenden Banken im Jahr 2022

1.1.1 Widerstandsfähigkeit der beaufsichtigten Banken

Nach kriegsbedingten Verwerfungen sind die Kapitalquoten nach wie vor solide und liegen auf Vorpandemieniveau

Die bedeutenden Institute (significant institutions – SIs) waren Anfang 2022 auf einem guten Weg, sich von der Corona-Pandemie zu erholen, und verfügten über eine solide Kapitalausstattung. Anfangs hatte der Angriff Russlands auf die Ukraine lediglich begrenzte Auswirkungen, und nur sehr wenige Banken mit direkten Engagements in den Kriegsgebieten waren davon betroffen. Daraus entwickelten sich jedoch rasch eine Energiekrise und ein breiter wirkender gesamtwirtschaftlicher Schock, der durch einen beharrlichen Inflationsdruck und eine schnelle Normalisierung der Geldpolitik gekennzeichnet war. Wenngleich die Quote des harten Kernkapitals (CET1-Quote) in der ersten Jahreshälfte sank, erwies sich der Bankensektor im Euroraum als weiterhin widerstandsfähig. So lag die aggregierte CET1-Quote Ende des dritten Quartals 2022 bei 14,7 % und somit nur leicht unter dem Niveau von Ende 2019 (siehe Grafik 1). Da der Bankensektor im Berichtsjahr eine historisch hohe Ertragskraft aufwies, war der Rückgang der aggregierten CET1-Quote vor allem auf einen Anstieg der Aktiva zurückzuführen.

Bei den weniger bedeutenden Instituten (less significant institutions – LSIs) verschlechterten sich die Kapitalpositionen zwar, blieben aber dennoch robust. So sank die durchschnittliche CET1-Quote im dritten Jahresviertel 2022 im Vorjahresvergleich um 54 Basispunkte auf 17,0 %. Ursächlich hierfür waren eine höhere Kreditvergabe und eine insgesamt schwächere Ertragskraft. Die risikogewichteten Aktiva erhöhten sich um 112 Mrd. € bzw. 4,8 %, während das als CET1 anerkennungsfähige Kapital nur um 1,5 % zunahm.

Grafik 1

Kapitalquoten der bedeutenden Institute (Übergangsdefinition)

(linke Skala: in Mrd. €; rechte Skala: in %)

Quelle: Aufsichtsstatistiken der EZB.
Anmerkung: Die Stichprobe umfasst alle SIs auf der höchsten Konsolidierungsebene innerhalb des SSM (variierende Stichprobe).

Die aggregierte Verschuldungsquote der SIs lag im dritten Quartal 2022 bei 5,2 % (siehe Grafik 2) und damit auf einem der niedrigsten Niveaus seit Beginn der europäischen Bankenaufsicht, aber immer noch deutlich über den regulatorischen Anforderungen und festgelegten Pufferquoten. Der Rückgang um 90 Basispunkte in den ersten drei Quartalen 2022 war größtenteils auf einen Anstieg der Risikopositionen zurückzuführen. Dieser wiederum war durch eine Zunahme der Aktiva im Bankensektor bedingt, in geringerem Maße aber auch dadurch, dass bestimmte Risikopositionen gegenüber Zentralbanken, die bis Ende März 2022 vorübergehend bei der Berechnung der Verschuldungsquote unberücksichtigt bleiben durften, nun wieder einbezogen werden mussten. Die aggregierte Verschuldungsquote der LSIs belief sich im dritten Quartal 2022 auf 8,6 % und war damit niedriger als im entsprechenden Vorjahresquartal.

Grafik 2

Verschuldungsquote der bedeutenden Institute

(in %)

Quelle: Aufsichtsstatistiken der EZB.
Anmerkung: Die Stichprobe umfasst alle SIs auf der höchsten Konsolidierungsebene innerhalb des SSM (variierende Stichprobe).

Kasten 1
Krieg in Europa: Vulnerabilitätsanalyse zur Widerstandsfähigkeit der Banken

Beurteilung der Zweit- und Drittrundeneffekte des russischen Krieges in der Ukraine auf bedeutende Institute

Nach der abrupten Veränderung der geopolitischen Lage infolge des Krieges in der Ukraine führte die EZB im ersten Halbjahr 2022 eine Vulnerabilitätsanalyse in Bezug auf die Widerstandsfähigkeit der Banken durch. Anhand dieser Ad-hoc-Beurteilung konnten sich die Aufsichtsbehörden ein besseres Bild von der allgemeinen Widerstandsfähigkeit der Banken machen.

Im Rahmen der Vulnerabilitätsanalyse wurden die Resilienz und Solvenz bedeutender Institute unter Verwendung verschiedener adverser Szenarios untersucht, in denen sich die hohe Unsicherheit zu Kriegsbeginn widerspiegelte. Selbst unter Berücksichtigung der kriegsbedingten Zweit- und Drittrundeneffekte zeigte sich im Ergebnis, dass die unter der europäischen Bankenaufsicht stehenden Institute insgesamt widerstandsfähig sind. Die aggregierte (vollständig umgesetzte) CET1-Quote wurde in einem sehr strengen adversen Szenario auf 11,6 % geschätzt, was einem Rückgang um 3,6 Prozentpunkte entsprach. Im adversen Szenario verringerte sich diese Quote um rund 2,1 Prozentpunkte und lag bei 13,1 %.

Grafik A

Wasserfalldiagramm der aggregierten Ergebnisse im adversen und sehr strengen adversen Szenario nach Risikoart

(in Prozentpunkten der CET1-Quote, bei vollständiger Umsetzung (fully loaded – FL))

Quelle: EZB-Berechnungen.
Anmerkung: Die marktrisikobezogenen Schocks und die daraus resultierenden Effekte sowie die Auswirkungen der operationellen Risiken fallen in beiden Szenarios gleich hoch aus. Die Auswirkungen des Provisionsergebnisses unterscheiden sich in den beiden Szenarios aufgrund ähnlicher Finanzschocks nur geringfügig. Bei den sonstigen GuV- und Kapitalpositionen ergibt sich der Effekt aus Aufwandspositionen, deren Beiträge über den Projektionszeitraum hinweg konstant gehalten wurden.

Bei dieser intern durchgeführten Analyse wurden die vorhandenen aufsichtlichen Daten – wo zweckmäßig – mit Daten des EU-weiten Stresstests der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) aus dem Jahr 2021 und mit Daten des von der EZB im selben Jahr durchgeführten SREP-Stresstests kombiniert. Die angewandte Methodik richtete sich weitgehend nach den Erläuterungen der EBA zur Methodik des EU-weiten Stresstests 2021. Anhand eigener Top-Down-Modelle beurteilte die EZB die Kredit- und Marktrisiken der Banken sowie die Risiken für deren Ertragskraft. Zudem untersuchte sie mit neuen Modulen die Risikopositionen der Institute in anfälligen Sektoren, die vorhandenen Bestände an notleidenden Krediten (non-performing loans – NPLs), die Effekte von Tilgungen im Rahmen der gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte sowie mögliche Auswirkungen eines Totalverlusts im Zusammenhang mit Risikopositionen in Belarus, Russland und der Ukraine („Walk away“-Effekt).

Grafik B

Banken, die in bestimmten Stresstests die Eigenkapitalanforderungen unterschreiten

(in % des Gesamtrisikobetrags der jeweiligen Stichprobe bedeutender Institute)

Quelle: EZB-Berechnungen.
Anmerkung: Die linke Grafik zeigt die mittleren Szenarios, die rechte Grafik die schwerwiegenden Szenarios bestimmter Stresstests (Vulnerabilitätsanalyse 2022 (einschließlich „Walk away“(WA)-Effekten), Covid‑19-Vulnerabilitätsanalyse 2020 und EU-weiter Stresstest der EBA 2021). Die CET1-Quoten im Rahmen der Übergangsregelungen wurden der individuellen SREP-Gesamtkapitalanforderung, dem Trigger für den ausschüttungsfähigen Höchstbetrag (Maximum Distributable Amount – MDA) und der Säule‑2-Empfehlung (Pillar 2 Guidance – P2G) der einzelnen Banken gegenübergestellt.

Die drei betrachteten Szenarios (Basisszenario, adverses Szenario und sehr strenges adverses Szenario) stammen aus den von Fachleuten der EZB erstellten gesamtwirtschaftlichen Euroraum-Projektionen vom März 2022 und sind im Finanzstabilitätsbericht vom Mai 2022 ausführlich erläutert.

Die Ergebnisse der Vulnerabilitätsanalyse gaben den Aufsichtsbehörden wichtige Informationen an die Hand, um die ihrer direkten Aufsicht unterstellten Banken kritisch zu hinterfragen. Der Fokus lag dabei auf jenen Instituten, die den Einschätzungen nach unter den aktuellen Rahmenbedingungen die höchste Anfälligkeit zeigten. Diskutiert wurden in diesem Zusammenhang unter anderem der Schweregrad der bei den bankinternen Stresstests verwendeten Szenarios, die Stresstestmethoden, die sektoralen Konzentrationen, die Angemessenheit der Risikovorsorge und die Herausforderungen für die Ertragslage in einem Umfeld steigender Zinsen. Eine solche Top-Down-Analyse kann die unter Einbezug der Banken durchgeführten Bottom-up-Stresstests freilich nicht vollständig ersetzen. Doch wäre es ohne sie nicht möglich gewesen, die Stress-Auswirkungen an zentraler Stelle zu quantifizieren und dadurch die potenziellen Folgen des Krieges in der Ukraine rasch einzuschätzen.

Aktiva-Qualität 2022 weiter verbessert, sodass Risikokosten unter Kontrolle blieben; Risikopositionen gegenüber anfälligen Sektoren jedoch weiter unter genauer Beobachtung

Die Qualität der Aktiva verbesserte sich im Verlauf des Berichtsjahrs weiter. So gab es keinerlei Anzeichen für den Eintritt wesentlicher Kreditrisiken. Zudem wurden während der Pandemie umfangreiche zusätzliche Rückstellungen (Overlays) gebildet. Angesichts dessen tendierten die durchschnittlichen Risikokosten, nachdem sie zu Beginn des Krieges in der Ukraine noch leicht angestiegen waren, im zweiten und dritten Quartal 2022 wieder nach unten und kehrten weitgehend auf ihr Vorpandemieniveau zurück. Außerdem verringerten sich die NPL-Bestände im ersten Halbjahr 2022 in praktisch allen Kreditportfolios. Im dritten Quartal war lediglich ein geringfügiger Anstieg im Portfolio der Ausleihungen an Verbraucher sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) zu verzeichnen. Die Kredite mit erhöhtem Ausfallrisiko, die gemäß den internationalen Rechnungslegungsvorschriften der Stufe 2 (underperforming) zugeordnet sind, nahmen zwar ebenfalls etwas zu, doch war zum Ende des dritten Quartals eine stabile Entwicklung zu beobachten, wobei der Pandemie-Höchststand weiterhin überschritten wurde. Der Verlauf ist damit zwar insgesamt erfreulich, doch bleibt die weitere Entwicklung ungewiss. So gibt es Hinweise auf ein gestiegenes Risiko vor allem im Zusammenhang mit jungen Zahlungsrückständen, die sich ab dem dritten Quartal 2022 in einigen Ländern in geringem Umfang abzeichneten. Dies könnte darauf hindeuten, dass auf kurze Sicht mit einem erhöhten Kreditrisiko und einer möglichen Zunahme des NPL-Volumens zu rechnen ist. In Anbetracht dessen wird die Entwicklung der Stufe‑2-Kredite kontinuierlich von der Aufsicht überwacht. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei Banken mit Risikopositionen gegenüber Sektoren, die anfällig für steigende Gas- und Energiepreise sind. Im Blickpunkt der Aufsicht stehen jedoch auch Portfolios, die sensibel auf die rasche Zinsnormalisierung reagieren, wie etwa Leveraged Finance, Konsumentenkredite und Immobilienkredite. Der Energiepreisschock, der durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine ausgelöst wurde, traf erwartungsgemäß Wirtschaftszweige, die in die Rohstoffproduktion und ‑verarbeitung eingebunden sind, sowie Energieversorger und energieintensive Sektoren. In einigen Branchen könnte dieser Schock bereits bestehende Lieferkettenstörungen verstärken, die aus den Corona-Beschränkungen in China und allgemeinen Engpässen bei Mikrochips resultieren. Hohe Vorleistungspreise belasteten zudem das Baugewerbe und könnten darüber hinaus auch große Gasverbraucher wie Hersteller von Metallen, chemischen Erzeugnissen sowie Nahrungsmitteln und Getränken beeinträchtigen. Die aufsichtliche Beurteilung der bankseitigen Maßnahmen zur Steuerung potenziell anfälliger Portfolios wird daher fortgesetzt.

Grafik 3

Anfällige Sektoren

a) Kredite an anfällige Sektoren


b) Entwicklung der Stufe‑2-Kredite in anfälligen Sektoren

Quellen: EZB und EZB-Berechnungen.
Anmerkung: Kredite an anfällige Sektoren gemäß AnaCredit. Nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften im Sinne von Anhang A Nummern 2.45 bis 2.50 der Verordnung (EU) Nr. 549/2013.

Zins- und Handelsergebnis begünstigt durch gestiegene Zinsen bzw. erhöhte Volatilität aufgrund geopolitischer Spannungen an den Energie- und Rohstoffmärkten

Die akuten geopolitischen Spannungen im Berichtsjahr sorgten für anhaltenden Inflationsdruck und volatile Energie- und Rohstoffpreise. Dies hatte just zu der Zeit, als die Zentralbanken mit der Normalisierung ihrer Geldpolitik begannen, Auswirkungen auf das ohnehin schon hohe Inflationsniveau und trug zu einer Korrektur an den Aktienmärkten bei. Die anschließende rasche Normalisierung der Zinsen verlieh dem Zinsergebnis der Banken erheblichen Auftrieb, was nicht nur einer Ausweitung des Kreditvergabevolumens, sondern auch der Zinsmargen zu verdanken war. Den Handelserträgen kamen, insbesondere bei den global systemrelevanten Banken (global systemically important banks – G‑SIBs), generell die gestiegenen Zinsen und die höhere Volatilität zugute (siehe Grafik 4 und Grafik 5).

Grafik 4

Wachstum des Zinsergebnisses

(Veränderung in %; rollierend über vier Quartale)

Quelle: EZB.

Grafik 5

Erträge aus Handels- und Investmentaktivitäten nach ausgewählten Geschäftsmodellen

(vierteljährliche Ströme in Mrd. €)

Quelle: EZB.
Anmerkung: Die Stichprobe für den Durchschnitt umfasst alle bedeutenden Institute auf der höchsten Konsolidierungsebene innerhalb des SSM (variierende Stichprobe). Die Stichproben für die G‑SIBs, die Universal- und Investmentbanken sowie Sonstige stellen Teilstichproben für die jeweiligen Geschäftsmodelle dar.

Trotz möglicher Herausforderungen durch geldpolitische Normalisierung waren die Liquiditäts- und Refinanzierungspositionen der Banken 2022 weiterhin solide

Die geldpolitischen Maßnahmen der Jahre 2020 und 2021 wirkten sich weiterhin positiv auf die Liquiditäts- und Refinanzierungsbedingungen der SIs aus. Zum 30. September 2022 lag die Liquiditätsdeckungsquote (liquidity coverage ratio – LCR) bei 162 % und damit unter dem Stand von Ende 2021, aber deutlich über dem Vorpandemieniveau und den regulatorischen Mindestanforderungen (siehe Grafik 6).

Grafik 6

Entwicklung von Liquiditätsdeckungsquote, Liquiditätspuffer und Netto-Liquiditätsabfluss

(linke Skala: in Mrd. €; rechte Skala: in %)

Quelle: Aufsichtsstatistiken der EZB.
Anmerkung: Die Stichprobe umfasst alle SIs auf der höchsten Konsolidierungsebene innerhalb des SSM (variierende Stichprobe).

Zum selben Stichtag betrug die strukturelle Liquiditätsquote (net stable funding ratio – NSFR) 127,1 %. Damit lag sie im Großen und Ganzen auf dem Niveau von 2021 und deutlich über dem Vorpandemiestand sowie den Mindestanforderungen (siehe Grafik 7).

Grafik 7

Entwicklung der strukturellen Liquiditätsquote, der verfügbaren stabilen Refinanzierung und der erforderlichen stabilen Refinanzierung

(linke Skala: in Mrd. €; rechte Skala: in %)

Quelle: Aufsichtsstatistiken der EZB.
Anmerkung: Die Stichprobe umfasst alle SIs auf der höchsten Konsolidierungsebene innerhalb des SSM (variierende Stichprobe).

Bei den weniger bedeutenden Instituten belief sich die Liquiditätsdeckungsquote auf 188,4 % und die strukturelle Liquiditätsquote auf 130,2 %. Beide aufsichtlichen Kennzahlen waren damit etwas niedriger als im dritten Quartal 2021, aber nach wie vor deutlich höher als die vorgeschriebenen Schwellenwerte.

Im Schlussquartal 2022 hob die EZB die Zinssätze weiter an, änderte die Bedingungen der dritten Reihe gezielter längerfristiger Refinanzierungsgeschäfte (GLRG III) und bot den Banken zusätzliche Termine für freiwillige vorzeitige Rückzahlungen ab dem 23. November 2022 an. Durch die geldpolitische Normalisierung wird ein schwierigeres Umfeld für die Refinanzierung der Banken und ein Abwärtsdruck auf deren Liquiditätsquoten entstehen.

Dementsprechend zeichnete sich das Jahr 2022 durch robuste Kapital- und Liquiditätsquoten, eine verbesserte Qualität der Aktiva und eine höhere Ertragskraft aus. Die EZB-Bankenaufsicht behält die Verteilungseffekte dieser Entwicklungen genau im Auge, indem sie die spezifischen Schwachstellen der Banken fortwährend überwacht. Zugleich ist sie weiter wachsam gegenüber potenziellen Unsicherheiten, die sich aus volatilen Märkten oder unerwarteten makroökonomischen Entwicklungen, wie z. B. einem möglichen Abschwung, deutlicheren Zinserhöhungen oder einem verstärkten Inflationsdruck, ergeben können.

Trotz weiterer Herausforderungen für die Business Continuity sind die Auswirkungen auf das operationelle Risiko bislang nach wie vor gering

Die Herausforderungen im Zuge der Pandemie und der Verbreitung neuer hybrider Arbeitsmodelle rückten im Laufe des Berichtsjahrs in den Hintergrund. Im Gegensatz dazu waren es nunmehr die Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine und den zunehmenden geopolitischen Spannungen, die die beaufsichtigten Banken im Hinblick auf ihre operationelle Resilienz abermals vor Herausforderungen stellten.

Banken mit geschäftskritischen Operationen in den unmittelbar vom Krieg betroffenen Ländern setzten ihre Pläne zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs (Business-Continuity-Pläne) um. Diese erwiesen sich in dem von raschen Veränderungen geprägten Umfeld in der Anfangsphase des Krieges als robust. So konnten die betroffenen SIs ihren Geschäftsbetrieb fortführen und zugleich den Schutz und bei Bedarf die Versetzung von Schlüsselpersonal gewährleisten. In einigen Fällen wurden kritische Operationen an Teams übertragen, die an anderen Standorten, unter anderem in EU-ansässigen Konzerneinheiten, tätig waren. Bei ihren Bemühungen um eine rasche Anpassung an die neuen Gegebenheiten konnten sich die Institute auf die während der Covid‑19-Pandemie gewonnenen Erkenntnisse stützen.

Im Berichtsjahr setzte sich der Digitalisierungstrend der Banken wie in den Vorjahren fort. Dies führte zu einer stärkeren Abhängigkeit von IT-Infrastrukturen sowie einer vermehrten Inanspruchnahme von Drittanbietern (z. B. von Cloud-Services für die Bereitstellung kritischer Dienste). Neben den unbestreitbaren Vorteilen bringt die Digitalisierung aber auch neue operationelle Risiken und Herausforderungen mit sich. So müssen die Institute beispielsweise zunehmende und immer komplexere Cyberangriffe bewältigen und sind bei der Bereitstellung kritischer Dienste möglicherweise auf einige wenige Drittanbieter angewiesen. Aus diesem Grund stellten Cyberrisiken und Abhängigkeiten von Drittanbietern nach wie vor eine Priorität der EZB-Bankenaufsicht dar (siehe auch Abschnitt 1.2.3.1 zu neu auftretenden Risiken in den Bereichen IT und Auslagerung). Die Banken sind gehalten, weiterhin dafür Sorge zu tragen, dass sie gegenüber Betriebsstörungen, die aus allen erdenklichen Gefahrenquellen erwachsen können, widerstandsfähig sind. Zu diesen möglichen Gefahrenquellen zählen unter anderem schwerwiegende, aber plausible Cybersicherheitsvorfälle, die das gesamte Finanzsystem gefährden könnten.[1]

Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg haben erneut gezeigt, wie wichtig solide Governance-Regelungen sowie interne Kontrollfunktionen und Kapazitäten zur Datenaggregation sind

Was die Governance-Strukturen der beaufsichtigten Banken betrifft, so betonte die EZB, dass die Institute ihren Governance-Rahmen weiter verbessern müssen. Die Corona-Pandemie und Russlands Krieg gegen die Ukraine haben erneut gezeigt, wie wichtig solide Governance-Regelungen, interne Kontrollfunktionen und Kapazitäten zur Datenaggregation sind.

So identifizierte die EZB-Bankenaufsicht mit Blick auf den Krieg in der Ukraine einige Bereiche, die besonderer Aufmerksamkeit bedürfen. Dabei geht es erstens um die Fähigkeit der Leitungsorgane sowie der Rechts- und Compliance-Abteilungen, die Auswirkungen der Sanktionspakete eng zu überwachen. Zweitens müssen geeignete Genehmigungsverfahren für Kundentransaktionen vorhanden sein, einschließlich angemessener Kapazitäten zur Aggregation von Risikodaten zwecks Ermittlung kritischer Risikopositionen. Und drittens müssen einige Banken ihre interne Revision gegebenenfalls anpassen, damit alle relevanten Risiken erfasst werden, die sich aus Veränderungen des aktuellen externen Umfelds ergeben.

Durch die Covid‑19-Pandemie und den Ukraine-Krieg haben sich zudem Schwachstellen vergrößert, die bei einigen allgemeinen Regelungen für die Governance und das Risikomanagement bereits vorhanden waren. Zum einen wiesen die Datenaggregation und die Berichterstattung weiterhin Mängel auf. Diese waren auf ineffiziente Verfahren für die Daten-Governance (z. B. mangelnde unabhängige Validierung der Datenqualität) und das Datenqualitätsmanagement sowie auf eine fragmentierte IT-Landschaft und die unterdimensionierten und wenig ambitionierten Projekte der Banken zur Behebung dieser Probleme zurückzuführen. Die genannten Mängel können die Banken in ihren Entscheidungsprozessen behindern. Zum anderen mussten mehrere Banken ihre internen Kontrollfunktionen noch weiter verbessern. Dabei sollte vor allem der geringen Personalausstattung und dem niedrigen Stellenwert dieser Funktionen sowie Unzulänglichkeiten in den Prozessen (z. B. in der Compliance-Überwachung und bei der Festlegung der Risikobereitschaft der Bank) entgegengewirkt werden.

Unabhängig vom Krisengeschehen konnten einige Banken nach gezielten Maßnahmen der EZB-Bankenaufsicht weitere Fortschritte verbuchen. Diese betrafen spezifische Bereiche wie die kollektive Eignung ihrer Leitungsorgane, die Anzahl der unabhängigen Mitglieder des Leitungsorgans, die Ausschussstrukturen, die Diversitätsstrategie und den Grad der Einbindung nicht geschäftsführender Mitglieder des Leitungsorgans. Gleichwohl sind bei den meisten Banken noch einige Schwachstellen vorhanden: a) die geringe Einbeziehung des Leitungsorgans in seiner Aufsichtsfunktion in die von den aktuellen Krisen am stärksten betroffenen Bereiche sowie dessen Fähigkeit, diesbezügliche strategische Entscheidungen kritisch zu hinterfragen; b) die in einigen wenigen Banken bestehenden unzureichenden Kenntnisse nicht geschäftsführender Mitglieder des Leitungsorgans in den Bereichen Bankwesen und Risikomanagement; c) die unzureichende Förderung von Diversität in manchen Banken sowie d) der geringe Anteil unabhängiger Leitungsorganmitglieder in einigen Banken, der es dem Leitungsorgan in seiner Aufsichtsfunktion zusätzlich erschwert, die geschäftsführenden Mitglieder konstruktiv zu hinterfragen. Diese Schwachstellen werden im Rahmen der Prüfungstätigkeiten zur Effektivität der Leitungsorgane sowie zur Diversität aufsichtlich stärker überwacht (siehe Abschnitt 1.2.2.2).

1.1.2 Allgemeine Entwicklung der unter europäischer Bankenaufsicht stehenden Banken

Verbesserte Rentabilität der Banken im Jahr 2022 durch höhere Erträge und gemäßigte Risikokosten; Aussichten könnten sich im Zuge der gesamtwirtschaftlichen Verschlechterung jedoch eintrüben

Infolge des Krieges in der Ukraine, der Lieferkettenstörungen und der stark steigenden Energiepreise kam es zu einer Verschlechterung des Geschäftsumfelds. Ungeachtet dessen erwies sich die Ertragskraft der beaufsichtigten SIs als sehr robust. So erhöhte sich die aggregierte annualisierte Eigenkapitalrendite der SIs im dritten Quartal 2022 auf 7,6 % und erreichte damit den höchsten Stand seit Jahren (siehe Grafik 8). Gleichwohl lag sie immer noch unter den durchschnittlichen Eigenkapitalkosten der Banken. Ausschlaggebend für diesen Anstieg waren vor allem die kräftigen Erträge, die größtenteils den steigenden Zinsen zu verdanken waren. Doch auch die geringen Risikokosten machten sich hier bemerkbar. Sie rührten daher, dass sich die ungünstige gesamtwirtschaftliche Entwicklung bislang nicht wesentlich auf die Aktiva-Qualität ausgewirkt hat und dass die Banken in der aktuellen Krise weiterhin die während der Pandemie gebildete Risikovorsorge nutzen konnten.

Grafik 8

Aggregierte Eigenkapitalrendite nach Ertrags-/Aufwandsquelle

Rentabilitätsanstieg durch kräftige Erträge und geringe Wertminderungen

(in % des Eigenkapitals)

Quelle: Aufsichtsstatistiken der EZB.
Anmerkung: Die Stichprobe umfasst alle SIs auf der höchsten Konsolidierungsebene innerhalb des SSM (variierende Stichprobe).

Der Anstieg der operativen Erträge war vor allem auf ein besseres Zinsergebnis (+9,3 % gegenüber dem Vorjahr) zurückzuführen. Dieses resultierte wiederum aus einer Ausweitung der Margen aufgrund der steigenden Zinsen und einer steiler werdenden Zinsstrukturkurve sowie aus einem höheren Kreditvergabevolumen. Im Gegensatz dazu stiegen die Gesamtrefinanzierungskosten und insbesondere die Kosten für Einlagen nichtfinanzieller Kapitalgesellschaften im Verlauf des Jahres 2022 merklich an. Diese Entwicklung verlief jedoch von Bank zu Bank unterschiedlich. In den ersten drei Quartalen 2022 lag das Provisionsergebnis immer noch über den Werten früherer Jahre. Allerdings waren leichte Rückgänge zu verzeichnen, da sich die Eintrübung des Geschäftsumfelds negativ auf die Gebühren für die Vermögensverwaltung und das Investmentbanking auswirkte. Trotz steigender Aufwendungen hatte das kräftige Ertragswachstum eine höhere Kosteneffizienz zur Folge: Für jeden Euro Ertrag mussten die Banken im dritten Quartal des Berichtsjahrs 61 Cent aufwenden, verglichen mit 64 Cent im Vorjahr (siehe Grafik 9).

Grafik 9

Aufwand/Ertrag-Relation und indexierte Komponenten

(in %)

Quelle: Aufsichtsstatistiken der EZB.
Anmerkung: Die Stichprobe umfasst alle SIs auf der höchsten Konsolidierungsebene innerhalb des SSM (variierende Stichprobe).

Auf der Kostenseite erhöhten sich der Verwaltungsaufwand und die Abschreibungen um 3 %, was in erster Linie gestiegenen Personal- und IT-Aufwendungen geschuldet war. Dies war darauf zurückzuführen, dass die zunehmende Inflation auf die Kostenstrukturen der SIs durchschlug. Die Erhöhung der Personalaufwendungen fiel relativ moderat aus. Da jedoch die Tariflöhne im Voraus festgelegt werden, dürfte sich ein weiterer, inflationsbedingter Anstieg dieses Postens mit einer gewissen Verzögerung einstellen. Dennoch hielten die SIs an ihrem übergeordneten strategischen Ziel fest, Kosten zu senken und in Informationstechnologie zu investieren. Dies galt auch im aktuellen Umfeld, in dem die pandemiebedingten Beschränkungen schrittweise aufgehoben wurden.

Insgesamt konnten die Banken ihre Gewinne trotz der Wachstumsverlangsamung aufrechterhalten, was durch die steigenden Zinsen begünstigt wurde. Zu den belastenden Faktoren der Ertragsentwicklung zählten ein potenzieller Anstieg der Wertminderungen und des Bedarfs an Bewertungsanpassungen sowie höhere betriebliche Aufwendungen, eine Zunahme der Refinanzierungskosten, ein Abwärtsdruck auf das Provisionsergebnis und die fehlende Ertragssicherheit im Handelsgeschäft. Erste Anzeichen einer zunehmend angespannten Ertragslage ließen sich bei SIs feststellen, deren Geschäftsmodell auf Konsumentenkrediten basiert.

Um die positiven Ergebnisse des Jahres 2022 zu festigen und weiter zu verbessern, sollten die Banken daher ihre Geschäftsmodelle weiterhin aktiv steuern und ihre Strategien darauf ausrichten, solide risikobereinigte Ertragsziele zu erreichen. Angesichts der kurzfristigen Unsicherheiten und der langfristigen strukturellen Herausforderungen behielten die Aufsichtsbehörden die Tragfähigkeit der Geschäftsmodelle der Banken weiter im Auge.

Wegen niedrigerer Wertminderungen im Jahr 2021 Ertragslage der LSIs ebenfalls verbessert; im ersten Halbjahr 2022 jedoch Kehrtwende in einigen Ländern aufgrund eines negativen sonstigen betrieblichen Ergebnisses

Die Ertragslage der LSIs stellt sich auf den ersten Blick anders dar. Die annualisierte Eigenkapitalrendite sank nach drei Quartalen im Berichtsjahr auf 1,3 %, was einer Verringerung um 4,3 % gegenüber dem Vorjahr entsprach. Ausschlaggebend für dieses Gesamtergebnis war ein deutlicher Rückgang des sonstigen betrieblichen Ergebnisses, wofür jedoch hauptsächlich die Entwicklung in Deutschland verantwortlich war. Dort verzeichneten die Banken im Rahmen der nationalen Rechnungslegung erhebliche Bewertungsverluste infolge der steigenden Zinsen und deren Auswirkungen auf die Wertpapierbestände. Wegen des in Deutschland geltenden strengen Niederstwertprinzips kam es hierbei zu Buchverlusten. In den meisten Ländern konnten die LSIs ihre Ertragslage indes gegenüber dem Vorjahr verbessern. Im Einklang mit dem allgemeinen Trend bei den SIs wirkte sich der Zinsanstieg auch positiv auf die Ertragskraft der weniger bedeutenden Institute aus. So erhöhte sich deren Zins- und Provisionsergebnis im Vorjahresvergleich um 7,2 % bzw. 1,5 %. Auch aus den Handelsaktivitäten wurde auf Jahressicht ein wesentlich höherer Nettoertrag (+89 %) erzielt. Die Aufwand/Ertrag-Relation stieg jedoch weiter auf 85,6 % und fiel damit deutlich höher aus als bei den bedeutenden Instituten. Zurückzuführen war dies auf eine spürbare Verschlechterung des Betriebsergebnisses. Der Verwaltungsaufwand und die Abschreibungen nahmen um insgesamt 3,6 % zu. Gleichzeitig stieg die Bilanzsumme leicht an (+3,2 % gegenüber dem Vorjahr), was dem Wachstum des Unternehmens- und des Privatkundenkreditgeschäfts zu verdanken war. Damit verringerte sich die Gesamtkapitalrendite weiter auf 0,12 % nach 0,54 % im Jahr zuvor. Infolgedessen verbesserten sich vorübergehend die Aussichten für die wichtigsten ertragbringenden Geschäftsbereiche. Dagegen stellten höhere Aufwendungen – insbesondere angesichts der fortbestehenden regionalen Unterschiede – ein Risiko für den LSI-Sektor dar.

Durch geopolitische Unsicherheiten und schwächere Wachstumsaussichten bedingte Verschlechterung des gesamtwirtschaftlichen Umfelds hat bislang die Bemühungen der Banken um eine Ausweitung ihrer Fusions- und Übernahmeaktivitäten gebremst

Seit der globalen Finanzkrise ist die Zahl der an Fusionen und Übernahmen beteiligten Banken nur noch gering. Im Einklang mit der weltweiten Entwicklung sank der Wert der Fusions- und Übernahmetransaktionen (näherungsweise berechnet anhand der Bilanzsumme der entsprechenden Zielbanken) zwischen dem Jahrzehnt vor der Finanzkrise und dem Zeitraum seit 2008 um rund zwei Drittel. Die Gesamtzahl der Transaktionen war indessen weniger stark rückläufig.

In jüngerer Zeit, genauer gesagt im Verlauf der Jahre 2020 und 2021, scheinen die Fusions- und Übernahmeaktivitäten etwas an Dynamik gewonnen zu haben. Dabei wurden von den Banken vermehrt gezielte Konsolidierungen auf Geschäftsfeldebene wie etwa Leasing, Factoring, Vermögensverwaltung, Verwahr- oder Wertpapierdienstleistungen durchgeführt. Mehrere dieser Geschäftsfeldübernahmen beinhalteten auch grenzüberschreitende Transaktionen. Bedingt durch die geopolitischen Unsicherheiten und schwächere Wachstumsaussichten haben sich die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen verschlechtert. Deshalb haben die Banken im Berichtsjahr weniger Anstrengungen unternommen, ihre Fusions- und Übernahmeaktivitäten auszuweiten.

Wie schon in der Vergangenheit finden vollumfängliche Fusionen und Übernahmen im Bankensektor nach wie vor überwiegend im Inland statt und betreffen kleinere Zielbanken. Einige der eher zielgerichteten Transaktionen waren jedoch grenzüberschreitend und trugen somit auch zur Finanzmarktintegration innerhalb der EU bei. Eine weitere Möglichkeit, die Integration über Ländergrenzen hinweg zu fördern, eröffnet sich, wenn die Banken ihre internationalen Organisationsstrukturen in den Blick nehmen.

Grafik 10

Bilanzsumme der Zielbanken und Zahl der Fusionen und Übernahmen im Euroraum

Quelle: EZB-Berechnungen basierend auf Daten von Dealogic und Orbis BankFocus.
Anmerkung: Die Stichprobe umfasst Fusions- und Übernahmetransaktionen, an denen SIs und LSIs im Euroraum beteiligt waren. Nicht berücksichtigt sind einige private Transaktionen und Transaktionen zwischen kleinen Banken, die nicht in der Dealogic-Plattform erfasst sind. Transaktionen im Zusammenhang mit der Abwicklung von Banken oder der Fusion von Unternehmen, die sich in Schieflage befinden (Distressed Mergers), wurden aus der Stichprobe entfernt. Die Meldung der Fusionen und Übernahmen erfolgt auf Basis des Jahres, in dem sie angekündigt wurden.

1.2 Aufsichtsprioritäten im Jahr 2022

1.2.1 Aufsichtsprioritäten im Jahr 2022: Einleitung

Fokus der EZB-Bankenaufsicht 2022 zunächst auf pandemiebedingten Schwachstellen und anderen neu auftretenden Risiken, später Erweiterung der Prioritäten um Risiken aufgrund des sich rasch wandelnden gesamtwirtschaftlichen Umfelds

Die EZB-Bankenaufsicht konzentrierte sich im Jahr 2022 auf drei Schwerpunktbereiche. Damit sollte erstens sichergestellt werden, dass die Banken gesund aus der Pandemie hervorgehen (Priorität 1). Zweitens sollten die Institute die Gelegenheit nutzen, strukturelle Schwächen mittels effektiver Digitalisierungsstrategien und verbesserter Governance anzugehen (Priorität 2). Drittens ging es darum, neu auftretenden Risiken, einschließlich Klima- und Umweltrisiken, Gegenparteiausfallrisiken sowie IT-Auslagerungs- und Cyberrisiken, entgegenzuwirken (Priorität 3). Um diesen Herausforderungen zu begegnen, wurden im Berichtsjahr verschiedene Aufsichtstätigkeiten durchgeführt. Sie erstreckten sich auf eine Vielzahl von Banken und folgten einem risikobasierten Ansatz. Dabei zeigte sich die EZB-Bankenaufsicht flexibel und passte Umfang, Zeitpunkt und Intensität ihrer geplanten Aktivitäten an die durch den Krieg in der Ukraine neu auftretenden Risiken (etwa die hohe Inflation und die geldpolitische Reaktion darauf) an.

1.2.1.1 Rahmen für das Kreditrisikomanagement und Risikopositionen gegenüber anfälligen Sektoren, einschließlich des Immobiliensektors

Wirksame Rahmenwerke für das Kreditrisikomanagement der Banken können helfen, finanziell angeschlagene Schuldner und Sektoren frühzeitig zu erkennen

Positiv anzumerken ist, dass sich die Aktiva-Qualität der Institute weiter verbesserte. Zu verdanken war dies einer nachhaltigen Reduzierung der NPL-Bestände im ersten Halbjahr 2022. In den Portfolios der Ausleihungen an KMUs und Verbraucher nahmen die NPL-Bestände bis zum Ende des dritten Quartals nur geringfügig zu. Dieser positive Trend bei der Aktiva-Qualität ist sehr zu begrüßen, zeigt er doch, dass das konkrete Handeln der Banken weiter Früchte trägt, nachdem in den vergangenen Jahren mehrere gezielte Aufsichtsmaßnahmen zur Bekämpfung des Kreditrisikos ergriffen worden waren. Die günstige Entwicklung der Kreditqualität, die unter anderem auf den anhaltenden Rückgang der NPL-Bestände zurückzuführen ist, trug zu einer marginalen Verbesserung der durchschnittlichen Scorewerte für das Kreditrisiko der Banken im aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozess 2022 (Supervisory Review and Evaluation Process – SREP) bei. Das rückläufige Volumen der Kreditrisikomaßnahmen im Rahmen des SREP ist ein deutliches Zeichen dafür, dass sich die Institute bemühen, festgestellte Mängel im Bereich des Kreditrisikorahmens und der entsprechenden Kontrollen zu beheben. Dennoch sind nach wie vor nur zögerliche Fortschritte zu verzeichnen. Infolgedessen blieben die Scorewerte für die Kreditrisikokontrolle auch im SREP 2022 auf einem niedrigen Niveau.

Trotz der insgesamt positiven Entwicklungen werden die Fortschritte durch das sich wandelnde Kreditrisikoumfeld, das durch restriktivere Finanzierungsbedingungen und ein zunehmendes Rezessionsrisiko in ganz Europa geprägt ist, naturgemäß gebremst. In Abhängigkeit von Faktoren wie Verschuldung oder Sensitivität gegenüber dem makrofinanziellen Umfeld hat sich dies in unterschiedlichem Maße auf private Haushalte, Unternehmen und Staaten ausgewirkt. Daher sind die bisherigen Aufsichtstätigkeiten und die seit dem Ausbruch der Pandemie kommunizierten aufsichtlichen Erwartungen mit Blick auf die Beseitigung struktureller Mängel im Kreditrisikomanagementrahmen der Banken für die Bewältigung möglicher weiterer Herausforderungen nach wie vor relevant.

Dies gilt insbesondere für die Bereiche Kreditvergabe und -überwachung, die Forbearance-Einstufung, die NPL-Klassifizierung von Krediten an finanziell angeschlagene Schuldner und die Rahmenwerke für die Risikovorsorge sowie für den Umgang mit Risikopositionen gegenüber anfälligen Sektoren. Ein Großteil der SIs hat zwar konkrete Pläne zur Mängelbeseitigung ausgearbeitet. Anlass war eine im Dezember 2020 gestartete Initiative der EZB-Bankenaufsicht in Form von Schreiben an die CEOs der bedeutenden Institute.[2] Dennoch sind weiterhin zahlreiche der darin aufgezeigten Mängel vorhanden. Die Erwartung lautete, dass diese Lücken im Jahr 2023 und darüber hinaus durch das Arbeitsprogramm zum Kreditrisiko geschlossen werden. Zudem kam eine 2022 durchgeführte Querschnittsanalyse der Struktur und Entwicklung des Kreditrisikos für den LSI-Sektor zu einem ähnlichen Ergebnis.

Nach einer drastischen Preiskorrektur zu Beginn der Pandemie gab die Lage an den Gewerbeimmobilienmärkten weiterhin Anlass zur Sorge. Dies zeigte sich europaweit insbesondere in den Teilsektoren Büro- und Einzelhandelsimmobilien des Gewerbeimmobiliensektors, der durch die steigenden Zinssätze und den sprunghaften Anstieg der Baukosten belastet wurde. Trotz anhaltender Anzeichen für Überbewertungen im Euroraum zogen die Preise für Wohnimmobilien in der ersten Jahreshälfte 2022 an, wodurch sich der Abstand zu den Mietpreisen weiter vergrößerte. Im Verbund mit dem Anstieg der Lebenshaltungskosten und dem damit einhergehenden Rückgang der Reallöhne weckte dies Befürchtungen einer plötzlichen Zunahme der NPL-Bestände, insbesondere bei Instituten mit einem hohen Anteil an variabel verzinslichen Hypothekarkrediten für Wohnungsbauzwecke.

