Vorwort von Mario Draghi,
Präsident der EZB
Die Finanzkrise begann vor zehn Jahren und führte zu einer tiefgreifenden wirtschaftlichen, sozialen und finanziellen Instabilität. Dramatische Einbrüche bei Produktion, Beschäftigung und der Kreditvergabe an die Wirtschaft sowie die Fragmentierung des Finanzsystems entlang der nationalen Grenzen setzten dem Euroraum jahrelang zu. Die Stabilität des Bankensystems war gefährdet, und viele zweifelten am Fortbestand des Euro.
Die Krise brachte verschiedene institutionelle Schwachstellen ans Licht, insbesondere das Fehlen eines integrierten Bankenmarkts, dessen Säulen aus einer einheitlichen Aufsicht, einer gemeinsamen Abwicklungsbehörde mit einem einheitlichen Abwicklungsfonds und einem gemeinsamen Einlagensicherungssystem bestehen. Als Reaktion auf die Turbulenzen des Jahres 2012 schuf die Politik unter anderem eine einheitliche Aufsicht, die bei der EZB angesiedelt wurde. Innerhalb von nur zwei Jahren wurde unter Beteiligung der nationalen zuständigen Behörden eine europäische Bankenaufsicht aufgebaut.
Inzwischen befindet sich die Wirtschaft des Euro-Währungsgebiets seit nahezu fünf Jahren wieder auf Expansionskurs, und das Wachstum ist über Länder und Sektoren hinweg breit angelegt. Haupttriebfeder der Erholung ist die Geldpolitik der EZB, deren Maßnahmen in wichtigen Punkten durch die Bankenaufsicht auf Ebene des Euroraums ergänzt wurden.
Zum einen hat die integrierte Bankenaufsicht die Banken wieder stärker gemacht und auf diese Weise dazu beigetragen, die Fragmentierung der Finanzmärkte zu überwinden, die Transmission der Geldpolitik zu verbessern und die Bereitschaft zur Kreditvergabe an private Haushalte und Unternehmen wiederherzustellen. Im gesamten Euroraum haben sich die Kreditzinsen einem Rekordtiefstand genähert.
Zum anderen bildete die europäische Bankenaufsicht die erste Verteidigungslinie gegen vom Bankensektor ausgehende Finanzstabilitätsrisiken, indem sie die Banken zu einer angemessenen Eigenkapitalausstattung und zu einem nachhaltigen Gleichgewicht zwischen Risiko und Rendite verpflichtete. Dadurch konnte die Geldpolitik, auch wenn sie über geraume Zeit hinweg einen akkommodierenden Kurs beibehalten musste, ihrem Mandat zur Gewährleistung von Preisstabilität weiter nachkommen, denn die Risiken für die Finanzstabilität wurden und werden durch eine wirksame Aufsicht begrenzt.
Auch im Jahr 2018 stehen die Banken noch vor einigen großen Herausforderungen. Hierzu zählen die Bereinigung ihrer Bilanzen sowie der Abbau von Altlasten, die im Wesentlichen von der Finanzkrise (z. B. bestimmte nicht marktfähige Finanzprodukte) und der darauf folgenden Großen Rezession (wie etwa notleidende Kredite) herrühren. Weitere Ansatzpunkte sind die Notwendigkeit zur Anpassung der Geschäftsmodelle an neue technologische Herausforderungen sowie die Beseitigung von Überkapazitäten und hohen Kosten. Vor allem in diesen Bereichen besteht nach wie vor Handlungsbedarf für Banken, die stark sein und der Wirtschaft des Eurogebiets dienen wollen.
Einleitendes Interview mit Danièle Nouy, Vorsitzende des Aufsichtsgremiums
Seit dem Zusammenbruch von Lehman Brothers und dem Beginn der Finanzkrise sind fast zehn Jahre vergangen. Ist das Finanzsystem seitdem sicherer geworden?
Die weltweite Finanzkrise hat zweifellos viele Veränderungen bewirkt. Auf globaler Ebene haben wir mit Basel III gerade eine umfassende Aufsichtsreform zum Abschluss gebracht. Die Regeln für die Banken sind strenger geworden, und Lücken im regulatorischen Rahmen wurden geschlossen. Auf europäischer Ebene haben wir mit dem Aufbau einer Bankenunion begonnen. Gegenwärtig beruht die Bankenunion auf zwei Säulen: der europäischen Bankenaufsicht und der europäischen Bankenabwicklung. Zusammen tragen sie dazu bei, die Aufsicht über die Banken in Europa zu verbessern und Krisen wirksamer zu begegnen. Insgesamt lässt sich mit Fug und Recht sagen, dass die bestehende Architektur des Finanzsystems weitgehend von der Krise geprägt wurde. Und diese Architektur ist viel stabiler als zuvor. Also ja, das Finanzsystem ist sicherer geworden.