Um Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie gut die Banken auf eine Eintrübung am Gewerbeimmobilienmarkt vorbereitet sind, führte die EZB-Bankenaufsicht im Einklang mit der Empfehlung des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken zu Anfälligkeiten des Gewerbeimmobiliensektors im Europäischen Wirtschaftsraum eine gezielte Überprüfung des Gewerbeimmobiliensektors mit Schwerpunkt auf den Teilsektoren Büro- und Einzelhandelsimmobilien durch. In einer ersten Phase wurden Ad‑hoc-Daten zu 32 Banken erhoben. Damit sollten das Risikoprofil und die Wesentlichkeit dieser Teilsektoren untersucht werden. In der daran anschließenden, tiefergehenden qualitativen Phase wurde die Stichprobengröße auf 15 Institute reduziert. Die größten Bedenken, die sich aus dieser Analyse ergaben, bezogen sich auf die Wirksamkeit der Rahmenwerke für das Kreditrisikomanagement der Banken. In diesem Zusammenhang wurden bei den meisten Instituten Mängel in der Beurteilung der Kapitaldienstfähigkeit der Kreditnehmer zum Zeitpunkt der Kreditvergabe festgestellt – dies insbesondere vor dem Hintergrund eines schwierigeren Umfelds, das von steigenden Finanzierungskosten und stagnierenden Mieteinnahmen geprägt war. Darüber hinaus wurde auch die Fähigkeit zur Erkennung neu aufkommender Risiken als verbesserungswürdig erachtet, vor allem weil die Rahmenwerke einiger Banken den zukünftigen Risiken nicht hinreichend Rechnung trugen und sich zum Teil zu stark auf manuelle Prozesse stützten. Was die Einbeziehung von Klimarisiken in das Kreditrisikomanagement betrifft, so mangelte es den Instituten nach wie vor an den notwendigen Daten, um das Risiko hinreichend beurteilen zu können. Zur Schätzung fehlender „realer“ Daten musste verbreitet auf Näherungsgrößen zurückgegriffen werden. Anschließend ergingen an alle geprüften Banken detaillierte Feststellungen und Aufforderungen zur Erstellung von Plänen zur Mängelbeseitigung, und die gemeinsamen Aufsichtsteams (Joint Supervisory Teams – JSTs) waren fortlaufend mit diesem Thema befasst.[3]

Eine ähnliche Untersuchung wurde im zweiten Quartal 2022 für den Wohnimmobiliensektor durchgeführt. Dabei ging es schwerpunktmäßig um die Beurteilung potenzieller Risiken im Zusammenhang mit bestehenden Engagements, die Beseitigung bankspezifischer Lücken im Risikomanagement für das inländische Kreditneugeschäft im Bereich Wohnimmobilien und letztlich um die Feststellung von Mängeln im Kreditrisikomanagement sowie die Ausarbeitung von Plänen zur Mängelbeseitigung. Der Wohnimmobiliensektor wird als eine wesentliche Aktiva-Kategorie in den Bilanzen bedeutender Institute angesehen. Die Stichprobe umfasste 29 Banken, auf die rund 40 % der Wohnimmobilienkredite der SIs entfallen. Die Ergebnisse der Prüfung werden für das zweite Quartal 2023 erwartet und sollen in den SREP 2023 einfließen.

1.2.1.2 Risikopositionen im Bereich Leveraged Finance

In den vergangenen vier Jahren haben die Leveraged Loans im Bestand von bedeutenden Instituten[4], die der europäischen Bankenaufsicht unterliegen, auf aggregierter Basis um 80 % zugenommen, und auch der Anteil der von SIs getätigten stark gehebelten Transaktionen (highly leveraged transactions – HLTs)[5] hat sich erhöht. Dieser Trend hielt bis Mitte 2022 an. Bis zu diesem Zeitpunkt gewährten die SIs weiterhin neue Konsortialkredite. Die Forderungsbeträge der SIs erreichten im zweiten Quartal 2022 nahezu die Rekordwerte vom vierten Quartal 2021. Seitdem kam der Primärmarkt weitgehend zum Erliegen. Die größten Institute in Europa und weltweit mussten in ihren zur Veräußerung gehaltenen Firmenkreditportfolios hohe Abschreibungen vornehmen.

Grafik 11

Entwicklung gehebelter Transaktionen

Aufschlüsselung der gewährten Kreditvolumina nach Verschuldungsgrad

(Anteil am Transaktionsvolumen der SIs insgesamt)


Risikopositionen der Banken im Euroraum und Anteil gemessen am harten Kernkapital, aggregierte Werte für beaufsichtigte Banken

(linke Skala: in Mrd. €; rechte Skala: in % des harten Kernkapitals)

Quellen: EZB-Bankenaufsicht und Leveraged Finance Dashboard der EZB.
Anmerkung: Die Daten beschränken sich auf eine Auswahl von SSM-Banken mit den größten Leveraged-Finance-Portfolios. CLO steht für Collateralised Loan Obligations.

Da es während der Pandemie auch Bedenken hinsichtlich einer zunehmenden Risikoübernahme im Bereich Leveraged Finance gab, beschloss die EZB im März 2022, den CEOs der bedeutenden Institute ein Schreiben zum Thema gehebelte Transaktionen zukommen zu lassen. Ziel dieses Schreibens war es, die Erwartungen der EZB zum Rahmen für die Risikobereitschaft bei gehebelten Transaktionen weiter zu präzisieren und faktisch den 2017 veröffentlichten Leitfaden der EZB zu gehebelten Transaktionen zu operationalisieren.

Die Antworten auf das Schreiben bestätigten, dass sowohl die Robustheit des allgemeinen Rahmens für die Risikobereitschaft als auch die Steuerung des Marktrisikos bei den Banken erhebliche Mängel aufweisen. Die JSTs arbeiten derzeit eng mit einzelnen Instituten zusammen, um zu erörtern, wie die festgestellten Lücken effektiv geschlossen und die Erwartungen erfüllt werden können.

Die EZB hat bereits damit begonnen, einigen Banken, deren Risiken im Zusammenhang mit Leveraged Lending als übermäßig hoch eingeschätzt wurden, Eigenkapitalanforderungen aufzuerlegen. Begründet wurde dies mit dem Umfang der Hochrisikopositionen, Schwächen im Risikomanagement oder mit beidem. Die EZB wird erforderlichenfalls auch im Rahmen des SREP 2023 Eigenkapitalanforderungen stellen. Sie sind Ausdruck unzureichender Fortschritte der Banken bei der Erfüllung der im vorgenannten Leitfaden dargelegten Erwartungen. Die Anforderungen gelten nur so lange, wie die festgestellten Mängel fortbestehen.

1.2.1.3 Gegenparteiausfallrisiken

Angesichts zunehmender marktbezogener, wirtschaftlicher und geopolitischer Unsicherheiten stärkerer Fokus der EZB-Bankenaufsicht auf Kompetenzen der Banken bei der Steuerung von Gegenparteiausfallrisiken

Bedingt durch das lang anhaltende Niedrigzinsumfeld, das bis 2022 vorherrschte, entwickelten viele Anlegergruppen verstärkt Strategien für die Suche nach Rendite. Infolgedessen erhöhten manche Banken das Volumen der Kapitalmarktdienstleistungen, die sie für risikofreudigere und weniger transparente Gegenparteien – häufig Finanzinstitute außerhalb des Bankensektors – erbrachten. Dabei kam in hohem Maße auch Fremdkapital zum Einsatz.

Die Insolvenz von Gegenparteien (z. B. Hedgefonds und Family Offices) hatte im Jahr 2021 beträchtliche Auswirkungen auf einige Banken. Dies führte vor dem Hintergrund eines marktübergreifenden Anstiegs der Volatilität (etwa bei Energie und Zinssätzen) und einer Normalisierung der monetären und finanziellen Bedingungen im Jahresverlauf 2022 dazu, dass die Aufmerksamkeit auf Risiken gelenkt wurde, die sich aus einer schwachen Governance oder unzureichenden Risikomanagementverfahren Dritter ergaben.

In Anbetracht dessen ergriff die EZB-Bankenaufsicht im Einklang mit ihren aufsichtlichen Prioritäten eine Reihe von Maßnahmen, um potenziellen Risiken in diesem Bereich entgegenzuwirken. Erstens veröffentlichte sie im August 2022 in ihrem Newsletter einen Beitrag, in dem sie ihre aufsichtlichen Erwartungen für Prime‑Broker-Leistungen darlegte. Zweitens führte sie von April bis Oktober 2022 bei einer größeren Gruppe von Instituten, die im Bereich Derivate- und Wertpapierfinanzierungsgeschäfte tätig sind (sowohl Finanzinstitute außerhalb des Bankensektors als auch nichtfinanzielle Gegenparteien), eine gezielte horizontale Überprüfung durch. Diese bezog sich auf die Governance und die Steuerung von Gegenparteiausfallrisiken. Drittens wurden bei ausgewählten Instituten Vor‑Ort-Prüfungen vorgenommen.

Insgesamt haben die Banken zwar Fortschritte bei der Feststellung, Messung und Kontrolle von Gegenparteiausfallrisiken erzielt, doch bestehen in zentralen Bereichen wie Sorgfaltspflicht (Due Diligence), Festlegung der Risikobereitschaft, Stresstests, Risikominderung und Ausfallmanagement immer noch erhebliche Mängel. Dies gilt sowohl mit Blick auf die aufsichtlichen Erwartungen als auch die branchenüblichen bewährten Verfahren. Die JSTs werden auch 2023 mit den Banken zusammenarbeiten, um Mängel in jenen Bereichen zu beheben, die als wesentlicher eingestuft werden.

1.2.1.4 Sensitivität gegenüber Zinsänderungs- und Kreditspreadrisiken

Die meisten Banken profitierten von den steigenden Zinsen, aber noch Verbesserungsbedarf beim Risikomanagement

Im Berichtsjahr überprüfte die EZB die Risikomanagementverfahren im Bereich der Zinsänderungs- und Kreditspreadrisiken bei einer Auswahl bedeutender Institute, die diesen Risiken in besonderem Maße ausgesetzt sind. Bei den meisten Banken würde sich ein aufwärtsgerichteter Zinsschock mit einem Zinsanstieg von 200 Basispunkten (siehe Grafik 12) selbst im Basisszenario einer Konjunkturabschwächung, das auch den gesamtwirtschaftlichen Projektionen der EZB zugrunde liegt, positiv auf die Ertragslage auswirken. Bezüglich einer möglichen Erhöhung der Risikovorsorge infolge der Schwierigkeiten, mit denen Kreditnehmer konfrontiert sind, zeigen die jüngsten Analysen der EZB, dass die negativen Effekte auf die Eigenkapitalausstattung sogar bei Schocks von bis zu 300 Basispunkten im Durchschnitt noch recht moderat ausfallen würden.

Unabhängig von den geltenden aufsichtsrechtlichen Regelungen und Rechnungslegungsvorschriften sollten sich die Banken der zumeist negativen Auswirkungen steigender Zinssätze auf den wirtschaftlichen Wert ihres Eigenkapitals bewusst sein. Sie sollten solide und umsichtige Modellierungsverfahren für die Aktiv- und Passivsteuerung anwenden, um Veränderungen der Verbraucherpräferenzen und des Verbraucherverhaltens bei einem veränderten Zinsregime zu erfassen. Zudem sind die Banken gehalten, Risiken im Zusammenhang mit Sicherungsderivaten sorgfältig zu überwachen.

Das Kreditspreadrisiko sollte angemessen ermittelt und gesteuert werden. Dies gilt auch für Staatsanleihen und andere Instrumente, die zu fortgeführten Anschaffungskosten bilanziert werden. Insbesondere ist bei der Kalibrierung interner Stresstests der Schweregrad zurückliegender Stressphasen zu berücksichtigen.

Zinsänderungs- und Kreditspreadrisiken können auch erhebliche Auswirkungen auf LSIs haben

Die vorstehenden Ausführungen gelten in gleicher Weise für weniger bedeutende Institute, für die eine Anfälligkeit gegenüber Zinsänderungs- und Kreditspreadrisiken sehr bedeutsam sein kann. Die konkreten Auswirkungen der plötzlichen Zinswende hingen dabei nicht nur von der offenen Risikoposition, sondern auch vom jeweiligen nationalen Rechnungslegungsrahmen ab. Bei einigen Banken kam es zu erheblichen Bewertungsanpassungen in ihren Wertpapierportfolios, die in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesen werden mussten. Dadurch verringerte sich das regulatorische Eigenkapital. Mittelfristig wird der Effekt auf Ertragslage und Eigenkapital davon abhängen, ob die Wertpapiere verkauft oder bis zur Fälligkeit gehalten werden. Außerdem spielt natürlich die künftige Zinsentwicklung eine Rolle.

Grafik 12

Auswirkungen eines Zinsanstiegs um 200 Basispunkte auf bedeutende Institute

Theoretischer Effekt von Ertragslage und wirtschaftlichem Wert des Eigenkapitals auf die CET1-Quote

(in Basispunkten)

Quellen: EZB-Berechnungen und Ad-hoc-Datenerhebung (Short-Term Exercise) zum Stand 30. Juni 2022.

Kasten 2
Folgearbeit zum Brexit: Ergebnisse des Desk Mapping Review

Integration von Brexit-Banken in die europäische Bankenaufsicht

Das übergeordnete Ziel dieses Projekts bestand darin, sicherzustellen, dass alle bedeutenden Institute über einen angemessenen Rahmen für ein umsichtiges und solides Risikomanagement sowie über eine Präsenz im Euroraum verfügen, um eine wirksame und den Risiken entsprechende Aufsicht zu ermöglichen.

Am 1. Januar 2021 schied das Vereinigte Königreich aus dem europäischen Binnenmarkt aus. Aus Sicht der EU handelt es sich nun um ein Drittland. Banken mit Sitz im Vereinigten Königreich, die Dienstleistungen innerhalb der EU erbringen möchten, können dazu nicht mehr den Europäischen Pass nutzen. Sie haben also nicht mehr das Recht, Kundinnen und Kunden in der EU von einem der EU‑Mitgliedstaaten aus zu bedienen, sei es im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs oder durch die Errichtung lokaler Zweigstellen zu Vorzugsbedingungen.

Mit dem sogenannten Desk Mapping Review – d. h. der Prüfung der Buchungs- und Risikomanagementverfahren der im Bereich Market Making, Treasury und Bewertungsanpassungen bei Derivaten tätigen Handelsabteilungen – soll gewährleistet werden, dass Tochtergesellschaften von in Drittstaaten ansässigen Instituten über angemessene Regelungen für die Governance und das Risikomanagement verfügen und nicht als sogenannte leere Hüllen („empty shells“) agieren. Anlass der Überprüfung war die Feststellung der EZB-Bankenaufsicht, dass die Banken a) bei der Sicherstellung einer geeigneten lokalen Handelspräsenz und angemessener Risikomanagementkapazitäten ihrer neu gegründeten Einheiten im Euroraum keine ausreichenden Fortschritte erzielt haben und b) genauere Anweisungen benötigen, um die zuvor mit den gemeinsamen Aufsichtsteams vereinbarten Zielmodelle (d. h. die angestrebten Betriebsmodelle) in angemessener Weise umzusetzen. Diesbezüglich arbeitete die EZB-Bankenaufsicht eng mit anderen Aufsichtsbehörden insbesondere aus dem Vereinigten Königreich zusammen, um dafür Sorge zu tragen, dass die Beweggründe für ihre Aufsichtsgrundsätze von allen Beteiligten richtig verstanden wurden.

Als Aufsichtsbehörde für das Euro-Währungsgebiet ist es die Pflicht der EZB, ihre Einleger und andere Gläubiger von im Euroraum ansässigen juristischen Personen zu schützen, Störungen bei Bankdienstleistungen zu vermeiden und die allgemeine Finanzstabilität in ihrem Zuständigkeitsbereich zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang geben „leere Hüllen“ Anlass zu ernsthafter Besorgnis. Hierbei handelt es sich um rechtliche Einheiten mit Sitz im Eurogebiet, die Risikopositionen bei ihrer außerhalb des Euroraums ansässigen Muttergesellschaft verbuchen bzw. diese im Sitzland verbuchen, sich dabei aber vollständig auf Risikomanagementzentren und Finanzinfrastrukturen in Drittländern stützen (häufig mittels Back-to-Back-Spiegeltransaktionen und Absicherungsgeschäften, bei denen das Risiko auf die Muttergesellschaft übertragen wird).

Erstens sind diese „leeren Hüllen“ einem erhöhten operationellen und Gegenparteiausfallrisiko gegenüber ihrer Muttergesellschaft ausgesetzt. In einer finanziellen Stresssituation oder bei einem Ausfall auf Ebene der Muttergesellschaft besteht die Gefahr, dass das lokale Tochterunternehmen in der Folge umfangreiche ungesicherte Positionen hält und wenig bis gar keinen Zugang zu den für deren reibungslose Abwicklung erforderlichen Personalressourcen und Infrastrukturen hat. Dies wiederum beeinträchtigt in einer schweren Stressphase sowohl die Sanierungskapazität des im Euroraum ansässigen Tochterunternehmens als auch gegebenenfalls dessen Abwicklungsfähigkeit. Besonders relevant ist dies im Rahmen eines Drittstaatenmodells, bei dem die divergierenden Interessen der zahlreichen Beteiligten in finanziellen Stressphasen zu Abschottung und Umzäunung (Ringfencing) führen können. Zweitens kann der Umstand, dass sich die Ressourcen für das Risikomanagement und die Infrastruktur in Ländern außerhalb der EU befinden, bereits in normalen Zeiten die Fähigkeit einer Bank zur Feststellung, Messung und Überwachung von Risiken beeinträchtigen und die Transparenz der Governance und Entscheidungsfindung verringern. Drittens kann sich die Anreizstruktur für die lokale Bankleitung durch die Umverteilung von Risiken und Einnahmen auf verbundene Unternehmen in Drittstaaten verschlechtern.

Die erste Phase des Desk Mapping Review, in der sieben Institute und mit diesen verbundene Wertpapierfirmen geprüft wurden, ergab, dass die Banken, deren Standort im Zuge des Brexits in den Euroraum verlagert wurde, noch nicht die volle Kontrolle über ihre Bilanzen hatten, wie dies in den aufsichtlichen Erwartungen der EZB für 2018 gefordert wurde. Etwa 70 % der geprüften Handelsabteilungen verwendeten nach wie vor ein Back-to-Back-Buchungsmodell, und rund 20 % waren so organisiert, dass bei der im Eurogebiet ansässigen rechtlichen Einheit eine Art Duplikat der primären Handelsabteilung eingerichtet wurde, um das vor Ort entstandene Risiko zu steuern.

Die von der EZB als Reaktion auf diese Feststellungen durchgeführte aufsichtliche Prüfung war rein risikobasiert und beruhte auf den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der Wesentlichkeit. Dabei wurden auf Basis einheitlicher Risikoindikatoren 56 Handelsabteilungen identifiziert, bei denen aufsichtliche Maßnahmen geboten waren. Im Anschluss an diese Wesentlichkeitsbeurteilung und nach Kontaktaufnahme mit den beaufsichtigten Instituten im Jahr 2022 wird die EZB verbindliche individuelle Beschlüsse erlassen, mit denen neu hinzukommende Banken dazu verpflichtet werden können, a) bei der im Euroraum ansässigen rechtlichen Einheit einen Leiter der Handelsabteilung mit klar definierten Berichtslinien und einer an die Leistung dieser Einheit gekoppelten Vergütungsstruktur zu ernennen; b) sicherzustellen, dass die Abteilung über die entsprechende Infrastruktur, Anzahl an Händlern und Hierarchieebenen verfügt, um das Risiko vor Ort steuern zu können; c) mit den Muttergesellschaften einen soliden Rahmen für die Governance und die interne Kontrolle von Buchungspraktiken einzurichten, bei denen Positionen nicht direkt in der geschäftsabschließenden Gesellschaft selbst verbucht werden, und d) zu gewährleisten, dass gruppeninterne Absicherungspraktiken nur in begrenztem Umfang angewandt werden.

Mit der Überprüfung der Handelsabteilungen und der damit verbundenen Risiken ist die aufsichtliche Prüfung der für die Zeit nach dem Brexit angestrebten Betriebsmodelle neu hinzukommender Banken noch nicht abgeschlossen. Die Methoden zur Verlagerung von Kreditrisiken und die Abhängigkeit von den Muttergesellschaften in Bezug auf Liquidität und Refinanzierung sind weiterhin Gegenstand von Untersuchungen. Auch Genehmigungen interner Modelle stehen noch aus.

1.2.2 Tragfähigkeit der Geschäftsmodelle und Governance

1.2.2.1 Strategien der Banken für die digitale Transformation

Eine der Aufsichtsprioritäten für die Jahre 2022 bis 2024 war es, die für die Institute aus der digitalen Transformation resultierenden Herausforderungen anzugehen.

Die Leitungsorgane der Banken sind in erster Linie dafür verantwortlich, strategische Ziele für den digitalen Wandel und den Einsatz innovativer Technologien festzulegen. Der Schwerpunkt der EZB-Bankenaufsicht lag auf der Beurteilung der Fähigkeit der Institute, digitale Strategien zu entwickeln und umzusetzen, die geeignet sind, die Tragfähigkeit ihres Geschäftsmodells zu stärken und damit verbundenen Risiken umsichtig zu begegnen. Zu den Prioritäten zählte nach wie vor auch, das aufsichtliche Verständnis der Marktentwicklung zu verbessern und mit den Auswirkungen des raschen Wandels der Technologielandschaft Schritt zu halten.

Umfrage zur Digitalisierung liefert Informationen, die bislang nicht einheitlich über SIs hinweg verfügbar waren; Ergebnisse sind für verschiedene Aufsichtstätigkeiten von Nutzen

Zu diesen Themenbereichen ergriff die EZB-Bankenaufsicht im Jahr 2022 wichtige Maßnahmen. Nach einem Dialog auf hoher Ebene mit einigen der führenden Marktteilnehmer (im Rahmen einer Marktforschungsinitiative) zur Ermittlung von Markttrends wurden alle bedeutenden Institute aufgefordert, an einer Umfrage zur digitalen Transformation und zur Nutzung von Finanztechnologie (FinTech) teilzunehmen. Bei dieser Umfrage wurden Informationen erhoben, die bislang nicht einheitlich über alle SIs hinweg verfügbar waren. Einige der nationalen zuständigen Behörden (national competent authorities – NCAs) nutzten den Fragebogen zum Teil auch für ihre LSIs.

Ein systemweiter Überblick über die wichtigsten Erkenntnisse aus der Erhebung findet sich im Newsletter der Bankenaufsicht vom Februar 2023 zusammen mit einem Link zu den aggregierten Erkenntnissen. Insgesamt bestätigten die Umfrageergebnisse, dass die Banken ihre Prozesse zunehmend digitalisieren und innovative Technologien einsetzen. Damit verändert sich die Art der Bereitstellung von Finanzdienstleistungen und -produkten. Nach Ansicht der Institute sind diese Innovationen für die Sicherung von Marktanteilen und die Steigerung der Ertragskraft unverzichtbar. Zur Erreichung ihrer Strategieziele im Bereich der digitalen Transformation setzen die Banken in einem von Wettbewerb geprägten Umfeld in der Regel auf Auslagerung und externe Partnerschaften, um IT‑Fachkenntnisse und digitale Kompetenzen zu erlangen, zu halten und weiterzuentwickeln. Mit der Öffnung ihrer IT‑Infrastrukturen sehen sich die Banken jedoch auch erhöhten Risiken hinsichtlich der Abhängigkeit von Dritten und der Cybersicherheit ausgesetzt. Diese Risiken bedürfen der weiteren Überwachung und müssen in den Rahmenwerken der Banken für die Governance und die Risikobereitschaft berücksichtigt werden.

Allerdings fielen die Antworten unterschiedlich aus, da es offenbar kein Einvernehmen darüber gibt, was digitale Transformation wirklich bedeutet. Es handelt sich hierbei nach wie vor um ein sehr allgemeines Konzept, das technologiebasierte Geschäftsmodelle und -prozesse sowie Veränderungen der Unternehmenskultur beinhaltet. Daher sind in den kommenden Jahren weitere Untersuchungen und Prüfungen in diesem Bereich erforderlich.

Das Gesamtergebnis der Umfrage dient als Grundlage, um a) einen Leitfaden für Aufsichtsbehörden zur Bewertung der Risiken und Best Practices der Banken zu erarbeiten, b) Risiken bei bestimmten beaufsichtigten Instituten oder Anwendungsfällen der Technologie aufzuzeigen, die einer weiteren gezielten Überprüfung bedürfen, und c) gegebenenfalls weitere aufsichtliche Erwartungen zu formulieren. Das Umfrageergebnis ist auch für die Ausgestaltung der SREP-Methodik für die Geschäftsmodelle und die Governance, die der Nutzung neuer Technologien zugrunde liegen, von Bedeutung.

Die Bankenaufsicht der EZB setzte ihre Bemühungen um eine aktive Gestaltung der Digitalisierung mit Blick auf den zukünftigen europäischen und internationalen Regulierungsrahmen fort. Dazu arbeitete sie gemeinsam mit europäischen Aufsichtsbehörden und internationalen Standardsetzern weiter an der Regulierung verschiedener Aspekte im Zusammenhang mit der Digitalisierung und Innovation im Finanzsektor. Darüber hinaus beteiligte sich die EZB-Bankenaufsicht weiterhin an Beratungen über den regulatorischen Anwendungsbereich und die Gesetzgebungsvorschläge im Zusammenhang mit der Strategie für ein digitales Finanzwesen in der EU. Hierzu zählen etwa die Verordnung über Märkte für Kryptowerte (MiCA)[6], die Verordnung über die Betriebsstabilität digitaler Systeme des Finanzsektors[7] und die Verordnung über künstliche Intelligenz[8].

1.2.2.2 Mängel im Lenkungsvermögen der Leitungsorgane

Solide Governance-Regelungen, robuste interne Kontrollen und verlässliche Daten sind unabdingbar, um sowohl in normalen als auch in Krisenzeiten eine angemessene Entscheidungsfindung zu fördern und einer unverhältnismäßig hohen Risikoübernahme entgegenzuwirken. Trotz der Fortschritte, die die Banken in den letzten Jahren in dieser Hinsicht erzielten, sehen die Aufsichtsbehörden nach wie vor eine Vielzahl struktureller Unzulänglichkeiten bei den internen Kontrollfunktionen, der Funktionsweise der Leitungsorgane, der Aggregation von Risikodaten und der Risikoberichterstattung.

Aus diesem Grund ist die EZB-Bankenaufsicht in mehrere Aktivitäten eingebunden, die darauf hinwirken sollen, weitere Fortschritte in diesen Bereichen zu erzielen und insbesondere die interne Governance und das strategische Lenkungsvermögen zu verbessern. Im Zeitraum von 2022 bis 2024 umfassen diese Aktivitäten gezielte Überprüfungen von Banken mit Mängeln in der Zusammensetzung und Funktionsweise ihrer Leitungsorgane, Vor‑Ort-Prüfungen, gezielte risikobasierte (Neu‑)Bewertungen der persönlichen Zuverlässigkeit und fachlichen Eignung, die Entwicklung eines Ansatzes zur Berücksichtigung von Diversität im Rahmen der Eignungsprüfungen, die Aktualisierung des Berichts des SSM von 2016[9] sowie Datenerhebungen.

Im Berichtsjahr schloss die EZB-Bankenaufsicht eine Datenerhebung zur Zusammensetzung und Funktionsweise der Leitungsorgane der Banken ab. Dabei zeigte sich, dass die formale Unabhängigkeit innerhalb der Leitungsorgane der Institute zwar zunimmt, in einigen Fällen jedoch weiter verbessert werden könnte. Ferner stellte sich heraus, dass beim Thema Diversität, die schon lange als Voraussetzung für eine wirksame Governance anerkannt ist, sowohl bezüglich Geschlechterverteilung als auch Fachwissen (insbesondere in Bereichen wie der IT) immer noch Verbesserungsbedarf besteht. Auch eine bessere Nachfolgeplanung für die Leitungsorgane wurde für notwendig befunden. Diese Feststellungen wurden von der EZB-Bankenaufsicht im Zuge des SREP 2022 nachverfolgt. Banken, die noch keine Diversitätsstrategie oder ‑ziele festgelegt hatten, wurden aufgefordert, entsprechende Rahmenregelungen in Kraft zu setzen. Dabei wurde den Instituten in Form der aufsichtlichen Erwartungen mitgeteilt, dass gezielte Diversitätsstrategien Quoten für das auf Leitungsorganebene unterrepräsentierte Geschlecht vorsehen und verschiedene Dimensionen wie Alter, Geschlecht, geografische Herkunft sowie Bildungs- und Berufshintergrund umfassen sollten. Die JSTs verfolgen die bankseitige Umsetzung dieser Regelungen im Rahmen der laufenden Aufsicht weiter.

Governance-Regelungen sind für alle Institute unabhängig von ihrer Größe wichtig. Aus diesem Grund führte die EZB-Bankenaufsicht in den Jahren 2021 und 2022 auch eine thematische Überprüfung der bestehenden Governance-Regelungen bei LSIs[10] durch. Hierzu wurden Daten einer Stichprobe von mehr als 200 LSIs aus 21 teilnehmenden Ländern herangezogen. Die Ergebnisse offenbarten mehrere Schwachstellen bei den LSIs und unterstrichen die Bedeutung einer kontinuierlichen Verbesserung, die durch einen fortlaufenden Dialog zwischen den Aufsichtsbehörden auf allen Ebenen erleichtert wird. Die Bankenaufsicht der EZB und die nationalen Aufsichtsbehörden werden weiterhin auf eine stärkere Angleichung der aufsichtlichen Erwartungen und der Standards für die interne Governance in Europa hinwirken und etwaigen im Zuge dessen ermittelten Schwachstellen nachgehen.

1.2.3 Neu auftretende Risiken

1.2.3.1 IT- und Cyberrisiken

IT- und Cyberrisiken 2022 weiterhin wesentliche Risikofaktoren für den Bankensektor

Trotz des Krieges in der Ukraine blieb die Anzahl der Cybersicherheitsvorfälle, die der EZB gemeldet wurden, in den ersten drei Quartalen 2022 im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum relativ stabil.

Die EZB-Bankenaufsicht führte im Berichtsjahr vor Ort und im Rahmen der laufenden Aufsicht eine Reihe von Aufsichtstätigkeiten im Bereich IT- und Cyberrisiken durch. Dabei wurden folgende Erkenntnisse gewonnen: Erstens besteht seitens der Banken weiterhin Spielraum für Verbesserungen bei der Umsetzung grundlegender Maßnahmen zur Cybersicherheit. Rund die Hälfte der schwerwiegenden Prüfungsfeststellungen ergab sich aus den 2022 durchgeführten Vor‑Ort-Prüfungen zum IT‑Risiko und bezog sich auf den Bereich IT‑Sicherheits- und Cybersicherheitsrisiken. Zweitens kam es mit Blick auf die Abhängigkeit von End‑of‑Life-Systemen nach Jahren kontinuierlicher Zunahme zu einer Stabilisierung, wenn auch auf einem sehr hohen Niveau. Drittens war das Datenqualitätsmanagement nach wie vor der am wenigsten ausgereifte Risikokontrollbereich. Bei mehreren Banken waren die maßgeblichen Kontrollen zum Teil immer noch nicht vollständig implementiert. Viertens nahm die Zahl kritischer Projekte mit Auswirkung auf die IT‑Umgebung sehr stark zu, was ein eindeutiges Indiz für die Bedeutung angemessener Managementverfahren für IT‑Entwicklung und IT‑Projekte ist.

Darüber hinaus konnte die Bankenaufsicht der EZB im Jahr 2022 erstmals sämtliche Daten zu den Auslagerungsregistern bei den SIs erheben. Eine vorläufige Auswertung dieser Daten bestätigte die hohe Relevanz dieses Themas: Die Banken meldeten rund 60 000 aktive Auslagerungsverträge, von denen die Hälfte auch ihre kritischen Funktionen umfasste. Zwar beziehen sich rund 40 % dieser Verträge auf IKT-Dienstleistungen, doch werden die Auslagerungsvereinbarungen von den Instituten für alle Arten kritischer Funktionen wie etwa interne Kontrollen, Kundendienstleistungen, Verwaltungsangelegenheiten, Zahlungsdienstleistungen oder Liquiditätssteuerung genutzt.

Mithilfe der gesammelten Daten über die Abhängigkeit von Dritten konnten auch bestimmte neu aufkommende Risiken und Herausforderungen aufgezeigt werden, die einer angemessenen Steuerung bedürfen. Hierzu zählten die Inanspruchnahme mehrerer schwer zu ersetzender kritischer Dienstleister, die erhebliche operative Abhängigkeit der Banken von Unternehmen aus Ländern außerhalb der EU oder von dort erbrachten Dienstleistungen sowie eine beträchtliche Anzahl von Verträgen, die noch nicht vollständig mit den diesbezüglichen Leitlinien der EBA bzw. den aufsichtlichen Erwartungen der EZB im Einklang standen.

Darüber hinaus beteiligte sich die EZB-Bankenaufsicht im Berichtsjahr an internationalen Arbeitsgruppen zu IT- und Cyberrisiken, darunter die von der EBA, vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht sowie vom Finanzstabilitätsrat (Financial Stability Board – FSB) geleiteten Arbeitsgruppen. Zudem wirkte sie mit an neuen Regulierungsvorschlägen wie der Verordnung über die Betriebsstabilität digitaler Systeme des Finanzsektors (Digital Operational Resilience Act – DORA[11]).

Insgesamt unterstreichen diese Entwicklungen, dass die Banken ihren Rahmen für die operationelle Resilienz weiter verbessern müssen, um in einem immer komplexer werdenden Umfeld ihren Geschäftsbetrieb, einschließlich der kritischen Dienste, in angemessener Weise aufrechterhalten zu können und sich an die neuen und geplanten regulatorischen Anforderungen anzupassen.

1.2.3.2 Klima- und Umweltrisiken

Im Anschluss an die Veröffentlichung des EZB-Leitfadens zu Klima- und Umweltrisiken im November 2020 führte die EZB eine Reihe aufsichtlicher Prüfungen durch, um festzustellen, inwieweit die Banken in der Lage sind, klima- und umweltbedingte Risiken zu steuern und ihre Praktiken an die aufsichtlichen Erwartungen anzupassen. Nach Durchsicht der Selbsteinschätzungen und Umsetzungspläne der Banken im Jahr 2021 fand im Berichtsjahr eine thematische Überprüfung statt. Dabei bewertete die EZB die Solidität und Vollständigkeit der grundlegenden Richtlinien und Verfahren der Institute sowie deren Fähigkeit zur wirksamen Steuerung ihrer Risikostrategien und -profile in Bezug auf Klima- und Umweltrisiken.

Die thematische Überprüfung erfolgte parallel zum ersten aufsichtlichen Stresstest zu Klimarisiken (siehe Kasten 3) und wurde durch eine gezielte Überprüfung des Gewerbeimmobiliensektors und gesonderte Vor‑Ort-Prüfungen ergänzt. Durchgeführt wurde sie von der EZB und 21 NCAs bei 107 bedeutenden und 79 weniger bedeutenden Instituten.

Erhebliche Bedenken hinsichtlich der Fähigkeit zur wirksamen Umsetzung der Strategien und Prozesse bei mehr als der Hälfte der Institute

Dabei zeigte sich[12] zum einen, dass die meisten Banken inzwischen eine institutionelle Architektur für den Umgang mit Klima- und Umweltrisiken entwickelt haben, nachdem die entsprechenden Kapazitäten im vergangenen Jahr deutlich ausgebaut wurden (siehe Grafik 13). Zum anderen wurde die Wesentlichkeit dieser Risiken zunehmend anerkannt; in einer Vielzahl von Instituten kam eine breite Palette geeigneter Verfahren zum Einsatz. Als Antwort auf ein Ersuchen des Bankensektors um weitere Informationen über bewährte Verfahren und um zu demonstrieren, dass rasche Fortschritte möglich sind, veröffentlichte die EZB eine Sammlung guter Verfahren in Form eines speziellen Kompendiums[13]. Ungeachtet dessen müssen praktisch alle Institute weitreichende und dauerhafte Anstrengungen unternehmen, um ihre Praktiken an die aufsichtlichen Erwartungen anzupassen. Insgesamt waren die gewählten Ansätze methodisch noch immer nicht ausgereift. Zudem mangelte es weiterhin an der Nutzung granularer Daten zu klima- und umweltbezogenen Risiken und/oder einer entsprechenden aktiven Steuerung des Portfolios und Risikoprofils. So wurden bei 96 % der Banken Schwachstellen bei der Ermittlung von Klima- und Umweltrisiken aufgedeckt, und bei mehr als der Hälfte der Institute gab es erhebliche Bedenken hinsichtlich ihrer Fähigkeit, Strategien und Prozesse wirksam umzusetzen.

Des Weiteren veröffentlichte die EZB im März 2022 eine aktualisierte Beurteilung der von den europäischen Banken erzielten Fortschritte bei der Offenlegung von Klima- und Umweltrisiken. Die aufsichtlichen Erwartungen zur Offenlegung dieser Risiken sind im EZB-Leitfaden vom November 2020 dargelegt. Wenngleich seit der ersten Beurteilung Ende 2020 Verbesserungen erreicht wurden, erfüllte kein Institut diese Erwartungen vollständig. Im Vergleich zu 2020 konnten nun aber mehr Banken aussagekräftige Informationen zu klima- und umweltbezogenen Risiken offenlegen. Insgesamt war das Maß an Transparenz jedoch nach wie vor nicht ausreichend. Etwa 75 % der Institute machten keine Angaben dazu, ob Klima- und Umweltrisiken ihr Risikoprofil wesentlich beeinflussten. Und dies, obwohl rund die Hälfte von ihnen der EZB mitgeteilt hatte, dass sie sich solchen Risiken ausgesetzt sehen. Zudem legten nahezu 60 % der in der Stichprobe vertretenen Banken nicht dar, wie sich Transitionsrisiken oder physische Risiken auf ihre Strategie auswirken könnten. Die EZB ließ den Banken individuelle Feedback-Schreiben mit Erläuterungen der wichtigsten Mängel zukommen und erwartete von ihnen, entschlossene Maßnahmen zu deren Behebung zu ergreifen. Damit sollte den Instituten auch dabei geholfen werden, sich auf neue regulatorische Anforderungen vorzubereiten, wie beispielsweise die verbindlichen Standards der EBA zur Offenlegung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Risiken gemäß Säule 3. Ende 2022 begann die EZB mit einer erneuten Überprüfung der Offenlegungspraxis der Banken in Bezug auf Klima- und Umweltrisiken. Die Ergebnisse sollen im Laufe des Jahres 2023 veröffentlicht werden.

Im Nachgang zu den verschiedenen aufsichtlichen Prüfungen übersandte die EZB individuelle Feedback-Schreiben an alle bedeutenden Institute. Darin wurden institutsspezifische Fristen zur schrittweisen Erfüllung der aufsichtlichen Erwartungen bis Ende 2024 festgelegt.[14] Die Einhaltung der Fristen wird genau überwacht, und erforderlichenfalls werden Durchsetzungsmaßnahmen ergriffen. Die EZB hatte bereits bankspezifische Feststellungen zu klima- und umweltbezogenen Risiken in den SREP aufgenommen. Dabei setzte sie für mehr als 30 Banken verbindliche qualitative Anforderungen fest, was sich auf die SREP-Bewertung einer kleinen Anzahl von Banken auswirkte und damit auch indirekte Folgen für deren Kapitalanforderungen der Säule 2 hatte.

Grafik 13

Ergebnisse der aufsichtlichen Beurteilungen 2021 und 2022

Reifegrad der Praktiken in verschiedenen Bereichen aufsichtlicher Erwartungen (auf Einzelinstitutsebene)

(in % des jeweiligen Bereichs aufsichtlicher Erwartungen)

Quelle: EZB-Bankenaufsicht, Walking the talk – Banks gearing up to manage risks from climate change and environmental degradation, November 2022.
Anmerkung: Als Näherungswert für den Reifegrad der 2021 von den Instituten angewandten Praktiken dienen die bei der aufsichtlichen Beurteilung im selben Jahr ermittelten Scorewerte. Da der thematischen Überprüfung 2022 eine aktualisierte Bewertungsmethode zugrunde lag, hat ein direkter Vergleich mit den Ergebnissen aus dem Jahr 2021 lediglich indikativen Charakter.

Kasten 3
Stresstest der EZB zu Klimarisiken

Im Jahr 2022 nahm die EZB im Rahmen ihres jährlichen aufsichtlichen Stresstests auch die Klimarisiken in den Blick. Da es sich hierbei um den ersten Stresstest dieser Art handelte und für die Analyse klimabezogener Risiken besondere Daten und Modelle erforderlich sind, ging es beim Klimarisikostresstest 2022 darum, den Banken wie auch den Aufsichtsbehörden Erkenntnisgewinne zu ermöglichen und ein Instrument zu schaffen, um die Kapazitäten des Bankensektors für Klimastresstests zu verbessern. Daher hatte der Test keine direkten Auswirkungen auf die Kapitalanforderungen, wenngleich die qualitativen Ergebnisse in den SREP einflossen.

Aufbau des Stresstests und der Szenarios

Der Stresstest zu Klimarisiken bestand aus drei Modulen: Modul 1 war ein qualitativer Fragebogen, mit dem Informationen über den bankinternen Rahmen für Klimarisikostresstests erhoben wurden. Er umfasste Fragen zu technischen Aspekten sowie zur Governance und den implementierten Prozessen. Mit Modul 2 wurden die Erträge der Banken auf ihre ökologische Nachhaltigkeit hin geprüft und die Risikopositionen der Institute gegenüber kohlenstoffintensiven Unternehmen bewertet. Hierzu wurden die Banken gebeten, ihre Erträge aus den 22 Industriebranchen mit der höchsten Umweltverschmutzung und die Emissionsintensitäten ihrer wichtigsten Geschäftspartner sowie die entsprechenden Risikopositionen anzugeben. Bei Modul 3 wurden die Institute aufgefordert, Bottom-up-Verlustprognosen anhand von sechs verschiedenen Szenarios einzureichen, die – mit gewissen Erweiterungen versehen – auf den vom Network of Central Banks and Supervisors for Greening the Financial System veröffentlichten Szenarios basierten. Sie unterschieden sich insofern sehr stark von den adversen Szenarios in herkömmlichen Solvabilitätsstresstests, als sie nur klimabezogene Risiken mit verschiedenen Zeithorizonten und Merkmalen umfassten. So gab es zwei Szenarios zu den physischen Risiken mit einem Zeithorizont von einem Jahr (Überflutungsszenario und Dürre- bzw. Hitzeszenario), ein kurzfristiges Szenario eines ungeordneten Übergangs (mit einem Dreijahreshorizont) und drei langfristige Szenarios zum Transitionsrisiko mit einem Zeithorizont von 30 Jahren. Am Klimarisikostresstest 2022 nahmen 104 bedeutende Institute teil, von denen jedoch nur 41 gebeten wurden, Bottom-up-Verlustprognosen einzureichen.

Ergebnisse[15]

Der Stresstest ergab, dass die Banken beträchtliche Fortschritte erzielt und auch begonnen haben, Klimarisiken in ihre Stresstests einzubinden. Die entsprechenden internen Daten- und Modellierungskapazitäten befanden sich indes bei vielen Instituten noch in einem sehr frühen Entwicklungsstadium. Modul 1 zeigte, dass 59 % der teilnehmenden Banken zum Stichtag (31. Dezember 2021) noch nicht über einen Rahmen für Klimarisikostresstests verfügten. Darüber hinaus planten die meisten dieser Institute, Klimarisiken erst mittel- bis langfristig in ihren internen Stresstestrahmen einzubeziehen.

Aus Modul 2 ging hervor, dass mit den emissionsintensivsten Sektoren nicht unerhebliche Zinserträge erzielt wurden. Auf sie entfielen rund 65 % der gesamten aus Geschäften mit nichtfinanziellen Unternehmen generierten Zinserträge. Mit Blick auf Transitionsrisiken stellte dies nicht unbedingt ein Problem dar. Aber es verdeutlichte, wie wichtig es für die Banken ist, mit ihren Kunden in Kontakt zu treten, um Einblick in deren Übergangspläne zu gewinnen.

Was die Verlustprognosen der Banken im Rahmen von Modul 3 betrifft, so meldeten die Institute in den drei kurzfristigen Szenarios Gesamtverluste in Höhe von 70 Mrd. €. Davon traten 53 Mrd. € im Szenario eines ungeordneten Übergangs und 17 Mrd. € im Szenario der physischen Risiken auf. Die EZB räumte ein, dass das tatsächliche Risiko hierbei deutlich unterschätzt wurde, da wirtschaftliche Abschwungphasen in den Szenarios nicht berücksichtigt wurden, die Banken bei der Erfassung klimabedingter Faktoren mit Herausforderungen im Hinblick auf Daten und Modellierung zu kämpfen hatten, keine aufsichtlichen Anpassungen vorgenommen wurden und die durch den Test erfassten Risikopositionen nur rund ein Drittel der gesamten Risikopositionen der Institute ausmachten.

Im Rahmen des Stresstests wurden erhebliche Probleme hinsichtlich der Datenverfügbarkeit und der Offenlegungspflichten im Zusammenhang mit Treibhausgasemissionen und Energieeffizienzzertifikaten festgestellt. Diese Schwierigkeiten hatten zur Folge, dass verbreitet auf Näherungswerte unterschiedlicher Qualität zurückgegriffen wurde. Daher müssen die Banken mehr auf ihre Geschäftspartner zugehen, um genauere Daten zu erhalten.

Einbindung des Stresstests zu Klimarisiken in die Aufsichtstätigkeit und nächste Schritte

Die Ergebnisse des Stresstests flossen zusammen mit den Erkenntnissen aus der im Berichtsjahr durchgeführten thematischen Überprüfung in qualitativer Form in den SREP ein. In dessen Rahmen sollten nämlich bei der Beurteilung des Geschäftsmodells, der internen Governance und des Risikomanagements der Banken auch klimabezogene Risikoelemente berücksichtigt werden. Auf der Grundlage der Erkenntnisse aus dem Klimarisikostresstest 2022 veröffentlichte die EZB zudem einen Leitfaden zu bewährten Verfahren[16], mit denen die Kapazitäten der Banken für klimabezogene Stresstests verbessert werden können. Die EZB wird die Fortschritte der Banken weiterhin verfolgen. Sie erwartet dabei von den beaufsichtigten Instituten, dass sie ihren Rahmen für Klimarisikostresstests weiterentwickeln und bestehende Datenlücken bis Ende 2024 schließen.

1.3 Direkte Aufsicht über bedeutende Institute

1.3.1 Laufende Aufsicht

Die Bankenaufsicht der EZB verfolgt das Ziel, die bedeutenden Institute risikobasiert und unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit in einer Weise zu überwachen, die gleichermaßen anspruchsvoll und konsistent ist. Aus diesem Grund legt sie für jedes Jahr eine Reihe von Kernaufgaben der laufenden Aufsicht fest, die sich aus den bestehenden regulatorischen Anforderungen, dem SSM-Aufsichtshandbuch und den Aufsichtsprioritäten ergeben. Sie sind Bestandteil des aufsichtlichen Prüfungsprogramms (Supervisory Examination Programme – SEP) eines jeden Instituts und zielen auf systemweite Risiken ab. Daneben können auch andere Aufsichtstätigkeiten in das SEP aufgenommen werden, die auf die Besonderheiten der einzelnen Banken zugeschnitten sind. Auf diese Weise erhalten die JSTs Spielraum für die Analyse und Bekämpfung idiosynkratischer Risiken. Die Aktivitäten im Rahmen des laufenden aufsichtlichen Prüfungsprogramms umfassen: a) risikorelevante Tätigkeiten (z. B. den SREP), b) sonstige Aktivitäten im Zusammenhang mit organisatorischen, administrativen oder rechtlichen Anforderungen (z. B. die jährliche Signifikanzbewertung) und c) zusätzliche, von den JSTs geplante Tätigkeiten zur besseren Anpassung des SEP an die besonderen Gegebenheiten der beaufsichtigten Gruppe oder des beaufsichtigten Instituts (z. B. Analysen der Geschäftsmodelle oder Governance-Strukturen der Banken).

1.3.1.1 Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Auch 2022 wurden die Aufsichtstätigkeiten nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Relation zur systemischen Bedeutung und zum Risikoprofil der Banken geplant

Das aufsichtliche Prüfungsprogramm unterliegt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Intensität der Aufsichtstätigkeit hängt also von der Größe, der systemischen Bedeutung, dem Risiko und der Komplexität eines Instituts ab.

Wie schon in den Vorjahren trug die durchschnittliche Anzahl der geplanten, im SEP enthaltenen Aufsichtstätigkeiten für jedes bedeutende Institut diesem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung. Dementsprechend planten JSTs, die größere SIs und SIs mit einem höheren Risikogehalt beaufsichtigen, im Durchschnitt mehr Aktivitäten im Rahmen des SEP (siehe Grafik 14).

Grafik 14

Durchschnittliche Anzahl geplanter Aufgaben je SI im Jahr 2022

Quelle: EZB.
Anmerkung: Datenabruf zum 22. Dezember 2022.

Insgesamt wurden im Berichtsjahr etwas weniger Aufsichtsaktivitäten durchgeführt als zu Jahresbeginn geplant (siehe Grafik 15). Dies war hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass – wie bereits in den Vorjahren – einzelne administrative Aufgaben im Verlauf des Jahres gestrichen wurden.

Grafik 15

Durchschnittliche Anzahl von Aufgaben je SI im Jahr 2022

Quelle: EZB.
Anmerkung: Datenabruf zum 22. Dezember 2022.

1.3.1.2 Der risikobasierte Ansatz

Das SEP verfolgt einen risikobasierten Ansatz und ist schwerpunktmäßig auf die wesentlichsten systemischen und institutsspezifischen Risiken der einzelnen SIs ausgerichtet. So führten die JSTs beispielsweise bei Banken mit hohem NPL-Bestand mehr Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Kreditrisiko durch als bei Instituten mit einem durchschnittlich hohen Bestand. Dementsprechend entfiel auf Banken mit umfangreichen Risikopositionen aus Markt- und Handelsaktivitäten ein größerer Anteil an Prüfungsaktivitäten zum Marktrisiko als auf Banken mit durchschnittlichen Risikopositionen (siehe Grafik 16).

Grafik 16

SEP-Aktivitäten 2021 und 2022: Anteil der kreditrisiko- und marktrisikobezogenen Prüfungsaktivitäten an den Gesamtaktivitäten

Kreditrisiko

(in %)


Marktrisiko

(in %)

Quelle: EZB.
Anmerkung: Datenabruf zum 22. Dezember 2022.

1.3.1.3 Schwerpunkte der laufenden Aufsicht im Berichtsjahr

Der SREP ist das zentrale Aufsichtsinstrument, mit dem alle in einem Jahr zu einem einzelnen Institut erfassten Informationen zusammengetragen werden, um die jährliche Risikobewertung zu erstellen (siehe auch Abschnitt 1.3.1.5 zur Querschnittsanalyse im SREP 2022).

Zu den laufenden Aufsichtstätigkeiten, die von den JSTs im Zuge des SREP 2022 und der SREP-Gesamtbewertung durchgeführt wurden, zählen beispielsweise der Stresstest 2022 zu Klimarisiken (siehe Kasten 3) und eine gezielte Überprüfung des Gewerbeimmobiliensektors (commercial real estate – CRE).

Die im Dezember 2021 angekündigte gezielte Überprüfung der Gewerbeimmobilien war sehr ressourcenintensiv. Dabei lag der Fokus auf einer Überprüfung des Kreditrisikomanagements bei neu aufkommenden Risiken in den inländischen CRE-Portfolios der Banken. Die Bewertung der kritischen Elemente des Kreditrisikomanagements erfolgte auf der Grundlage von Peer-Group-Vergleichen.

Im Rahmen ihres jährlichen Stresstests untersuchte die EZB zudem die Klimarisiken der bedeutenden Institute. Die wichtigsten Ergebnisse dieses Klimarisikostresstests wurden im Juli 2022 veröffentlicht.

1.3.1.4 Aufsichtliche Feststellungen

Die aufsichtlichen Feststellungen gehören zu den wichtigsten Erkenntnissen aus der regelmäßigen Aufsichtstätigkeit und zeigen die von den Banken zu behebenden Mängel auf. Den JSTs obliegt es zu überwachen, inwieweit die Banken Maßnahmen zur Beseitigung dieser Mängel treffen. Im Jahr 2022 wurden insgesamt weniger Feststellungen dokumentiert als im Vorjahr. Somit lag die Zahl wieder auf einem ähnlichen Niveau wie vor der Pandemie. Dies war hauptsächlich auf eine geringere Anzahl von Feststellungen aus der Überprüfung interner Modelle zurückzuführen. Die Mehrzahl der Feststellungen ergab sich aus Prüfungen interner Modelle, Vor‑Ort-Prüfungen und Prüfungstätigkeiten im Zusammenhang mit Erlaubnisverfahren, wobei sich die meisten Feststellungen auf das Kreditrisiko bezogen (siehe Grafik 17).

Grafik 17

Aufsichtliche Feststellungen

Quelle: EZB.
Anmerkung: Die Stichprobe umfasst Feststellungen aller in der Bankenaufsicht der EZB tätigen JSTs (variierende Stichprobe). Datenabruf zum 16. Dezember 2022.

1.3.1.5 Querschnittsanalyse im SREP

Seit 2021 werden wieder vollständige SREP-Bewertungen durchgeführt, so auch im SREP-Zyklus 2022. Wie schon in früheren Zyklen blieben die SREP-Scorewerte im Wesentlichen unverändert. Obwohl nach der Corona-Pandemie eine wirtschaftliche Erholung einsetzte, veranlassten die exogenen Schocks, die sich aus den noch immer spürbaren Auswirkungen der Pandemie und dem Krieg Russlands in der Ukraine ergaben, die Aufsicht zu anhaltender Wachsamkeit.

Im Einklang mit den vorherigen SREP-Zyklen und den Aufsichtsprioritäten für 2022 bezogen sich die meisten qualitativen Maßnahmen auf Mängel in der Steuerung von Kreditrisiken und der internen Governance. Erstmals wurden jedoch auch zahlreiche Maßnahmen in Bezug auf Klimarisiken ergriffen.

Im Zentrum der SREP-Bewertung stand das Kreditrisiko. Trotz positiver Entwicklungen in Bezug auf das Risikoniveau und die Kreditqualität (z. B. Verringerung der NPL-Bestände) verbesserten sich die durchschnittlichen Scorewerte nur geringfügig. Grund hierfür waren die anhaltende Unsicherheit über die Entwicklung des gesamtwirtschaftlichen Umfelds und der Finanzmärkte sowie verbleibende strukturelle Schwächen im Bereich der Kreditrisikokontrolle. Vor dem Hintergrund des fortdauernden Krieges in der Ukraine und dessen Folgen für die Energie- und Rohstoffpreise sowie des raschen Ausstiegs aus dem Niedrigzinsumfeld verdichteten sich die Hinweise auf latente Risiken immer mehr. Die Forbearance- und Stufe‑2-Quoten sind inzwischen höher als vor der Pandemie. Dies bedeutet, dass es Risikopotenziale im Bereich Leveraged Finance und bei Forderungen gegenüber Sektoren mit bestimmten Anfälligkeiten gibt und dass ein kriegsbedingt erhöhtes Gegenparteiausfallrisiko besteht.

Ein Drittel der Maßnahmen zum Kreditrisiko bezog sich auf strategische und operationelle Pläne oder die Deckung notleidender Risikopositionen (non-performing exposures – NPEs). Entsprechend den Aufsichtsprioritäten für das Kreditrisiko wurden zudem 10 % aller Maßnahmen zur Beseitigung von Mängeln ergriffen, die mit den Schwerpunktbereichen im Schreiben an die CEOs vom 4. Dezember 2020 und den Leitlinien der EBA für die Kreditvergabe und Überwachung zusammenhingen.

Die interne Governance ist nach wie vor ein Bereich, der Anlass zur Sorge gibt. Die mangelnde Effektivität der Leitungsorgane, die Risikoneigung der Banken, eine unzureichende Beachtung von Compliance- und internen Revisionsfunktionen sowie die weiterhin fragmentierte und nicht harmonisierte IT-Landschaft beeinträchtigen die Fähigkeit der Banken, Risikodaten zu aggregieren.

Ein Drittel der qualitativen Maßnahmen zur internen Governance zielte darauf ab, die Effektivität der Leitungsorgane zu steigern. Behoben werden sollten in erster Linie Mängel bezüglich der Zusammensetzung der Leitungsorgane und der Verteilung ihrer Aufgabenbereiche sowie Unzulänglichkeiten bei der Nachfolgeplanung für Leitungsorganmitglieder. Im Verlauf des Jahres 2022 erzielten jene Institute Fortschritte, in denen Richtlinien zur Förderung der Diversität oder interne Zielvorgaben für eine geschlechtergerechte Zusammensetzung der Leitungsorgane bislang fehlten. Im Hinblick auf andere Aspekte der Diversität, beispielsweise die Altersstruktur oder die geografische Herkunft, wiesen die meisten beaufsichtigten Banken indes Schwächen auf.

Mehr als 30 bedeutende Institute wurden im Rahmen ihrer SREP-Bewertung aufgefordert, insgesamt 40 qualitative Maßnahmen im Bereich der Klimarisiken zu ergreifen. Die meisten dieser Maßnahmen konzentrierten sich auf Themen im Zusammenhang mit der strategischen und operativen Planung. Hierin zeigte sich, dass dieser Bereich von der Aufsicht als wichtiger Faktor für eine bessere Steuerung der Klima- und Umweltrisiken eingeschätzt wurde. Die Prüfungen deckten eine Vielfalt an Themen ab, um zu gewährleisten, dass Klima- und Umweltrisiken auf solide und substanzielle Weise in die Strategieprozesse und Risikomanagementrahmen einfließen. Die daraus resultierenden Feststellungen bezogen sich auf Verbesserungen der Wesentlichkeitsbeurteilung für alle relevanten Risiken, die Feinjustierung interner Stresstests und Szenarioanalysen, die Einführung und Überwachung geeigneter Indikatoren für die wichtigsten Risiken, Anpassungen in Bezug auf Umfang und Häufigkeit der Berichterstattung durch die Geschäftsleitung sowie auf eine tiefere Verankerung der Klimarisiken im Rahmen für die Risikobereitschaft.

Trotz des schwierigen Wirtschaftsumfelds blieb die Kapitalausstattung weitgehend stabil. Dabei entsprachen die durchschnittlichen Säule‑2-Anforderungen und Säule‑2-Empfehlungen in etwa denen der Vorjahre. Im Falle einer ungenügenden Deckung von NPEs wurden erneut institutsspezifische Zuschläge für die Säule‑2-Anforderung festgelegt. Erstmals bewertete die EZB-Bankenaufsicht im Rahmen des SREP 2022 auch das Risiko einer übermäßigen Verschuldung, um zu ermitteln, bei welchen Banken speziell auf die Verschuldungsquote bezogene qualitative Maßnahmen oder Säule‑2-Anforderungen erforderlich sein könnten. Auf Basis der Ergebnisse dieser Bewertung wurden für vier Kreditinstitute qualitative Maßnahmen festgelegt. Das Risiko einer übermäßigen Verschuldung ergab sich aus Eventualverschuldungen und Anzeichen von Bilanzkosmetik.

Die durchschnittliche Säule‑2-Empfehlung blieb weitgehend unverändert, weil im Jahr 2022 kein systemweiter Eigenkapitalstresstest vorgenommen wurde.

Weitere Angaben hierzu sind den aggregierten Ergebnissen des SREP 2022 zu entnehmen.

1.3.1.6 EZB beauftragt externe Fachleute mit Überprüfung des SREP

Der aufsichtliche Überprüfungs- und Bewertungsprozess steht seit jeher im Zentrum der Aufsichtstätigkeit der EZB. Als deren wichtigstes Instrument soll er eine durchweg hohe Aufsichtsqualität in einem heterogenen Bankensektor gewährleisten.

Der SREP wurde grundlegend verändert und beinhaltet auch Modifikationen aufgrund neuer oder aktualisierter Vorschriften sowie praktische Anpassungen an ein sich wandelndes Umfeld. Acht Jahre nach der Einführung der europäischen Bankenaufsicht beschloss die EZB nun zu prüfen, ob der SREP in seiner jetzigen Form den bestehenden Anforderungen und Prioritäten vollständig gerecht wird und ob sich das bestehende Verfahren verschlanken lässt. Im September 2022 beauftragte die EZB eine Gruppe hochrangiger internationaler Fachleute mit der Überprüfung des SREP und der anschließenden Ausarbeitung von Empfehlungen zur Verbesserung der Effizienz und Effektivität der europäischen Bankenaufsicht.

Zunächst nahm die hochrangige Expertengruppe an einer Reihe von Kick‑off-Meetings teil, um sich mit den wichtigsten Konzepten und Verfahren des SREP vertraut zu machen. Auf diese Weise sollte es den Fachleuten ermöglicht werden, für ihr Vorhaben relevante Informationen zu sammeln und Kontakt mit den zuständigen Fachbereichen der EZB-Bankenaufsicht aufzunehmen. In diesen Sitzungen wurde auch dargelegt, wie die diversen anderen Aufsichtstätigkeiten durch den SREP in den bestehenden Rechtsrahmen eingebettet werden.

In der nächsten Projektphase führte die Expertengruppe Gespräche mit wichtigen Beteiligten der nationalen zuständigen Behörden, der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde und anderer internationaler Aufsichtsinstanzen sowie mit Branchenvertretern. Nun ging es darum, Informationen zu Best Practices zusammenzutragen und zukunftsgerichtete Perspektiven für die weitere Entwicklung der Bankenaufsicht auszuloten. Außerdem sollte die Expertengruppe in die Lage versetzt werden zu entscheiden, welche Empfehlungen gegebenenfalls erforderlich sind.

In der Schlussphase des Projekts von Januar bis März 2023 werden die hochrangigen Fachleute Empfehlungen zur Vereinfachung des SREP und zur Steigerung seiner allgemeinen Effektivität formulieren.

1.3.2 Vor-Ort-Prüfungen

2022 erfolgten die meisten Vor-Ort-Prüfungen und Prüfungen interner Modelle in hybrider Arbeitsweise

Die meisten Vor-Ort-Prüfungen und Prüfungen interner Modelle wurden im Berichtsjahr hybrid durchgeführt. Dabei wurden traditionelle Vor‑Ort-Tätigkeiten beim beaufsichtigten Institut[17] erfolgreich mit Remote-Tätigkeiten kombiniert. Sobald es die Corona-Lage erlaubte, erhöhten die Prüfungsteams jedoch ihre Präsenz vor Ort wieder.

2022 wurden 158 Vor-Ort-Prüfungen und 100 Prüfungen interner Modelle bei bedeutenden Instituten auf den Weg gebracht. Dies spiegelt eine steigende Tendenz seit dem Ausbruch der Pandemie wider, wobei die Zahl der Vor‑Ort-Prüfungen geringfügig höher war als vor der Pandemie (siehe Grafik 18).

Neben den von den JSTs beantragten institutsbezogenen Vor‑Ort-Prüfungen kam bei bestimmten Risikobereichen der schon in früheren Jahren verfolgte Kampagnenansatz[18] wieder zum Tragen. Entsprechend den Aufsichtsprioritäten für das Jahr 2022 wurden die meisten wichtigen Prüfungskampagnen aus dem Vorjahr fortgeführt, so beispielsweise die Kampagnen zu a) Gewerbeimmobilien[19], b) großen KMUs/Unternehmen, c) granularen Portfolios mit Risikovorsorge gemäß IFRS 9, d) Hebelfinanzierungen, e) bankinternen Prozessen zur Sicherstellung einer angemessenen Kapitalausstattung (Internal Capital Adequacy Assessment Process – ICAAP), f) Geschäftsmodellen und Ertragskraft sowie g) zur Aggregation von Risikodaten und Risikoberichterstattung. Die letztgenannte Kampagne wurde neu aufgelegt, um zu bewerten, ob die Kapazitäten zur Aggregation von Risikodaten und die entsprechenden Berichtsverfahren die allgemeine Risikosteuerung unterstützen und die Leitungsorgane der Banken befähigen, fundierte Entscheidungen zu treffen. Um neu auftretende Risiken zu untersuchen, wurden Vor‑Ort-Prüfungen zu Klima- und Umweltrisiken, zum Gegenparteiausfallrisiko sowie zu IT-Auslagerungen und Cyberresilienz durchgeführt. Darüber hinaus wurde eine Reihe gezielter Vor-Ort-Prüfungen zu den Strategien der Banken für den digitalen Wandel eingeleitet. Diese hatten zum Ziel, strukturellen Schwächen durch die Förderung effektiver Digitalisierungsstrategien und eine verbesserte Governance entgegenzuwirken.

Wie schon im Vorjahr konzentrierten sich die Prüfungen interner Modelle 2022 vor allem auf die Umsetzung der neuen Standards und Leitlinien der EBA, die vorübergehende Duldung von Modellen im Kontext des Brexits sowie das Follow-up zur gezielten Überprüfung interner Modelle (Targeted Review of Internal Models – TRIM).

Grafik 18

Vor-Ort-Prüfungen und Prüfungen interner Modelle in den Jahren 2020, 2021 und 2022

(Anzahl der Prüfungen)

Quelle: EZB-Bankenaufsicht.

1.3.2.1 Wesentliche Feststellungen bei Vor-Ort-Prüfungen

Die folgende Analyse gibt einen Überblick über die gravierendsten Feststellungen, die bei Vor-Ort-Prüfungen getroffen wurden.[20]

Kreditrisiko

Im Unterschied zum Vorjahr stützten sich die 2022 durchgeführten Vor‑Ort-Prüfungen des Kreditrisikos stärker auf den quantitativen Ansatz. Konkret wurden dabei Prüfungen von Kreditakten und Beurteilungen der Rahmenwerke für die Risikovorsorge gemäß IFRS 9 (auch unter Einsatz der neu eingeführten Validierungsmethoden für Privatkunden- und granulare Portfolios) vorgenommen. Aus diesen Überprüfungen ergaben sich zusätzliche Neuklassifizierungen von NPE-Positionen im Umfang von 4,2 Mrd. € und eine zusätzliche Risikovorsorge in Höhe von 2,3 Mrd. €.

Die Prüfungsfeststellungen zum Kreditrisiko offenbarten die nachstehend aufgeführten wesentlichen Schwachstellen (in absteigender Reihenfolge ihres Auftretens und ihrer Schwere).

  • Risikoklassifikation und IFRS 9-Einstufung in der Rechnungslegung: Die Feststellung einer mangelhaften Beurteilung der finanziellen Schwierigkeiten von Kreditnehmern veranlasste das Prüfungsteam zur Reklassifikation von Risikopositionen als „UTP“ (unlikely to pay – Begleichung unwahrscheinlich) oder als Forbearance-Maßnahmen unterliegend sowie zur Identifikation zusätzlicher Stufe‑2-Kredite gemäß IFRS 9.
  • Berechnung der Risikovorsorge auf Einzel- und Portfolioebene: Mängel bezüglich der Ausfallwahrscheinlichkeit (probability of default – PD) und der Ausfallverlustquote (loss given default – LGD), die als Parameter in den Modellen für die Berechnung der Risikovorsorge auf Portfolioebene verwendet werden, sowie Defizite bei der Feststellung eines signifikanten Anstiegs des Kreditrisikos, unzureichende Einbeziehung zukunftsgerichteter Informationen, Schätzung der Risikovorsorge auf Einzelebene anhand zu optimistischer oder fehlender Cashflow-Analysen, Überbewertung oder unangemessene Berücksichtigung von Sicherheiten, in Besitz genommenen Vermögenswerten und Garantien.
  • Vergabe und Überwachung: Unzulänglichkeiten im Kreditvergabeverfahren, ungeeignete Messgrößen der Schuldendienstfähigkeit, unzureichende Berücksichtigung des Refinanzierungsrisikos bei endfälligen Darlehen, Unvollständigkeit der Kreditvergabekriterien.
  • Datenqualität: schlechte Qualität der von den geprüften Instituten bereitgestellten Kreditdatenbänder, interne IT-Systeme unterstützen nicht die angemessene Erkennung, Überwachung und Klassifizierung von Kreditrisiken.
Interne Governance

Ähnlich wie im vergangenen Jahr wurden auch 2022 wieder Vor‑Ort-Prüfungen zu verschiedenen Governance-Themen mit besonderem Fokus auf den Aufsichtsprioritäten durchgeführt. Die gravierendsten Feststellungen[21] bezogen sich auf Mängel in den folgenden Governance-Bereichen:

  • Interne Kontrollfunktionen (einschließlich Compliance, Risikomanagement und interner Revision): schwerwiegende Mängel in Bezug auf Status, Ressourcen und Tätigkeitsbereich aller internen Kontrollfunktionen.
  • Aggregation von Risikodaten und Risikoberichterstattung: unzureichende Governance-Regelungen, Schwächen im Datenqualitätsmanagement, die Zweifel hinsichtlich der Fähigkeit zur Generierung zutreffender und zuverlässiger Risikodaten aufkommen lassen, Ungenauigkeit und Unangemessenheit des Risikomanagement-Berichtswesens.
  • Outsourcing: unangemessene Risikobeurteilung bei Outsourcing-Entscheidungen, Mängel in der Erbringung und Überwachung ausgelagerter Dienstleistungen, insbesondere im IT-Bereich.
  • Unternehmensstruktur und Organisation: schwach ausgeprägte institutsweite Risikokultur, unzulängliche interne Kontrollrahmen und ungenügende personelle und technische Ressourcen.
IT-Risiko

Im Einklang mit den Aufsichtsprioritäten 2022-2024 gab es im Berichtsjahr mehr Vor‑Ort-Prüfungen zum IT-Risiko, die sich schwerpunktmäßig mit dem Management von IT- und Cyberrisiken befassten, als im Vorjahr. Die Prüfungsfeststellungen in diesem Bereich machten rund die Hälfte der besonders schwerwiegenden Feststellungen aus, die 2022 in den Vor‑Ort-Prüfungen zum IT-Risiko getroffen wurden.

Der übrige Anteil der Feststellungen bezog sich größtenteils auf Mängel beim IT‑Projektmanagement (12 % aller schwerwiegenden Feststellungen zum IT-Risiko im Jahr 2022). Einerseits passte dies zu den Antworten der Banken im Fragebogen zu den IT-Risiken[22], wonach Softwareänderungen die wesentliche Ursache für den Ausfall kritischer Dienste waren. Andererseits war die Anzahl der diesbezüglichen Feststellungen besorgniserregend hoch, da im Zuge der digitalen Transformation (eines weiteren Fokusthemas der Aufsichtsprioritäten) erwartet wird, dass Softwareänderungen künftig agiler erfolgen.

Nähere Informationen zu den IT- und Cyberrisiken sind in Abschnitt 1.2.3.1 enthalten.

Regulatorisches Eigenkapital und ICAAP

Die Prüfungskampagne zu den bankinternen Prozessen zur Sicherstellung einer angemessenen Kapitalausstattung (ICAAP) wurde bereits 2020 eingeleitet und in den Jahren 2021 und 2022 fortgeführt. Dabei ging es darum, strukturelle Schwachstellen im Bereich der Risikoquantifizierung und der Kapitalprojektionen anzugehen, um die Kapitalplanung zu verbessern.

Die wichtigsten Prüfungsfeststellungen zum regulatorischen Eigenkapital (Säule 1) waren a) das Fehlen eines hinreichend formalisierten Verfahrens zur Berechnung der regulatorischen Eigenkapitalanforderungen, b) ein unzureichender Kontrollrahmen für die Berechnung der Eigenkapitalanforderungen und Eigenmittel sowie c) eine falsche Zuordnung von Risikopositionen zu Forderungsklassen oder eine nicht adäquate Zuweisung von Risikogewichten zu Risikopositionen.

Bei den ICAAP-Prüfungen wurden folgende besonders schwerwiegende Mängel festgestellt: a) schwache interne Quantifizierungsmethoden (z. B. für das Kredit-, Markt- oder Zinsänderungsrisiko), b) mangelnde Robustheit des Prozesses für die mehrjährige Kapitalplanung, c) ungeeignete Methode zur Ermittlung der wesentlichen Risiken im Rahmen des Risikoidentifizierungsprozesses und d) fehlender oder nicht schlüssiger Zusammenhang zwischen dem ICAAP und der Geschäftsstrategie, der Risikostrategie und dem Rahmen für die Risikobereitschaft.

Geschäftsmodell und Ertragskraft

Die im Berichtsjahr durchgeführten Vor-Ort-Prüfungen zu den Geschäftsmodellen führten die 2021 eingeleitete Prüfungskampagne fort und griffen deren zentrale Aspekte erneut auf (z. B. Strategieüberprüfung, Rentabilitätsanalyse, Kreditbepreisung und Finanzprojektionen).

Die gravierendsten Feststellungen betrafen die zu optimistischen und schlecht strukturierten Finanzprojektionen einiger Finanzinstitute. Darüber hinaus wurden folgende Mängel beanstandet:

  • Schwacher Strategieprozess aufgrund einer unzureichenden Überwachung und dadurch Verfehlen der strategischen Ziele.
  • Inadäquate Rentabilitätsanalyse mit unzureichender Steuerung aufgrund von Strategiebewertungsprozessen auf Basis ungeeigneter Leistungskennzahlen (key performance indicators – KPIs) und Nichtumsetzung dieser Kennzahlen in die Praxis.
  • Ineffektiver Preisrahmen, der die Ertragskraft und die Strategieziele gefährdet.
Marktrisiko

Die 2022 durchgeführten Vor-Ort-Prüfungen des Marktrisikos konzentrierten sich auf das Bewertungsrisiko von Brexit-Banken, die im Rahmen der Kampagne zum Zinsänderungsrisiko im Anlagebuch untersucht wurden, und auf das Gegenparteiausfallrisiko.

Die wesentlichen Schwachstellen, die im Berichtsjahr identifiziert wurden, betrafen die Messung des beizulegenden Zeitwerts (Fair Value) und zusätzliche Bewertungsanpassungen (unzureichende Zuverlässigkeit der Marktdatenquellen und Mängel in der unabhängigen Preisüberprüfung, unangemessene Methodik in Bezug auf die Fair-Value-Hierarchie sowie auf zusätzliche Bewertungsanpassungen, Bedenken im Hinblick auf die Regeln zur Amortisation des Day-one-Profit über die Laufzeit). Mängel gab es auch beim Rahmen für das Management von Modellrisiken (vor allem in Bezug auf das Modellvalidierungsverfahren und Korrekturen der Risikoparameter) sowie bei der Steuerung des Gegenparteiausfallrisikos (hauptsächlich im Zusammenhang mit den Stresstestrahmen, der Risikoerkennung und -messung, der Festlegung von Limiten sowie dem Sicherheitenmanagement).

Liquiditätsrisiko

Der Umfang der Vor-Ort-Prüfungen des Liquiditätsrisikos blieb unverändert. Die meisten der besonders schwerwiegenden Prüfungsfeststellungen betrafen Schwächen im Bereich der Risikomessung und -überwachung (zu geringe Robustheit der gewählten Parameter und Annahmen), der aufsichtlichen Meldungen (falsche Klassifizierung von LCR-Teilkomponenten) und der Stresstestrahmen (mangelhafte Szenariogestaltung).

Zinsänderungsrisiko im Anlagebuch

Die meisten gravierenden Prüfungsfeststellungen zum Zinsänderungsrisiko im Anlagebuch resultierten aus Schwachstellen im Stresstestszenario-Rahmen (Unzulänglichkeiten in der Szenariogestaltung und der Anwendung des aufsichtlichen Ausreißertests) sowie bei der Messung und Überwachung von Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch. Beanstandet wurden insbesondere die mangelnde Eignung der für verhaltensbezogene Modellannahmen verwendeten Quantifizierungsmodelle sowie Unzulänglichkeiten in der Modellvalidierung und bei Rückvergleichen (Backtesting).

1.3.2.2 Wesentliche Feststellungen bei Prüfungen interner Modelle

Im Blickpunkt der Prüfungen interner Modelle standen 2022 folgende Aspekte:

Repair-Programm der EBA für den auf internen Ratings basierenden Ansatz: Eine große Zahl von Anträgen zu internen Modellen stammte von Banken, die ihre Modelle anzupassen beabsichtigten, um die neuen Anforderungen der EBA zu erfüllen. Diese hatten sich aus der aufsichtlichen Überprüfung des auf internen Ratings basierenden (internal ratings-based – IRB) Ansatzes ergeben (IRB-Repair-Programm). Die meisten dieser Anforderungen waren von den Banken bis Ende 2021 umzusetzen. Dementsprechend wurden im Laufe des Berichtsjahrs sehr viele Anträge bewertet.

Die gravierendsten Feststellungen betrafen die Verfahren zur Sicherung der Datenqualität. Was den Modellrahmen für die Schätzung der Ausfallwahrscheinlichkeit anbelangt, so bezogen sich die gravierendsten Feststellungen auf die Berechnung von langfristigen Durchschnitten und die Sicherheitsspannen. Bezüglich der Schätzung der Ausfallverlustquote ergaben sich hingegen zahlreiche schwerwiegende Feststellungen bei der Berechnung der realisierten Ausfallverlustquote und der Schätzung der Ausfallverlustquote bei einem Konjunkturabschwung.

Follow-up zum TRIM-Projekt: Die 200 Vor-Ort-Prüfungen im Rahmen der gezielten Überprüfung interner Modelle (TRIM) zeigten, dass die Banken noch mehr tun müssen, um ihre internen Modelle in einer besseren Weise zu implementieren und anzuwenden. Damit sichergestellt ist, dass die Institute die festgestellten Mängel wirksam beheben, wird eine engmaschige Beaufsichtigung als wesentlich erachtet. Bei der Bewertung der IRB-Modelle wurde das Follow-up zu TRIM mit Prüfungen interner Modelle gebündelt, die dem erwähnten IRB-Repair-Programm der EBA gewidmet waren.

Neue Institute unter der direkten Aufsicht der EZB: Aufgrund des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU und der Verlegung von Banken innerhalb der Bankenunion benötigten einige Institute die Zustimmung der EZB, ihre internen Modelle, die außerhalb der europäischen Bankenaufsicht zugelassen worden waren, weiter verwenden zu dürfen. Um eben diese Modelle ging es bei einer beträchtlichen Zahl von Prüfungen interner Modelle, die im Jahr 2022 durchgeführt wurden. Dies betraf insbesondere den auf internen Modellen basierenden Ansatz für das Marktrisiko und das Gegenparteiausfallrisiko.

Die Prüfungen interner Modelle für das Marktrisiko offenbarten bei den Brexit-Banken die meisten Mängel in den Bereichen Governance und Outsourcing. Dies rührte daher, dass Brexit-Institute mit Blick auf das Risikomanagement, die Modellentwicklung und die Überwachung in hohem Maße von Funktionen oder Unternehmen innerhalb der Bankengruppe abhängig waren, die nicht der europäischen Bankenaufsicht unterliegen. Zudem wurde deutlich, dass sich diese Banken bei der Einhaltung der Aufsichtsstandards und der Erfüllung der daran geknüpften aufsichtlichen Erwartungen der EZB im Rückstand gegenüber anderen Instituten befanden. Dies galt beispielsweise für die Implementierung eines Rahmens zur Berücksichtigung von nicht in den Modellen erfassten Risiken[23] und für Rückvergleiche (Backtesting) bei noch nicht ausgereiften Marktrisikoportfolios. Bei bestimmten Marktrisikokategorien deckten die Marktrisikomodelle einen erheblichen Teil der Positionen nicht ab. Dies ist jedoch eine zwingende Voraussetzung für die Verwendung interner Modelle.

Im Zuge der Prüfung interner Modelle für das Gegenparteiausfallrisiko ergaben sich ebenfalls Brexit-spezifische Feststellungen in den Bereichen Governance und Outsourcing. Dabei zeigte sich, dass Brexit-Institute ähnlich wie beim Marktrisiko in großem Umfang auf die gruppeninternen Funktionen Risikomanagement, Modellentwicklung und Überwachung angewiesen waren. Die Feststellungen erstreckten sich auch auf für Brexit-Banken untypische Aspekte der internen Modelle. Hierzu zählten beispielsweise die Validierung (vor allem beim Abdeckungsgrad von Backtests), die Datenqualität und Stresskalibrierung sowie die Modellierung von aus Handelsaktivitäten stammenden Cashflows während der Nachschuss-Risikoperiode[24].

Die EZB erhielt ferner Anträge auf eine Rückkehr zu weniger komplizierten Ansätzen, vor allem im Kontext der bankseitigen Initiativen zur Vereinfachung der Modelle, wie in den aufsichtlichen Erwartungen der EZB vorgesehen. Bei der Prüfung der Anträge achtete die EZB besonders darauf, dass sich die Institute nicht nur die Vorteile einer solchen Rückkehr sicherten.

1.4 Indirekte Aufsicht über weniger bedeutende Institute

1.4.1 Struktur des LSI-Sektors

Der LSI-Sektor ist im Großen und Ganzen immer noch recht fragmentiert. Allerdings haben 83 % der in Europa niedergelassenen weniger bedeutenden Institute ihren Sitz in Deutschland, Österreich oder Italien. Dementsprechend waren diese drei Länder auch maßgeblich für die Konsolidierung im LSI-Sektor verantwortlich.

Anhaltender Konsolidierungstrend im LSI-Sektor – Zahl der LSIs 2022 weiter auf 2 032 gesunken

Der anhaltende Konsolidierungstrend im Sektor der weniger bedeutenden Institute setzte sich auch im Berichtsjahr fort. Die Gesamtzahl der LSIs sank von 2 089 Ende 2021 weiter auf 2 032 Institute im dritten Quartal 2022 (siehe Tabelle 1), wobei der Rückgang zu einem großen Teil in Deutschland erfolgte. So wurden in den ersten zehn Monaten 2022 insgesamt 39 Übernahmen oder Fusionen verzeichnet, von denen 33 deutsche LSIs und 5 österreichische LSIs betrafen. Es wurden deutlich weniger Zulassungen entzogen als im Vorjahr; die Gesamtzahl für alle SSM-Länder sank von zehn im Jahr 2021 auf eins im Berichtsjahr. In lediglich einem einzigen Fall erlosch die Zulassung. Demgegenüber standen vier neu erteilte Zulassungen in vier verschiedenen Ländern sowie drei Unternehmen (Zweigstellen oder Finanzholdinggesellschaften), die ihren Geschäftsbetrieb in einem der europäischen Bankenaufsicht unterliegenden Land aufnahmen.

Tabelle 1

Anzahl der LSIs nach Ländern

Quelle: EZB.
Anmerkung: Die Daten geben die oberste Konsolidierungsebene ohne Finanzmarktinfrastrukturen wieder.

Trotz ihrer rückläufigen Zahl machen die LSIs nach wie vor einen nicht unerheblichen Anteil am gesamten europäischen Bankensektor aus. So halten die weniger bedeutenden Institute rund 15 % aller Bankaktiva (bzw. 18 %, wenn Finanzmarktinfrastrukturen mit einbezogen werden). In einigen Mitgliedstaaten erklärt sich die Bedeutung des LSI-Sektors durch den Anteil, den diese Institute an den gesamten Bankaktiva des Landes halten. Dieser Anteil ist auch ein guter Indikator für die heterogene Zusammensetzung der nationalen Bankensysteme in den 21 der europäischen Bankenaufsicht unterliegenden Ländern. Beispielsweise entfiel in Luxemburg, Deutschland und Österreich mehr als ein Drittel aller im heimischen Bankensektor gehaltenen Aktiva auf LSIs. In Ländern mit einem höheren Konzentrationsgrad im Bankgewerbe ist der LSI-Sektor hingegen relativ klein. So hielten LSIs in Frankreich, Griechenland und Belgien nur 2,6 %, 3,5 % bzw. 5,5 % der Gesamtaktiva.

Grafik 19

Marktanteil von SIs und LSIs

(in % der Gesamtaktiva des Bankensektors)

Quelle: EZB-Berechnungen gemäß FINREP F 01.01, F 01.01_DP.
Anmerkung: Die in der Grafik ausgewiesenen Marktanteile wurden anhand von Daten auf der obersten Konsolidierungsebene ermittelt. Dies bedeutet, dass die Aktiva von Zweigstellen und Unternehmen, die Tochtergesellschaften von im SSM beaufsichtigten Muttergesellschaften sind, zu den Gesamtaktiva der Muttergesellschaft gerechnet werden und nicht im Marktanteil des entsprechenden lokalen Bankensektors berücksichtigt sind. Bulgarien, Kroatien und die Slowakei sind von dieser allgemeinen Methode ausgenommen. Der Marktanteil von SIs in diesen Ländern enthält demnach auch die Gesamtaktiva von dort ansässigen Tochtergesellschaften ausländischer SSM-Muttergesellschaften. Aufgrund dieser unterschiedlichen Berechnungsmethoden sind die in der Grafik dargestellten Marktanteile für Bulgarien, Kroatien und die Slowakei nicht direkt mit denen der anderen Länder vergleichbar.

Der LSI-Sektor setzt sich aus einer Vielzahl dynamischer Marktsegmente zusammen, angefangen bei Konsumenten- und Immobilienkrediten über das Privatbankengeschäft bis hin zur Vermögensverwaltung. Die Aktivitäten von LSIs wiesen im Berichtsjahr tendenziell eine stärkere geografische Konzentration auf als die von SIs. Dabei ist die Kreditvergabe an Privatkunden das vorherrschende Geschäftsmodell. Aus diesem Grund ist der LSI-Sektor zumeist durch eine große Zahl regionaler Sparkassen und/oder Genossenschaftsbanken gekennzeichnet, die im Fall von Deutschland und Österreich größtenteils auch an institutsbezogenen Sicherungssystemen teilnehmen. In Österreich trifft dies auf mehr als zwei Drittel aller LSIs zu, in Deutschland auf rund 90 %.

Grafik 20

Klassifikation der Geschäftsmodelle von LSIs

(prozentualer Anteil an der Zahl nationaler LSIs)

Quelle: EZB-Berechnungen gemäß FINREP F 01.01, F 01.01_DP.
Anmerkung: Die in der Grafik ausgewiesenen Marktanteile wurden anhand von Daten auf der obersten Konsolidierungsebene ermittelt. Dies bedeutet, dass die Aktiva von Zweigstellen und Unternehmen, die Tochtergesellschaften von im SSM beaufsichtigten Muttergesellschaften sind, zu den Gesamtaktiva der Muttergesellschaft gerechnet werden und nicht im Marktanteil des entsprechenden lokalen Bankensektors berücksichtigt sind. Bulgarien, Kroatien und die Slowakei sind von dieser allgemeinen Methode ausgenommen. Der Marktanteil von SIs in diesen Ländern enthält demnach auch die Gesamtaktiva von dort ansässigen Tochtergesellschaften ausländischer SSM-Muttergesellschaften. Aufgrund dieser unterschiedlichen Berechnungsmethoden sind die in der Grafik dargestellten Marktanteile für Bulgarien, Kroatien und die Slowakei nicht direkt mit denen der anderen Länder vergleichbar.