Wie steht es mit den Banken selbst? Haben sie ihre Lehren gezogen?
Nun, das hoffe ich. Schließlich lag eine der grundlegenden Ursachen der Krise in einer Kultur, die kurzfristigem Gewinnstreben den Vorrang vor langfristiger Tragfähigkeit gab und die oft missachtete, welche Auswirkungen das Handeln der Banken auf die Wirtschaft und die Steuerzahler hat. Es bedarf eines Kulturwandels, und dieser Wandel muss von den Banken ausgehen. Die Aufsichtsbehörden müssen allerdings dafür Sorge tragen, dass die Anreize konsistent sind und bleiben.
An welche Anreize denken Sie?
Die Tatsache, dass Banken nun auf geordnete Weise ausfallen können, sollte deren Blick vor allem auf die Nachhaltigkeit lenken. Staatliche Rettungsmaßnahmen müssen der Vergangenheit angehören. In Europa spielt der Einheitliche Abwicklungsmechanismus hierbei eine zentrale Rolle. Er hat im Jahr 2017 die erste Feuerprobe bestanden, als drei Großbanken ausfielen und abgewickelt wurden. Die Botschaft ist klar: Die Banken müssen nun für ihr Verhalten geradestehen; handeln sie unklug, droht der Zusammenbruch.
Das Risiko eines Zusammenbruchs veranlasst die Banken also dazu, alle Herausforderungen, mit denen sie konfrontiert sind, anzugehen?
Ja, natürlich. Die Banken sind seit der Krise ein gutes Stück vorangekommen, aber es gibt immer noch Probleme, die gelöst werden müssen. Und jetzt ist die Zeit dafür, die Bedingungen sind aus vier Gründen ideal: Erstens geht es der Wirtschaft im Euroraum gut. Zweitens stellen neue Technologien zwar möglicherweise eine Herausforderung für die Banken dar, sie bieten aber auch neue Chancen, um Geld zu verdienen und rentabel zu bleiben. Drittens ist mit dem Abschluss von Basel III regulatorische Sicherheit gewährleistet. Und viertens gibt es jetzt, wo die europäische Bankenaufsicht vollständig implementiert ist, auch keine Ungewissheit mehr hinsichtlich der Aufsicht. Die Banken wissen, wie wir arbeiten und was sie von uns erwarten können.
Die Ertragskraft ist für die Banken im Euro-Währungsgebiet ein großes Problem, nicht wahr?
In der Tat, die Ertragskraft ist die größte Herausforderung für die Banken im Euroraum. Viele von ihnen erwirtschaften immer noch nicht ihre Eigenkapitalkosten. Auf lange Sicht ist diese Situation untragbar. Das ist zwar ein Problem der Banken selbst, aber es bereitet uns als Aufsicht ebenfalls Sorge. Unrentable Banken können nicht zum Wirtschaftswachstum beitragen und keine Kapitalpuffer aufbauen. Zugleich könnten sie sich auf die Jagd nach Rendite begeben, was die Risiken noch verstärken würde. Wir Aufseher sind also durchaus besorgt über die mangelnde Profitabilität im Bankensektor des Eurogebiets.
Welche Maßnahmen sollten die Banken ergreifen, um ihre Rentabilität zu steigern?