1.4.2 Ausgewählte Überwachungsaktivitäten

Kreditrisiko bleibt Schwerpunktbereich der Aufsichtstätigkeit bei LSIs trotz erneut geringerer NPL-Quote im Jahr 2022

Angesichts der aktuellen gesamtwirtschaftlichen und geopolitischen Unsicherheit stellt das Kreditrisiko bei LSIs nach wie vor einen wesentlichen Grund zur Sorge dar, wenngleich die NPL-Bestände in den vergangenen Jahren kontinuierlich abgebaut wurden. So lag die aggregierte NPL-Quote (ohne Zentralbankrefinanzierung) im September 2022 bei 2,1 %, verglichen mit 2,3 % im entsprechenden Vorjahresmonat. Auch die Zahl der LSIs mit hohen NPL-Beständen[25] war weiter rückläufig und belief sich im Berichtsjahr auf 183, verglichen mit 208 im Jahr zuvor.

Nachdem in den vorangegangenen Jahren zahlreiche Aufsichtsaktivitäten zum Kreditrisiko von LSIs durchgeführt worden waren, wurde 2022 ein gemeinsamer Rahmen für eine regelmäßige, strukturierte Überwachung der Kreditrisikoentwicklung ausgearbeitet und den LSIs zur Verfügung gestellt. Dadurch bekamen die nationalen zuständigen Behörden granularere Referenzwerte an die Hand und damit die Möglichkeit, verschiedene Schlüsselindikatoren regelmäßig zu vergleichen. Diese geben beispielsweise darüber Aufschluss, wie Banken Forbearance-Maßnahmen unterliegende Positionen und Forderungen, deren Begleichung unwahrscheinlich ist, identifizieren, oder welche Risikovorsorgepraktiken im LSI-Sektor gängig sind.

Thematische Überprüfung der internen Governance von LSIs 2022 abgeschlossen

Die europäische Bankenaufsicht maß der internen Governance weiterhin hohe Bedeutung bei. Daher führte die EZB-Bankenaufsicht in Zusammenarbeit mit den nationalen Aufsichtsbehörden 2021/2022 eine thematische Überprüfung der Governance-Regelungen von LSIs durch. Dabei stützte sie sich auf Daten aus einer Stichprobe von annähernd 300 LSIs aus den 21 teilnehmenden Ländern. Die Überprüfung deckte eine breite Palette von Aspekten der internen Governance ab, zum Beispiel die Funktionsweise der Leitungsorgane von LSIs. Dies wurde von einer Umfrage zu den einschlägigen nationalen Aufsichtspraktiken flankiert. Die Bankenaufsicht der EZB und die nationalen Aufsichtsbehörden werden sich weiterhin für eine stärkere Angleichung der aufsichtlichen Erwartungen und Standards zur internen Governance einsetzen und den ermittelten Schwachstellen nachgehen.

Bei zahlreichen Aufsichtsaktivitäten wurde schwache Ertragskraft thematisiert

Zugleich gab die schwache Ertragslage in großen Teilen des LSI-Sektors weiterhin Anlass zur Besorgnis (siehe Abschnitt 1.1.2). Deshalb sah sich die europäische Bankenaufsicht zu verschiedenen Maßnahmen veranlasst. Hierzu zählten Prüfungstätigkeiten zur Digitalisierung in Bereichen wie der Nutzung von Einlagenplattformen durch LSIs sowie eine engmaschige Überwachung von LSIs mit FinTech-Geschäftsmodellen. Daneben wurden auch spezielle Sektoranalysen durchgeführt, beispielsweise in Bezug auf Kreditgenossenschaften und Bausparkassen, die Überwachung von Sparkassen und institutsbezogenen Sicherungssystemen sowie Analysen zum Brexit, wobei der Fokus auf den Geschäftsmodellen und der Ertragskraft lag.

Pilotüberprüfung der aufsichtlichen Wirksamkeit bei LSIs im Jahr 2022

Im Berichtsjahr wurde auch eine Pilotüberprüfung auf den Weg gebracht, die dem übergeordneten Ziel diente, die Konsistenz der Aufsichtsergebnisse bei LSIs unter europäischer Bankenaufsicht zu verbessern. Anhand quantitativer und qualitativer Angaben wurde dabei die Wirksamkeit der Aufsicht und der Überwachung von LSIs gemessen, die der europäischen Bankenaufsicht unterliegen. Zu den Schwerpunktthemen zählten die Aufsichtsressourcen und ‑aktivitäten (z. B. Vor‑Ort-Prüfungen), die Intensität des aufsichtlichen Dialogs mit LSIs und die Einhaltung von EBA-Leitlinien.

Zahlreiche weitere Aufsichts- und Überwachungsinitiativen auf Basis der identifizierten allgemeinen Aufsichtsprioritäten und Kernrisiken des LSI-Sektors

Weitere Initiativen zur Überwachung der LSIs beinhalteten thematische Arbeiten zum Klimarisiko, das Krisenmanagement und eine Überprüfung der Stresstestverfahren der NCAs. Nähere Einzelheiten zu diesen und anderen Initiativen sind im Bericht zur Aufsichtstätigkeit bei LSIs 2022 dargelegt.

1.4.3 Bestandsaufnahme der nationalen Stresstestverfahren für LSIs

Durch eine Bestandsaufnahme der nationalen Stresstestverfahren für LSIs hat die EZB-Bankenaufsicht die allgemeine Konvergenz der aufsichtlichen Stresstests für LSIs weiter vorangetrieben. Der Vergleich der aktuell auf nationaler Ebene verwendeten Ansätze bildete die Grundlage für weitere Fortschritte hin zu einer größeren Einheitlichkeit der Praktiken in Bereichen, wo dies angemessen ist –beispielsweise bei der Nutzung gemeinsamer Szenarios. Der Austausch unter den NCAs zu bewährten Verfahren wird ebenfalls zu einer Harmonisierung der Stresstestpraktiken dieser Institute beitragen, soweit diese angesichts der nationalen Besonderheiten der LSIs erforderlich ist. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird dabei in vollem Umfang gewahrt.

1.5 Makroprudenzielle Aufgaben der EZB

Im Einklang mit den ihr durch Artikel 5 der SSM‑Verordnung übertragenen makroprudenziellen Aufgaben suchte die EZB auch 2022 wieder aktiv den Kontakt mit den nationalen zuständigen Behörden.[26] Wie in den vergangenen Jahren meldeten die nationalen Behörden der EZB ihre beabsichtigten makroprudenziellen Maßnahmen, und die EZB bewertete diese Meldungen. Dabei ging es um die Festlegung antizyklischer Kapitalpuffer, die Identifizierung global systemrelevanter Institute (G‑SRIs) und anderweitig systemrelevanter Institute (A‑SRIs) und deren Behandlung im Hinblick auf die Eigenkapitalanforderungen sowie um sonstige makroprudenzielle Maßnahmen, durch die beispielsweise Systemrisikopuffer festgelegt wurden oder die auf Artikel 458 der Eigenkapitalverordnung (CRR) beruhten.

Während der Covid‑19-Pandemie hatten mehrere nationale Behörden eine Freigabe der Kapitalpuffer beschlossen, um die Kreditvergabe zu unterstützen. Da jedoch die zyklischen Risiken zunahmen, schrieben einige Behörden im Jahr 2021 wieder einen positiven antizyklischen Kapitalpuffer vor. Diese Entwicklung setzte sich auch im Berichtsjahr fort: Mehrere nationale Behörden erhöhten angesichts der zunehmenden makrofinanziellen Anfälligkeiten die Anforderungen für zyklische und strukturelle Kapitalpuffer. Die nationalen Behörden identifizierten zudem 129 Institute als A‑SRIs und setzten für sie entsprechende Kapitalpuffer fest. Dies erfolgte anhand der seit 2016 von der EZB angewendeten Methodik zur Festlegung der Untergrenzen für den A‑SRI-Puffer (Floor-Methodik). Am 21. Dezember 2022 gab die EZB bekannt, zum 1. Januar 2024 auf eine überarbeitete Floor-Methodik umzustellen.[27] Sie zielt darauf ab, die Verlustabsorptionsfähigkeit der anderweitig systemrelevanten Institute zu verbessern, das Risiko der Heterogenität von A‑SRI-Puffern weiter zu verringern und eine einheitlichere Behandlung der A‑SRIs in den unter die europäische Bankenaufsicht fallenden Ländern zu erreichen.

Im März 2022 veröffentlichte die EZB ihre Antwort im Rahmen der Konsultation der Europäischen Kommission bezüglich der Überarbeitung des makroprudenziellen Rahmenwerks der EU.[28] Parallel dazu erschienen die Antworten der EBA und des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ESRB), an die sich die Konsultation ebenfalls richtete.[29]

Überarbeitete Bewertungsmethodik für G‑SRIs spiegelt Weiterentwicklung der Europäischen Bankenunion wider

Im Mai 2022 nahm der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht eine Änderung an seiner Methodik für global systemrelevante Banken (G‑SIBs) vor, um die Fortschritte beim Ausbau der Europäischen Bankenunion zu berücksichtigen. Gemäß der überarbeiteten Methodik können die Aufsichtsbehörden bei der Beurteilung der systemischen Relevanz einer Bank nach eigenem Ermessen die Gewichtung von Forderungen und Verbindlichkeiten reduzieren, die sich auf Länder innerhalb der Bankenunion beziehen.[30] Die EZB veröffentlichte am 27. Juni 2022 eine Erklärung zu dieser Aktualisierung.[31] Auf Basis der Methodik des Baseler Ausschusses identifizierten die EZB und die nationalen Behörden acht unter die europäische Bankenaufsicht fallende Banken als G‑SRIs. Diese müssen ab 2024 einen zusätzlichen Kapitalpuffer von 1,0 % bis 1,5 % vorhalten.[32]

In einer Erklärung vom 2. November 2022 informierte der EZB‑Rat darüber, dass einige nationale Behörden und die EZB derzeit prüfen, ob die makroprudenziellen Kapitalpuffer in einigen Ländern erhöht werden sollten, um die Widerstandsfähigkeit zu wahren und sicherzustellen, dass die Banken etwaigen zu einem späteren Zeitpunkt eintretenden systemischen Risiken standhalten können.[33] Die EZB pflichtete in dieser Erklärung auch einer an sie und andere Institutionen gerichteten Warnung des ESRB vom 22. September 2022 bei, in der Anfälligkeiten im Finanzsystem thematisiert wurden.[34]

Darüber hinaus beteiligte sich die EZB-Bankenaufsicht in mehreren Bereichen aktiv an den Arbeiten des ESRB, beispielsweise zu Gewerbe- und Wohnimmobilien[35], Cyberrisiken, klimabedingten Risiken, Krypto‑Assets und dezentralen Finanzanwendungen. Die Mitarbeit der EZB erstreckte sich auch auf die Erarbeitung des adversen Szenarios für den EU‑weiten EBA‑Stresstest 2023 und den zusammenfassenden Bericht über die Einhaltung der ESRB‑Empfehlungen zur Beschränkung der Ausschüttungen während der Covid‑19-Pandemie.[36]

1.6 Risiken und Aufsichtsprioritäten 2023-2025

Nach sorgfältiger Beurteilung der wichtigsten Risiken und Schwachstellen im europäischen Bankensektor entwickelt bzw. aktualisiert die EZB‑Bankenaufsicht ihre Aufsichtsprioritäten flexibel

Die EZB‑Bankenaufsicht beurteilt und überwacht kontinuierlich die Risiken und Schwachstellen der von ihr direkt beaufsichtigten Institute. Anhand der Ergebnisse dieser Beurteilung, in die auch Erkenntnisse aus dem SREP einfließen, entwickelt und aktualisiert sie ihre mittelfristige Strategie und die zugehörigen Aufsichtsprioritäten. Letztere fördern die Wirksamkeit und Einheitlichkeit in der Aufsichtsplanung der JSTs und somit auch die Effizienz der Ressourcenallokation. Darüber hinaus formulieren die NCAs unter Berücksichtigung dieser Aufsichtsprioritäten ihre eigenen Prioritäten für die Aufsicht über LSIs gemäß dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (siehe Abschnitt 1.4).

Aufsichtsprioritäten für 2023‑2025 wurden angepasst, um unmittelbaren Risiken aus dem aktuellen Umfeld und strukturelleren Herausforderungen zu begegnen

Der Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 und seine unmittelbaren makrofinanziellen Folgen in Form steigender Energie- und Rohstoffpreise – und die daraus resultierende höhere Inflation – haben einen geopolitischen Schock ausgelöst. Dieser ging mit einer zunehmenden Verunsicherung bezüglich der Entwicklung der Realwirtschaft und der Finanzmärkte einher und verschärfte auch die Risiken für den Bankensektor. Angesichts dieses schwierigen Umfelds aktualisierte die EZB‑Bankenaufsicht in enger Zusammenarbeit mit den NCAs ihre strategischen Prioritäten für die Jahre 2023 bis 2025 (siehe Abbildung 1). Die beaufsichtigten Institute müssen ihre Widerstandsfähigkeit gegen unmittelbare makrofinanzielle und geopolitische Schocks stärken (Priorität 1), die Herausforderungen der Digitalisierung bewältigen und das Lenkungsvermögen ihrer Leitungsorgane stärken (Priorität 2) sowie ihre Anstrengungen zur Bekämpfung des Klimawandels intensivieren (Priorität 3).

Abbildung 1

Aufsichtsprioritäten für die Jahre 2023‑2025 zur Beseitigung der bei den Banken identifizierten Schwachstellen

Quelle: EZB.
Anmerkung: Die Abbildung zeigt neben den drei Aufsichtsprioritäten auch die zugehörigen Schwachstellen, die von den Banken in den kommenden Jahren angegangen werden sollen. Die EZB‑Bankenaufsicht wird diese identifizierten Schwachstellen durch zielgerichtete Maßnahmen bewerten, überwachen und weiterverfolgen. Jede Schwachstelle ist einer übergeordneten Risikokategorie zugeordnet. Anfällige Sektoren sind solche mit einer höheren Reagibilität gegenüber dem aktuellen gesamtwirtschaftlichen Umfeld.

1.6.1 Priorität 1: Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegen unmittelbare makrofinanzielle und geopolitische Schocks

Banken entwickelten sich im ersten Halbjahr 2022 gut, doch die Unsicherheiten und Risiken haben seitdem deutlich zugenommen

In der ersten Jahreshälfte 2022 zeigten die beaufsichtigten Institute eine insgesamt positive Entwicklung. Gestützt wurde diese durch die konjunkturelle Erholung nach der allmählichen Lockerung der pandemiebedingten Einschränkungen und die schrittweise Normalisierung der Zinsen. Über den gesamten Zeitraum hinweg meldeten die Banken solide Eigenkapitalquoten und konnten umfangreiche Liquiditätspolster vorweisen – ein Zeichen für die allgemein hohe Widerstandsfähigkeit des Sektors. Die direkten Auswirkungen des Krieges in der Ukraine hielten sich für die meisten beaufsichtigten Institute bislang in Grenzen. Von größerer Tragweite, insbesondere in Europa, war hingegen der aus dem Krieg resultierende makroökonomische Schock. Dieser verschärfte den bereits bestehenden Inflationsdruck und die noch nicht vollständig aufgelösten Lieferkettenengpässe noch weiter, sodass sich die finanziellen und nichtfinanziellen Risiken für den europäischen Finanzsektor erhöhten. Vor diesem Hintergrund geht es der EZB‑Bankenaufsicht kurzfristig vor allem darum, dass sich die von ihr direkt beaufsichtigten Banken besser gegen unmittelbare makrofinanzielle und geopolitische Schocks wappnen. Hierzu wird auch der von der EBA koordinierte EU‑weite Stresstest 2023 beitragen. Er wird in das Ergebnis des nächsten SREP-Zyklus einfließen und auch das Handeln im Sinne der Aufsichtsprioritäten für 2023 unterstützen.

Banken sollten Mängel im Kreditrisikomanagement beseitigen und sich dabei auch auf die Risikopositionen gegenüber anfälligen Sektoren konzentrieren

Durch das geringere Wirtschaftswachstum im Verbund mit der anhaltend hohen Inflation und den steigenden Zinsen dürfte sich die Schuldendienstfähigkeit, vor allem hoch verschuldeter Unternehmen und privater Haushalte, verschlechtern. Zudem verstärkt der Zinsanstieg den Druck im Immobiliensektor, wo sich Anfälligkeiten aufgebaut haben. Diese zeigen sich in den nach wie vor auf eine Überbewertung hindeutenden Wohnimmobilienpreisen, den steigenden Baukosten sowie in der zunehmenden Verbreitung von Telearbeit, die den gewerblichen Immobiliensektor am meisten belastet. Vor diesem Hintergrund sollten die Banken ihre Kreditpositionen gegenüber Sektoren, die stärker auf das aktuelle gesamtwirtschaftliche Umfeld reagieren, in den Blick nehmen und in der Lage sein, die dort entstehenden Risiken rasch zu erkennen und einzudämmen. In den letzten Jahren haben die Institute hier einige Fortschritte erzielt. Gleichwohl bestätigten die Analysen im Rahmen des SREP 2022, dass die Risikokontrollen der Banken weiterhin Mängel aufweisen. Diese betreffen insbesondere die Kreditvergabe und ‑überwachung, die Einstufung finanziell angeschlagener Schuldner und die Rahmenwerke für die Risikovorsorge. Die Bankenaufsicht der EZB wird daher ihre Anstrengungen in diesen Bereichen verstärken. Für die kommenden Jahre hat sie größtenteils Aktivitäten geplant, die an das auf den Aufsichtsprioritäten des vergangenen Jahres basierende Arbeitsprogramm anknüpfen. Der Fokus wird allerdings angepasst und richtet sich nun auch auf jene Sektoren, die durch die Folgen des Angriffskriegs in der Ukraine (z. B. energieintensive Branchen) sowie durch das gesamtwirtschaftliche Umfeld am stärksten belastet werden.

Banken sollten die fehlende Diversifizierung der Refinanzierungsquellen und Mängel in den Refinanzierungsplänen angehen

Durch die geldpolitischen Sondermaßnahmen während der Pandemie konnten sich die Banken reichlich Liquidität zu eher geringen Kosten beschaffen. Die Institute refinanzierten sich in diesem Zeitraum verstärkt über die Zentralbanken. Dementsprechend ging der Anteil der marktbasierten Refinanzierung in relativer Betrachtung zurück. Der deutliche Inflationsanstieg seit Kriegsbeginn und die darauf folgende Straffung der Geldpolitik in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften beendeten die Phase länger andauernder Niedrigzinsen. Für die Banken hatte dies unmittelbare Auswirkungen: Sowohl die Kosten von Zentralbankrefinanzierungen als auch die Spreads an den Märkten sind gestiegen. Daher könnten Institute, die sich verstärkt über die Märkte refinanzieren möchten, künftig in Schwierigkeiten geraten, da sie gerade jetzt mit höheren Kosten rechnen müssen und zugleich die Risikobereitschaft der Anleger abnimmt. Dies wird möglicherweise die Ertragskraft der Banken sowie deren Fähigkeit beeinträchtigen, die Liquiditäts- und Refinanzierungskennzahlen auf dem derzeitigen Niveau zu halten. Einige JSTs haben im SREP 2022 darauf hingewiesen, dass die hohe Abhängigkeit der Banken von GLRG‑III-Mitteln und die entsprechenden Ausstiegsstrategien zu Risiken führen und dass diese einer kontinuierlichen aufsichtlichen Überwachung bedürfen. In diesem Zusammenhang wird die EZB‑Bankenaufsicht den gezielten Austausch mit jenen Instituten intensivieren, deren Refinanzierungsstrukturen anfälliger sind bzw. deren Verfahren zur Steuerung von Liquiditäts- und Refinanzierungsrisiken größere Mängel aufweisen. Die beaufsichtigten Institute werden aufgefordert, einen soliden und verlässlichen Liquiditäts- und Refinanzierungsplan zu entwickeln, umzusetzen und erforderlichenfalls anzupassen. Der Plan muss Ausstiegsstrategien und Möglichkeiten zur Minderung von Rollover‑Risiken und Konzentrationen in den Refinanzierungsstrukturen aufzeigen.

1.6.2 Priorität 2: Bewältigung der Herausforderungen der Digitalisierung und Stärkung des Lenkungsvermögens der Leitungsorgane

Um die Widerstandsfähigkeit und Tragfähigkeit ihrer Geschäftsmodelle zu gewährleisten, müssen Banken die strukturellen Herausforderungen und Risiken angehen, die sich aus der zunehmenden Digitalisierung ergeben.

Banken müssen solide Digitalisierungsstrategien entwickeln und umsetzen

Die Digitalisierung ist nicht nur eine wesentliche Triebkraft für Effizienzsteigerungen von Banken. Sie spielt auch eine zentrale Rolle für deren Wettbewerbsfähigkeit. Banken müssen ihre Strategien für den digitalen Wandel anpassen. Nur so können sie einerseits auf die sich ständig ändernden Verbraucherpräferenzen reagieren und andererseits dem immer schärferen Wettbewerb durch Digital Champions aus dem Bankensektor und branchenfremde Digital Natives, die Bankdienstleistungen anbieten, standhalten. Die EZB‑Bankenaufsicht beabsichtigt, ihre aufsichtlichen Erwartungen zu den Strategien für die digitale Transformation in den kommenden Jahren zu aktualisieren und zu veröffentlichen. Hierzu wird sie die bestehenden Strategien der Banken in gezielten Vor‑Ort-Prüfungen und Überprüfungen bewerten. Darüber hinaus sind Nachschauprüfungen bei sogenannten Ausreißern geplant. Diese Prüfungen sollen die Gesamtstrategie ergänzen und die Institute zur Behebung der festgestellten strukturellen Mängel anhalten.

Hohe Risiken durch Cyberbedrohungen und Auslagerung von IT‑Dienstleistungen

Die Digitalisierung kann auch eine erhebliche Bedrohung für die operationelle Widerstandsfähigkeit der Banken darstellen. Die Banken müssen insbesondere die Risiken angehen, die sich aus ihrer starken Abhängigkeit von Drittanbietern kritischer IT‑Dienstleistungen und aus mangelhaften IT‑Auslagerungsvereinbarungen ergeben. Andernfalls könnten sie durch die Nichtverfügbarkeit oder mangelhafte Qualität ausgelagerter Dienstleistungen zunehmend Verluste erleiden. Zudem ist seitens der Institute ein proaktives Handeln in Bezug auf Cyberrisiken erforderlich, die die IT-Sicherheit bedrohen. Die Eintrittswahrscheinlichkeit solcher Risiken hat infolge der erhöhten geopolitischen Spannungen und des von Russland geführten Krieges in der Ukraine zugenommen. Vor diesem Hintergrund wird die EZB‑Bankenaufsicht auch weiterhin die Auslagerungsvereinbarungen und Cybersicherheitsmaßnahmen von Banken überprüfen. Sie wird hierzu gezielte Überprüfungen und Vor‑Ort-Prüfungen durchführen, um die Behebung der festgestellten Mängel nachzuverfolgen.

Banken müssen die Funktionsfähigkeit, Diversität und das strategische Lenkungsvermögen ihrer Leitungsorgane sicherstellen

Die Tragfähigkeit der Geschäftsmodelle von Banken wird in entscheidendem Maße durch solide Regelungen für die interne Governance und durch eine wirksame strategische Steuerung gewährleistet. Die Banken haben die kollektive Eignung ihrer Leitungsorgane weiter verbessert und zusätzliche Anpassungen ihrer Diversitätsstrategien vorgenommen. Jedoch müssen sie einigen Punkten, z. B. der Kompetenzvielfalt in den Leitungsorganen oder der Einhaltung von Zielvorgaben für das Geschlechterverhältnis, nach wie vor besondere Aufmerksamkeit widmen. Weitere festgestellte Mängel betreffen die Nachfolgeplanung, die Fähigkeit der Leitungsorgane, Leitungsfunktionen zu überwachen und diese auch kritisch zu hinterfragen, sowie bei einigen Instituten auch die formelle Unabhängigkeit der Leitungsorgane. Die EZB‑Bankenaufsicht wird sich um weitere Fortschritte in diesen Bereichen bemühen, indem sie gezielte Überprüfungen und Vor‑Ort‑Prüfungen sowie gezielte risikobasierte Beurteilungen der fachlichen Qualifikation und persönlichen Zuverlässigkeit durchführt. Sie wird darüber hinaus die aufsichtlichen Erwartungen zur Governance und zum Risikomanagement aktualisieren und veröffentlichen.

Fortbestehende Mängel bei der Aggregation und Berichterstattung von Risikodaten müssen behoben werden

Der Zugang zu zeitnahen und genauen Daten und Berichten ist die Grundvoraussetzung für eine wirksame strategische Steuerung, aber auch für das Risikomanagement und eine fundierte Entscheidungsfindung. Im Rahmen der jährlichen SREP‑Analysen wurden indes wiederholt wesentliche Mängel bei der Aggregation von Risikodaten und der Risikoberichterstattung festgestellt. Die Banken haben die Lücken, die mit Blick auf die aufsichtlichen Erwartungen und die einschlägigen Grundsätze des Baseler Ausschusses bestehen, nur langsam und noch immer nicht vollständig geschlossen. Dementsprechend wird die EZB‑Bankenaufsicht ihre Anstrengungen verstärken, um in den beaufsichtigten Instituten deutliche Fortschritte bei der Behebung der festgestellten strukturellen Mängel herbeizuführen, z. B. durch eine gezielte Zusammenarbeit mit den Banken und Vor‑Ort-Prüfungen.

1.6.3 Priorität 3: Intensivierung der Anstrengungen zur Bekämpfung des Klimawandels

Der Klimawandel lässt sich nicht länger als langfristiges oder neu entstehendes Risiko betrachten, denn seine Auswirkungen sind bereits sichtbar und dürften in den kommenden Jahren erheblich zunehmen. Es muss daher zur vordringlichen Aufgabe der Banken werden, die Herausforderungen zu bewältigen, die sich mit dem Übergang zu einer klimafreundlichen Wirtschaft stellen, und die Chancen zu nutzen, die sich zugleich bieten.

Bekämpfung von Klimarisiken muss Priorität haben

Angesichts der Zunahme von Extremwetterereignissen in ganz Europa erhöhen sich sowohl die Wahrscheinlichkeit als auch das Ausmaß von Verlusten, die sich aus den physischen Risiken des Klimawandels ergeben können. Zugleich haben die durch den Ukraine-Krieg herbeigeführten Störungen am Energiemarkt einmal mehr gezeigt, dass Europa die momentan vorhandene Dynamik aufrechterhalten und die Umstellung auf erneuerbare Energiequellen vorantreiben muss. Um diese Risiken zu mindern und offenzulegen, müssen die Banken Klima- und Umweltrisiken angemessen in ihre Geschäftsstrategien, Governance-Regelungen und Risikomanagementrahmen integrieren. Dabei sind die Praktiken der Banken auf die aktuellen regulatorischen Anforderungen und aufsichtlichen Erwartungen auszurichten. Zu diesem Zweck wird sich die EZB‑Bankenaufsicht mit der Nachverfolgung der Mängel befassen, die 2022 während des Stresstests[37] und der thematischen Überprüfung[38] zu Klimarisiken festgestellt wurden. Sie wird die Fortschritte der Banken überwachen und falls nötig Durchsetzungsmaßnahmen ergreifen, um bis Ende 2024 eine vollständige Erfüllung der aufsichtlichen Erwartungen durch die Banken sicherzustellen.

2 Erlaubnisverfahren, Zwangsmaßnahmen und Sanktionsverfahren

2.1 Erlaubnisverfahren

2.1.1 Signifikanzbewertung, Comprehensive Assessments und Identifikation von LSIs mit hoher Auswirkung (High-Impact-LSIs)

2.1.1.1 Signifikanzbewertung

Nach jährlicher Signifikanzbewertung und Ad-hoc-Beurteilungen unterliegen 113 Banken seit dem 1. Januar 2023 der direkten Aufsicht der EZB

In Übereinstimmung mit der SSM-Rahmenverordnung[39] wird jährlich bewertet, ob eine Bank oder Bankengruppe eines der Signifikanzkriterien[40] erfüllt. Diese Bewertung wurde im November 2022 abgeschlossen. Ergänzt wurde sie durch Ad‑hoc-Signifikanzbewertungen, die aufgrund von Veränderungen der Gruppenstrukturen durchgeführt wurden. Hieraus ergaben sich 60 Signifikanzbeschlüsse.

Zum 30. November 2022 galten 113 Institute[41] als bedeutend, während es bei der vorangegangenen jährlichen Signifikanzbewertung noch 115 Institute waren.

Infolge der jährlichen Bewertung im Jahr 2022 wurde die AS LHV-Gruppe als bedeutend eingestuft, da sie am 31. Dezember 2021 das Kriterium der wirtschaftlichen Relevanz erfüllte. Dementsprechend übernahm die EZB am 1. Januar 2023 die direkte Aufsicht über die AS LHV-Gruppe.

Darüber hinaus wurden im Zuge der Zulassung von vier „Class 1“-Wertpapierfirmen als bedeutende Kreditinstitute zwei neue bedeutende Einzelinstitute in die Liste der beaufsichtigten Unternehmen aufgenommen. Die Citigroup Global Markets Europe AG zählt seit dem 15. Oktober 2022 zu diesen Instituten, die BofA Securities Europe SA seit dem 8. Dezember 2022. Des Weiteren kamen zwei Kreditinstitute zu bereits bestehenden bedeutenden Gruppen hinzu. Die Morgan Stanley Europe SE wird seit dem 2. September 2022 zusammen mit der Morgan Stanley Europe Holding SE geführt und die Portzamparc seit dem 3. November 2022 zusammen mit der BPCE S.A.

Vier Banken wurden indessen von der Liste der bedeutenden Unternehmen gestrichen:

  • Die J.P. Morgan Bank Luxembourg S.A. wurde von der Liste genommen, nachdem sie zum 22. Januar 2022 im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme in der J.P. Morgan AG aufgegangen war.
  • Die Banque Degroof Petercam SA ; Bank Degroof Petercam NV und deren Tochtergesellschaften wurden als weniger bedeutende Institute eingestuft. Sie werden seit dem 25. Februar 2022 nicht mehr direkt von der EZB beaufsichtigt.
  • Die Zulassung der (in Abwicklung befindlichen) Sberbank Europe AG erlosch zum 15. Dezember 2022.
  • Mit Wirkung vom 23. Dezember 2022 entzog die EZB der RCB Bank LTD ihre Zulassung.

Darüber hinaus änderten sich in einigen Fällen die Gruppenstrukturen, was Auswirkungen auf die Anzahl der bedeutenden beaufsichtigten Unternehmen hatte:

  • Die Swedbank Baltics AS erfüllte nach der Übernahme der Swedbank AS, der „Swedbank“ AS und der „Swedbank“, AB, die dadurch zu Tochtergesellschaften der Swedbank Baltics AS wurden, das Größenkriterium und wurde als bedeutend eingestuft. Sie unterliegt seit dem 4. Januar 2022 der direkten Aufsicht der EZB.
  • Die Banca Carige S.p.A. – Cassa di Risparmio di Genova e Imperia und ihre Tochtergesellschaften wurden von der BPER Banca S.p.A. übernommen und gehören seit dem 3. Juni 2022 der von der BPER Banca S.p.A. angeführten bedeutenden beaufsichtigten Gruppe an.

Weiterhin kam es zu den folgenden Veränderungen von Gruppenstrukturen, die sich jedoch nicht auf die Anzahl der bedeutenden beaufsichtigten Unternehmen auswirkten:

  • Die CrelanCo SC ; CrelanCo CV wurde als bedeutend eingestuft, da sie das Größenkriterium erfüllte, nachdem sie mehr als 50 % des Kapitals und der Stimmrechte an der AXA Bank Belgium SA erworben hatte. Die AXA Bank Belgium SA wurde daraufhin zu einer Tochtergesellschaft der CrelanCo SC ; CrelanCo CV. Die EZB übernahm am 1. Februar 2022 die direkte Aufsicht über die CrelanCo SC ; CrelanCo CV.
  • Am 25. Februar 2022 wurde die Quintet Private Bank (Europe) S.A. zum SSM-Mutterunternehmen ihrer bedeutenden beaufsichtigten Gruppe. Dem waren eine Verlagerung des satzungsmäßigen Sitzes, des eingetragenen Sitzes und der Zentralverwaltung der Precision Capital S.A. von Luxemburg nach Katar und die Verschmelzung der Banque Puilaetco Dewaay Luxembourg S.A. durch Aufnahme in die Quintet Private Bank (Europe) S.A. vorangegangen.

Die Liste der beaufsichtigten Banken wird häufig aktualisiert. Die aktuelle Fassung findet sich auf der Website der EZB zur Bankenaufsicht.

Tabelle 2

Bedeutende Bankengruppen bzw. Einzelinstitute, die nach der jährlichen Bewertung 2022 der europäischen Bankenaufsicht unterliegen

Quelle: EZB.
Anmerkung: „Bilanzsumme“ bezieht sich auf die Bilanzsumme der Institute, die in der im Dezember 2022 veröffentlichten Liste der beaufsichtigten Unternehmen aufgeführt sind (mit Stichtag 30. November 2022 für die den beaufsichtigten Instituten mitgeteilten Signifikanzbeschlüsse aus der jährlichen Signifikanzbewertung bzw. 1. November 2022 für sonstige Veränderungen und Entwicklungen in der Gruppenstruktur). Stichtag für die Bilanzsummen war der 31. Dezember 2021 (oder der aktuellste verfügbare Stichtag, der auch bei der jüngsten Signifikanzbewertung zugrunde gelegt wurde). Die ausgewiesene Anzahl der Unternehmen berücksichtigt alle Entwicklungen in der Struktur der bedeutenden Gruppen bis einschließlich 1. November 2022 und alle Veränderungen bei den Signifikanzbeschlüssen bis einschließlich 30. November 2022.

2.1.1.2 Comprehensive Assessments und Prüfungen der Aktiva-Qualität

In der ersten Jahreshälfte 2022 schloss die EZB drei im Jahr 2021 eingeleitete Comprehensive Assessments, d. h. umfassende Bewertungen, ab. Auf die drei bewerteten Banken trifft jeweils ein Kriterium für eine direkte Beaufsichtigung durch die EZB zu: Die österreichische Addiko Bank AG verfügt über bedeutende grenzüberschreitende Tätigkeiten, die Agri Europe Cyprus Limited in Slowenien zählt zu den drei größten Kreditinstituten des Mitgliedstaats und die Barclays Bank Ireland PLC in Irland erfüllt das Größenkriterium.

Die Prüfung der Aktiva-Qualität (asset quality review – AQR) und der aufsichtliche Stresstest wurden im Jahr 2022 entkoppelt und werden nun als zwei separate und voneinander unabhängige Aufsichtsinstrumente behandelt.

Die EZB begann im Jahr 2022 bei vier Banken mit einer Prüfung der Aktiva-Qualität. Im Mai 2022 wurde diese Prüfung bei der AS „Citadele banka“ in Lettland (eines der drei größten Kreditinstitute des Mitgliedstaats) und der belgischen Bank Crelan SA (auf Grundlage des Größenkriteriums) angestoßen. Im September wurde die Prüfung der Aktiva-Qualität bei der Goldman Sachs Bank Europe SE und der Morgan Stanley Europe SE initiiert, da die beiden Banken das Größenkriterium erfüllten. Die Prüfungen der Aktiva-Qualität werden voraussichtlich bis Ende März 2023 abgeschlossen sein.

2.1.1.3 Weniger bedeutende Institute mit hoher Auswirkung (High‑Impact‑LSIs)

Aufgrund der Vielzahl von weniger bedeutenden Instituten, die sich zudem in Größe, Komplexität und Risikoprofil unterscheiden, klassifiziert die europäische Bankenaufsicht diese Institute anhand ihrer Auswirkung auf das Finanzsystem und ihres Risikoprofils. Seit dem Jahr 2022 werden Auswirkungs- und Risikokriterien getrennt voneinander bewertet. Die Bestimmung der High‑Impact‑LSIs erfolgt für alle an der europäischen Bankenaufsicht teilnehmenden Länder einmal im Jahr.

Einem LSI wird eine hohe Auswirkung zugeschrieben, wenn es eines der folgenden Kriterien erfüllt:

  • Größe
    Die Bilanzsumme des Instituts übersteigt 15 Mrd. €.
  • Wirtschaftliche Relevanz
    Die Bilanzsumme des Instituts ist größer als 15 % des Bruttoinlandsprodukts des Landes oder es ist ein „anderweitig systemrelevantes Institut“ (A‑SRI) im Sinne der Eigenkapitalrichtlinie (CRD)[42].
  • Potenziell bedeutendes Institut
    Das LSI ist ein „großes Institut“ im Sinne der überarbeiteten Eigenkapitalverordnung (CRR II)[43] (d. h. ein Institut, das eines der Signifikanzkriterien erfüllt, jedoch nicht als bedeutend eingestuft wird).
  • Grenzüberschreitende Tätigkeiten
    Das LSI verfügt in mindestens einem anderen teilnehmenden Land über mindestens ein Kreditinstitut.
  • Geschäftsmodell
    Bei dem LSI handelt es sich um eine Finanzmarktinfrastruktur mit einer Bankzulassung, ein Zentralinstitut von Sparkassen/Genossenschaftsbanken oder das Zentralinstitut eines institutsbezogenen Sicherungssystems.
  • Mindestanzahl-Regelung
    Werden in einem Land anhand der vorstehenden Kriterien weniger als drei High‑Impact‑LSIs identifiziert, kommt die Mindestanzahl-Regelung zum Tragen. Gemäß dieser Vorschrift sind so viele zusätzliche LSIs auf Basis ihrer Größe auszuwählen, dass sich die Gesamtzahl der High‑Impact‑LSIs auf drei beläuft.

Erfüllt ein LSI die Kriterien nicht mehr, behält es gemäß der sogenannten Stabilitätsregel seinen High‑Impact‑Status in den zwei darauffolgenden Jahren, es sei denn, dieser war in grenzüberschreitenden Tätigkeiten, dem Geschäftsmodell oder der Mindestanzahl-Regelung begründet.

Ein LSI, das als kleines und nicht komplexes Institut im Sinne der CRR II gilt, kann nur dann als High‑Impact‑LSI eingestuft werden, wenn es das größte LSI seines Landes ist und die dortigen LSIs ausschließlich kleine und nicht komplexe Institute sind.

2.1.1.4 Auswirkungen der Einstufung als High‑Impact‑LSI

Wenn ein weniger bedeutendes Institut als High‑Impact‑LSI eingestuft wurde, berücksichtigen die NCAs dies bei der Festlegung der Häufigkeit und des Detaillierungsgrads ihrer Aufsichtstätigkeiten. Hierzu zählen beispielsweise der SREP und Vor‑Ort-Prüfungen. Die NCAs sind zudem gemäß Artikel 97 und 98 der SSM-Rahmenverordnung verpflichtet, der EZB alle wesentlichen Aufsichtsverfahren und -beschlüsse anzuzeigen, die sie in Bezug auf diese Institute durchzuführen bzw. zu erlassen beabsichtigen.

In der nachstehenden Tabelle sind die beaufsichtigten Unternehmen aufgeführt, die gemäß dem Beschluss des Aufsichtsgremiums für das Jahr 2023 als High‑Impact‑LSIs gelten. Im Sinne der Transparenz ist für jedes High‑Impact‑LSI der jeweilige Grund für die Einstufung angegeben.

Tabelle 3

Liste der weniger bedeutenden beaufsichtigten Institute mit hoher Auswirkung für das Jahr 2023

Belgien
Bulgarien
Deutschland
Estland
Irland
Griechenland
Spanien
Frankreich
Kroatien
Italien
Zypern
Lettland
Litauen
Luxemburg
Malta
Niederlande
Österreich
Portugal
Slowenien
Slowakei
Finnland

2.1.2 Erlaubnisverfahren

2022 wurden der EZB-Bankenaufsicht insgesamt 759 Erlaubnisverfahren gemeldet

Im Jahr 2022 wurden der EZB-Bankenaufsicht insgesamt 759 Erlaubnisverfahren gemeldet (siehe Tabelle 4). Davon betrafen 30 Meldungen Zulassungsanträge, 22 den Entzug einer Zulassung, 64 das Erlöschen einer Zulassung, 87 den Erwerb oder die Erhöhung qualifizierter Beteiligungen, 549 die Nutzung des Europäischen Passes und 7 die Zulassung von Finanzholdinggesellschaften. Seit dem Inkrafttreten des neuen Regulierungsrahmens für die Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen im Juni 2021 sind die NCAs und die EZB auch mit der Zulassung von Wertpapierfirmen als Kreditinstitute befasst.

Tabelle 4

Meldungen an die EZB zu Erlaubnisverfahren von SIs und LSIs

Quelle: EZB.

Im Jahr 2022 wurden 244 Beschlüsse zu Erlaubnisverfahren[44] finalisiert. Zu 108 dieser Beschlüsse legte das Aufsichtsgremium dem EZB-Rat Beschlussentwürfe vor, die dieser billigte. In den übrigen 136 Fällen erfolgte die Zustimmung im Einklang mit dem Rahmen für die Übertragung von Befugnissen auf oberer Managementebene.[45] Davon wurden 98 Verfahren (z. B. für das Erlöschen von Zulassungen oder die Nutzung des Europäischen Passes) implizit von der EZB genehmigt,[46] indem diese innerhalb der gesetzlichen Frist keinen Widerspruch einlegte.

Die 244 Beschlüsse zu Erlaubnisverfahren machten 9 % aller einzelnen Aufsichtsbeschlüsse der EZB im Jahr 2022 aus.

Ein Erlaubnisverfahren führte zu einem ablehnenden Beschluss. Darüber hinaus wurden 14 Zulassungsanträge und 7 Meldungen über den Erwerb oder die Erhöhung von qualifizierten Beteiligungen aufgrund einer negativen Beurteilung zurückgezogen, bevor der entsprechende Beschluss finalisiert wurde. In einem Fall wurde gemäß Artikel 21a Absatz 6 der überarbeiteten Eigenkapitalrichtlinie (CRD V)[47] eine aufsichtliche Maßnahme in Bezug auf eine Finanzholdinggesellschaft ergriffen.

Die Anzahl der gemeldeten Erlaubnisverfahren war 2022 in etwa gleich hoch wie im Vorjahr.

2.1.2.1 Entwicklungen bei den gemeinsamen Verfahren

Der EZB wurden ähnlich viele gemeinsame Verfahren gemeldet wie im Vorjahr

Die Anzahl der bei der EZB eingereichten Meldungen über gemeinsame Verfahren für Zulassungen, qualifizierte Beteiligungen und den Entzug von Zulassungen blieb 2022 im Vorjahresvergleich weitgehend unverändert.