Diese Frage ist schwieriger zu beantworten, denn jede Bank ist anders und braucht ihre eigene Strategie. Ausgangspunkt für jede einzelne Bank muss es sein, eine Strategie zu entwickeln und diese umzusetzen. Hier kommt der Begriff der „strategischen Steuerung“ ins Spiel. Kurz gesagt bezieht sich der Begriff auf die Fähigkeit der Geschäftsleitung, die Weichen in Richtung der langfristigen Ziele einer Bank zu stellen. Dies erfordert solide Verfahren und Good Governance, einschließlich Risikomanagement. Sind diese Bedingungen erfüllt, hat die Geschäftsleitung jederzeit einen guten Überblick und ein profundes Wissen über die gesamte Organisation und kann bei Bedarf rasch ihren Kurs ändern. Insgesamt gilt: Je besser Banken bei der „strategischen Steuerung“ agieren, desto erfolgreicher sind sie. Auf einer praktischeren Ebene sollten die Banken über eine Diversifizierung ihrer Ertragsquellen nachdenken, zum Beispiel durch die Nutzung neuer Technologien. Bei den Großbanken im Euro-Währungsgebiet bestehen die betrieblichen Erträge zum überwiegenden Teil aus Nettozinserträgen. In Anbetracht der historisch niedrigen Zinssätze wäre hier anzusetzen. So könnten die Banken beispielsweise versuchen, ihre Erträge aus Gebühren und Provisionen zu erhöhen. Viele Banken haben bereits signalisiert, dass sie genau dies tun wollen. Aber wie gesagt: Jede Bank ist anders und muss ihren eigenen Weg finden. Grundsätzlich besteht im europäischen Bankensektor weiterer Konsolidierungsbedarf.
Was ist mit den Kosten? Wären Kostensenkungen nicht eine weitere Möglichkeit, höhere Gewinne zu generieren?
Für Kostensenkungen besteht durchaus Spielraum. Schauen Sie sich die großen Filialnetze an: Werden diese in Zeiten des Online-Banking noch benötigt? Kosteneinsparungen können Teil der Strategie einer Bank sein, um ihre Ertragskraft zu erhöhen. Dabei müssen die Banken jedoch darauf achten, dass sie keine Einschnitte an der falschen Stelle vornehmen. Personalabbau in Bereichen wie Risikomanagement? Keine gute Idee. Einsparungen bei IT-Systemen? Auch keine gute Idee. Ganz allgemein gesprochen dürfen die Banken nicht an Stellen sparen, die für den künftigen Erfolg und die Stabilität entscheidend sind.
Wirken sich notleidende Kredite negativ auf die Ertragskraft aus?
Oh ja, ganz sicher. Notleidende Kredite, oder kurz NPLs, schmälern die Gewinne und ziehen Ressourcen ab, die effizienter genutzt werden könnten. Mit nahezu 800 Mrd € stellen die NPLs im Euroraum ein gravierendes Problem dar, das gelöst werden muss. Die gute Nachricht ist, dass die Banken Fortschritte machen: Seit Jahresbeginn 2015 sind die NPLs um rund 200 Mrd € zurückgegangen. Das ist ermutigend, genügt aber nicht.
Welche wesentlichen Maßnahmen hat die europäische Bankenaufsicht ergriffen, um dem Problem notleidender Kredite entgegenzuwirken?
NPLs gehören zu unseren obersten Aufsichtsprioritäten. Anfang 2017 haben wir einen Leitfaden für Banken zum Umgang mit notleidenden Krediten veröffentlicht. Auf Basis dieses Leitfadens haben wir die bankeigenen Pläne zum Umgang mit NPLs untersucht. Im Jahr 2018 werden wir weiter beobachten, wie diese Pläne umgesetzt werden.
Aber die Banken müssen nicht nur die bestehenden notleidenden Kredite loswerden. Sie müssen auch mit potenziellen neuen NPLs fertig werden. Dazu haben wir Ende 2017 den Entwurf einer Ergänzung zu unserem NPL-Leitfaden veröffentlicht, in dem dargelegt wird, wie wir uns die Risikovorsorge der Banken für neue NPLs vorstellen, wobei diese Erwartungen natürlich nicht verbindlich sind. Dies ist der Ausgangspunkt für den aufsichtlichen Dialog und wird in unseren institutsspezifischen Ansatz einfließen. Der Entwurf der Ergänzung war Gegenstand eines öffentlichen Konsultationsverfahrens; die endgültige Fassung wurde im März 2018 veröffentlicht.
Die Banken müssen also nach wie vor ihre Bilanzen bereinigen.
Ja, die guten Zeiten sind irgendwann vorbei. Die Banken sollten sie also bestmöglich nutzen, solange sie die Gelegenheit dazu haben. Bei einem Abschwung wird es viel schwieriger, notleidende Kredite abzubauen. Grundsätzlich sind saubere Bilanzen für die Ertragsentwicklung auf kurze bis mittlere Sicht von entscheidender Bedeutung. In diesem Zusammenhang wird der Stresstest der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde im Jahr 2018 ein Moment der Wahrheit für die Banken sein. Er wird näheren Aufschluss darüber geben, wie es um die Widerstandsfähigkeit der Banken bestellt ist, wenn es hart auf hart kommt.