Die EZB-Bankenaufsicht beurteilte eine Vielzahl von Verfahren zu qualifizierten Beteiligungen. In einigen wenigen dieser Verfahren beschlossen die Antragsteller, ihre Meldungen zurückzuziehen oder ihr Recht auf Anhörung auszuüben, nachdem die Aufsicht im Zuge der ersten Beurteilung Bedenken geäußert hatte oder ein ablehnender EZB-Beschluss ergangen war. In anderen Fällen entschieden sich die Antragsteller, ihre Anträge aufgrund des anhaltend unsicheren gesamtwirtschaftlichen Umfelds oder aus fallspezifischen Gründen zurückzuziehen. Mehrere Verfahren für qualifizierte Beteiligungen ergaben sich aus internen Umstrukturierungen, bei denen der vereinfachte Beurteilungsansatz für qualifizierte Beteiligungen zur Anwendung kam. Trotz der aufkommenden Dynamik im Bereich der Unternehmensumwandlungen und aktiven Konsolidierungen waren jedoch wie in den Vorjahren nur geringe Konsolidierungsaktivitäten über Landesgrenzen hinweg zu beobachten.

Die meisten Zulassungsverfahren betrafen 2022 die Gründung neuer LSIs. Im Zusammenhang mit SIs wurden nur wenige Zulassungsverfahren durchgeführt. Diese ergaben sich im Wesentlichen daraus, dass die Banken die Aufnahme zusätzlicher regulierter Tätigkeiten planten, was eine Erweiterung ihrer Zulassungen erforderlich machte. Darüber hinaus wurden mehrere Zulassungen gemäß dem neuen EU-Regulierungsrahmen für Wertpapierfirmen erteilt, der mit der erstmaligen Anwendung der Wertpapierfirmenverordnung (Investment Firms Regulation – IFR) und der Wertpapierfirmenrichtlinie (Investment Firms Directive – IFD) zum 26. Juni 2021 eingeführt wurde.

Wie bereits in den vergangenen Jahren resultierten viele Neuanträge auf Bankzulassungen aus dem zunehmenden Einsatz digitaler Innovationen zur Erbringung von Dienstleistungen für Kunden in der EU (z. B. im Fall von FinTech-Geschäftsmodellen). Die meisten Anträge, die Geschäftsmodelle auf der Basis von Aktivitäten und Dienstleistungen im Zusammenhang mit Krypto-Assets betrafen, wurden in Deutschland gestellt, wo für solche Unternehmen eine besondere Zulassungspflicht gilt. Einige der Zulassungsanträge aus Deutschland wurden im Rahmen der ersten Beurteilung zurückgezogen. Darüber hinaus reichte auch ein in Luxemburg ansässiges Institut einen Antrag auf Zulassung eines Geschäftsmodells ein, bei dem Krypto-Assets eine Rolle spielen.

Die nationalen Regulierungsrahmen für Krypto-Assets weichen recht deutlich voneinander ab. Daher ist die EZB bestrebt, die Beurteilung diesbezüglicher Zulassungsanträge zu harmonisieren.

Kasten 4
Zulassung von Aktivitäten im Zusammenhang mit Krypto-Assets

Die EU-Ratspräsidentschaft und das Europäische Parlament haben kürzlich eine vorläufige Einigung über den Vorschlag für eine Verordnung über Märkte für Kryptowerte (Markets in Crypto-Assets Regulation – MiCA) erzielt, die EU-weit einen regulatorischen Rahmen für solche Werte etablieren wird. Die Märkte für Krypto-Assets entwickeln sich unterdessen in hohem Tempo, weshalb viele Banken in Erwägung ziehen, auf diesen Märkten aktiv zu werden. Die EZB hat dafür Sorge zu tragen, dass Banken, die sich für eine entsprechende Ausweitung ihrer Aktivitäten entscheiden, dies auf sichere und solide Weise tun. Wie bei allen anderen Zulassungsverfahren wenden die EZB und die jeweiligen NCAs bei der Beurteilung von Zulassungsanträgen für die Aufnahme von Aktivitäten und Dienstleistungen im Zusammenhang mit Krypto-Assets die CRD-Kriterien an.

Kryptowerte gelten als anfällig für Risiken in Bezug auf Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Dabei ist die EZB auf die Unterstützung der nationalen Behörden zur Geldwäschebekämpfung und der zentralen Meldestellen angewiesen.[48]

Auch im Jahr 2022 erhielt die EZB zahlreiche Zulassungsanträge für Banken mit einem FinTech-Geschäftsmodell. Die Bewertungen ergaben, dass FinTech-Unternehmen aufgrund ihrer begrenzten Personalausstattung tendenziell stark auf ausgelagerte kritische Dienstleistungen angewiesen sind. Durch die Auslagerung kritischer Dienstleistungen an externe Anbieter erhöht sich das operationelle Risiko. Dies ist insbesondere bei IT-Dienstleistungen und der Cloud-Datenspeicherung der Fall, aber auch in den Bereichen Authentifizierung und Know-Your-Customer. FinTech-Unternehmen nutzten häufig den Europäischen Pass, der es Kreditinstituten in der EU ermöglicht, im Rahmen ihrer ursprünglichen Zulassung in jedem anderen EU-Land Dienstleistungen zu erbringen oder Zweigstellen zu errichten.

Mehrere Verfahren zum Entzug einer Zulassung bezogen sich auf Institute, die unmittelbar oder mittelbar von dem Sanktionsregime betroffen waren, das von der EU und den Vereinigten Staaten als Reaktion auf den Krieg Russlands in der Ukraine verhängt wurde. Die betreffenden Institute verfügten über Geschäftsmodelle, die nicht mehr tragfähig waren oder die aufsichtsrechtlichen Anforderungen nicht erfüllten. Andere Verfahren zum Entzug einer Zulassung galten Instituten, deren finanzielle Solidität nicht mehr gegeben war und die ein nicht tragfähiges Geschäftsmodell hatten oder die andere schwerwiegende aufsichtliche Mängel oder Defizite bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung aufwiesen. Bei einem LSI kam es aufgrund eines Insolvenzverfahrens zum Marktaustritt. Verfahren zum Entzug von Zulassungen wurden auch dann eingeleitet, wenn Institute ihre Geschäftstätigkeit aus freien Stücken aufgaben oder eine Fusion bzw. anderweitige Umstrukturierung durchliefen.

2.1.2.2 Entwicklung der Verfahren zur Nutzung des Europäischen Passes und der Verfahren bezüglich (gemischter) Finanzholdinggesellschaften

Die EZB und die NCAs bearbeiteten im Berichtsjahr 549 Verfahren zur Nutzung des Europäischen Passes.

Mit Artikel 21a der CRD V wurden Zulassungen und Befreiungen für Mutterunternehmen von (gemischten) Finanzholdinggesellschaften eingeführt. Im Jahr 2021 hatte die EZB in erster Linie Beschlüsse zu bestehenden (gemischten) Finanzholdinggesellschaften gefasst.[49] Im Berichtsjahr ließ sie elf Finanzholdinggesellschaften zu, von denen eine in einer bereits beaufsichtigten Gruppe neu gegründet wurde. Andere Zulassungen ergaben sich aus Verzögerungen bei der Umsetzung von Artikel 21a in nationales Recht (d. h. nach dem Stichtag 29. Dezember 2020), die wiederum zu verspäteten Anzeigen geführt hatten. Die EZB traf darüber hinaus gemäß Artikel 21a Absatz 8 der CRD V ihre erste „gemeinsame Entscheidung“ als zuständige Behörde in einem Fall, in dem es sich bei der konsolidierenden Aufsichtsbehörde nicht um die zuständige Behörde des Mitgliedstaats handelte, in dem die (gemischte) Finanzholdinggesellschaft niedergelassen war. In einigen beaufsichtigten Gruppen fanden im Berichtsjahr Umstrukturierungen statt, in deren Folge (gemischte) Finanzholdinggesellschaften aus der Gruppenstruktur herausfielen.

2.1.2.3 Neuer EZB-Rahmen für Wertpapierfirmen

Die EZB und die NCAs setzten zudem ihre Arbeiten hinsichtlich der Zulassung von Wertpapierfirmen fort. Im Juni 2021 trat ein neuer Regulierungsrahmen für die Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen in Kraft. Darin wurden Kriterien festgelegt, die ausschlaggebend dafür sind, ob Wertpapierfirmen eine Zulassung als Kreditinstitut beantragen müssen. Eine solche Zulassung kann auf Ebene des Einzelinstituts oder auf Gruppenebene erforderlich sein. Maßgeblich sind dabei sowohl qualitative als auch quantitative Kriterien, d. h. die ausgeübten Tätigkeiten und der Wert der Aktiva. In den Jahren 2021 und 2022 galt eine Bestandsschutzregelung für Wertpapierfirmen, die die Voraussetzungen für eine Zulassung als Kreditinstitut erfüllen. Den Erwartungen zufolge werden etwa 20 Institute unter das Erfordernis einer Bankzulassung fallen. Bislang haben die NCAs der EZB elf Antragseinreichungen gemeldet. Im Jahr 2022 wurden fünf Firmen zugelassen, hauptsächlich in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden.

Um über alle Wertpapierfirmen und alle an der europäischen Bankenaufsicht teilnehmenden Länder hinweg eine einheitliche Bewertung zu fördern, hat die EZB eine spezielle Methodik entwickelt. Diese wird einerseits der Notwendigkeit gerecht, solche Firmen – wie alle anderen Institute, die eine Bankzulassung beantragen – einer Bewertung zu unterziehen, und trägt andererseits der Tatsache Rechnung, dass Wertpapierfirmen bereits aufsichtsrechtlichen Anforderungen nationaler Behörden unterliegen, bevor sie als Kreditinstitute zugelassen werden.

2.1.2.4 IMAS-Portal

Bei dem Portal des Informationsmanagementsystems des SSM (IMAS-Portal) handelt es sich um eine Online-Plattform, welche die Interaktion und den Informationsaustausch zwischen Aufsicht und beaufsichtigten Instituten bzw. Dritten erleichtert. Das IMAS-Portal ist Teil der Strategie zur Digitalisierung der Aufsichtsprozesse und deckt den gesamten Aufsichtszyklus ab.[50]

Im Jahr 2022 wurde das IMAS-Portal um die bis dahin nicht integrierten Erlaubnisverfahren erweitert. Hierzu zählten Zulassungsanträge, die freiwillige Rückgabe von Zulassungen sowie Zulassungen von und Befreiungen für Finanzholdinggesellschaften. Auch viele Eignungsprüfungen werden weiterhin über das IMAS-Portal abgewickelt.

2.2 Eignungsprüfungen

Positive Entwicklungen bei Eignungsprüfungen im Jahr 2022

Im Berichtsjahr gingen bei der Bankenaufsicht der EZB insgesamt 2 445 einzelne Meldungen über Verfahren zur Beurteilung der fachlichen Qualifikation und persönlichen Zuverlässigkeit ein (individuelle Beurteilungen von Mitgliedern der Leitungs- und Aufsichtsorgane, Inhabern von Schlüsselfunktionen und Leitern von Zweigstellen in Drittländern sowie Prüfungen hinsichtlich weiterer Aufsichtsmandate) (siehe Tabelle 5).

Tabelle 5

Der EZB gemeldete Eignungsprüfungen

Quelle: EZB.
Anmerkung: Die Stichprobe umfasst alle bedeutenden Institute (innerhalb des SSM), die Anträge auf Eignungsprüfungen eingereicht haben.

Rund 67 % aller 2022 bei der EZB eingegangenen Anträge auf Eignungsprüfung betrafen Mitglieder des Leitungsorgans in seiner Aufsichtsfunktion. 27 % betrafen Mitglieder des Leitungsorgans in seiner Geschäftsführungsfunktion. Die übrigen Verfahren bezogen sich auf Inhaber von Schlüsselfunktionen (4 %), Leiter von Zweigstellen in Drittländern (1 %) und weitere Aufsichtsmandate (1 %).

Bei der Gesamtzeit für die Bearbeitung von Verfahren zur Beurteilung der fachlichen Qualifikation und persönlichen Zuverlässigkeit ist seit 2019 ein positiver Trend zu verzeichnen. Im Berichtsjahr verringerte sich die Bearbeitungszeit auf durchschnittlich 102 Tage. Damit liegt sie unter der Höchstdauer von vier Monaten, die in Absatz 179 der von der ESMA und der EBA gemeinsam herausgegebenen Leitlinien zur Bewertung der Eignung von Mitgliedern des Leitungsorgans und Inhabern von Schlüsselfunktionen vorgegeben ist.

2.2.1 Entwicklungen bei Eignungsprüfungen

Im Jahr 2022 äußerte die EZB bei 32 % der Verfahren zur Beurteilung der fachlichen Qualifikation und persönlichen Zuverlässigkeit Bedenken hinsichtlich eines oder mehrerer der Eignungskriterien. Ähnlich wie in den Vorjahren betrafen die häufigsten Beanstandungen das zeitliche Engagement, die Erfahrung und Interessenkonflikte der Leitungsorganmitglieder. Vor diesem Hintergrund erließ die EZB entsprechende Nebenbestimmungen in Form von 58 Bedingungen, 225 Auflagen und 95 Empfehlungen. Die EZB-Strategie, die diesen Nebenbestimmungen zugrunde liegt, wurde 2022 überarbeitet (siehe Kasten 5).

Werden bei der Beurteilung ernsthafte Zweifel daran geäußert, dass eine bestellte Person für eine Position im Leitungsorgan oder als Inhaber von Schlüsselfunktionen geeignet ist, wird der Antrag auf Eignungsprüfung häufig zurückgezogen. In solchen Fällen können durch den aufsichtlichen Dialog mit den Banken ablehnende Beschlüsse zu Eignungsprüfungen bereits im Vorfeld vermieden werden. Im Berichtsjahr wurden 16 Anträge auf diese Weise zurückgenommen.

Die EZB führte zudem 15 Neubewertungen für Mitglieder der Leitungsorgane von Banken durch. Davon bezogen sich sieben auf Reputationsfragen und vier auf Unzulänglichkeiten im Bereich der Geldwäschebekämpfung. Vier Leitungsorganmitglieder traten infolge der Neubewertungen zurück.[51] Bei insgesamt 23 Anträgen auf Beurteilung der Eignung von Leitungsorganmitgliedern wurden ferner einschlägige Informationen in Bezug auf Geldwäsche bzw. Terrorismusfinanzierung berücksichtigt.

Um die Diversität in den beaufsichtigten Banken zu fördern, führt die EZB im Rahmen ihrer Verfahren zur Beurteilung der fachlichen Qualifikation und persönlichen Zuverlässigkeit zudem eine Prüfung der kollektiven Eignung durch. Dabei legt sie ihr Augenmerk unter anderem auf Kriterien wie Vielfalt hinsichtlich Geschlecht, Erfahrung und Hintergrund. Dementsprechend nimmt die EZB in ihren Beschlüssen über die Eignungsprüfung auch Bezug auf Feststellungen zu einschlägigen Diversitätskriterien und erlässt Nebenbestimmungen, sofern dies nach nationalem Recht zulässig ist.

Um die Effizienz der Eignungsprüfungen zu steigern, entwickelt die EZB ihre IT‑Tools kontinuierlich weiter. Bis Ende 2022 wurden alle an der europäischen Bankenaufsicht teilnehmenden Länder in das IMAS-Portal aufgenommen, über das die bedeutenden Institute ihre Anträge auf Eignungsprüfung einreichen und deren Bearbeitungsstand sie bis zur endgültigen Beschlussfassung einsehen können. Im Berichtsjahr stieg der Anteil der über das IMAS-Portal eingereichten Anträge auf Eignungsprüfung von 84 % auf 89 % an, wodurch sich die Gesamtbearbeitungszeit dieser Verfahren verringerte. Die EZB wird sich auch weiterhin dafür einsetzen, dass alle bedeutenden Banken die Funktionalitäten des IMAS-Portals vollumfänglich nutzen.

Des Weiteren wurden erhebliche Fortschritte bei der Entwicklung des Heimdall-Tools erzielt. Mit diesem Instrument werden die Eignungsprüfungen effizienter gestaltet, indem die von den Banken ausgefüllten Fragebögen automatisiert ausgelesen und kritische Punkte anhand der angegebenen Inhalte gekennzeichnet werden. Das Tool nutzt Funktionen wie optische Zeichenerkennung, maschinelle Übersetzung und Datenanalyse, um den manuellen Arbeitsaufwand zu reduzieren und menschliche Fehler nach Möglichkeit zu vermeiden.

Kasten 5
Überarbeitung des EZB-Rahmens für Nebenbestimmungen

Um die Wirksamkeit ihrer Beschlüsse zu Eignungsprüfungen zu verbessern, hat die EZB ihre Strategie für die Verwendung von Nebenbestimmungen im Rahmen solcher Prüfungen überarbeitet. Wie im Newsletter der Bankenaufsicht vom 17. November 2022 dargelegt, können Beschlüsse zu Eignungsprüfungen mit Nebenbestimmungen in Form von Bedingungen, Auflagen oder Empfehlungen versehen werden. Hierin werden spezifische Anforderungen und Fristen festgelegt, die eine korrigierende Wirkung haben, um so die Eignung von Leitungsorganmitgliedern sicherzustellen. Die Neuerungen treten am 1. Januar 2023 in Kraft. Damit werden die Nebenbestimmungen präzisiert, sodass sie leichter von Banken und Aufsichtsbehörden nachverfolgt werden können. Dies wiederum hat zur Folge, dass sich die Wirksamkeit der Beschlüsse zu Eignungsprüfungen erhöht. Darüber hinaus wird die EZB entsprechend der überarbeiteten Strategie künftig alle Auflagen mit Fristen versehen. Zudem wird sie von Auflagen absehen, die lediglich eine Erinnerung an gesetzliche Vorgaben darstellen, denen die Banken ohnehin nachkommen müssen. Dadurch wird sich die Anzahl der Nebenbestimmungen insgesamt verringern. Die den Instituten dennoch auferlegten Nebenbestimmungen werden den Banken und der Aufsicht ein zielgerichteteres Vorgehen ermöglichen und somit zu einem wirksameren Aufsichtsinstrument werden. Die überarbeitete Strategie für die Verwendung von Nebenbestimmungen ist ein weiterer Schritt der EZB im Rahmen ihres strengeren und enger begleitenden Vorgehens bei der Beurteilung der fachlichen Qualifikation und persönlichen Zuverlässigkeit und unterstreicht ihr Bestreben, die Governance der Banken zu stärken.

2.3 Whistleblowing, Zwangsmaßnahmen und Sanktionen

2.3.1 Zwangsmaßnahmen und Sanktionen

EZB bearbeitete 2022 zehn Verfahren und schloss acht davon bis zum Jahresende ab

Gemäß der SSM-Verordnung und der SSM-Rahmenverordnung richtet sich die Aufteilung der Durchsetzungs- und Sanktionsbefugnisse zwischen der EZB und den NCAs nach der Art des mutmaßlichen Verstoßes, der verantwortlichen Person und der zu ergreifenden Maßnahme (siehe EZB-Jahresbericht zur Aufsichtstätigkeit 2014). Im Einklang mit dem geltenden Rechtsrahmen veröffentlicht die EZB die von ihr im Rahmen ihrer Aufsichtsaufgaben verhängten Geldbußen auf der Website der EZB zur Bankenaufsicht. Auch die von den NCAs auf Ersuchen der EZB festgesetzten Geldbußen werden dort bekannt gegeben.

Im Jahr 2022 bearbeitete die EZB zehn Sanktionsverfahren, die zu acht EZB-Beschlüssen führten (siehe Tabelle 6).

Tabelle 6

Verfahren zur Verhängung von Zwangsmaßnahmen und Sanktionen der EZB im Jahr 2022

Quelle: EZB.

Sechs Geldbußen im Gesamtumfang von 12 240 000 € 2022 verhängt

Von den zehn im Jahr 2022 bearbeiteten Verfahren richteten sich acht gegen bedeutende Institute, die im Verdacht standen, gegen direkt anwendbare EU-Rechtsvorschriften (einschließlich EZB-Beschlüssen und -Verordnungen) verstoßen zu haben. Im Berichtsjahr wurden sechs dieser Verfahren durch EZB-Beschlüsse abgeschlossen, mit denen Geldbußen in Höhe von 12 240 000 € verhängt wurden. Bei drei Beschlüssen handelte es sich um Bestätigungen von Sanktionsbeschlüssen, die ursprünglich im Jahr 2018 erlassen worden waren, 2020 jedoch teilweise vom Gerichtshof der Europäischen Union aufgehoben wurden. Zwei Verfahren waren am Ende des Berichtsjahrs noch anhängig.

Die übrigen beiden im Jahr 2022 bearbeiteten Verfahren betrafen mutmaßliche Verstöße gegen nationales Recht zur Umsetzung der CRD und bezogen sich auf den Erwerb von qualifizierten Beteiligungen an zwei LSIs. Diese Verfahren wurden mit einer Aufforderung der EZB an die betreffenden NCAs zur Verfahrenseinleitung abgeschlossen.

Eine vollständige Aufschlüsselung der im Berichtsjahr von der EZB bearbeiteten Verfahren zur Verhängung von Zwangsmaßnahmen und Sanktionen nach Bereichen der mutmaßlichen Zuwiderhandlungen findet sich in Grafik 21.

Grafik 21

Verfahren zur Verhängung von Zwangsmaßnahmen und Sanktionen im Jahr 2022, aufgeschlüsselt nach Bereichen der mutmaßlichen Zuwiderhandlungen

Quelle: EZB.

Nach vorausgegangenen EZB-Aufforderungen zur Verfahrenseinleitung und nach Prüfung der Vereinbarkeit mit nationalem Recht verhängte eine NCA im Berichtsjahr drei Geldbußen in Höhe von insgesamt 6 000 €

Nachdem eine Aufforderung der EZB zur Verfahrenseinleitung erfolgt war und die betreffende NCA die Vereinbarkeit mit nationalem Recht geprüft hatte, verhängte die NCA im Jahr 2022 drei Geldbußen in Höhe von insgesamt 6 000 €.

Hat die EZB Grund zu der Annahme, dass möglicherweise eine Straftat begangen wurde, ersucht sie zudem die betreffende NCA, die Angelegenheit im Einklang mit nationalem Recht an die zuständigen Ermittlungsbehörden und gegebenenfalls die Strafverfolgungsbehörden zu verweisen. In einem Fall wurde ein solches Ersuchen im Berichtsjahr an die betreffende NCA gerichtet.

Ausführlichere Informationen, einschließlich umfassender Statistiken zu den Sanktionsmaßnahmen, welche die EZB und die NCAs 2022 im Zusammenhang mit Verstößen gegen Aufsichtsanforderungen im Rahmen der europäischen Bankenaufsicht ergriffen haben, werden in dem Bericht „Annual Report on Sanctioning Activities in the SSM in 2022“ dargelegt. Dieser wird im zweiten Quartal 2023 auf der Website der EZB zur Bankenaufsicht veröffentlicht.

2.3.2 Whistleblowing

EZB erhielt 2022 insgesamt 204 Whistleblowing-Meldungen und damit 34 % mehr als 2021

Gemäß Artikel 23 der SSM-Verordnung ist die EZB verpflichtet, für die Einrichtung wirksamer Mechanismen zu sorgen, die es einer jeden Person ermöglichen, Verstöße gegen einschlägige EU-Rechtsvorschriften zu melden (allgemein als Whistleblowing bezeichnet). Dementsprechend unterhält die EZB einen Whistleblowing-Mechanismus, der auf einer über die Website der EZB- Bankenaufsicht zugänglichen strukturierten Webplattform basiert.

Die EZB stellt sicher, dass über die Webplattform oder sonstige Kanäle (z. B. per E‑Mail oder auf dem Postweg) eingehende Whistleblowing-Meldungen streng vertraulich behandelt werden. Sie berücksichtigt bei der Wahrnehmung ihrer Aufsichtsaufgaben sämtliche ihr zur Verfügung stehenden Informationen.

Im Berichtsjahr gingen insgesamt 204 Whistleblowing-Meldungen bei der EZB ein, was einem Anstieg um 34 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Davon bezogen sich 86 Meldungen auf mutmaßliche Verstöße gegen einschlägige EU-Rechtsvorschriften, von denen wiederum 78 in den Aufsichtsbereich der EZB und acht in den Aufsichtsbereich der NCAs fielen. Die übrigen Meldungen betrafen im Wesentlichen mutmaßliche Verstöße gegen andere, nicht prudenzielle Anforderungen (z. B. Verbraucherschutz) und lagen somit nicht im Anwendungsbereich des Whistleblowing-Mechanismus.

Governance-Themen (90 %) und eine unzutreffende Berechnung der Eigenmittel- und Eigenkapitalanforderungen (5 %) zählten zu den am häufigsten gemeldeten mutmaßlichen Verstößen im Aufsichtsbereich der EZB. Grafik 22 enthält diesbezüglich eine vollständige Aufschlüsselung. Die Governance-Verstöße betrafen überwiegend das Risikomanagement und interne Kontrollen, die Funktionen des Leitungsorgans, Eignungsanforderungen sowie die Organisationsstruktur.[52]

Grafik 22

Über den Whistleblowing-Mechanismus gemeldete mutmaßliche Verstöße

(in %)

Quelle: EZB.

Die über den Whistleblowing-Mechanismus gemeldeten Informationen wurden an die zuständigen JSTs weitergeleitet. Die Informationen wurden von der EZB im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit in angemessener Weise berücksichtigt und nachverfolgt.

Im Jahr 2022 wurden im Zusammenhang mit den im Berichtsjahr oder davor eingegangenen Whistleblowing-Meldungen über Verstöße gegen einschlägiges EU-Recht im Wesentlichen folgende Ermittlungsmaßnahmen durchgeführt:

  • Das beaufsichtigte Institut wurde zur Übermittlung von Dokumenten oder Erläuterungen aufgefordert (52 %).
  • Anhand der vorliegenden Dokumente wurde eine interne Überprüfung vorgenommen (36 %).
  • Es wurde eine interne Revision oder Vor-Ort-Prüfung beantragt (7 %).
  • Befragung des/der Beschuldigten (5 %).

3 Beitrag zum Krisenmanagement

3.1 Auswirkungen des russischen Krieges gegen die Ukraine auf die beaufsichtigten Banken – Krisenfälle im Jahr 2022

Die geopolitische Lage in Russland und der Ukraine setzte sowohl bedeutenden als auch weniger bedeutenden Instituten zu. Einige Banken fielen unter den Krisenmanagementrahmen, der sich als wirksam erwies.

3.1.1 Der Fall Sberbank Europe AG

EZB stufte Sberbank Europe AG und deren Tochtergesellschaften in Kroatien und Slowenien als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend ein

Gemäß dem EU-Rahmenwerk für das Krisenmanagement kann die EZB nach Konsultation des Einheitlichen Abwicklungsausschusses (Single Resolution Board – SRB) ein beaufsichtigtes Institut als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend (failing or likely to fail – FOLTF) einstufen. Am 28. Februar 2022 nahm die EZB eine solche FOLTF-Einstufung nach Maßgabe von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a und Artikel 18 Absatz 4 Buchstabe c der Verordnung zum Einheitlichen Abwicklungsmechanismus (SRM-Verordnung)[53] vor. Sie betraf die Sberbank Europe AG, ein bedeutendes Institut aus Österreich, sowie deren zwei Tochtergesellschaften in der Bankenunion, die Sberbank d.d. in Kroatien und die Sberbank banka d.d. in Slowenien. Grund hierfür war eine unumkehrbare Verschlechterung ihrer Liquiditätslage.[54]

3.1.1.1 Entwicklung im Vorfeld der FOLTF-Einstufung

Die Banken verzeichneten erhebliche Abflüsse von Einlagen, da die geopolitischen Spannungen, die dem Einmarsch Russlands in die Ukraine am 24. Februar 2022 vorausgingen, ihre Reputation beeinträchtigten. In der Folge kam es zu einer rapiden und deutlichen Verschlechterung ihrer Liquiditätslage. Es waren keine Maßnahmen verfügbar, bei denen realistische Aussichten auf eine Wiederherstellung der Liquiditätslage auf Gruppenebene oder auf Ebene der einzelnen Tochtergesellschaften der Sberbank Europe AG in der Bankenunion bestanden hätten. Am 28. Februar 2022 kam die EZB zu dem Schluss, dass die Institute wahrscheinlich nicht in der Lage sein würden, ihre Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu bedienen.

3.1.1.2 Zusammenarbeit und Informationsaustausch mit dem Einheitlichen Abwicklungsausschuss und anderen Behörden

Nachdem sich die geopolitischen Spannungen verschärft hatten, intensivierte die EZB ihre Zusammenarbeit mit dem SRB und ergriff erste vorbereitende Maßnahmen. Die direkt für die Sberbank Europe AG zuständigen Teams der EZB und des SRB arbeiteten eng zusammen. In Krisenmanagementsitzungen bei der EZB wurde die Liquiditätslage der Bank eingehend mit Vertreterinnen und Vertretern des SRB erörtert. Der SRB war zudem als Beobachter zu den entsprechenden Sitzungen des Aufsichtsgremiums eingeladen. Ein Vertreter der EZB nahm als Beobachter an allen Präsidiumssitzungen des SRB teil, die sich mit dem Fall befassten, so auch an der Sitzung, in der vom SRB Abwicklungsmaßnahmen beschlossen wurden. Die EZB und der SRB würdigten die enge und effektive Zusammenarbeit in dieser Krisensituation.

Da die Sberbank Europe AG in verschiedenen Ländern präsent war, arbeitete die EZB auch mit einer Reihe nationaler zuständiger Behörden innerhalb und außerhalb der EU zusammen. Erleichtert wurde diese Zusammenarbeit dadurch, dass die Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten einen gemeinsamen Rahmen für das Krisenmanagement vorgab. Zusätzliche Komplexität ergab sich hingegen durch die Eigenheiten der nationalen Rechtsvorschriften.

3.1.1.3 Maßnahmen im Anschluss an die FOLTF-Einstufung

Nach einem zweitägigen Moratorium erließ der SRB am 1. März 2022 Abwicklungsbeschlüsse für die Tochtergesellschaften in Kroatien und Slowenien und entschied, dass die Muttergesellschaft in Österreich keiner Abwicklungsmaßnahme bedarf.[55] Am selben Tag wies die EZB die österreichische Finanzmarktaufsichtsbehörde an, einen Regierungskommissär zu ernennen und der Sberbank Europe AG die Fortführung ihres Geschäftsbetriebs zu untersagen. Sämtliche Anteile der kroatischen Tochtergesellschaft Sberbank d.d. wurden auf die Hrvatska Poštanska Banka d.d. (Kroatische Postbank) und sämtliche Anteile der slowenischen Tochtergesellschaft Sberbank banka d.d. auf die Nova Ljubljanska banka d.d. (NLB d.d.) übertragen. Die ehemaligen Tochtergesellschaften der Sberbank Europe AG nahmen ihre reguläre Geschäftstätigkeit am 2. März 2022 ohne Beeinträchtigungen für Einleger oder Kunden wieder auf. Die Insolvenz der österreichischen Muttergesellschaft wurde vermieden, das Institut strebte stattdessen ein freiwilliges Wind-down-Verfahren nach nationalem Recht an. Am 21. April 2022 genehmigte die Hauptversammlung der Sberbank Europe AG den Liquidationsplan, die Auflösung und die Liquidation der Bank sowie die Ernennung von vier Vorstandsmitgliedern zu Liquidatoren. Diese wurden ermächtigt, die Bankzulassung am Ende des freiwilligen Wind-down-Verfahrens zurückzugeben. Bis zum Herbst 2022 hatte die Sberbank Europe AG den Liquidationsplan weitgehend umgesetzt, den Großteil ihrer Aktiva veräußert und fast alle Kundeneinlagen zurückgezahlt, sodass sie ihre Bankzulassung im Dezember 2022 zurückgeben konnte.

3.1.2 Der Fall RCB Bank Ltd.

Die RCB Bank Ltd. ist eine zyprische Bank, an der die russische Bank VTB bis vor Kurzem eine bedeutende Beteiligung hielt.

Nach der Verhängung von Sanktionen infolge der russischen Invasion der Ukraine fasste die EZB im März 2022 mehrere Beschlüsse im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit der RCB Bank Ltd. Dazu zählten insbesondere a) die Genehmigung der Veräußerung eines Teils des Kreditportfolios der RCB Bank Ltd. an die Hellenic Bank Public Company Ltd., b) die Einschränkung der Bankgeschäfte der RCB Bank Ltd., die damit weder neue Einlagen entgegennehmen noch neue Kredite vergeben oder neue Investitionen tätigen konnte, und c) die Bestellung eines vorläufigen Verwalters für die Zusammenarbeit mit der Geschäftsleitung und die genaue Beobachtung der Liquiditäts- und Kapitalausstattung der Bank.

Aufgrund der veränderten geopolitischen Lage überprüfte die RCB Bank Ltd. ihre allgemeine Geschäftsstrategie und beschloss, ihre Bankgeschäfte freiwillig einzustellen in dem Bestreben, alle Kundeneinlagen vollständig zurückzuzahlen und im Anschluss ihre Bankzulassung zurückzugeben.[56] Bis Herbst 2022 hatte die RCB Bank Ltd. sämtliche Einlagen zurückgezahlt, übertragen oder umgewandelt und den Entzug ihrer Bankzulassung beantragt. Den entsprechenden Beschluss fasste die EZB am 22. Dezember 2022.[57]

3.2 Zusammenarbeit mit dem Einheitlichen Abwicklungsausschuss

EZB-Bankenaufsicht und SRB arbeiteten auch 2022 eng zusammen

Die EZB-Bankenaufsicht und der SRB setzten ihre enge Zusammenarbeit im Berichtsjahr auf allen Ebenen fort. Die Vorsitzende des SRB wurde vom Aufsichtsgremium der EZB eingeladen, an dessen Sitzungen mit thematischer Relevanz für die Aufgaben des SRB als Beobachterin teilzunehmen. Umgekehrt war auch ein Vertreter der EZB als Beobachter bei allen Präsidiums- und Plenarsitzungen des SRB zugegen. Darüber hinaus fand zu Themen von gemeinsamem Interesse ein regelmäßiger Austausch zwischen den Vorsitzenden sowie Führungskräften der oberen und mittleren Leitungsebene beider Organisationen statt. Die Themen betrafen unter anderem die Aktualisierung der Vereinbarung zur Zusammenarbeit (Memorandum of Understanding – MoU) zwischen dem SRB und der EZB, die Sanierungs- und Abwicklungsplanung sowie die strategische Arbeit im Zusammenhang mit dem Krisenmanagement. Im Einklang mit der Vereinbarung zur Zusammenarbeit gaben die beiden Organisationen ihren bereits vorhandenen umfangreichen Bestand an einschlägigen Daten und Informationen untereinander weiter. Dadurch wurden Doppelmeldungen vermieden und die Banken erheblich entlastet.

Im Jahr 2022 begannen die EZB-Bankenaufsicht und der SRB mit der zweiten Überprüfung ihrer bilateralen Vereinbarung zur Zusammenarbeit. Ziel dieser Überprüfung ist es, die in den vergangenen Jahren gewonnenen Erfahrungen zu nutzen und neue Rechtsvorschriften und Kooperationsbereiche auszuloten. Dadurch sollen sich die Zusammenarbeit und der Informationsaustausch zwischen der EZB-Bankenaufsicht und dem SRB weiter verbessern. Daneben beteiligte sich die EZB erneut an den vom SRB als Dry Run durchgeführten Krisensimulationstests sowie an den trilateralen Übungen „Trilateral Principal Level Exercise“, an denen die Abwicklungsbehörden, Aufsichtsbehörden, Zentralbanken und Finanzministerien der Vereinigten Staaten, des Vereinigten Königreichs und Vertreter der Bankenunion teilnahmen. Durch diese regelmäßigen Treffen und den kontinuierlichen Austausch soll das Verständnis für die Abwicklungsregimes der einzelnen Länder verbessert und die Koordinierung der grenzüberschreitenden Abwicklungsplanung und ‑verfahren gestärkt werden.

Die regelmäßige Zusammenarbeit zwischen den gemeinsamen Aufsichtsteams der EZB und den internen Abwicklungsteams des SRB war nach wie vor ein Kernelement der Kooperation zwischen den beiden Organisationen. Besonders eng war die Zusammenarbeit in Bezug auf Institute, die dem Krisenmanagementrahmen der EZB unterlagen, d. h. Institute mit einer sich verschlechternden Finanzlage. Damit sollte das Vorgehen der Aufsichts- und der Abwicklungsbehörden in Krisensituationen vollständig aufeinander abgestimmt werden (siehe Abschnitt 3.1).

Im Einklang mit dem regulatorischen Rahmen wurde der SRB zu den Sanierungsplänen konsultiert, die bedeutende Institute der EZB-Bankenaufsicht vorlegten. Die Anmerkungen des SRB flossen in die Bewertung dieser Pläne und die Ausarbeitung der Rückmeldungen an die betreffenden Institute ein. So nahm der SRB unter anderem Stellung zur Kalibrierung der Schwellenwerte für die Sanierungsindikatoren in Bezug auf die Mindestanforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten (minimum requirement for own funds and eligible liabilities – MREL) sowie zu den Auswirkungen von Sanierungsoptionen auf die Abwicklungsfähigkeit.

Entsprechend den Bestimmungen der SRM-Verordnung konsultierte der SRB die EZB-Bankenaufsicht zu Entwürfen für Abwicklungspläne. Wie schon in der Vergangenheit umfasste diese Konsultation unter anderem die Festlegung von MREL-Anforderungen, einschließlich der Anwendung von Ausnahmeregelungen für die interne MREL-Anforderung („interne MREL“-Waiver), und die Bewertung der Abwicklungsfähigkeit. Darüber hinaus wurde die EZB auf Ersuchen nationaler Abwicklungsbehörden gemäß Artikel 12d Absatz 5 der SRM-Verordnung angehört. Der SRB konsultierte die EZB-Bankenaufsicht auch zur Berechnung der im Voraus zu erhebenden Beiträge der bedeutenden Institute zum Einheitlichen Abwicklungsfonds, wie er dies bereits in den Vorjahren getan hatte. Dabei konzentrierte sich die EZB auf Beobachtungen aus der Aufsichts- und Going-Concern-Perspektive.

3.3 Krisenmanagement bei weniger bedeutenden Instituten

Das Krisenmanagement bei weniger bedeutenden Instituten (LSIs) erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen der jeweiligen NCA und der EZB. Wenngleich aufsichtliche Maßnahmen in Bezug auf weniger bedeutende Institute in der unmittelbaren Zuständigkeit der NCAs liegen, bedarf es einer verstärkten Zusammenarbeit und eines Informationsaustauschs mit der EZB, wenn der Fortbestand eines LSI gefährdet ist. An diesem Punkt setzt sich die EZB als zuständige Behörde für gemeinsame Verfahren mit der NCA in Verbindung, um die Möglichkeit eines Entzugs der Zulassung zu prüfen.

Enge Zusammenarbeit zwischen EZB und NCAs bei 20 LSIs, deren Finanzlage sich verschlechtert hatte

Die EZB arbeitete 2022 eng mit den NCAs zusammen und tauschte mit ihnen Informationen zu mehreren LSIs aus, deren finanzielle Lage sich nachweislich verschlechtert hatte oder die sich in einer Krise befanden. So meldeten die NCAs der EZB acht neue Fälle, in denen eine Verschlechterung der Finanzlage von LSIs festgestellt worden war. Daneben setzten EZB und NCAs ihre enge Kooperation und den Informationsaustausch in 20 Fällen dieser Art fort, wobei in neun Fällen auch spezielle Gruppen zur Koordination des Krisenmanagements eingerichtet werden mussten. Wie in den Vorjahren stellten diese Gruppen aus Vertreterinnen und Vertretern der EZB und der jeweiligen NCAs sicher, dass Krisen genau beobachtet und aufsichtliche Maßnahmen und Beschlüsse zeitnah und konzertiert getroffen wurden. Im Berichtsjahr wurde im Rahmen des Arbeitsplans 2022/2023 für LSIs eine gemeinsame Arbeitsgruppe aus Vertreterinnen und Vertretern von EZB und NCAs gegründet, um die Zusammenarbeit in LSI-Krisenfällen zu überprüfen und weiter zu verbessern.

Die NCAs informierten die EZB im Berichtsjahr zudem über drei LSIs, denen ein Entzug der Zulassung drohte. In allen drei Fällen fasste die EZB den Beschluss, den Instituten die Zulassung zu entziehen.

Die Verschlechterung der finanziellen Lage von LSIs ging im Jahr 2022 hauptsächlich auf nicht tragfähige Geschäftsmodelle, Solvenzprobleme infolge einer anhaltend geringen Ertragskraft sowie mangelhafte Governance-Systeme (einschließlich eines unzureichenden Rahmenwerks für die Geldwäschebekämpfung) zurück.

Kasten 6
Überprüfung des Rahmens für das Krisenmanagement und die Einlagensicherung

In ihrer Erklärung vom 16. Juni 2022 forderte die Euro-Gruppe die Europäische Kommission auf, Gesetzgebungsvorschläge für einen geänderten Rahmen für das Krisenmanagement und die Einlagensicherung (crisis management and deposit insurance – CMDI) vorzulegen. Die Euro-Gruppe verständigte sich darauf, dass ein verbesserter CMDI-Rahmen folgende Elemente aufweisen sollte: klare und einheitliche Regeln für die Prüfung des öffentlichen Interesses, eine breitere Anwendbarkeit der Abwicklungsinstrumente im Rahmen des Krisenmanagements auf europäischer und nationaler Ebene, stärker harmonisierte Regeln für die Verwendung nationaler Einlagensicherungsmittel im Rahmen des Krisenmanagements und gezielte Vereinheitlichungen des nationalen Bankeninsolvenzrechts.

Ein gut funktionierendes europäisches CMDI-Rahmenwerk ist von entscheidender Bedeutung, um den Ausfall von Banken unabhängig von ihrer Größe sowohl auf Ebene der einzelnen EU-Mitgliedstaaten als auch länderübergreifend zu verhindern bzw. zu bekämpfen. Die EZB-Bankenaufsicht hat ihre Prioritäten und vorläufigen Empfehlungen für die Überarbeitung des CMDI-Rahmenwerks in ihrem Beitrag zur gezielten Konsultation der Europäischen Kommission dargelegt.

Im Hinblick auf mögliche Verbesserungen des Krisenmanagementrahmens ist es besonders wichtig, das bestehende Rahmenwerk für Frühinterventionsmaßnahmen zu präzisieren, um dessen praktische Umsetzung zu erleichtern. Außerdem muss das Restrisiko von Instituten begrenzt werden, die sich „in der Schwebe“ befinden (sogenannte Limbo-Situation). Bei Banken, die als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend eingestuft, für die aber keine Abwicklungsmaßnahmen angeordnet wurden, sollte ein Verfahren eingeleitet werden, das eine Verwertung ihrer Aktiva ermöglicht und zu ihrem zeitnahen Ausscheiden aus dem Bankenmarkt führt.

Eine breitere Anwendung des Abwicklungsrahmenwerks würde die Wettbewerbsgleichheit fördern und den Zugang zu bewährten Abwicklungsinstrumenten verbessern. Zugleich besteht die Notwendigkeit, die Liquidationsregelungen zu überprüfen und weiter zu vereinheitlichen. Ein verstärkter Einsatz von Mitteln des Einlagensicherungssystems könnte die Nutzung von Übertragungsinstrumenten (Transfer Tools) bei Abwicklungs- und Liquidationsmaßnahmen erleichtern. Dazu müsste der Least-Cost-Test angepasst und harmonisiert werden. Auch könnte die Abschaffung der besonderen Vorrangstellung der Einlagensicherungssysteme (DGS superpreference) in Betracht gezogen werden. Dadurch könnten mehr Mittel im Rahmen der Abwicklungs- und Liquidationsverfahren eingesetzt werden, was ausfallenden Banken einen leichteren Marktaustritt unter Erhalt des Wertes ihrer Aktiva ermöglichen würde.

Die EZB wird sich im Rahmen ihrer Zuständigkeit in das anstehende Gesetzgebungsverfahren für die Überprüfung des CMDI-Rahmens einbringen.

4 Interinstitutionelle Zusammenarbeit

4.1 Zusammenarbeit auf europäischer und internationaler Ebene

Eine große Errungenschaft im Berichtsjahr war die Einführung einfacherer Genehmigungsregeln für die Übermittlung aufsichtlicher Informationen an Behörden außerhalb des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM). Durch den entsprechenden Rechtsakt[58] wurden die Regeln für die Freigabe von Informationsübermittlungen gemäß den geltenden Rechtsvorschriften einfacher und transparenter gestaltet.

4.1.1 Zusammenarbeit mit anderen Aufsichtsbehörden in der EU und mit Behörden aus Nicht-EU-Ländern

4.1.1.1 EZB und Aufsichtskollegien

Für eine wirksame Aufsicht über grenzüberschreitend tätige Bankengruppen ist eine gute Zusammenarbeit zwischen den Aufsichtsbehörden auf EU- wie auch auf globaler Ebene von zentraler Bedeutung. Die EZB fungiert als konsolidierende Aufsichtsbehörde für bedeutende Bankengruppen mit Sitz in einem an der europäischen Bankenaufsicht teilnehmenden Land. Für bedeutende Bankengruppen, die innerhalb der Bankenunion grenzüberschreitend tätig sind, ist die EZB als einheitliche Aufsichtsbehörde für die Muttergesellschaft und alle grenzüberschreitend tätigen Tochtergesellschaften oder Zweigstellen zuständig.

Bei bedeutenden Bankengruppen, die ihre Geschäftstätigkeit auch außerhalb der Bankenunion ausüben, nimmt die EZB an Aufsichtskollegien teil. Dabei handelt es sich um ständige und zugleich flexible Gremien für die Zusammenarbeit, die Koordination und den Informationsaustausch zwischen den Behörden, die für die Aufsicht über grenzüberschreitend tätige Bankengruppen zuständig oder daran beteiligt sind. Aufsichtskollegien ermöglichen es der EZB, koordinierte Aufsichtsansätze und -beschlüsse auszuarbeiten. Ferner kann die EZB auf diesem Wege gemeinsame Arbeitsprogramme mit anderen Behörden, die an der Aufsicht über dieselbe grenzüberschreitend tätige Bankengruppe beteiligt sind, gewährleisten. Die EZB organisiert selbst Kollegien, wenn sie als Aufsichtsbehörde des Herkunftslandes für die Beaufsichtigung einer Bankengruppe auf konsolidierter Basis zuständig ist. Fungiert sie hingegen als Aufsichtsbehörde des Aufnahmelandes und beaufsichtigt bestimmte Institute innerhalb einer Bankengruppe, nimmt sie an Aufsichtskollegien teil, sofern sie von der Aufsichtsbehörde des Herkunftslandes dazu eingeladen wird.

Als Aufsichtsbehörde des Aufnahmelandes nimmt die EZB an Aufsichtskollegien für Bankengruppen teil, deren Mutterunternehmen außerhalb der Bankenunion niedergelassen ist

Im Berichtsjahr waren für 43 der direkt von der EZB beaufsichtigten Institute Aufsichtskollegien eingerichtet. In 25 Fällen fungierte die EZB im Rahmen des Kollegiums als Aufsichtsbehörde des Herkunftslandes, wobei sich 18 dieser Kollegien ausschließlich aus EU-Aufsichtsbehörden zusammensetzten. Als Aufsichtsbehörde des Aufnahmelandes nahm die EZB an sieben weiteren EU-Kollegien sowie an elf Kollegien teil, die von Behörden aus Drittstaaten gebildet wurden. Darüber hinaus waren im Berichtsjahr 29 schriftliche Kooperations- und Koordinierungsvereinbarungen in Kraft. Dabei handelt es sich um Rahmenwerke, die die Zusammenarbeit zwischen einer Aufsichtsbehörde und anderen Kollegiumsmitgliedern regeln, um die Weitergabe und den Austausch vertraulicher Informationen zu koordinieren. Die EZB geht davon aus, dass im Jahr 2023 rund acht neue Aufsichtskollegien geschaffen werden, mit denen die Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften sichergestellt werden soll.

Ein Querschnittsteam aus Vertreterinnen und Vertretern der drei Direktionen, die für die laufende direkte Aufsicht über einzelne Banken zuständig sind, unterstützt die gemeinsamen Aufsichtsteams fortlaufend bei der Erfüllung ihrer Kooperationsverpflichtungen gemäß den europäischen Verordnungen und Richtlinien (z. B. bei der Zuordnung der Unternehmen einer Gruppe, beim Austausch wichtiger Finanzindikatoren zwischen den zuständigen Behörden oder beim aufsichtlichen Prüfungsprogramm für Aufsichtskollegien). Darüber hinaus trägt das Querschnittsteam zur Harmonisierung bei und fördert aufsichtliche Best Practices im Bereich der internationalen Zusammenarbeit.

4.1.1.2 Stärkung der Zusammenarbeit mit nicht am SSM teilnehmenden Behörden aus EU-Ländern

2022 schloss die EZB-Bankenaufsicht MoUs mit den Aufsichtsbehörden der nicht am SSM teilnehmenden EU‑Mitgliedstaaten

Die EZB strebt eine weitere Verbesserung der aufsichtlichen Zusammenarbeit auf europäischer Ebene an, indem sie eine gemeinsame Aufsichtskultur fördert und auf eine Abstimmung der Aufsichtspraktiken und -methoden hinwirkt. Zu diesem Zweck schloss die EZB im Berichtsjahr mit den nationalen zuständigen Behörden der sechs nicht am SSM teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten (Dänemark, Polen, Rumänien, Schweden, Tschechische Republik und Ungarn) eine multilaterale Vereinbarung zur Zusammenarbeit (MoU) gemäß Artikel 3 Absatz 6 der SSM-Verordnung. Die Vereinbarung sieht eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen der EZB und diesen Behörden bei der Wahrnehmung ihrer jeweiligen Aufsichtsaufgaben in Bezug auf beaufsichtigte Institute und deren Niederlassungen in einem anderen Mitgliedstaat vor. Dadurch werden ein umfassenderer Informationsaustausch, beispielsweise über Cybersicherheitsvorfälle, und eine stärkere Zusammenarbeit gefördert, um in Stressphasen Fragmentierungsrisiken an den europäischen Bankenmärkten zu verringern.[59] Die entsprechenden Vereinbarungen zur Zusammenarbeit der EZB werden auf der Website der EZB zur Bankenaufsicht veröffentlicht.

4.1.1.3 Zusammenarbeit mit anderen sektorspezifischen Aufsichtsbehörden in der EU und mit Aufsichtsbehörden aus Drittländern

Finanzkonglomerate sind Gruppen oder Untergruppen von Finanzunternehmen, die Dienstleistungen und Produkte in verschiedenen Finanzmarktsektoren wie der Banken-, Versicherungs- und/oder Wertpapierdienstleistungsbranche anbieten. Einige dieser Konglomerate zählen zu den größten Finanzkonzernen, die an den Finanzmärkten aktiv sind, und erbringen Dienstleistungen auf globaler Ebene.

Gemäß der Richtlinie über Finanzkonglomerate müssen die koordinierende Behörde und die anderen für die zusätzliche Beaufsichtigung von Finanzkonglomeraten zuständigen Behörden Kooperationsvereinbarungen schließen, um die Zusammenarbeit untereinander zu erleichtern. Im Fall von Gruppen, an deren Spitze ein Institut steht, bei dem die EZB als konsolidierende Aufsichtsbehörde fungiert, ist diese auch für die entsprechenden Vereinbarungen zuständig. Im Jahr 2022 genehmigten das Aufsichtsgremium und der EZB-Rat Kooperationsvereinbarungen für die zusätzliche Beaufsichtigung der von 16 bedeutenden Instituten geführten Finanzkonglomerate.

Die EZB intensivierte 2022 die Zusammenarbeit mit nationalen Marktaufsichtsbehörden in der EU. Im Zuge dessen wurde auch die bilaterale Vereinbarung zur Zusammenarbeit zwischen der EZB und der italienischen Commissione Nazionale per le Società e la Borsa aktualisiert.

EZB-Bankenaufsicht schloss 2022 MoUs mit den Aufsichtsbehörden Kanadas und Japans

Zudem wurden im Berichtsjahr zwei MoUs im Bereich der Bankenaufsicht mit Aufsichtsbehörden aus Drittländern geschlossen, und zwar mit dem Office of the Superintendent of Financial Institutions of Canada und mit der japanischen Financial Services Agency.

4.1.2 Das Financial Sector Assessment Program des IWF

Der Internationale Währungsfonds (IWF) führt im Rahmen seiner Finanzsektorüberprüfung (Financial Sector Assessment Program – FSAP) umfassende und tiefgehende Bewertungen der Finanzsektoren einzelner Länder durch.

EZB-Bankenaufsicht setzte zahlreiche Empfehlungen aus dem FSAP für den Euroraum um

Im FSAP 2018 für den Euroraum untersuchte der IWF die Architektur für die Beaufsichtigung und Abwicklung von Banken in den Euro-Ländern. Die EZB-Bankenaufsicht hat viele Empfehlungen des IWF in ihre Aufsichtspraxis übernommen. Parallel dazu sind die EU-Gesetzgeber weiterhin damit befasst, Empfehlungen zu prüfen, die eine Änderung des Unionsrechts erfordern. Die nächste Finanzsektorüberprüfung des IWF für den Euroraum wird voraussichtlich 2024 auf den Weg gebracht.

Nationale FSAPs umfassen keine Überprüfung der europäischen Bankenaufsicht

Im Jahr 2022 schloss der IWF die nationalen FSAPs für Deutschland, Irland und Finnland ab und leitete ein Programm für Belgien in die Wege. Die nationalen FSAPs beziehen sich auf nicht bankgeschäftliche Aspekte wie etwa die Rahmenwerke für inländische Versicherungen und makroprudenzielle Themen. Sie beinhalten außerdem eine ganzheitliche Bewertung von bankgeschäftlichen Fragestellungen – besonders jenen, die in die Zuständigkeit der für die Beaufsichtigung der weniger bedeutenden Institute verantwortlichen nationalen Behörden fallen – sowie von Aspekten im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.

EZB in Artikel-IV-Konsultationen des IWF eingebunden

Im Rahmen ihrer Zuständigkeit für mikro- und makroprudenzielle Fragestellungen wird die EZB in die Artikel-IV-Konsultationen des IWF zu einzelnen Ländern, die am einheitlichen europäischen Aufsichtsmechanismus teilnehmen, eingebunden.

Kasten 7
Umsetzung der Basel-III-Standards in der EU und Gewährleistung ihrer Zweckdienlichkeit: Stellungnahmen der EZB zum Bankenpaket 2021 (Eigenkapitalverordnung (CRR III) und Eigenkapitalrichtlinie (CRD VI))

Der Vorschlag

Im Oktober 2021 veröffentlichte die Europäische Kommission ein umfassendes Paket zur Änderung der EU-Vorschriften für den Bankensektor, die in der Eigenkapitalverordnung und der Eigenkapitalrichtlinie festgelegt sind. Die Änderungen bezogen sich vor allem auf die Umsetzung der finalen Basel-III-Reformen in der EU, die Stärkung der Widerstandsfähigkeit des Bankensektors gegen Umwelt-, Sozial- und Governance-Risiken sowie eine weitere Harmonisierung der Aufsichtsregeln und -befugnisse. Auf Ersuchen des Europäischen Parlaments und des Rates gab die EZB drei Stellungnahmen ab, in denen sie ihre Haltung zu dem Paket darlegte und den Gesetzgebern der Europäischen Union Änderungsvorschläge unterbreitete.[60]

Haltung der EZB zum vorgeschlagenen Reformpaket

Grundsätzlich begrüßte die EZB die Reformvorschläge der Kommission, die darauf abzielen, die noch ausstehenden Basel-III-Reformen in der EU umzusetzen, das einheitliche Regelwerk der EU zu stärken und den aufsichtlichen Rahmen für Kreditinstitute in verschiedenen Bereichen zu verbessern. Nach Auffassung der EZB würden durch die vorgeschlagenen Reformen wesentliche Mängel im aktuellen Rahmenwerk beseitigt. Dementsprechend würden sie maßgeblich dazu beitragen, die Solidität des europäischen Bankensektors zu gewährleisten.

In zwei Stellungnahmen beurteilte und unterstützte die EZB unter anderem die Einführung der Eigenmitteluntergrenze (Output-Floor) in der EU, die ein wichtiges Element der Basel-III-Reformen darstellt. Die EZB begrüßte ferner die Verbesserung des Rahmens für den Umgang mit Umwelt-, Sozial- und Governance-Risiken und des Rahmens für Eignungsprüfungen sowie die Harmonisierung des Sanktionsregimes, der Vorschriften für Zweigstellen aus Drittländern und der nationalen Befugnisse in Bezug auf den Erwerb wesentlicher Beteiligungen, die Übertragung von Vermögenswerten oder Verbindlichkeiten sowie Unternehmenszusammenschlüsse oder ‑spaltungen.[61]

Zugleich äußerte die EZB aber auch Bedenken und unterbreitete der Kommission Änderungsvorschläge. Was die Umsetzung der Basel-III-Reformen betrifft, so stellte die EZB fest, dass der Vorschlag in mehrfacher Hinsicht Abweichungen von den Basel-III-Standards beinhalte, die sowohl aus aufsichtsrechtlicher Sicht als auch aus Sicht der Finanzstabilität ungerechtfertigt seien, weil dadurch bestimmte Risikobereiche möglicherweise unberücksichtigt blieben.

Daher forderte die EZB die Gesetzgeber der EU in ihren Stellungnahmen auf, die Basel-III-Reformen zeitnah, vollständig und gewissenhaft umzusetzen. Diese Kernbotschaft wurde im November 2022 in einem gemeinsamen Blog-Beitrag der EZB und der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) wiederholt.[62]

Schließlich begrüßte die EZB in ihrer dritten Stellungnahme auch die vorgeschlagenen technischen Anpassungen im gesonderten Vorschlag der Kommission zur Änderung der Eigenkapitalverordnung im Bereich der Abwicklung (Vorschlag zum „Beteiligungsketten-Ansatz“). Diese würden eine bessere Abstimmung zwischen den Bestimmungen der Eigenkapitalverordnung und der Sanierungs- und Abwicklungsrichtlinie ermöglichen.

4.2 Beitrag zur Entwicklung des europäischen und des internationalen Regulierungsrahmens

4.2.1 Beitrag zur Arbeit des Finanzstabilitätsrats

EZB-Bankenaufsicht unterstützte 2022 die Arbeit des FSB in Schwerpunktbereichen wie dem Rahmenwerk für G-SIBs, klimabezogene Risiken und Offenlegungen sowie Krypto-Assets

Im Jahr 2022 konzentrierte sich der Finanzstabilitätsrat (FSB) auf die Koordinierung der finanzpolitischen Reaktionen auf die Covid-19-Pandemie und den Einmarsch Russlands in die Ukraine, die Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Finanzintermediation durch Nichtbanken, die Bewältigung der Herausforderungen des technologischen Fortschritts und die Bekämpfung der finanziellen Risiken, die sich durch den Klimawandel ergeben. Vor dem Hintergrund des sich wandelnden makroökonomischen und finanziellen Umfelds intensivierte der FSB seine Überwachung von Schwachstellen und arbeitete daran, die Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems zu stärken.

Als Mitglied des FSB war die EZB-Bankenaufsicht aktiv an verschiedenen Workstreams beteiligt. Dabei ging es unter anderem um a) die jährliche Ermittlung der global systemrelevanten Banken (G-SIBs) unter Berücksichtigung der vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht durchgeführten Überprüfung der Behandlung grenzüberschreitender Risikopositionen innerhalb der europäischen Bankenunion; b) die Arbeiten zu aufsichtlichen und regulatorischen Ansätzen für klimabedingte Risiken, klimabezogene Offenlegungen und die Klimaszenarioanalyse auf Länderebene; c) das zur Konsultation veröffentlichte Maßnahmenpaket zu Aktivitäten im Zusammenhang mit Krypto-Assets und d) das Konsultationspapier für eine stärkere Vereinheitlichung des Meldeverfahrens für Cybersicherheitsvorfälle.

Die EZB-Bankenaufsicht nahm im Verlauf des Jahres an den Sitzungen der FSB-Plenarversammlung, des Ständigen Ausschusses für die Umsetzung von Standards und des Ständigen Ausschusses für aufsichtliche und regulatorische Zusammenarbeit teil. Ferner brachte sie sich in die Resolution Steering Group sowie die regionale Konsultationsgruppe des FSB für Europa ein.

Die EZB-Bankenaufsicht wird sich auch weiterhin am Arbeitsprogramm des FSB beteiligen. Dies gilt insbesondere für die oben genannten Bereiche. Darüber hinaus ist eine Zusammenarbeit mit dem FSB zum Thema Drittparteirisiken und Auslagerungsfragen, bei der Durchführung eines globalen Stresstests für Banken in Kooperation mit dem Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht sowie im Rahmen einer erneuten Evaluierung der Auswirkungen der von den G 20 angestoßenen Reformen im Bereich Verbriefungen vorgesehen.

4.2.2 Beitrag zum Baseler Prozess

Im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit leistete die EZB-Bankenaufsicht Beiträge zu politischen Maßnahmen, unter anderem in Bezug auf klimabedingte finanzielle Risiken, Krypto-Assets und die Behandlung grenzüberschreitender Risikopositionen in Europa

Im Berichtsjahr leistete die EZB-Bankenaufsicht erneut einen großen Beitrag zur Arbeit des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht (BCBS). Sie beteiligte sich aktiv an verschiedenen Workstreams, brachte ihr Fachwissen in die Arbeitsgruppen des BCBS ein und arbeitete mit Ausschussmitgliedern aus EU-Staaten und anderen Ländern zusammen.

Wichtige Meilensteine dieser Arbeit waren: a) der Abschluss der gezielten Überprüfung der Behandlung grenzüberschreitender Risikopositionen innerhalb der Bankenunion in der Bewertungsmethode für G-SIBs, worin die Fortschritte bei der Weiterentwicklung der Bankenunion klar zum Ausdruck kommen;[63] b) die Veröffentlichung der Principles for the effective management and supervision of climate-related financial risks. Die darin festgelegten Grundsätze zielen darauf ab, mit Blick auf klimabedingte finanzielle Risiken einen prinzipienbasierten Ansatz zur Verbesserung des Risikomanagements der Banken sowie der Praktiken der Aufsichtsbehörden zu fördern; c) die Veröffentlichung des globalen Aufsichtsstandards für die Risikopositionen der Banken in Krypto-Assets und d) die Veröffentlichung des zweiten Evaluierungsberichts über die Auswirkungen und Wirksamkeit der umgesetzten Basel-III-Reformen in Bezug auf die Nutzbarkeit und Zyklizität von Kapitalpuffern.

Darüber hinaus war die EZB in der Arbeitsgruppe des BCBS für die Überprüfung der Baseler Grundsätze (Task Force on the Review of the Basel Core Principles) vertreten. Diese soll beurteilen, ob – und gegebenenfalls wie – die Voraussetzungen für eine wirksame Bankenaufsicht, die Baseler Grundsätze und die Bewertungsmethode angepasst werden sollten.

Die EZB nahm außerdem an einer Reihe von ad hoc einberufenen Sitzungen des BCBS teil, in denen die Risiken und Anfälligkeiten im globalen Bankensystem sowie die Auswirkungen des von Russland geführten Krieges in der Ukraine erörtert wurden.

Schließlich führte sie weiterhin den Co-Vorsitz der Arbeitsgruppe des BCBS für klimabedingte finanzielle Risiken (Task Force on Climate-related Financial Risks) und der Policy and Standards Group des BCBS, die für die Entwicklung und Umsetzung gemeinsamer Aufsichtsstandards zuständig ist. Im Oktober 2022 veranstaltete die EZB in Frankfurt am Main erstmals seit Ausbruch der Pandemie wieder eine persönliche Zusammenkunft der Mitglieder der Policy and Standards Group.

4.2.3 Beitrag zur Arbeit der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde

Die EZB-Bankenaufsicht arbeitete auch im Berichtsjahr eng mit der EBA zusammen, um eine einheitliche Aufsicht im europäischen Bankensektor zu fördern, die Sicherheit und Solidität der Kreditinstitute zu verbessern und die Stabilität des Finanzsystems zu erhöhen. Sie setzte die enge Kooperation mit der EBA im Zuge der EU-weiten Stresstests im Jahr 2022 fort und wird auch 2023 an diesen Tests mitwirken. Zudem beteiligte sich die EZB an der Arbeit der EBA im Bereich der Regulierung. Sie leistete bei zahlreichen Projekten einen Beitrag und Unterstützung, unter anderem bei der Entwicklung der EBA-Leitlinien zu Zinsänderungsrisiken für Positionen im Anlagebuch und Kreditspreadrisiken bei Geschäften, die nicht dem Handelsbuch zuzuordnen sind. An den Maßnahmen, die von der EBA als Reaktion auf den Einmarsch Russlands in die Ukraine ergriffen wurden, arbeitete sie ebenfalls aktiv mit: Sie überwachte die Risiken, die Volatilität an den Energiemärkten sowie die Auswirkungen der Sanktionen und des Krieges auf die Wirtschaft. Darüber hinaus war sie weiterhin in die Arbeit der EBA zum Thema SupTech sowie zu den Vorschlägen für eine Verordnung über Märkte für Kryptowerte und eine Verordnung über die Betriebsstabilität digitaler Systeme des Finanzsektors eingebunden.

Die EZB wirkte auch am Abschluss der 2022 durchgeführten EU-weiten Transparenzprüfung der EBA mit. Dazu lieferte sie für 98 ihrer direkten Aufsicht unterstellte bedeutende Institute zeitnah präzise Aufsichtsdaten. Durch die Transparenzprüfung konnten detaillierte Informationen über die unter europäischer Bankenaufsicht stehenden Banken gewonnen werden.

Die EZB nahm weiterhin als Beobachterin an den Besprechungen des Ständigen Ausschusses der EBA für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung teil und war in mehreren Workstreams vertreten. So leistete sie einen aufsichtlichen Beitrag zur Entwicklung regulatorischer Instrumente, darunter die Leitlinien für die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zwischen den für die prudentielle Aufsicht zuständigen Behörden, den für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zuständigen Aufsichtsbehörden und zentralen Meldestellen sowie die überarbeiteten SREP-Leitlinien, die den Aufsichtsbehörden Orientierungshilfen bieten, wie sie die Risiken in Bezug auf Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in den SREP einbeziehen können. Nach der Finalisierung der Leitlinien setzte die EZB die aus dem modifizierten Rechtsrahmen resultierenden Änderungen um und richtete – soweit erforderlich – neue interne Prozesse zur Einhaltung der Bestimmungen ein (siehe Kasten 8).

Die EZB arbeitete mit der EBA und anderen Beteiligten zusammen, um einen Vorschlag für die Einrichtung eines gemeinsamen Beratungs- und Koordinierungsausschusses zu entwickeln, wie er in der Machbarkeitsstudie der EBA vorgesehen ist. Dieser Ausschuss soll die Vorbereitungen für ein integriertes Meldewesen erleichtern, das den Meldeaufwand der Institute verringern soll. Am 18. November und 1. Dezember 2022 fanden zwei Workshops für die nationalen Behörden statt, wobei am 1. Dezember auch Vertreter der Kreditwirtschaft zugegen waren. Alle Teilnehmer des Workshops unterstützten die Initiative ausdrücklich. Sie erwarten, dass der gemeinsame Ausschuss für das Meldewesen der Banken (Joint Bank Reporting Committee) im Jahr 2023 ins Leben gerufen und mit einem Mandat sowie einem Arbeitsplan ausgestattet wird.

Hinsichtlich des „Comply or explain“-Verfahrens der EBA teilte die EZB-Bankenaufsicht der EBA im Jahr 2022 für 15 Leitlinien mit, inwieweit sie diese einhält oder einzuhalten gedenkt. Dies ist auf der Website der EZB zur Bankenaufsicht dokumentiert. Die Bankenaufsicht der EZB hat sich zur Einhaltung aller einschlägigen Leitlinien verpflichtet, die von der EBA und dem Gemeinsamen Ausschuss der Europäischen Aufsichtsbehörden herausgegeben werden.

Kasten 8
EZB und Geldwäschebekämpfung – jüngste Entwicklungen

Stärkere Berücksichtigung der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bei der Wahrnehmung der Aufsichtsaufgaben durch die EZB

Die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ist für die Stabilität und Integrität des Finanzsystems von entscheidender Bedeutung, denn diese kriminellen Aktivitäten stellen ein erhebliches Risiko für die Überlebensfähigkeit der Banken dar. Die Zuständigkeit für die Aufsicht über Kredit- und Finanzinstitute im Bereich der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung liegt bei den nationalen Behörden und zählt gemäß dem geltenden Regulierungsrahmen ausdrücklich nicht zu den Aufgaben der EZB.[64] Dennoch sollte die EZB die aufsichtlichen Implikationen dieser Risiken systematisch in ihre einschlägigen Aufsichtstätigkeiten einbeziehen. Konkret sollte sie sicherstellen, dass die Institute über einen angemessenen Rahmen für die interne Kontrolle und Governance verfügen. Zu diesem Zweck überprüft sie, wie die Kreditinstitute ihre mit Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung verbundenen Risiken steuern, und berücksichtigt hierfür Informationen der einschlägigen Aufsichtsbehörden. Im Gegenzug leitet sie die im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit erhobenen oder gewonnenen relevanten Informationen an diese Behörden weiter.[65]

Im Jahr 2022 hat die EZB weitere Schritte unternommen, um das Risiko der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung im Rahmen ihrer Aufsichtsstätigkeit stärker zu verankern:

  • Sie vereinfachte ihre Verfahren für den Informationsaustausch gemäß der Richtlinie zur Bekämpfung von Geldwäsche[66] im Rahmen des multilateralen Abkommens, das von der EZB und den für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden der Kredit- und Finanzinstitute unterzeichnet wurde. Daneben optimierte sie auch ihre Verfahren für den Informationsaustausch innerhalb der mit diesem Thema befassten Kollegien. Zudem wurde die Teilnahme der EZB an den Kollegien als Beobachterin formalisiert. Dies erfolgte durch die Formulierung von Teilnahmebedingungen und deren Unterzeichnung durch die EZB und alle zuständigen Aufsichtsbehörden (Lead Supervisors) im Bereich der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Darüber hinaus verbesserte die EZB ihr Rahmenwerk für den Austausch von Informationen zum Thema Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung und erfüllt damit nunmehr die EBA-Leitlinien für die Zusammenarbeit gemäß der Richtlinie 2013/36/EU[67]. Ferner entwickelte sie ein Verfahren zur Operationalisierung der Meldungen an das europäische Meldesystem der EBA für wesentliche Schwachstellen bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (European reporting system for material CFT/AML weaknesses – EuReCA).
  • Nach der Veröffentlichung der von der EBA überarbeiteten SREP-Leitlinien aktualisierte die EZB ihre SREP-Methodik für bedeutende Institute. Diese enthält nun revidierte Orientierungshilfen dazu, wie das Risiko der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in die verschiedenen SREP-Elemente einfließen kann. Für weniger bedeutende Institute wird voraussichtlich Anfang 2023 eine aktualisierte SREP-Methodik entwickelt. Darüber hinaus präzisierte die EZB in ihrem überarbeiteten Leitfaden zur Beurteilung der fachlichen Qualifikation und persönlichen Zuverlässigkeit, inwiefern relevanten Fakten zu Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bei erneuten Eignungsprüfungen Rechnung zu tragen ist. Auch entwickelte sie einen neuen Ansatz, der die individuelle Rechenschaftspflicht von Leitungsorganmitgliedern der Banken bei schwerwiegenden aufsichtlichen Feststellungen im Blick hat. Hierzu zählen auch Feststellungen im Bereich der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Zudem erarbeitete die EZB Vorgaben für die Beurteilung von Zulassungsverfahren für Institute, die Aktivitäten im Zusammenhang mit Krypto-Assets durchführen und deshalb einem außergewöhnlich hohen Risiko der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ausgesetzt sein könnten. Derzeit werden die internen Vorgaben für Erlaubnisverfahren aktualisiert, um neue Kooperationsinstrumente zu berücksichtigen – konkret die EBA-Leitlinien für die Zusammenarbeit gemäß der Richtlinie 2013/36/EU und die Datenbank der EBA zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.

Durch diese Maßnahmen konnte die EZB ihre Arbeit an der Umsetzung der Empfehlungen abschließen, die der Europäische Rechnungshof 2021 ausgesprochen hatte.

Im Jahr 2021 hat die Kommission ambitionierte Gesetzgebungsvorschläge zur Stärkung des EU-Rahmens für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vorgelegt.[68] Die politischen und aufsichtsrechtlichen Debatten, die hierzu in den einschlägigen Foren geführt wurden, verfolgte die EZB im Berichtsjahr weiterhin aufmerksam. Darüber hinaus a) veröffentlichte sie im Februar 2022 zwei Stellungnahmen zu den vorgeschlagenen Rechtsvorschriften[69]; b) nahm sie als Beobachterin an der Arbeitsgruppe des Rates teil; c) leistete sie technische Unterstützung für die Mitgliedstaaten, die EU-Ratspräsidentschaft und die Europäische Kommission auf der Grundlage ihrer Erfahrungen mit der Errichtung einer prudenziellen Aufsicht auf EU-Ebene im Rahmen des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus und d) veröffentlichte sie im Februar und Mai zwei Blog-Beiträge[70] von Mitgliedern des Aufsichtsgremiums auf der Website der EZB-Bankenaufsicht.

Die EZB geht davon aus, dass das künftige Aufsichtssystem in Bezug auf die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zwischen den beteiligten Behörden weiter verbessern und eine einheitliche Anwendung der einschlägigen Regeln erleichtern wird. Dadurch werden gleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen. Die EZB sieht der Zusammenarbeit mit der künftigen EU-Behörde für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung erwartungsvoll entgegen.

5 Organisatorischer Aufbau der Bankenaufsicht der EZB

5.1 Erfüllung der Rechenschaftspflicht

Bankenaufsicht der EZB auch 2022 in engem Austausch mit Europäischem Parlament und Rat

Gemäß der SSM-Verordnung stellt der Jahresbericht eines der bedeutendsten Instrumente dar, mit denen die EZB-Bankenaufsicht ihrer Rechenschaftspflicht gegenüber dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union (Rat) nachkommt. Die Verordnung schreibt vor, dass die Aufsichtstätigkeit der EZB angemessenen Anforderungen an die Transparenz und Rechenschaftspflicht unterliegt. Als besonders wichtig erachtet die EZB die Wahrung und vollständige Umsetzung des Rahmens für die Rechenschaftspflicht. Dieser wird in der Interinstitutionellen Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament und der EZB sowie in der Vereinbarung zur Zusammenarbeit (MoU) zwischen dem Rat und der EZB konkretisiert.

Im Berichtsjahr fand der Austausch zwischen dem Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments (ECON) und dem Vorsitzenden des Aufsichtsgremiums erstmals seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie wieder persönlich vor Ort in Brüssel statt. Der Vorsitzende trat am 31. März 2022 vor den ECON-Ausschuss, um in einer öffentlichen Anhörung den EZB-Jahresbericht zur Aufsichtstätigkeit 2021 vorzustellen. Zudem äußerte er sich in zwei ordentlichen öffentlichen Anhörungen am 30. Juni und am 1. Dezember 2022. Dabei ging es vor allem um die Risiken für den Finanzsektor, die sich aus dem von Russland geführten Krieg in der Ukraine, dem gesamtwirtschaftlichen Umfeld, der hohen Inflation, der Normalisierung der Geldpolitik und der Energiekrise ergaben. Weitere Themen dieser Anhörungen waren die Stärkung der Bankenunion – unter anderem durch die Umsetzung der Basel‑III-Reformen –, das Programm der EZB-Bankenaufsicht zur Einbeziehung von Klimaschutzaspekten in die Aufsicht sowie die Beaufsichtigung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Krypto-Assets.

Vorsitzender des Aufsichtsgremiums beantwortete sechs schriftliche Anfragen von MdEPs

Im Jahr 2022 beantwortete der Vorsitzende des Aufsichtsgremiums sechs schriftliche Anfragen von Mitgliedern des Europäischen Parlaments (MdEPs) zu bankenaufsichtlichen Angelegenheiten. Alle Antwortschreiben wurden veröffentlicht. Sie betrafen eine Vielzahl von Themen, darunter die Auswirkungen des Krieges auf den Bankensektor, Klima- und Umweltrisiken sowie die Zinssätze für Hypotheken.

Darüber hinaus stellte die EZB dem Europäischen Parlament die Berichte über die Beratungen in den Sitzungen des Aufsichtsgremiums sowie die Zusammenfassungen der Seminare des Aufsichtsgremiums zur Verfügung und kam damit ihren Verpflichtungen aus der Interinstitutionellen Vereinbarung nach.

Um im Einklang mit ihrem starken Bekenntnis zur Rechenschaftspflicht den Dialog zwischen dem Europäischen Parlament und der EZB zu fördern, lieferte die EZB-Bankenaufsicht zudem Antworten auf die vom Europäischen Parlament in seiner Entschließung zum Thema „Bankenunion – Jahresbericht 2021“ vorgebrachten Kommentare und Vorschläge. In ihrer Antwort[71] auf die Entschließung kommentierte die EZB die allgemeine Lage des europäischen Bankensystems, die Auswirkungen des digitalen Euro, das Geschlechterverhältnis in Finanzinstituten, Klima- und Umweltrisiken, die Kreditzinsen für Hypothekeninhaber sowie für kleine und mittlere Unternehmen, die Bekämpfung von Geldwäsche, das Thema Transparenz und die Vollendung der Bankenunion.

Im Rahmen des Austauschs mit dem Rat nahm der Vorsitzende des Aufsichtsgremiums am 4. April und 7. November 2022 an einem Meinungsaustausch mit der Euro-Gruppe teil. Im Vorfeld der Gespräche veröffentlichte die EZB jeweils einen Überblick über ihre Aufsichtstätigkeiten.[72] Dabei ging es vor allem um die allgemeine Lage im europäischen Bankensystems, das im Jahr 2022 von außergewöhnlichen gesamtwirtschaftlichen und geopolitischen Faktoren geprägt war, sowie um die aktuellen Aufsichtsprioritäten.

EZB unterstützte den EuRH bei der Prüfung ihrer Effizienz hinsichtlich der Beaufsichtigung der Banken bei deren Umgang mit notleidenden Krediten

Im Jahr 2022 arbeitete die EZB zudem bei Prüfungen zur Bankenaufsicht mit dem Europäischen Rechnungshof (EuRH) zusammen. Konkret wurde dabei die operationelle Effizienz der EZB bei der Beaufsichtigung der Banken im Hinblick auf deren Umgang mit notleidenden Krediten geprüft. Die Prüfung wird voraussichtlich 2023 abgeschlossen.

Das 2019 von der EZB und dem EuRH unterzeichnete MoU führte zur Schaffung praktischer Modalitäten für den Informationsaustausch zwischen den beiden Institutionen im Kontext der Folgemaßnahmen zu den Prüfungen des EuRH. Die EZB verfolgt den Umsetzungsstand der vom EuRH an sie gerichteten Empfehlungen, und der EuRH kontrolliert ebenfalls, inwieweit seine Empfehlungen umgesetzt werden. So führte er im Jahr 2022 die Überprüfung der Maßnahmen fort, die von der EZB ergriffen wurden, um die Mängel zu beseitigen bzw. Empfehlungen umzusetzen, die der EuRH in seinem ersten Prüfbericht zur Funktionsweise des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM) und in seinem zweiten Bericht zum Krisenmanagement beanstandet hatte.[73] Die Ergebnisse seines Follow-up zum Krisenmanagementbericht nahm der EuRH zudem in seinen Bericht zur Leistung des EU-Haushalts auf, der im November 2022 veröffentlicht wurde.[74]

5.2 Transparenz und Kommunikation

Zur Gewährleistung einer zeitnahen, transparenten und wirksamen Verbreitung von Informationen setzt die EZB-Bankenaufsicht stark auf digitale Kanäle und Plattformen. Auch im Berichtsjahr bediente sie sich wieder visueller Elemente sowie einer einfachen und leicht verständlichen Sprache, um die breite Öffentlichkeit besser zu erreichen. Darüber hinaus nutzte sie eine Vielzahl von Formaten – darunter Beiträge in den sozialen Medien, Videos, Podcasts und Blog-Beiträge –, um Zielgruppen mit verschiedenen Bildungs- und Berufshintergründen die Themen Bankenaufsicht und Bankwesen näherzubringen.

Mithilfe dieser Kommunikationswege wurde den Kernbotschaften, die über traditionelle Wege wie Reden und Interviews verbreitet wurden, Nachdruck verliehen. Im Jahr 2022 hielten der Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsgremiums 26 Reden und die EZB-Vertreter im Aufsichtsgremium weitere 13 Reden. Insgesamt wurden in verschiedenen Medien 29 Interviews gegeben und neun Blog- und Meinungsbeiträge veröffentlicht. Der Vorsitzende des Aufsichtsgremiums stellte zudem auf einer Pressekonferenz die Ergebnisse des aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozesses (SREP) des Jahres 2021 vor. Darüber hinaus veröffentlichte die EZB-Bankenaufsicht drei Podcast-Folgen sowie 23 Pressemitteilungen und sonstige Publikationen, darunter Schreiben an MdEPs, Orientierungshilfen für Banken sowie Aufsichtsstatistiken. Der digitale Newsletter der Bankenaufsicht, der vierteljährlich erscheint und mittlerweile gut 9 000 Abonnenten zählt, informierte zeitnah über die laufenden Projekte und Feststellungen der Aufsicht.

Im Jahr 2022 veröffentlichte die EZB-Bankenaufsicht die aggregierten Ergebnisse des ersten Stresstests zu Klimarisiken und leitete eine öffentliche Konsultation zum Entwurf eines Leitfadens zu Verfahren für qualifizierte Beteiligungen ein. Zudem reagierte sie rasch auf Krisensituationen, beispielsweise durch eine transparente Kommunikation ihrer Entscheidung, die Sberbank Europe AG als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend einzustufen. Wie in den Vorjahren gab die EZB-Bankenaufsicht auch Informationen zu mehreren Sanktionsfällen bekannt. Außerdem veranstalteten die EZB und der Einheitliche Abwicklungsausschuss ihre erste gemeinsame Konferenz mit Vorträgen und Expertengesprächen zum zehnjährigen Bestehen der Bankenunion, zur operationellen Resilienz, zum Krisenmanagement und zur Zukunft des Bankensektors.

Um den Dialog zwischen der Bankenaufsicht und den Branchenvertretern über Themen zu fördern, die für den Bankensektor relevant sind, organisierte die EZB zwei Treffen der Banking Supervision Market Contact Group (BSMCG). Dabei wurden unter anderem die Risikoaussichten für den europäischen Bankensektor erörtert.

Im Berichtsjahr beantwortete die EZB insgesamt 1 007 Anfragen der Öffentlichkeit zu bankenaufsichtlichen Themen. Dabei ging es um allgemeine aufsichtliche Informationen, Beschwerden über Banken oder mutmaßliche Verstöße gegen EU-Rechtsvorschriften, Erlaubnisverfahren, den Stresstest zu Klimarisiken sowie die Reaktion auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine. Über ihr Besucherzentrum veranstaltete die EZB sechs Vor-Ort-Vorträge, an denen insgesamt 182 Personen teilnahmen, und fünf virtuelle Vorträge zur Bankenaufsicht mit insgesamt 187 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Darüber hinaus begrüßte sie 963 Besucherinnen und Besucher (617 vor Ort und 346 virtuell), um ihnen die Kernaufgaben der EZB und die Grundlagen der europäischen Bankenaufsicht vorzustellen.

5.3 Personalausstattung der EZB-Bankenaufsicht

5.3.1 Neueinstellungen

In der Regel schreibt die EZB-Bankenaufsicht offene Stellen zunächst intern aus; lediglich Einstiegspositionen werden sofort extern ausgeschrieben. Im Jahr 2022 wurden 24 externe Bewerberinnen und Bewerber für längerfristige Positionen eingestellt.

Grafik 23

Zahl der Stellenbesetzungen je Beschäftigtengruppe im Jahr 2022

Quelle: EZB.

Bei Einstiegspositionen auf Analystenebene entscheidet sich die EZB-Bankenaufsicht häufig für Kandidatinnen und Kandidaten, die bereits im Rahmen von Praktika Erfahrungen gesammelt haben. Diesen Talentpool aus ehemaligen Trainees mit ersten Erfahrungen in der Bankenaufsicht konnte die EZB auch im Jahr 2022 wieder nutzen.

Im Jahr 2022 stellte die EZB-Bankenaufsicht 131 Trainees ein. Dies erfolgte teilweise im Rahmen zweier neuartiger Traineekampagnen: In der ersten Kampagne wurden sechs Trainees aus der Ukraine eingestellt, die sich mit Fragen der Bankenaufsicht im Zusammenhang mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine befassen. Im Zuge der zweiten Kampagne, die im Zeichen der Diversitätsstrategie der EZB stand, rekrutierte die EZB-Bankenaufsicht vier Trainees aus dem Autismus-Spektrum.

Dem Prinzip der jährlichen Rotation folgend wechselten 45 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in andere gemeinsame Aufsichtsteams. Solche Wechsel dienen dazu, aufsichtliche Voreingenommenheit zu vermeiden und die persönliche und berufliche Weiterentwicklung zu fördern. Erstmals wurde auch die Generaldirektion Horizontale Aufsicht in die Rotation einbezogen, um die Zusammenarbeit zwischen horizontaler und vertikaler Aufsicht weiter zu stärken.

5.3.2 Austauschprogramme

Neben der bereits bestehenden Möglichkeit, am Personalaustauschprogramm für SSM-Beschäftigte teilzunehmen (siehe Abschnitt 5.4), wurden die Geschäftsbereiche der Bankenaufsicht im Berichtsjahr auch in das Schuman-Programm aufgenommen. In diesem Programm können Beschäftigte aus dem gesamten Europäischen System der Zentralbanken und der europäischen Bankenaufsicht in verschiedenen Institutionen an gemeinsamen Projekten zusammenarbeiten. Die EZB-Bankenaufsicht schlug zwei Projekte vor und unterstützte drei Personen, die sich für eine Mitarbeit an anderen Projekten interessierten.