Worauf muss die europäische Bankenaufsicht neben der geringen Ertragskraft und den notleidenden Krediten noch achten?
Auf vieles. Wir schauen uns zum Beispiel ganz genau die internen Modelle an, die die Banken verwenden, um die Risikogewichte ihrer Aktiva zu bestimmen. Dies ist für die Berechnung der Eigenkapitalanforderungen und damit für die Widerstandsfähigkeit der Banken von größter Relevanz. Um zu gewährleisten, dass die Modelle angemessene Ergebnisse liefern, führen wir eine gezielte Überprüfung der internen Modelle durch, die wir TRIM (targeted review of internal models) nennen. Diese Überprüfung verfolgt drei Ziele: Erstens soll sichergestellt werden, dass die von den Banken verwendeten Modelle den regulatorischen Standards entsprechen; zweitens geht es um eine einheitliche Behandlung interner Modelle durch die Aufseher; und drittens soll dafür Sorge getragen werden, dass die anhand interner Modelle ermittelten Risikogewichte auf den tatsächlichen Risiken und nicht auf Modellierungsentscheidungen beruhen. TRIM wird dazu beitragen, das Vertrauen in interne Modelle, in die Angemessenheit der Eigenkapitalausstattung und somit auch in die Widerstandsfähigkeit der Banken zu stärken.
Steht die gezielte Überprüfung interner Modelle auch im Zusammenhang mit Basel III und dem viel diskutierten Output-Floor?
Da gibt es in der Tat einen Zusammenhang. Grundsätzlich soll Basel III risiko-basierte Eigenkapitalanforderungen gewährleisten. Das ist auch durchaus sinnvoll, da risikobasierte Eigenkapitalanforderungen effizient sind und Banken dazu veranlassen, ihre Risiken sorgfältig zu definieren, zu messen und zu steuern. Dabei spielen interne Modelle eine wesentliche Rolle. Wenn sie nicht richtig funktionieren, sind die Banken am Ende womöglich unterkapitalisiert und anfällig. Wie ich bereits erwähnt habe, soll mit TRIM sichergestellt werden, dass die internen Modelle ordnungsgemäß funktionieren. Dabei wird gewissermaßen ein Bottom-up-Ansatz verfolgt, indem die Modelle selbst geprüft werden. Zugleich werden mit Basel III bestimmte Top-down-Sicherungsmechanismen wie etwa der von Ihnen erwähnte Output-Floor eingeführt. Er stellt sicher, dass die anhand interner Modelle ermittelten Risikogewichte nicht unter ein bestimmtes Maß fallen. Der Output-Floor trägt also, genau wie TRIM, zur Glaubwürdigkeit der risikobasierten Eigenkapitalanforderungen bei. Dies ist ganz im Interesse der Banken.
Von Basel zum Vereinigten Königreich: Wie bereitet sich die europäische Bankenaufsicht auf den Brexit vor?
Nun, der Brexit wird die Bankenlandschaft in Europa ganz sicher verändern. Und er betrifft Banken auf beiden Seiten des Ärmelkanals. Deren Hauptanliegen ist es, weiterhin Zugang zum jeweils anderen Markt zu haben. Dazu müssen sie unter Umständen weitreichende organisatorische Veränderungen vornehmen, die natürlich schon weit im Voraus vorbereitet werden müssen.
Aber auch die Aufseher müssen sich für die Zeit nach dem Brexit wappnen. Wir haben eine Reihe von Grundsatzpositionen zu wichtigen Aspekten entwickelt, und wir haben deutlich gemacht, was wir von Banken erwarten, die ihr Geschäft in den Euroraum verlagern. Wir stehen über verschiedene Kanäle in engem Kontakt mit den betreffenden Banken. Dies hilft uns, ihre Pläne besser zu verstehen und unsere Erwartungen klar zu kommunizieren.
Die Folgen des Brexit reichen jedoch über den Umzug einiger im Vereinigten Königreich ansässiger Banken hinaus. Als Aufsicht müssen wir ganz allgemein über grenzüberschreitende Bankengruppen nachdenken: Wie können wir dafür Sorge tragen, dass sie gut beaufsichtigt werden und dass sie abwicklungsfähig sind? Dies betrifft nicht nur Banken aus dem Vereinigten Königreich, sondern auch solche aus anderen Drittländern. Und es kann auch europäische Banken betreffen, die außerhalb der EU tätig sind.