5.3.3 Kompetenzaufbau

Im Jahr 2022 untersuchte die EZB-Bankenaufsicht, inwieweit sie organisatorisch für die Herausforderungen der Zukunft gewappnet ist. Dabei wurden drei Bereiche mit Entwicklungsbedarf identifiziert: IT- und Cyberrisiken, Klimarisiken und der digitale Wandel.

Diese Beurteilung diente als Grundlage für den SSM-Kompetenzaufbauplan 2023. Die darin festgelegten Maßnahmen sollen helfen, Talente besser zu identifizieren und entsprechend den organisatorischen Bedürfnissen einzusetzen, maßgeschneiderte Aus- und Weiterbildungsinitiativen zu schaffen und eine bessere Rekrutierung von neuen Talenten zu ermöglichen. Zur Unterstützung von Initiativen in den drei aufgezeigten Entwicklungsbereichen wurden dem Personalpool des SSM insgesamt 17,5 neue Stellen zugewiesen, die 2023 flexibel eingesetzt werden können.

Ende 2022 wurde ein Austauschprogramm zwischen der EZB und der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) ins Leben gerufen, um die Zusammenarbeit bei der Beaufsichtigung von Finanzkonglomeraten zu fördern. Zum 1. Februar 2023 werden voraussichtlich je zwei Beschäftigte aus den beiden Organisationen ihre Position tauschen.

5.3.4 Diversität und Inklusion

Die Bankenaufsicht der EZB zeichnet sich naturgemäß durch eine hohe Diversität aus: Die Beschäftigten kommen aus ganz Europa, 9 % besitzen mehrere Staatsbürgerschaften, 56 % haben Kinder, und 46 % sind weiblich. Die EZB-Bankenaufsicht ist bestrebt, Diversität und Inklusion über das gesamte Spektrum hinweg zu fördern. Gleichwohl stellt das Erreichen eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen Männern und Frauen nach wie vor eine wichtige strategische Priorität dar. Der Anteil der weiblichen Beschäftigten in der EZB-Bankenaufsicht weicht in den einzelnen Hierarchiestufen leicht voneinander ab. So blieb der Frauenanteil auf Analystenebene im Berichtsjahr unverändert bei 50 %. Auf Expertenebene erhöhte er sich um 2 Prozentpunkte auf 43 %. Der Anteil von Frauen sank auf Teamleitungsebene um 1 Prozentpunkt auf 32 %, während er auf Managementebene um 2 Prozentpunkte auf 34 % anstieg.

5.4 Integration innerhalb des SSM

Start des SSM-Integrationsprojekts und erhebliche Fortschritte bei mehreren Initiativen

Im Jahr 2022 ging das SSM-Integrationsprojekt an den Start, das im Jahr zuvor vom Aufsichtsgremium der EZB genehmigt worden war. Die Teilnahme steht Beschäftigten aller nationalen zuständigen Behörden, nationalen Zentralbanken und aller Geschäftsbereiche der EZB-Bankenaufsicht offen. Ziele des Projekts sind die Weiterentwicklung einer gemeinsamen Aufsichtskultur und einheitlicher Karrierewege, eine engere Zusammenarbeit über den Aufsichtszyklus hinweg, eine stärker integrierte Planung, die Weiterentwicklung von SSM-Instrumenten für die Zusammenarbeit sowie die Einführung gemeinsamer Aufsichts- und Schulungstechnologien. Im Berichtsjahr wurden hierzu eine Reihe von Initiativen geplant.

Mit Blick auf den Zugang zu Informationen und gemeinsamen IT-Tools wurden wichtige Fortschritte erzielt, darunter die Erweiterung von Zugriffsrechten für Aufsichtsdokumente (mit angemessenen Sicherheitsvorkehrungen). Dadurch konnte der Austausch über SSMnet – eine Intranet-Plattform für alle Beschäftigten im Bereich der europäischen Bankenaufsicht – intensiviert werden. Die nationalen Aufsichtsbehörden sowie die EZB-Bankenaufsicht stellten auch im Berichtsjahr fortlaufend neue Inhalte in die Plattform ein, unter anderem die wichtigsten Erkenntnisse einer ersten in der gesamten europäischen Bankenaufsicht durchgeführten Umfrage zur Zusammenarbeit innerhalb des SSM. Außerdem wurde ein neuer Bereich eingerichtet, in dem sich die Beschäftigten über Versetzungsmöglichkeiten innerhalb der europäischen Bankenaufsicht informieren können. Das SSMnet der EZB-Bankenaufsicht erhielt im Berichtsjahr den Central Banking Financial Stability Initiative Award.

Was die Personalmobilität innerhalb des SSM betrifft, so fand im Berichtsjahr neben dem 2021 ins Leben gerufenen SSM-Austauschprogramm ein einjähriger Austausch zwischen je vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Banco de España und der EZB statt. Darüber hinaus wurden zahlreiche Gelegenheiten für Bankenaufseherinnen und Bankenaufseher der NCAs geschaffen, virtuell in Expertengruppen zu zentralen Aufsichtsthemen zusammenzuarbeiten. Angesichts der positiven Erfahrungen mit diesen Initiativen werden weitere Möglichkeiten der kurzzeitigen Zusammenarbeit mit nationalen Aufsehern in dafür geeigneten Projekten sondiert.

Im Jahr 2022 wurde mit dem SSM-Hub für Verbriefungen eine neue Form der Zusammenarbeit zwischen der EZB und den NCAs etabliert. Er ging wie geplant zum 1. April 2022 an den Start und unterstützt die EZB nun bei der Überwachung der Anforderungen zum Risikoselbstbehalt, zur Transparenz und zum Verbot der Wiederverbriefung.[75]

Aufbauend auf der laufenden grenzüberschreitenden Kooperation wurde auch im Bereich der Vor-Ort-Prüfungen die Zusammenarbeit intensiviert. Daneben wurden im Rahmen eines Pilotprojekts zwei Kompetenzzentren eingerichtet – eines für Geschäftsmodelle und Ertragslage und ein weiteres für das Zinsänderungsrisiko im Anlagebuch –, um eine engere Zusammenarbeit in diesen Risikobereichen zu fördern.

Im Rahmen einer Schulungskooperation mit den Unternehmen INSEAD und Coursera entstanden neue Lernformate auf dem Gebiet der digitalen Transformation und Innovation (siehe Abschnitt 5.5). Zudem soll aus der Partnerschaft der EZB-Bankenaufsicht mit dem European University Institute weiteres Potenzial für den Fortbildungs- und Wissensaustausch gehoben werden.

Um eine engere Zusammenarbeit zu ermöglichen, wurde der aufsichtliche Planungsprozess überarbeitet und sieht nun eine engere Einbindung der NCAs vor. Der überarbeitete Prozess umfasst einen regelmäßigen Austausch mit dem Aufsichtsgremium und den NCAs zu Fragen der Risikoanalyse und Prioritätensetzung. Auch sollen mit Blick auf die operative Planung und die organisatorische Bereitschaft frühzeitig Orientierungshilfen zu priorisierten Anfälligkeiten angeboten werden.

5.5 Digitale Agenda des SSM

2022 Inbetriebnahme von 14 SupTech-Anwendungen, die die Arbeit von mehr als 1 100 Bankenaufseherinnen und ‑aufsehern unterstützen

Der Bankensektor gestaltet sich zunehmend technologie- und datengestützt. Die europäische Bankenaufsicht muss mit dieser Entwicklung Schritt halten und den Einsatz von Technologien in der Aufsicht (SupTech) fördern. Im Jahr 2022 profitierte die europäische Bankenaufsicht erheblich von der digitalen Transformation, die 2020 auf den Weg gebracht wurde. Die Inbetriebnahme von 14 SupTech-Anwendungen stellte einen wichtigen Meilenstein für die digitale Agenda des SSM dar. Ende 2022 wurden diese neuen Tools bereits von mehr als 1 100 Bankenaufseherinnen und ‑aufsehern aktiv bei ihrer täglichen Arbeit genutzt.

Als Beispiel sei hier das Virtual Lab genannt. Diese moderne cloudbasierte Plattform mit einem einheitlichen Paket von Kollaborations- und Kommunikationstools für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der EZB und der NCAs hat die Zusammenarbeit und den digitalen Austausch innerhalb der europäischen Bankenaufsicht verbessert. Das Virtual Lab ist auch selbst innovationstreibend, denn es bietet Umgebungen, in denen Codes und Modelle für die Entwicklung von Projekten im Bereich Data Science und künstliche Intelligenz (KI) geteilt werden können. Auch das Tool Athena, eine Textanalyseplattform für unstrukturierte Daten, enthält eine Reihe innovativer Funktionen wie Themenmodellierung, Stimmungsanalyse, automatische Übersetzung, Textzusammenfassung und Insight Engines. So können die zahlreichen Dokumente, mit denen die Bankenaufsicht zu tun hat, in kürzester Zeit bearbeitet und ausgewertet werden. Außerdem steht der Bankenaufsicht mit dem Tool Agora eine einheitliche Quelle für alle aufsichtsrelevanten Daten zur Verfügung. Die Self-Service-Plattform für Netzwerkanalysen und erweiterte Visualisierungen (Navi) liefert wiederum wichtige Erkenntnisse aus verbundenen Daten, beispielsweise zu den Eigentümerstrukturen bedeutender Institute. Diese Instrumente kommen allen Aufsichtsbehörden in der europäischen Bankenaufsicht zugute und fördern die Integration.

Spezielle Schulungsprogramme zu Digitalisierung und Innovation für Beschäftigte auf allen Ebenen fördern eine digitale Kultur innerhalb der europäischen Bankenaufsicht

Die Maßnahmen im Bereich der digitalen Transformation umfassten auch Kultur- und Weiterbildungsinitiativen, um die Aufseherinnen und Aufseher für die aktuellen und zukünftigen digitalen Anforderungen zu wappnen. Im Jahr 2022 nahmen mehr als 1 000 Beschäftige der NCAs und der EZB an Schulungsinitiativen teil, die in Zusammenarbeit mit führenden Bildungsinstituten angeboten wurden, beispielsweise am KI-Schulungsprogramm des SSM oder an der Data Science School. Dabei sorgten unterschiedliche Mischformate aus Live-Schulungen und E-Learning-Modulen für hochmoderne Lernerlebnisse.

Diese Anstrengungen im Bereich Digitalisierung wurden auch außerhalb des SSM weithin gewürdigt. So wurde die EZB das zweite Jahr in Folge mit einem Central Banking FinTech & RegTech Global Award ausgezeichnet, und das Virtual Lab erhielt den Cloud Innovation Award.

Beim „Project Olympus“ arbeiten EZB und nationale Aufsichts­behörden zusammen an der Entwicklung einer gemeinsamen, zukunftssicheren IT-Landschaft

Im Jahr 2022 lancierte die europäische Bankenaufsicht überdies die ambitionierte Initiative „Project Olympus“. Damit soll die Grundlage für eine gemeinsame und integrierte IT-Landschaft für Aufseherinnen und Aufseher aus der EZB und den nationalen Aufsichtsbehörden geschaffen werden. Im Rahmen der Initiative haben Experten konkrete Handlungsschritte festgelegt, um gemeinsame und vernetzte Tools, nahtlose systemübergreifende Zugangs- und Navigationsmöglichkeiten, gemeinsame IT-Standards und eine datengesteuerte Aufsicht zu schaffen.

Um dem zunehmenden Bedarf an einer technologie- und datengestützten Aufsicht Rechnung zu tragen, arbeitet die europäische Bankenaufsicht zudem an einer dauerhaften Aufstellung im Bereich SupTech. Hierbei geht es vor allem darum, eine hohe Qualität, fortlaufende Innovationen sowie eine effektive Einführung und Weiterentwicklung von SupTech in der europäischen Bankenaufsicht zu gewährleisten.

5.6 Beschlussfassung

5.6.1 Sitzungen und Beschlüsse des Aufsichtsgremiums und des Lenkungsausschusses

23 Sitzungen des Aufsichts­gremiums im Jahr 2022

Das Aufsichtsgremium der EZB tagte im Berichtsjahr 23 Mal. Im Zuge der Lockerung der Pandemiebeschränkungen wurden zwei Treffen in Frankfurt am Main und ein weiteres in Athen abgehalten. Alle übrigen Sitzungen fanden per Videokonferenz statt. Darüber hinaus wurden fünf Seminare organisiert, die dem vorläufigen Meinungsaustausch zu aufsichtsrelevanten Themen dienten. Zudem veranstaltete das Aufsichtsgremium im Oktober 2022 auf Einladung der Deutschen Bundesbank eine Strategieklausur in Berlin. Dort trafen sich die Mitglieder mit Vertretern der lokalen FinTech-Branche und tauschten sich über die nächsten Schritte in Bezug auf die Integration innerhalb des SSM sowie über Möglichkeiten zur Verbesserung der Wirksamkeit der Aufsicht aus.

Der Lenkungsausschuss[76] des Aufsichtsgremiums tagte im Berichtsjahr sieben Mal, wobei alle Sitzungen als Videokonferenzen stattfanden.

Sieben regelmäßige Sitzungen des Lenkungsausschusses und zwölf weitere zur Erörterung konkreter Themen

Darüber hinaus hielt der Lenkungsausschuss zwölf außerordentliche Sitzungen ab, bei denen die Digitalisierung, die Vereinfachung von SSM-Prozessen sowie die Integration innerhalb des SSM im Mittelpunkt standen. Auch diese Sitzungen wurden ausnahmslos als Videokonferenzen abgehalten; die Teilnahme stand allen interessierten Mitgliedern des Aufsichtsgremiums offen.

Aufsichtsgremium

Im Berichtsjahr erließ die EZB 2 582 Aufsichtsbeschlüsse[77], die sich an einzelne beaufsichtigte Institute richteten (siehe Abbildung 2). Davon wurden 1 360 gemäß dem allgemeinen Rahmen für die Übertragung von Entscheidungsbefugnissen in Bezug auf Rechtsinstrumente im Zusammenhang mit Aufsichtsaufgaben durch Leiter von EZB-Arbeitseinheiten gefasst. 1 222 Beschlüsse wurden vom EZB-Rat im Verfahren der impliziten Zustimmung auf Basis von Beschlussentwürfen des Aufsichtsgremiums gefasst. Dazu zählten auch 213 Vorgänge[78] (wie beispielsweise die Errichtung von Zweigstellen), die die EZB implizit billigte, indem sie auf einen Widerspruch innerhalb der gesetzlichen Frist verzichtete.

Die Aufsichtsbeschlüsse betrafen in erster Linie Verfahren zur Beurteilung der fachlichen Qualifikation und persönlichen Zuverlässigkeit (Eignungsprüfungen) (44,9 %), den SREP (8,7 %), nationale Befugnisse (9,7 %), interne Modelle (8,5 %), Eigenmittel (7,7 %) und Ad-hoc-Berichterstattung (4,7 %).

Beschlüsse des Aufsichtsgremiums zu mehreren Querschnittsthemen, unter anderem zur aufsichtlichen Reaktion auf den russischen Krieg gegen die Ukraine

Neben den bankspezifischen finalen Beschlussentwürfen, die dem EZB-Rat zur Zustimmung zugeleitet wurden, hatte das Aufsichtsgremium auch über verschiedene Querschnittsthemen zu befinden. Dabei ging es vor allem um aufsichtliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Folgen der sich zu Jahresbeginn verschlechternden geopolitischen Lage, die Vorbereitung und Umsetzung des Stresstests zu Klimarisiken, die Vereinfachung der Bewertung von Sanierungsplänen und die Überarbeitung der Methodik zur Prüfung der Aktiva-Qualität. Einige dieser Entscheidungen wurden im Auftrag des Aufsichtsgremiums von befristet eingerichteten Gremien aus Vertretern der EZB und der NCAs ausgearbeitet. Diese Gremien führten Vorbereitungsarbeiten durch, beispielsweise zur Überarbeitung der SREP-Methodik für das Marktrisiko, das Kreditrisiko und Säule‑2-Empfehlungen.

Aus einigen Beschlüssen gingen Leitfäden oder Berichte hervor, beispielsweise der überarbeitete Leitfaden der EZB zu im Unionsrecht eröffneten Optionen und Ermessensspielräumen, der Leitfaden zur Meldung von Verbriefungstransaktionen und der Bericht der EZB über die Fortschritte der Banken bei der transparenten Offenlegung ihrer Klima- und Umweltrisikoprofile.

Die meisten Beschlüsse des Aufsichtsgremiums ergingen im schriftlichen Verfahren.[79]

Im Berichtsjahr ersuchten 32 der 113 direkt von der EZB beaufsichtigten Bankengruppen darum, formale Beschlüsse der EZB in einer anderen EU‑Amtssprache als Englisch zu erhalten (nach ebenfalls 32 im Vorjahr).

Abbildung 2

Beschlüsse des Aufsichtsgremiums im Jahr 2022

Anmerkung:
1) Zusätzlich zu seinen Sitzungen hielt der Aufsichtsrat im Berichtsjahr fünf Seminare ab.
2) Diese schriftlichen Verfahren beziehen sich sowohl auf einzelne aufsichtliche Beschlüsse als auch auf sonstige Themen wie gemeinsame Methoden und Konsultationen des Aufsichtsgremiums. Ein schriftliches Verfahren kann mehrere aufsichtliche Beschlüsse enthalten.
3) Diese Zahl umfasst einzelne Aufsichtsbeschlüsse, die sich an die beaufsichtigten Institute oder ihre potenziellen Käufer richten, sowie Anweisungen an NCAs zu bedeutenden und weniger bedeutenden Instituten. Ein Beschluss kann mehrere aufsichtliche Genehmigungen umfassen.
4) Die 1 160 Beschlüsse zu Eignungsprüfungen beziehen sich auf 2 445 Einzelverfahren (siehe Abschnitt 2.2).

5.6.2 Tätigkeit des Administrativen Überprüfungsausschusses

Der Administrative Überprüfungsausschuss (Administrative Board of Review – ABoR) ist ein Gremium der EZB, dessen Mitglieder für sich genommen und in ihrer Gesamtheit von der EZB unabhängig sind. Seine Aufgabe ist es, vom EZB-Rat verabschiedete Beschlüsse zu aufsichtlichen Angelegenheiten zu überprüfen, sofern ein zulässiger Überprüfungsantrag vorliegt.

Im Jahr 2022 gingen beim ABoR drei Neuanträge auf administrative Überprüfung von Aufsichtsbeschlüssen der EZB ein (siehe Tabelle 7). Einer dieser Anträge wurde vom Antragsteller zurückgenommen, nachdem die EZB die Angelegenheit außerhalb des Ausschusses mit dem Antragsteller klären konnte. Im zweiten Fall stellte der ABoR fest, dass der Antrag auf Überprüfung unvollständig sei und nicht den formalen Anforderungen der SSM-Verordnung oder des ABoR-Beschlusses entspreche; der Ausschuss befand diesen Antrag daher als unzulässig.

Zum dritten Antrag verabschiedete der Ausschuss eine Stellungnahme, in der er dem Aufsichtsgremium vorschlug, den angefochtenen Beschluss zu ändern, um insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit weiter Rechnung zu tragen. In diesem Fall beraumte der ABoR während der Untersuchungsphase eine Anhörung in den Räumlichkeiten der EZB an. Hierdurch erhielten sowohl der Antragsteller als auch die EZB nochmals die Gelegenheit, sich zu dem angefochtenen Beschluss zu äußern.

Im Dezember 2022 veröffentlichte der ABoR ein Dokument zur Offenlegung der Erfahrungen aus acht Jahren Überprüfung von Aufsichtsbeschlüssen der EZB. Das Dokument beschreibt das Überprüfungsverfahren des ABoR und erläutert die wichtigsten verfahrensmäßigen und inhaltlichen Fragestellungen, mit denen sich der Ausschuss befasste, sowie die Kriterien, auf denen er seine Stellungnahmen stützte.

Berichtsjahr von personellen Veränderungen im ABoR geprägt

Im Jahr 2022 hatte Concetta Brescia Morra den Vorsitz über den Administrativen Überprüfungsausschuss. Die weiteren Mitglieder waren Pentti Hakkarainen (seit dem 1. Februar 2022), der auch den Posten des stellvertretenden Vorsitzenden innehatte, sowie F. Javier Aríztegui Yáñez, André Camilleri und René Smits. Christiane Campill und Damir Odak gehörten dem Ausschuss als stellvertretende Mitglieder an. Zum 1. Januar 2023 wurde Pentti Hakkarainen zum Vorsitzenden ernannt. Informationen zur jeweils aktuellen Zusammensetzung des Administrativen Überprüfungsausschusses sind auf der Website der EZB zur Bankenaufsicht abrufbar.

Tabelle 7

Anzahl der vom ABoR durchgeführten Überprüfungen

Quelle: EZB.
* Eine Stellungnahme bezog sich auf zwei Beschlüsse der EZB.

5.6.3 Anpassung der Schwerpunktbereiche der EZB-Vertreterinnen und ‑Vertreter im Aufsichtsgremium

Nach Neubesetzung im Jahr 2022 Anpassung der Schwerpunktbereiche der EZB-Vertreterinnen und -Vertreter

Gemäß der SSM-Verordnung und dem Beschluss EZB/2014/4[80] ernennt der EZB-Rat für das Aufsichtsgremium vier Vertreterinnen und Vertreter der EZB. Diese dürfen keine Aufgaben wahrnehmen, die im direkten Zusammenhang mit der geldpolitischen Funktion der EZB stehen oder für eine nationale zuständige Behörde ausgeübt werden.

Die derzeitigen Vertreterinnen und Vertreter der EZB im Aufsichtsgremium sind Kerstin af Jochnick, Edouard Fernandez-Bollo, Elizabeth McCaul und Anneli Tuominen. In Rahmen ihrer täglichen Arbeit unterstützen sie den Vorsitzenden und den stellvertretenden Vorsitzenden des Aufsichtsgremiums und vertreten die EZB-Bankenaufsicht intern wie auch extern.

Nach der Ernennung von Anneli Tuominen am 15. Juni 2022 wurden die Schwerpunktbereiche der EZB-Vertreterinnen und -Vertreter im Aufsichtsgremium angepasst (siehe Tabelle 8).

Tabelle 8

Schwerpunktbereiche der EZB-Vertreterinnen und -Vertreter im Aufsichtsgremium

5.7 Umsetzung des Verhaltenskodex

Die EZB hat gemäß Artikel 19 Absatz 3 der SSM-Verordnung einen Ethikrahmen für hochrangige Funktionsträger, leitende Angestellte und Mitarbeiter der EZB erstellt. Dieser besteht aus dem einheitlichen Verhaltenskodex für hochrangige Funktionsträger der EZB, einem eigenen Kapitel in den Dienstvorschriften der EZB und der Leitlinie zur Festlegung der Grundsätze des Ethikrahmens für den SSM. Für die Umsetzung und Weiterentwicklung des Ethikrahmens sind der EZB-Ethikausschuss, die Stabsstelle Compliance und Governance sowie der Ethik- und Compliance-Ausschuss (Ethics and Compliance Committee) zuständig.

EZB erweitert Verhaltensregeln für hochrangige Funktionsträger bei privaten Finanzgeschäften

Auf Vorschlag des unabhängigen Ethikausschusses der EZB verabschiedete der EZB-Rat im November 2022 einen erweiterten Verhaltenskodex[81] für hochrangige Funktionsträger der EZB, der private Finanztransaktionen weiter einschränkt und strengere Transparenzpflichten einführt. So müssen hochrangige EZB-Funktionsträger ihre Kapitalanlagen seit Januar 2023 auf breit gestreute kollektive Anlageformen beschränken und einen mittel- bis langfristigen Anlagehorizont verfolgen. Außerdem müssen sie alle Finanztransaktionen offenlegen, die sie im jeweils vorangegangen Kalenderjahr getätigt haben.

Im Jahr 2022 führte der Ethikausschuss entsprechend seinem Mandat seine jährliche Prüfung der Interessenerklärungen der Mitglieder des Aufsichtsgremiums vor deren Veröffentlichung auf der Website der EZB zur Bankenaufsicht durch. Darüber hinaus beantwortete er Anfragen hochrangiger Funktionsträger aus den Reihen der EZB-Bankenaufsicht und erließ in diesem Zusammenhang 15 Stellungnahmen. Dabei ging es überwiegend um Fragen zu Erwerbstätigkeiten nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses. Im Einklang mit der Transparenzpolitik der EZB wurden Stellungnahmen des Ethikausschusses zu Interessenkonflikten, zu Erwerbstätigkeiten nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und seit Februar 2022 auch zu geplanten privaten Tätigkeiten weiterhin veröffentlicht.[82]

Neuer Ethik-Chatbot bietet EZB-Beschäftigten Beratung zu ethischen Themen in Echtzeit

Im Berichtsjahr führte die Stabsstelle Compliance und Governance einen Ethik-Chatbot ein, um schnell auf einfache Anfragen der Beschäftigten zu ethischen Themen zu reagieren. Durch diese Automatisierung verringerte sich die Anzahl der Anfragen, die persönlich beantwortet werden mussten, um fast 20 % (von etwa 2 050 im Jahr 2021 auf 1 690 im Jahr 2022). Rund 42 % der Anfragen wurden von Beschäftigten der EZB-Bankenaufsicht gestellt.

Grafik 24

Überblick über Anfragen von Beschäftigen der EZB-Bankenaufsicht im Jahr 2022

Quelle: EZB.

Die Stabsstelle Compliance und Governance organisierte spezielle Schulungen, E‑Learning-Angebote sowie Informationskampagnen zum Ethikrahmen. Dazu zählten auch Veranstaltungen wie die „Ethics Awareness Week“ und die „Open Ethics Days“ für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Schwerpunkte der Sensibilisierungskampagne 2022 waren unter anderem die nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses geltenden Beschränkungen und die Regeln für Verhandlungen bezüglich künftiger beruflicher Tätigkeiten[83]. Um tatsächliche oder wahrgenommene Drehtürsituationen zu vermeiden, beurteilte die Stabsstelle Interessenkonflikte, die sich ergeben können, wenn Beschäftigte Stellenangebote des privaten Sektors in Betracht ziehen. Darüber hinaus gab sie Empfehlungen zu den geltenden Regeln und Abhilfemaßnahmen ab.

Bei drei Beschäftigen, die im Berichtsjahr aus dem Dienst ausschieden, wurde gemäß den Vorschriften des Ethikrahmens eine Cooling-off-Periode vor der Aufnahme einer neuen Beschäftigung wirksam. Bei neun Beschäftigten wurden zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen wie die Neuzuweisung von Aufgaben, die Versetzung in andere Positionen und/oder die Einschränkung von Zugangsrechten ergriffen, um Drehtürsituationen zu vermeiden. Bei diesen Maßnahmen handelte es sich demnach gewissermaßen um interne Cooling-off-Perioden.

Die Stabsstelle Compliance und Governance kontrollierte auch im Berichtsjahr im Rahmen ihrer regelmäßigen Überprüfung, ob das Personal und die Funktionsträger der EZB die Vorschriften für private Finanzgeschäfte einhielten. Wie in den vorangegangenen Jahren wurde dabei nur eine geringe Anzahl an Regelverstößen festgestellt, davon rund die Hälfte durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der EZB-Bankenaufsicht. In keinem dieser Fälle lag ein vorsätzliches Fehlverhalten oder eine andere schwerwiegende Nichteinhaltung der Vorschriften vor.

Ethik- und Compliance-Ausschuss unterstützt kohärente Umsetzung des SSM-Ethikrahmens

Um der wachsenden Bedeutung der Themen Ethik und Compliance Rechnung zu tragen, wurde der Ethik- und Compliance-Kongress in einen Ethik- und Compliance-Ausschuss (Ethics and Compliance Committee – ECC) umgewandelt. Nach der Verabschiedung des erweiterten SSM-Ethikrahmens im Jahr 2021 wirkte der Ausschuss auf eine harmonisierte und kohärente Anwendung der neuen Regeln durch die NCAs der am SSM teilnehmenden Länder hin. Zu diesem Zweck unterstützte er die laufende Umsetzung, indem er sich am regelmäßigen Meinungsaustausch beteiligte sowie Beratung und Informationen zu Best Practices bot.

5.8 Anwendung des Grundsatzes der Trennung zwischen Geldpolitik und Bankenaufsicht

Der Grundsatz der Trennung zwischen geldpolitischen und aufsichtlichen Aufgaben wurde im Berichtsjahr vorwiegend auf den Informationsaustausch zwischen verschiedenen Funktionsbereichen angewandt.

Gemäß Beschluss EZB/2014/39 über die Umsetzung der Trennung zwischen der geldpolitischen Funktion und der Aufsichtsfunktion der Europäischen Zentralbank[84] erfolgte der Austausch von Informationen nach dem Prinzip „Kenntnis nur, wenn nötig“. Demzufolge musste jeder Bereich nachweisen, dass die angeforderten Informationen zum Erreichen seiner Ziele erforderlich waren. In den meisten Fällen wurde der Zugang zu vertraulichen Informationen direkt von dem Funktionsbereich der EZB gewährt, der über die betreffenden Informationen verfügte. Dieses Vorgehen steht im Einklang mit dem Beschluss EZB/2014/39, der es den Funktionsbereichen ermöglicht, direkten Zugang zu anonymisierten Daten oder nicht sensiblen strategischen Informationen zu gewähren. Ein Eingreifen des Direktoriums zur Lösung möglicher Interessenkonflikte war nicht erforderlich.

In Übereinstimmung mit dem Beschluss EZB/2014/39 musste das Direktorium gleichwohl einige Male eingebunden werden, um den Austausch nicht anonymisierter Daten zu einzelnen Banken oder sensibler strategischer Einschätzungen nach dem Prinzip „Kenntnis nur, wenn nötig“ zu ermöglichen. Um sicherzustellen, dass dieser Grundsatz jederzeit Beachtung fand, wurde der Datenzugang stets nach einer Einzelfallprüfung und nur für einen begrenzten Zeitraum gewährt.

Anwendung einer Notfallregelung aufgrund des russischen Einmarschs in die Ukraine

Für Daten im Zusammenhang mit den Auswirkungen der russischen Invasion der Ukraine auf den Bankensektor stellte das Direktorium im Februar 2022 die Anwendbarkeit der Notfallregelung in Artikel 8 des Beschlusses EZB/2014/39 fest. Damit entfiel die Vorgabe, die gesonderte Einwilligung des Direktoriums für den Austausch von Informationen zu diesem Thema einzuholen. Das Prinzip „Kenntnis nur, wenn nötig“ wurde weiterhin strikt eingehalten. Diese Ausnahmeregelung war bereits 2021 in mehreren Fällen angewandt worden, in denen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie erhobene Bankdaten ausgetauscht wurden. Auch hier wurde der Zugang zu den Daten gemäß dem Prinzip „Kenntnis nur, wenn nötig“ nach einer Einzelfallprüfung und zeitlich befristet gewährt, um sicherzustellen, dass dieser Grundsatz jederzeit erfüllt war.

Hinsichtlich der Trennung auf Ebene der Beschlussorgane wurden keine Bedenken geäußert, und so musste die Schlichtungsstelle nicht tätig werden.

5.9 Rahmen für die aufsichtliche Berichterstattung

5.9.1 Weiterentwicklung des Rahmens für die aufsichtliche Berichterstattung

Einführung einer neuen zentralen Übermittlungsplattform für Ad-hoc-Datenerhebungen

Mithilfe der zentralisierten Datenübermittlungsplattform der EZB (CASPER) können externe Organisationen strukturierte Daten über das ECB Identity Portal für die zentrale Identifizierung sicher an die EZB übertragen. Nach erfolgter automatischer Validierung der Daten können die Ergebnisse mit den zuständigen EZB-Teams über die Plattform erörtert werden. Im Jahr 2022 hatte CASPER 3 100 interne und externe Nutzer und erreichte damit einen bedeutenden Testmeilenstein. Die EZB wird CASPER auch weiterhin einsetzen, um im Rahmen aufsichtlicher Ad-hoc-Informationsersuchen von den Banken Daten einzuholen, die bislang über weniger effiziente Prozesse wie etwa E-Mail-Austausch oder gemeinsame Ordner erhoben wurden.

Im Berichtsjahr erzielten die EZB und die NCAs erhebliche Fortschritte bei der Umsetzung von Maßnahmen zur weiteren Harmonisierung einheitlicher Verfahren für die Erhebung aufsichtlicher Daten mithilfe des „sequenziellen Ansatzes“.[85] Ziel ist dabei die Festlegung von Mindeststandards, um die Ansätze für die Erhebung, Validierung und Weitergabe aufsichtlicher Daten in der gesamten europäischen Bankenaufsicht zu harmonisieren und gleiche Wettbewerbsbedingungen für die beaufsichtigten Institute zu schaffen.

Mithilfe der SSM-weiten Datenbank für die umfassende Datenerhebung[86] sollen Wege aufgezeigt werden, den Meldeaufwand der Banken zu verringern, indem Mehrfachabfragen von Aufsichtsbehörden innerhalb des SSM vermieden werden. Im Berichtsjahr wurde die Datenbank regelmäßig aktualisiert und bei den thematischen Überprüfungen zur Straffung der Meldepflichten sowie vor der Initiierung neuer Querschnittsabfragen bei bedeutenden Instituten verwendet.

EZB verbessert Inhalt und Sichtbarkeit der Statistiken der Bankenaufsicht

Die EZB hat im Berichtsjahr den Inhalt der vierteljährlichen Statistiken der Bankenaufsicht erweitert, die auf der EZB-Website zur Bankenaufsicht im Bereich Supervisory Data abrufbar sind. So werden seit April 2022 neue Indikatoren zu Krediten veröffentlicht, die (Stufen) einer Wertminderungsprüfung unterliegen. Zudem veröffentlicht die EZB seit dem zweiten Quartal 2022 die strukturelle Liquiditätsquote sowie die Quote notleidender Kredite (NPL-Quote) ohne Kassenguthaben bei Zentralbanken und andere Sichteinlagen. Die Sichtbarkeit der Statistiken wurde durch ein neues Banner auf der Homepage der Website der EZB-Bankenaufsicht deutlich verbessert. Das Banner liefert auf einen Blick Informationen zu den wichtigsten Kennzahlen. Darüber hinaus veröffentlichte die EZB erstmals ausgewählte Meldebögen mit Säule‑3-Informationen zum Gegenparteiausfallrisiko auf Einzelinstitutsebene. Dabei wurde ein Abgleich der Säule‑3-Angaben mit den aufsichtsrechtlichen Meldungen durchgeführt, was zu einer deutlich höheren Datenkonsistenz führte.

5.9.2 Informationsmanagement

Beim Informationsmanagementsystem des SSM (IMAS) handelt es sich um ein integriertes Paket zentraler IT-Systeme, die sowohl von den Beschäftigten der europäischen Bankenaufsicht als auch von den beaufsichtigten Instituten täglich genutzt werden. Das Paket umfasst die Prozessanwendungen, die Bankenaufseherinnen und ‑aufseher zur Durchführung ihrer täglichen Aufgaben verwenden (IMAS), einen Berichts- und Analyse-Service für den Abruf und die Auswertung aufsichtlicher Meldungen (IDRA) sowie eine Internetanwendung, über die sich beaufsichtigte Banken digital mit der Aufsicht verbinden und Anträge und Mitteilungen per Online-Formular einreichen können (IMAS-Portal). Bei Bedarf werden neu entwickelte SupTech-Tools in IMAS integriert.

Im Jahr 2022 wurde IMAS weiterentwickelt, um Änderungen im Finanzsystem, am regulatorischen Rahmen sowie an der SSM-Methodik und -Strategie Rechnung zu tragen. Die Neuentwicklungen betrafen wesentliche Aufsichtsprozesse. Sie umfassten unter anderem a) die Aufnahme neuer Verfahren in IMAS zur Anpassung an die aktualisierte SREP-Methodik für 2022, b) Erweiterungen der Berichte an die Beschlussorgane des SSM, c) ein neues Modul für die Signifikanzbewertung und das Institutsregister, d) eine Überarbeitung des Moduls für die Kontrolle und Überwachung aufsichtlicher Feststellungen und damit zusammenhängender Aufsichtsmaßnahmen und e) die Umsetzung spezieller Elemente im Zusammenhang mit Eignungsprüfungen. Parallel dazu wurde die Kerninfrastruktur von IMAS wesentlich weiterentwickelt, um die Anbindung an andere EZB-Systeme wie z. B. SupTech-Anwendungen zu ermöglichen.

Im Berichtsjahr wurden weitere aufsichtliche Prozesse in das Portal aufgenommen. So können Kreditinstitute und Wertpapierfirmen nun über IMAS Lizenzanträge einreichen, und bedeutende beaufsichtigte Gruppen können Zulassungen und Befreiungen für Finanzholdinggesellschaften beantragen. Auch freiwillige Lizenzrückgaben sowie Mitteilungen zu nicht wesentlichen Modelländerungen und zu Auslagerungsvereinbarungen können jetzt über das Portal erfolgen. Darüber hinaus wurden 2022 einige bereits über das IMAS-Portal laufende Verfahren weiterentwickelt. Unter anderem wurden ein einheitliches Einreichungsformular für Eignungsprüfungen sowie ein verbessertes Formular für die Einreichung von Mitteilungen zum Europäischen Pass erstellt, um den aktualisierten Leitlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde Rechnung zu tragen.

6 Berichterstattung zu den Haushaltsausgaben

6.1 Ausgaben im Jahr 2022

Ausgaben der EZB im Jahr 2022 etwas niedriger als erwartet

Gemäß der SSM-Verordnung muss die EZB zur wirksamen Wahrnehmung ihrer Aufsichtsaufgaben über angemessene Ressourcen verfügen. Diese Ressourcen werden über eine Aufsichtsgebühr finanziert, die von den Instituten zu entrichten ist, die unter der direkten oder indirekten Aufsicht der EZB stehen.

Die Ausgaben für Aufsichtsaufgaben werden im Haushaltsplan der EZB gesondert ausgewiesen. Sie beinhalten die direkten Kosten der EZB-Bankenaufsicht. Die Bankenaufsicht nimmt auch gemeinsame Dienste[87] in Anspruch, die von den Supportbereichen der EZB bereitgestellt werden.

Für die Haushaltsangelegenheiten der EZB ist der EZB-Rat zuständig. Dieser beschließt den jährlichen Haushalt der EZB für Aufgaben im Zusammenhang mit der Bankenaufsicht auf Vorschlag des EZB-Direktoriums und nach Beratung mit der bzw. dem Vorsitzenden und der bzw. dem stellvertretenden Vorsitzenden des Aufsichtsgremiums. Dem EZB-Rat steht der Haushaltsausschuss zur Seite, dem Vertreter aller nationalen Zentralbanken des Eurosystems und der EZB angehören. Der Haushaltsausschuss wertet die Berichte der EZB zur Haushaltsplanung und ‑überwachung aus und stellt die Ergebnisse dem EZB-Rat zur Verfügung.

Im Jahr 2022 beliefen sich die tatsächlichen jährlichen Ausgaben für die Aufsichtsaufgaben der EZB auf 593,8 Mio. €. Sie lagen damit 4,9 % unter der im März 2022 bekannt gegebenen Schätzung von 624,1 Mio. €.

Wegen der allmählichen Normalisierung der Aufsichtsaktivität stiegen die Ausgaben für Aufsichtsaufgaben 2022 leicht an

Die Ausgaben für Aufsichtsaufgaben erhöhten sich 2022 um 2,8 % gegenüber ihrem Vorjahresstand von 577,5 Mio. €. Dies zeigt, dass sich das Aktivitätsniveau in der Bankenaufsicht allmählich wieder normalisiert. Insbesondere betrifft dies die direkte Aufsicht über bedeutende Institute, bei denen 2022 wieder ähnlich viele Vor-Ort-Prüfungen durchgeführt wurden wie vor der Pandemie (siehe Abschnitt 1.3.2). Die Zunahme der Kosten für Querschnitts- und Expertenaufgaben ist auf die ständigen Weiterentwicklungen und Verbesserungen der für die Bankenaufsicht relevanten IT‑Systeme zurückzuführen. Weitere Informationen hierzu finden sich in Abschnitt 5.9.

Tabelle 9

Kosten für die Aufsichtsaufgaben der EZB nach Funktionen (2020-2022)

(in Mio. €)

Quelle: EZB.
Anmerkung: Differenzen in den Summen durch Runden der Zahlen.

Anhand der Klassifizierung in Tabelle 9 wird die Verteilung der pro Jahr anfallenden Kosten auf die von den Instituten jährlich zu entrichtenden Aufsichtsgebühren ermittelt. Entscheidend ist hierbei, ob ein Institut als bedeutend oder weniger bedeutend eingestuft wurde. Gemäß der in Artikel 8 der Gebührenverordnung[88] definierten Methodik für die Aufteilung der jährlichen Aufsichtsgebühren erfolgt die Verteilung der Kosten für Querschnitts- und Expertenaufgaben auf SIs und LSIs nach deren jeweiligen Anteilen an der Summe der Kosten für die Aufsicht über SIs und die Überwachung (Oversight) von LSIs. Die in der Tabelle ausgewiesenen Kategorien enthalten auch die Kosten für die von den Supportbereichen der EZB erbrachten gemeinsamen Dienste.

Tabelle 10 liefert granularere Daten, wobei die Ausgaben nach folgenden Tätigkeiten aufgeschlüsselt werden:

  • laufende Aufsicht und Überwachung, darunter die Teilnahme der EZB an den JSTs und die Überwachungstätigkeiten im Zusammenhang mit weniger bedeutenden Banken oder Bankengruppen;
  • Teilnahme der EZB an Vor-Ort-Prüfungen, auch durch länderübergreifende Teams;
  • Grundsatzaufgaben, beratende und regulatorische Aufgaben, darunter Signifikanzbewertungen, Erlaubnisverfahren, Zusammenarbeit mit anderen Stellen, Methodik und Planung, aufsichtliche Qualitätssicherung sowie Zwangsmaßnahmen und Sanktionsverfahren;
  • Krisenmanagement;
  • makroprudenzielle Aufgaben, einschließlich der Durchführung von Stresstests und der Entwicklung von Aufsichtsstrategien und -konzepten;
  • statistische Dienste im Zusammenhang mit dem bankenaufsichtlichen Meldewesen;
  • Beschlussfassung des Aufsichtsgremiums, Tätigkeiten des Sekretariats des Aufsichtsgremiums und Rechtsdienste.

Tabelle 10

Ausgaben der EZB für Aufsichtsaufgaben

(in Mio. €)

Quelle: EZB.
Anmerkung: Differenzen in den Summen durch Runden der Zahlen.

Die Ausgaben für Vor-Ort-Prüfungen erhöhten sich 2022 um fast 60 %, da nach dem Ende der Lockdown-Maßnahmen wieder Prüfungen in normalerem Umfang stattfinden konnten und ähnlich viele Vor-Ort-Prüfungen durchgeführt wurden wie vor der Pandemie. Die laufenden Verbesserungen der IT-Systeme für die Bankenaufsicht sorgten für einen Kostenanstieg im Bereich Grundsatzaufgaben, beratende und regulatorische Aufgaben. Zudem wurden diesem Bereich im Berichtsjahr die Kosten für Aufsichtstechnologien (SupTech-Projekte) zugeordnet, die zuvor im Bereich Aufsichtsgremium, Sekretariat und Aufsichtsrecht erfasst worden waren. Die höheren Ausgaben der prudenziellen Aufsicht wurden teilweise durch einen Rückgang der Ausgaben für makroprudenzielle Aufgaben kompensiert, da der halbjährliche EBA-Stresstest im Berichtsjahr entfiel.

Um vorübergehende Personalengpässe aufzufangen, nimmt die EZB zusätzlich zu den internen Ressourcen auch die Dienste externer Berater in Anspruch, die unter qualifizierter interner Anleitung ihre Fachkenntnisse einbringen oder integrierte Beratungsleistungen anbieten. Im Jahr 2022 wendete die EZB einen Betrag von 40,8 Mio. € für Beratungsleistungen im Zusammenhang mit ihren Kernaufsichtsaufgaben auf und damit 2,0 Mio. € mehr als 2021. Darin enthalten sind 13,2 Mio. € für die Entwicklung von IT-Systemen, 7,0 Mio. € für die Durchführung von Comprehensive Assessments und 20,0 Mio. € für die Wahrnehmung von Aufgaben im Zusammenhang mit Vor-Ort-Prüfungen, auch durch länderübergreifende Teams. Weitere Informationen hierzu finden sich in Kapitel 1. Hinzu kamen Beratungskosten in Höhe von 10,4 Mio. €, die der Bankenaufsicht direkt zugeordnet wurden. Diese Kosten entstanden in Bereichen, die die Bankenaufsicht unterstützen, und resultierten hauptsächlich aus dem Betrieb und der Wartung neu entwickelter IT-Systeme.

Die Ausgaben für Dienstreisen im Zusammenhang mit der Beaufsichtigung von bedeutenden Instituten und weniger bedeutenden Instituten waren im Jahr 2022 deutlich höher als im Vorjahr, weil wieder in normalerem Umfang Vor-Ort-Prüfungen stattfanden. Sie beliefen sich auf 6,8 Mio. €, verglichen mit 0,3 Mio. € im Jahr 2021.

Die Kostenanteile der Ausgaben, die unmittelbar der EZB-Bankenaufsicht zuzurechnen sind, und der Ausgaben für gemeinsame Dienste entsprachen weitgehend denen des Vorjahres (siehe Grafik 25).

Grafik 25

Kosten für die Aufsichtsaufgaben der EZB nach Ausgabenkategorien

(in Mio. €)

Quelle: EZB.

Die direkt zurechenbaren Aufwendungen setzen sich zusammen aus den Personalkosten für Kernaufsichtsaufgaben, den Kosten für Aufsichtsinitiativen (einschließlich im Zusammenhang mit Comprehensive Assessments), sonstigen betrieblichen Aufwendungen (z. B. für Dienstreisen und Fortbildungen) und den Kosten für spezielle IT-Systeme wie IMAS und die Plattform STAR (Stress Test Account Reporting) und damit zusammenhängende Projekte sowie für SupTech-Projekte.

Die Kategorie „gemeinsame Dienste“ umfasst Dienste, die sowohl der Zentralbankfunktion als auch der Aufsichtsfunktion zur Verfügung stehen. Sie lassen sich unterteilen in Dienste in Bezug auf Räumlichkeiten und Betriebseinrichtungen, Personalmanagement, gemeinsame IT, gemeinsame Rechts-, Revisions- und Verwaltungsangelegenheiten, Kommunikations- und Sprachdienstleistungen/Übersetzungsdienstleistungen sowie sonstige Dienste. Die Aufteilung der Kosten für die gemeinsamen Dienste auf die beiden Funktionen erfolgt mithilfe eines Allokationsmechanismus, der branchenübliche Kennzahlen wie Vollzeitäquivalente (VZÄ), Bürofläche und Übersetzungsvolumen zugrunde legt. Da die EZB bestrebt ist, die Effizienz konsequent zu steigern, verfeinert sie diesen Kostenallokationsmechanismus stetig.

Die tatsächlichen Gesamtausgaben der Bankenaufsicht beliefen sich im Berichtsjahr auf 593,8 Mio. €. Die direkt zurechenbaren Aufwendungen betrugen 351,4 Mio. € und die Kosten für gemeinsame Dienste 242,4 Mio. €. Dies entspricht einem Anteil von 59,2 % bzw. 40,8 % an den tatsächlichen Gesamtausgaben (im Vorjahr standen diese Kostenanteile mit 58,5 % bzw. 41,5 % in einem ähnlichen Verhältnis).

Im Jahr 2022 erhöhten sich die direkt zurechenbaren Aufwendungen für IT-Systeme und damit zusammenhängende Projekte auf 22,9 Mio. €. Zu diesem Anstieg trugen unter anderem Abschreibungen auf IMAS und STAR bei. Für SupTech-Projekte wurden 20,8 Mio. € aufgewendet. Der Anstieg der sonstigen betrieblichen Aufwendungen ist darauf zurückzuführen, dass wieder vermehrt Aufsichtstätigkeiten vor Ort stattfanden.

Die Ausgaben für gemeinsame Dienste erhöhten sich im Berichtsjahr leicht um 2,8 Mio. €, wobei in den meisten Kostenkategorien eine Zunahme gegenüber 2021 verzeichnet wurde. Auch hier war in erster Linie die Rückkehr zu einem normaleren Niveau der Prüfungstätigkeit ausschlaggebend.

6.2 Ausblick: Gebühren für die Bankenaufsicht im Jahr 2023

EZB rechnet für 2023 mit Aufsichtsausgaben von 649,0 Mio. €

Unter Zugrundelegung der vergangenen und der erwarteten Verwendung der geplanten Ausgaben hat die EZB ihren konservativen Ansatz bei der Schätzung der Ausgaben für 2023 beibehalten und die Aufsichtsgebühren auf 649,0 Mio. € geschätzt. Die Budgetgrenze für Aufsichtsaufgaben der EZB wird für das Jahr 2023 auf 705,6 Mio. € festgesetzt. Darin berücksichtigt sind die erwartete weitere Rückkehr zu einem normaleren Aktivitätsniveau, die Einführung neuer IT‑Dienstleistungen im Zusammenhang mit der laufenden Investition in SupTech-Projekte sowie die interne Bereitstellung von Beratungsleistungen im Zusammenhang mit Vor‑Ort‑Prüfungen und Prüfungen interner Modelle. Im Gegenzug werden sich die Kosten für externe Beratungsleistungen verringern.

Im Einklang mit ihrer Zusage, für die gesamte Organisation bis 2023 Kostenstabilität zu erreichen, strebt die EZB eine Stabilisierung der geplanten Ausgaben für ihre laufenden Aufgaben an. Auf unerwartete externe Faktoren wird sie jedoch weiterhin flexibel reagieren. Mithilfe verschiedener Maßnahmen stellt die EZB sicher, dass sie ihr Stabilisierungsziel auch unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Inflation erfüllen kann.

Tabelle 11

Geschätzte Ausgaben der EZB-Bankenaufsicht im Jahr 2023 nach Funktionen

(in Mio. €)

Quelle: EZB.
Anmerkung: Differenzen in den Summen durch Runden der Zahlen.

Die jährliche Aufsichtsgebühr für 2023, die den Instituten 2024 in Rechnung gestellt wird, wird erst am Ende des Gebührenzeitraums feststehen. Sie entspricht den tatsächlichen Ausgaben für das Gesamtjahr 2023, bereinigt um Gebührenrückerstattungen und -nachzahlungen aus vorangegangenen Gebührenzeiträumen sowie um Erträge aus Verzugszinsen und uneinbringliche Gebühren. Der Schätzung zufolge werden im Jahr 2023 95,3 % des Gesamtbetrags von SIs und 4,7 % von LSIs zu entrichten sein.

Tabelle 12

Geschätzte Ausgaben der EZB-Bankenaufsicht im Jahr 2023

(in Mio. €)

Quelle: EZB.
Anmerkung: Differenzen in den Summen durch Runden der Zahlen.

6.3 Rechtsrahmen für die Aufsichtsgebühr 2022

Die Gebührenverordnung bildet zusammen mit der SSM-Verordnung den Rechtsrahmen für die jährliche Aufsichtsgebühr, welche die EZB für Aufwendungen erhebt, die ihr im Zusammenhang mit ihren Aufsichtsaufgaben entstehen. In der Gebührenverordnung und dem dazugehörigen Beschluss[89] sind die Methoden für folgende Vorgänge festgelegt: a) Festsetzung des Gesamtbetrags der jährlichen Aufsichtsgebühr, b) Berechnung des von jedem beaufsichtigten Institut zu entrichtenden Betrags und c) Einziehung der jährlichen Aufsichtsgebühr.

6.3.1 Gesamtbetrag der Aufsichtsgebühren für den Gebührenzeitraum 2022

EZB erhebt für 2022 Aufsichtsgebühren in Höhe von 593,7 Mio. €

Für den Gebührenzeitraum 2022 werden jährliche Aufsichtsgebühren in Höhe von insgesamt 593,7 Mio. € erhoben. Dieser Betrag errechnet sich nahezu vollständig aus den 2022 tatsächlich entstandenen jährlichen Kosten von 593,8 Mio. €, bereinigt um einen Betrag von 96 265 €. Dieser setzt sich zusammen aus Netto-Rückerstattungen von Gebühren an einzelne Institute, die sich auf vorangegangene Gebührenzeiträume beziehen (insgesamt 37 690 €), und erhobenen Verzugszinsen (133 955 €).

Die jährlichen Aufsichtsgebühren werden auch um Abschreibungen für nicht einziehbare Gebührenbeträge bereinigt. Derartige Bereinigungen waren jedoch im Jahr 2022 nicht erforderlich.

Der über jährliche Aufsichtsgebühren einzuziehende Betrag gliedert sich in zwei Bestandteile. Maßgeblich ist hierbei die Einstufung der beaufsichtigten Institute als bedeutend oder weniger bedeutend. Diese spiegelt den unterschiedlichen Grad der Beaufsichtigung durch die EZB wider. Die Ausgaben werden den beiden Institutskategorien mithilfe eines Verfahrens zugeordnet, das fortlaufende Verbesserungen und zeitnahe Anpassungen ermöglicht. Somit ist sichergestellt, dass die Zuordnung mit der Zeit immer genauer wird.

Für das Jahr 2022 belief sich der zu erhebende Gesamtbetrag bei SIs auf 566,7 Mio. € und bei LSIs auf 27,0 Mio. €, was einem Anteil von 95,5 % bzw. 4,5 % der Gesamtkosten der Bankenaufsicht entspricht.

Tabelle 13

Gesamteinnahmen im Zusammenhang mit bankenaufsichtlichen Aufgaben

(in Mio. €)

Quelle: EZB.
Anmerkung: Differenzen in den Summen durch Runden der Zahlen.

6.3.2 Aufsichtsgebühren für einzelne Institute

Bei der Berechnung der Gebühren für die einzelnen Banken sind deren Bedeutung und Risikoprofil ausschlaggebend. Dabei werden jährliche Gebührenfaktoren für die beaufsichtigten Banken zugrunde gelegt. Stichtag ist in den meisten Fällen der 31. Dezember des Vorjahres. Beginnt die Aufsicht auf der obersten Konsolidierungsebene erst innerhalb des Gebührenzeitraums, legt die EZB den Gesamtwert der Aktiva und den Gesamtrisikobetrag zugrunde, die von der Bank zu dem Stichtag, der dem 31. Dezember am nächsten liegt, gemeldet werden. Anhand dieser Daten berechnet die EZB eine variable Gebührenkomponente für alle Monate, für die der Gebührenschuldner eine Aufsichtsgebühr zu entrichten hat.[90] Die pro Institut ermittelte Aufsichtsgebühr wird über eine jährliche Zahlung erhoben.

Abbildung 3

Berechnung der variablen Gebührenkomponente auf Basis der Bedeutung und des Risikoprofils der einzelnen Institute

Le 3

Die Aufsichtsgebühr wird auf der obersten Konsolidierungsebene innerhalb des SSM berechnet. Sie setzt sich aus einer variablen Gebührenkomponente und einer Mindestgebühr zusammen. Letztere gilt einheitlich für alle Banken und deckt 10 % des zu erhebenden Gesamtbetrags. Bei den kleinsten bedeutenden Banken mit Gesamtaktiva von höchstens 10 Mrd. € halbiert sich die Mindestgebührenkomponente. Das Gleiche gilt für kleinere weniger bedeutende Institute mit Gesamtaktiva von höchstens 1 Mrd. €.

Laut Artikel 7 der Gebührenverordnung ist die Aufsichtsgebühr für Einzelinstitute in folgenden Fällen anzupassen: a) Der Status des beaufsichtigten Instituts ändert sich, d. h., das Institut wird statt als bedeutend nun als weniger bedeutend eingestuft oder umgekehrt, b) ein neues beaufsichtigtes Institut wird zugelassen, oder c) eine bestehende Zulassung wird entzogen. Mit der Umstellung auf eine nachträgliche Inrechnungstellung werden die innerhalb des Jahres erfolgten Änderungen im Zusammenhang mit Artikel 7 in der üblichen Gebührenberechnung mehrheitlich berücksichtigt. Daher ergab sich aus den von der EZB neu erlassenen Gebührenbeschlüssen im Berichtsjahr lediglich ein Gesamtbetrag von 37 690 €; dieser ist in den jährlichen Aufsichtsgebühren für den Gebührenzeitraum 2022 enthalten.

Weitere Informationen zu den Aufsichtsgebühren finden sich auf der Website der EZB-Bankenaufsicht. Sie wird regelmäßig überarbeitet und um nützliche und praktische Informationen ergänzt, die in allen EU-Amtssprachen veröffentlicht werden.

6.4 Sonstige Einnahmen im Zusammenhang mit bankenaufsichtlichen Aufgaben

Die EZB ist befugt, Verwaltungsgeldbußen gegen beaufsichtigte Institute zu verhängen, wenn diese ihren Verpflichtungen gemäß dem EU-Bankenaufsichtsrecht nicht nachkommen. Hierzu zählen auch die Aufsichtsbeschlüsse der EZB. Erhaltene Verwaltungsgeldbußen sowie entsprechende Rückerstattungen aufgrund einer Änderung oder Annullierung zuvor erlassener Sanktionsbeschlüsse werden nicht bei der Berechnung der jährlichen Aufsichtsgebühren berücksichtigt. Diese Beträge werden vielmehr in der Gewinn- und Verlustrechnung der EZB erfasst. Im Berichtsjahr beliefen sich die Erträge aus Verwaltungsgeldbußen gegen beaufsichtigte Institute auf 12,2 Mio. €.

7 Von der EZB erlassene Rechtsinstrumente

Zu den von der EZB erlassenen Rechtsinstrumenten gehören Verordnungen, Beschlüsse, Leitlinien, Empfehlungen und (die in Artikel 9 Absatz 1 Unterabsatz 3 der SSM-Verordnung sowie in Artikel 22 der SSM-Rahmenverordnung genannten) Anweisungen an die NCAs. In diesem Abschnitt sind die Rechtsinstrumente aufgeführt, die 2022 in Bezug auf die Bankenaufsicht von der EZB verabschiedet und im Amtsblatt der Europäischen Union sowie auf EUR‑Lex veröffentlicht wurden. Berücksichtigt werden Rechtsinstrumente, die gemäß Artikel 4 Absatz 3 der SSM‑Verordnung erlassen wurden, sowie andere relevante Rechtsinstrumente.

7.1 EZB-Verordnungen

EZB/2022/14
Verordnung (EU) 2022/504 der Europäischen Zentralbank vom 25. März 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/445 über die Nutzung der im Unionsrecht verfügbaren Optionen und Ermessensspielräume (EZB/2016/4) (EZB/2022/14) (ABl. L 102 vom 30.3.2022, S. 11)

7.2 EZB-Rechtsinstrumente (ohne Verordnungen)

EZB/2022/2
Beschluss (EU) 2022/134 der Europäischen Zentralbank vom 19. Januar 2022 zur Aufstellung einheitlicher Regeln für die Übermittlung aufsichtlicher Informationen an Behörden und Einrichtungen durch die Europäische Zentralbank zwecks Wahrnehmung der ihr nach der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates übertragenen Aufgaben (EZB/2022/2) (ABl. L 20 vom 31.1.2022, S. 275)

EZB/2022/6
Beschluss (EU) 2022/368 der Europäischen Zentralbank vom 18. Februar 2022 zur Änderung des Beschlusses (EU) 2015/2218 zum Verfahren bei Ausnahmen für Mitarbeiter von der Annahme ihres wesentlichen Einflusses auf das Risikoprofil eines beaufsichtigten Kreditinstituts (EZB/2022/6) (ABl. L 69 vom 4.3.2022, S. 117)

EZB/2022/7
Beschluss (EU) 2022/514 der Europäischen Zentralbank vom 1. März 2022 über den Gesamtbetrag der jährlichen Aufsichtsgebühren für 2021 (EZB/2022/7) (ABl. L 103 vom 31.3.2022, S. 14)

EZB/2022/12
Leitlinie (EU) 2022/508 der Europäischen Zentralbank vom 25. März 2022 zur Änderung der Leitlinie (EU) 2017/697 der Europäischen Zentralbank über die Nutzung der im Unionsrecht eröffneten Optionen und Ermessensspielräume durch die nationalen zuständigen Behörden bei weniger bedeutenden Instituten (EZB/2017/9) (EZB/2022/12) (ABl. L 102 vom 30.3.2022, S. 34)

EZB/2022/13
Empfehlung der Europäischen Zentralbank vom 25. März 2022 zur Änderung der Empfehlung EZB/2017/10 zu einheitlichen Kriterien für die Nutzung einiger im Unionsrecht eröffneter Optionen und Ermessensspielräume durch die nationalen zuständigen Behörden bei weniger bedeutenden Instituten (EZB/2022/13) (ABl. C 142 vom 30.3.2022, S. 1)

EZB/2022/33
Beschluss (EU) 2022/1981 der Europäischen Zentralbank vom 10. Oktober 2022 zur Nutzung von Diensten des Europäischen Systems der Zentralbanken durch zuständige Behörden (EZB/2022/33) (ABl. L 272 vom 20.10.2022, S. 22)

EZB/2022/34
Beschluss (EU) 2022/1982 der Europäischen Zentralbank vom 10. Oktober 2022 zur Nutzung von Diensten des Europäischen Systems der Zentralbanken durch zuständige Behörden und kooperierende Behörden sowie zur Änderung des Beschlusses EZB/2013/1 (EZB/2022/34) (ABl. L 272 vom 22.10.2022, S. 29)

© Europäische Zentralbank, 2023

Postanschrift 60640 Frankfurt am Main, Deutschland
Telefon +49 69 1344 0
Internet www.bankingsupervision.europa.eu

Alle Rechte vorbehalten. Die Anfertigung von Kopien für Ausbildungszwecke und nichtkommerzielle Zwecke ist mit Quellenangabe gestattet.

Übersetzung: Deutsche Bundesbank. In Zweifelsfällen gilt der englische Originaltext.

In unserem SSM-Glossar finden Sie Erläuterungen zu speziellen Fachtermini (nur in englischer Sprache verfügbar).

HTML ISBN 978-92-899-5529-4, ISSN 2443-5813, doi:10.2866/067025, QB-BU-23-001-DE-Q


  1. Siehe auch EZB-Bankenaufsicht, Statement regarding supervisory cooperation on operational resilience, Schreiben an die Banken, 3. Dezember 2020.

  2. Siehe EZB-Bankenaufsicht, Identifizierung und Messung von Kreditrisiken im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie (Covid‑19), Schreiben an die CEOs, 4. Dezember 2020.

  3. Weitere Informationen zu den Ergebnissen der gezielten Überprüfung des Gewerbeimmobiliensektors finden sich in: EZB-Bankenaufsicht, Commercial real estate: connecting the dots, Newsletter der Bankenaufsicht, 17. August 2022.

  4. Die Stichprobe umfasst die 29 SIs, die vierteljährlich über das Leveraged Finance Dashboard ihre diesbezüglichen Daten melden müssen.

  5. Hierbei handelt es sich um Transaktionen, bei denen der Verschuldungsgrad des Kreditnehmers – definiert als das Verhältnis von Fremdkapital zu EBITDA (Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) – sechsmal so hoch ist wie zum Zeitpunkt der Kreditvergabe.

  6. Siehe Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 19. Februar 2021 zu einem Vorschlag für eine Verordnung über Märkte für Kryptowerte und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2019/1937 (CON/2021/4) (ABl. C 152 vom 29.4.2021, S. 1).

  7. Siehe Europäische Kommission, Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Betriebsstabilität digitaler Systeme des Finanzsektors und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009, (EU) Nr. 648/2012, (EU) Nr. 600/2014 und (EU) Nr. 909/2014 (COM/2020/595 final).

  8. Siehe Europäische Kommission, Vorschlag für eine Verordnung zur Festlegung harmonisierter Vorschriften für künstliche Intelligenz, April 2021.

  9. Siehe EZB-Bankenaufsicht, Bericht des SSM zu Governance und Risikobereitschaft, Juni 2016.

  10. Siehe EZB-Bankenaufsicht, Strengthening smaller banks’ governance, Newsletter der Bankenaufsicht, 18. Mai 2022.

  11. Mit der DORA-Verordnung wird ein neuer Rechtsrahmen zur Verbesserung der operationellen Resilienz von Finanzinstituten geschaffen.

  12. Siehe EZB-Bankenaufsicht, Walking the talk – Banks gearing up to manage risks from climate change and environmental degradation, November 2022.

  13. Siehe EZB-Bankenaufsicht, Good practices for climate-related and environmental risk management – observations from the 2022 thematic review, November 2022.

  14. Siehe EZB-Bankenaufsicht, EZB setzt Fristen für Banken zum Umgang mit Klimarisiken, Pressemitteilung vom 2. November 2022.

  15. Siehe EZB-Bankenaufsicht, 2022 climate risk stress test, Juli 2022.

  16. Siehe EZB-Bankenaufsicht, ECB report on good practices for climate stress testing, Dezember 2022.

  17. Sofern es die Hygienebedingungen zuließen und die Prüfungsteams damit einverstanden waren. Die Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter standen dabei stets an erster Stelle.

  18. Bei einer Kampagne werden mehrere Vor-Ort-Prüfungen zusammengefasst, die sich mit der gleichen Thematik beschäftigen. Daraus ergibt sich ein gemeinsamer Rahmen, in dem sich die Prüfungsteams abstimmen und zusammenarbeiten. Dabei legen sie gemeinsame Ziele fest und nutzen Synergieeffekte.

  19. Weitere Einzelheiten zur Prüfungstätigkeit der EZB-Bankenaufsicht in Bezug auf Gewerbeimmobilien finden sich in: Commercial real estate: connecting the dots, Newsletter der Bankenaufsicht, 17. August 2022.

  20. Die Analyse erfolgte anhand einer Stichprobe von 132 Vor-Ort-Prüfungen. Die Abschlussberichte wurden den geprüften Instituten in der Zeit von Oktober 2021 bis September 2022 vorgelegt.

  21. Einige von ihnen resultierten aus Vor-Ort-Prüfungen, die sich schwerpunktmäßig mit anderen Risikobereichen befassten (z. B. dem IT-Risiko, dem Kapitalrisiko oder dem Risiko im Zusammenhang mit Geschäftsmodell und Ertragskraft).

  22. Weiterführende Angaben zum Thema IT- und Cyberrisiken finden sich in der Präsentation IT and cyber risk – key observations, EZB-Bankenaufsicht, 2022.

  23. Der Rahmen für nicht in den Modellen erfasste Risiken (risk-not-in-the-model-engine) ist ein Konzept, das in Abschnitt 7 des ECB Guide to internal models eingeführt und definiert wurde.

  24. Gemäß Artikel 272 Absatz 9 der Eigenkapitalverordnung bezeichnet die Nachschuss-Risikoperiode „den Zeitraum zwischen dem letzten Austausch von Sicherheiten, die den mit einer ausfallenden Gegenpartei bestehenden Netting-Satz besichern, und dem Zeitpunkt, zu dem die Geschäfte glattgestellt sind und das resultierende Marktrisiko erneut abgesichert ist“ (Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1)).

  25. Ein hoher NPL-Bestand liegt dann vor, wenn Banken eine NPL-Quote von über 5 % aufweisen. Siehe EBA, Leitlinien über das Management notleidender und gestundeter Risikopositionen, EBA/GL/2018/06, 31. Oktober 2018.

  26. Siehe Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15. Oktober 2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank (ABl. L 287 vom 29.10.2013, S. 63).

  27. Siehe EZB, ECB Governing Council statement on macroprudential policies, Dezember 2022.

  28. Siehe EZB, ECB response to the European Commission’s call for advice on the review of the EU macroprudential framework, März 2022.

  29. Siehe EBA, EBA advice on the review of the macroprudential framework, April 2022; ESRB, Review of the EU Macroprudential Framework for the Banking Sector – Response to the call for advice, März 2022.

  30. Siehe BIZ, Basel Committee finalises principles on climate-related financial risks, progresses work on specifying cryptoassets' prudential treatment and agrees on way forward for the G‑SIB assessment methodology review, Pressemitteilung vom 31. Mai 2022.

  31. Siehe EZB, Governing Council statement on the treatment of the European banking union in the assessment methodology for global systemically important banks, Juni 2022.

  32. Diese sind BNP Paribas, Deutsche Bank, Groupe BPCE, Groupe Crédit Agricole, ING Bank, Santander, Société Générale und UniCredit. Gegenüber dem Vorjahr verringerte sich die Kapitalpufferanforderung für BNP Paribas von 2,0 % auf 1,5 %. Die neue Anforderung gilt ab dem 1. Januar 2023.

  33. Siehe EZB, ECB Governing Council statement on macroprudential policies, November 2022.

  34. Siehe Warnung des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken vom 22. September 2022 zu Anfälligkeiten des Finanzsystems der Union (ESRB/2022/7).

  35. Siehe Empfehlung des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken vom 1. Dezember 2022 zu Anfälligkeiten des Gewerbeimmobiliensektors im Europäischen Wirtschaftsraum (ESRB/2022/9).

  36. Siehe Empfehlung des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken vom 27. Mai 2020 zur Beschränkung der Ausschüttungen während der COVID-19-Pandemie (ESRB/2020/7) und Empfehlung des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken vom 15. Dezember 2020 zur Änderung der Empfehlung ESRB/2020/7 zur Beschränkung der Ausschüttungen während der COVID‑19-Pandemie (ESRB/2020/15).

  37. Siehe EZB‑Bankenaufsicht, 2022 climate risk stress test, Juli 2022.

  38. Siehe EZB‑Bankenaufsicht, Walking the talk – Banks gearing up to manage risks from climate change and environmental degradation, November 2022.

  39. Siehe Verordnung (EU) Nr. 468/2014 der Europäischen Zentralbank vom 16. April 2014 zur Einrichtung eines Rahmenwerks für die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Zentralbank und den nationalen zuständigen Behörden und den nationalen benannten Behörden innerhalb des einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM-Rahmenverordnung) (EZB/2014/17) (ABl. L 141 vom 14.5.2014, S. 1).

  40. Diese Kriterien sind in Artikel 6 Absatz 4 der SSM-Verordnung dargelegt.

  41. Die am 21. Dezember 2022 veröffentlichte Liste der bedeutenden und weniger bedeutenden Unternehmen berücksichtigt a) die den beaufsichtigten Instituten vor dem 30. November 2022 mitgeteilten Signifikanzbeschlüsse sowie b) sonstige Änderungen und Entwicklungen in der Gruppenstruktur, die vor dem 1. November 2022 wirksam wurden.

  42. Siehe Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338).

  43. Siehe Verordnung (EU) 2019/876 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in Bezug auf die Verschuldungsquote, die strukturelle Liquiditätsquote, Anforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten, das Gegenparteiausfallrisiko, das Marktrisiko, Risikopositionen gegenüber zentralen Gegenparteien, Risikopositionen gegenüber Organismen für gemeinsame Anlagen, Großkredite, Melde- und Offenlegungspflichten und der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 150 vom 7.6.2019, S. 1).

  44. Einige Beschlüsse umfassten mehr als eine Erlaubnisprüfung (z. B. Erwerb qualifizierter Beteiligungen an verschiedenen Tochtergesellschaften im Rahmen einer einzigen Transaktion). Bei manchen Erlaubnisverfahren, darunter die Verfahren für die Nutzung des Europäischen Passes oder das Erlöschen einer Zulassung, ist kein formeller Beschluss der EZB erforderlich.

  45. Diese Verfahren unterliegen dem Rahmen für die Übertragung von Befugnissen gemäß Beschluss (EU) 2021/1438 der Europäischen Zentralbank vom 3. August 2021 zur Änderung des Beschlusses (EU) 2017/935 zur Übertragung der Befugnis zum Erlass von Beschlüssen über die Eignungsprüfung und zur Prüfung der Eignungsanforderungen (EZB/2021/34) (ABl. L 314 vom 6.9.2021, S. 3) sowie Beschluss (EU) 2021/1440 der Europäischen Zentralbank vom 3. August 2021 zur Änderung des Beschlusses (EU) 2019/1376 zur Übertragung der Befugnis zum Erlass von Beschlüssen zur Nutzung des Europäischen Passes, zum Erwerb qualifizierter Beteiligungen und zum Entzug von Zulassungen von Kreditinstituten (EZB/2021/36) (ABl. L 314 vom 6.9.2021, S. 14).

  46. Bei 85 dieser Vorgänge erfolgte die Genehmigung im Einklang mit dem Rahmen für die Übertragung von Befugnissen auf oberer Managementebene.

  47. Siehe Richtlinie (EU) 2019/878 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 zur Änderung der Richtlinie 2013/36/EU im Hinblick auf von der Anwendung ausgenommene Unternehmen, Finanzholdinggesellschaften, gemischte Finanzholdinggesellschaften, Vergütung, Aufsichtsmaßnahmen und -befugnisse und Kapitalerhaltungsmaßnahmen (ABl. L 150 vom 7.6.2019, S. 253).

  48. Siehe EZB-Bankenaufsicht, Licensing of crypto-asset activities, Newsletter der Bankenaufsicht, 17. August 2022.

  49. Lediglich einer der 23 EZB-Beschlüsse aus dem Jahr 2021 bezog sich auf eine neu gegründete (gemischte) Finanzholdinggesellschaft.

  50. Im Berichtsjahr nutzten Aufsicht und Banken das IMAS-Portal erstmals auch für andere Verfahren, wie etwa nicht wesentliche Modelländerungen (siehe Abschnitt 5.9.2).

  51. Siehe EZB-Bankenaufsicht, Reassessing the suitability of bank directors – lessons from 2021, Newsletter der Bankenaufsicht, 16. Februar 2022.

  52. Unter „Risikomanagement und interne Kontrollen“ werden die Mechanismen und Prozesse zusammengefasst, über die ein Institut verfügen muss, um seine aktuellen oder potenziellen künftigen Risiken angemessen ermitteln, steuern und melden zu können. Die „Funktionen des Leitungsorgans“ beziehen sich auf die Frage, inwieweit diejenigen Personen ihrer Verantwortung gerecht werden, die die Geschäfte des Instituts tatsächlich führen oder die befugt sind, Strategie, Ziele und Gesamtausrichtung des Instituts festzulegen und die Entscheidungen der Geschäftsleitung zu kontrollieren und zu überwachen.

  53. Siehe Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. L 225 vom 30.7.2014, S. 1).

  54. Siehe EZB-Bankenaufsicht, EZB stuft Sberbank Europe AG und deren Tochtergesellschaften in Kroatien und Slowenien als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend ein, Pressemitteilung vom 28. Februar 2022. Siehe auch FOLTF assessment of Sberbank Europe AG, FOLTF assessment of Sberbank d.d. (Croatia) und FOLTF assessment of Sberbank banka d.d. (Slovenia).

  55. Siehe Einheitlicher Abwicklungsausschuss, Sberbank Europe AG: Kroatische und slowenische Tochtergesellschaften setzen Geschäftsbetrieb nach Veräußerung fort, österreichische Muttergesellschaft bedarf keiner Abwicklungsmaßnahme, Pressemitteilung vom 1. März 2022.

  56. Siehe EZB-Bankenaufsicht, EZB fasst Beschlüsse hinsichtlich der Einstellung der Bankgeschäfte der RCB Bank, Pressemitteilung vom 24. März 2022. Siehe auch das Schreiben bezüglich der Bankenaufsicht von Andrea Enria, Vorsitzender des Aufsichtsgremiums, vom 6. April 2022 an Herrn Grant, Herrn Rinaldi und Herrn Zanni.

  57. Siehe EZB-Bankenaufsicht, EZB entzieht RCB Bank die Bankzulassung, Pressemitteilung vom 22. Dezember 2022.

  58. Siehe Beschluss (EU) 2022/134 der Europäischen Zentralbank vom 19. Januar 2022 zur Aufstellung einheitlicher Regeln für die Übermittlung aufsichtlicher Informationen an Behörden und Einrichtungen durch die Europäische Zentralbank zwecks Wahrnehmung der ihr nach der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates übertragenen Aufgaben (EZB/2022/2) (ABl. L 20 vom 31.1.2022, S. 275).

  59. Siehe EZB-Bankenaufsicht, EZB verstärkt Zusammenarbeit mit sechs nicht an der europäischen Bankenaufsicht teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten, Pressemitteilung vom 25. Januar 2023.

  60. Siehe Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 27. April 2022 zu einem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2013/36/EU im Hinblick auf Aufsichtsbefugnisse, Sanktionen, Zweigstellen aus Drittländern sowie Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsrisiken (CON/2022/16) (ABl. C 248 vom 30.6.2022, S. 87); Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 24. März 2022 zu einem Vorschlag zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf Vorschriften für das Kreditrisiko, das Risiko einer Anpassung der Kreditbewertung, das operationelle Risiko, das Marktrisiko und die Eigenmitteluntergrenze (Output-Floor) (CON/2022/11) (ABl. C 233 vom 16.6.2022, S. 14); Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 13. Januar 2022 zu einem Vorschlag zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen im Hinblick auf die Abwicklung (CON/2022/3) (ABl. C 122 vom 17.3.2022, S. 33).

  61. Siehe auch F. Elderson, Mind the gap, close the gap – the ECB’s views on the banking package reforms, Blog der Bankenaufsicht, EZB-Bankenaufsicht, 28. April 2022.

  62. Siehe J. M. Campa, L. de Guindos und A. Enria, Strong rules, strong banks: let’s stick to our commitments, Blog der Bankenaufsicht, EZB-Bankenaufsicht, 4. November 2022.

  63. Am 27. Juni 2022 veröffentlichte der EZB-Rat die Mitteilung Governing Council statement on the treatment of the European banking union in the assessment methodology for global systemically important banks. Im Anhang dieser Mitteilung wird die Methode erläutert, die bei der Ausübung des aufsichtlichen Ermessens bei grenzüberschreitenden Risikopositionen innerhalb der europäischen Bankenunion im Regelwerk für die Bewertung von G-SIBs verwendet wird.

  64. Siehe Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338); EBA, Guidelines on common procedures and methodologies for the supervisory review and evaluation process (SREP) and supervisory stress testing under Directive 2013/36/EU (EBA/GL/2022/03).

  65. Insbesondere erfolgt ein Informationsaustausch mit den für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zuständigen Behörden im Einklang mit der Multilateralen Vereinbarung über die praktischen Modalitäten des Informationsaustauschs gemäß Artikel 57a Absatz 2 der Richtlinie (EU) 2015/849 und den EBA-Leitlinien für die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zwischen den für die prudentielle Aufsicht zuständigen Behörden, den für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zuständigen Aufsichtsbehörden und zentralen Meldestellen gemäß der Richtlinie 2013/36/EU (EBA/GL/2021/15) sowie innerhalb der Kollegien zur Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, die gemäß den Gemeinsamen Leitlinien für die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch im Sinne der Richtlinie (EU) 2015/849 zwischen den für die Beaufsichtigung der Kredit- und Finanzinstitute zuständigen Behörden (JC 2019 81) eingerichtet wurden und an denen die EZB als Beobachterin teilnimmt.

  66. Siehe Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2006/70/EG der Kommission (ABl. L 141 vom 5.6.2015, S. 73).

  67. Siehe EBA, Leitlinien für die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zwischen den für die prudentielle Aufsicht zuständigen Behörden, den für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zuständigen Aufsichtsbehörden und zentralen Meldestellen gemäß der Richtlinie 2013/36/EU (EBA/GL/2021/15).

  68. Siehe Europäische Kommission, Anti-money laundering and countering the financing of terrorism legislative package, Generaldirektion Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion, 20. Juli 2021.

  69. Siehe Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 16. Februar 2022 zu einem Vorschlag für eine Verordnung zur Errichtung der Behörde zur Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (CON/2022/4) (ABl. C 210 vom 25.5.2022, S. 5); Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 16. Februar 2022 zu einem Vorschlag für eine Richtlinie und eine Verordnung zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems für Zwecke der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung (CON/2022/5) (ABl. C 210 vom 25.5.2022, S. 15).

  70. Siehe E. Fernandez-Bollo, For a fully fleged European anti-money laundering authority, Blog der Bankenaufsicht, EZB-Bankenaufsicht, 21. Februar 2022; E. Fernandez-Bollo und E. McCaul, Enhancing cooperation in the fight against money laundering, Blog der Bankenaufsicht, EZB-Bankenaufsicht, 24. Mai 2022.

  71. Siehe Feedback on the input provided by the European Parliament as part of its ‘Resolution on Banking Union – Annual Report 2021’, EZB-Bankenaufsicht, 2022.

  72. Siehe Written overview ahead of the exchange of views of the Chair of the Supervisory Board of the ECB with the Eurogroup on 4 April 2022 und Written overview ahead of the exchange of views of the Chair of the Supervisory Board of the ECB with the Eurogroup on 7 November 2022.

  73. Siehe Europäischer Rechnungshof, Der Einheitliche Aufsichtsmechanismus – Guter Auftakt, doch bedarf es weiterer Verbesserungen, Sonderbericht Nr. 29, 2016; Europäischer Rechnungshof, Die Effizienz der Verwaltung der EZB auf dem Gebiet des Krisenmanagements für Banken, Sonderbericht Nr. 2, 2018.

  74. Siehe Europäischer Rechnungshof, Bericht zur Leistung des EU-Haushalts – Stand zum Jahresende 2021, Anhang 3.2, November 2022.

  75. Gemäß Artikel 6, 7 und 8 der EU-Verbriefungsverordnung.

  76. Der Lenkungsausschuss unterstützt die Arbeit des Aufsichtsgremiums und bereitet dessen Sitzungen vor. Er besteht aus dem Vorsitzenden und dem stellvertretenden Vorsitzenden des Aufsichtsgremiums, einem Vertreter bzw. einer Vertreterin der EZB und fünf Vertreterinnen oder Vertretern der nationalen Aufsichtsbehörden. Letztere werden vom Aufsichtsgremium für je ein Jahr berufen. Dies erfolgt anhand eines Rotationssystems, das eine angemessene Vertretung der Länder sicherstellt.

  77. Diese Zahl bezieht sich auf die Beschlüsse, die im Berichtsjahr finalisiert oder verabschiedet wurden (ausgehende Aufsichtsbeschlüsse). Die Anzahl der Aufsichtsbeschlüsse entspricht nicht der Zahl der Erlaubnisverfahren, die der EZB im Berichtsjahr offiziell gemeldet wurden (eingehende Meldeverfahren). Ein Beschluss kann mehrere aufsichtliche Genehmigungen umfassen.

  78. Davon wurden 179 Vorgänge im Einklang mit dem Rahmen für die Befugnisübertragung durch die Leiter von EZB-Arbeitseinheiten gebilligt.

  79. Gemäß Artikel 6.7 der Verfahrensordnung des Aufsichtsgremiums der Europäischen Zentralbank können Abstimmungen auch im schriftlichen Verfahren durchgeführt werden, es sei denn, mindestens drei stimmberechtigte Mitglieder des Aufsichtsgremiums erheben Einwände dagegen. In diesem Fall wird der Punkt auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Aufsichtsgremiums gesetzt. In einem schriftlichen Verfahren müssen dem Aufsichtsgremium in der Regel mindestens fünf Arbeitstage zur Verfügung stehen, um sich mit der Angelegenheit zu befassen.

  80. Siehe Beschluss der Europäischen Zentralbank vom 6. Februar 2014 über die Ernennung von Vertretern der Europäischen Zentralbank für das Aufsichtsgremium (EZB/2014/4) (2014/427/EU) (ABl. L 196 vom 3.7.2014, S. 38).

  81. Siehe EZB, EZB veröffentlicht erweiterte Verhaltensregeln für hochrangige Funktionsträger zur Durchführung privater Finanzgeschäfte, Pressemitteilung vom 16. Dezember 2022.

  82. Siehe Artikel 7, 11, 12 und 17 des einheitlichen Verhaltenskodex für hochrangige Funktionsträger der EZB.

  83. Siehe Artikel 0.2.8.1 der EZB-Dienstvorschriften.

  84. Siehe Beschluss der Europäischen Zentralbank vom 17. September 2014 über die Umsetzung der Trennung zwischen der geldpolitischen Funktion und der Aufsichtsfunktion der Europäischen Zentralbank (EZB/2014/39) (2014/723/EU) (ABl. L 300 vom 18.10.2014, S. 57).

  85. Die Task Force on the Harmonisation of the Sequential Approach soll im gesamten SSM für gleiche Wettbewerbsbedingungen sorgen. Hierzu werden die bewährten Verfahren der einzelnen Länder ermittelt und harmonisierte Best Practices vorgeschlagen, die von allen NCAs und der EZB angewendet werden können.

  86. Bei der Datenbank für die umfassende Datenerhebung im SSM handelt es sich um ein Projekt, das darauf abzielt, die aufsichtlichen Meldeanforderungen der EZB und der NCAs zu straffen und die interne Governance zu verbessern. In der Datenbank werden Informationen zu allen Datenerhebungen bei direkt von der EZB beaufsichtigten Instituten gesammelt. Mittels dieser Informationen sollen die Transparenz der Datenabfragen bei Banken erhöht und der Meldeaufwand der Institute ausgewertet werden.

  87. Im Einzelnen handelt es sich dabei um Dienste in Bezug auf Räumlichkeiten und Betriebseinrichtungen, Personalmanagement, gemeinsame IT, gemeinsame Rechts-, Revisions- und Verwaltungsangelegenheiten, Kommunikations- und Sprach-/Übersetzungsdienstleistungen sowie sonstige Dienste.

  88. Siehe Verordnung (EU) Nr. 1163/2014 der Europäischen Zentralbank vom 22. Oktober 2014 über Aufsichtsgebühren (EZB/2014/41), ABl. L 311 vom 31.10.2014, S. 23.

  89. Siehe Beschluss (EU) 2019/2158 der Europäischen Zentralbank über die Methodik und die Verfahren zur Bestimmung und Erhebung der die Gebührenfaktoren zur Berechnung der jährlichen Aufsichtsgebühren betreffenden Daten (EZB/2019/38) (Abl. L 327 vom 17.12.2019, S. 99).

  90. Für Institute, die nach dem 1. Oktober gegründet wurden, wird eine Mindestgebühr berechnet, die nur für die vollen Monate zu entrichten ist, in denen sie der Aufsicht unterlagen.

Whistleblowing