Mal abgesehen vom Brexit, wie wird es Ihrer Ansicht nach mit der Finanzintegration in Europa weitergehen?
Der Brexit ist eine traurige Geschichte, so viel ist sicher. Ebenso sicher ist aber auch, dass die Finanzmärkte in Europa weiter zusammenwachsen. Die Arbeiten an der europäischen Bankenunion sind bereits weit gediehen, und die Idee scheint ihren Reiz auch auf Länder außerhalb des Eurogebiets auszuüben – insbesondere auf osteuropäische und skandinavische Länder. Ich finde das ermutigend.
Aber die Bankenunion muss erst noch vollendet werden, und ihre dritte, noch fehlende Säule ist ein europäisches Einlagensicherungssystem. Nachdem nun Bankenaufsicht und Bankenabwicklung auf die europäische Ebene übertragen worden sind, sollte dies auch mit der Einlagensicherung geschehen. Nur dann werden Kontrolle und Haftung miteinander in Einklang gebracht. Meines Erachtens ist es an der Zeit, weitere Schritte hin zu einem europäischen Einlagensicherungssystem zu unternehmen.
Mit dem Voranschreiten der Bankenunion sollten die Banken beginnen, die Vorteile eines großen und integrierten Marktes auszuschöpfen, sie sollten Grenzen überschreiten und einen wahrhaft europäischen Bankensektor bilden, der die europäische Wirtschaft zuverlässig und effizient finanziert.
1 Beitrag der Bankenaufsicht zur Finanzstabilität
1.1 Kreditinstitute: Hauptrisiken und allgemeine Entwicklung
Hauptrisiken im Bankensektor
Risikokonstellation im SSM trotz einiger Verbesserungen im Wesentlichen unverändert
Das wirtschaftliche Umfeld der Banken des Eurogebiets hat sich im vergangenen Jahr weiter verbessert, und teilweise konnten die Institute signifikante Gewinne erwirtschaften. Einige Banken müssen sich allerdings noch weiter erholen. Insgesamt wurden deutliche Fortschritte bei der Stärkung der Bilanzen und der Handhabung notleidender Kredite (non-performing loans – NPLs) erzielt. Zugleich schritt auch die Finalisierung der neuen Regulierungsagenda voran, was zu einem Nachlassen der regulatorischen Unsicherheit beitrug.
Grafik 1Risikokonstellation im europäischen Bankensystem im Jahr 2018
Gleichwohl haben einige Risiken weiter Bestand, und die allgemeine Risikokonstellation (siehe Grafik 1) im SSM hat sich seit Anfang 2017 nicht wesentlich geändert. Die drei bedeutendsten Risiken – sowohl hinsichtlich der potenziellen Auswirkungen als auch in Bezug auf die Eintrittswahrscheinlichkeit – betreffen a) das Niedrigzinsumfeld und seine negativen Auswirkungen auf die Ertragslage der Banken, b) den anhaltend hohen Bestand an NPLs in einigen Teilen des Euroraums sowie c) geopolitische Unsicherheiten. Die ersten beiden Risikofaktoren haben sich seit 2016 leicht abgeschwächt. Die geopolitischen Unsicherheiten haben indes merklich zugenommen, und zwar vor allem aufgrund der andauernden Verhandlungen zu den endgültigen Modalitäten des Brexit sowie der allgemeineren globalen politischen Unsicherheit (wobei in der EU nach den Präsidentschaftswahlen in Frankreich ein leichter Rückgang der Unsicherheit zu verzeichnen war).
Ertragslage der Banken nach wie vor problematisch
Das anhaltend niedrige Zinsniveau stellt im Hinblick auf die Ertragskraft der Banken nach wie vor eine Herausforderung dar. Die niedrigen Zinsen verbilligen zwar die Refinanzierung und stützen die Konjunktur, drücken aber zugleich die Zinsmargen und beeinträchtigen dadurch die Rentabilität der Kreditinstitute. Dadurch sehen sich die Banken möglicherweise gezwungen, ihre Geschäftsmodelle und Kostenstrukturen anzupassen. Zugleich muss die Aufsicht sicherstellen, dass die Banken keine übermäßigen Risiken eingehen, um ihre Gewinne zu steigern.
NPL-Bestände leicht verringert, aber weitere Bemühungen erforderlich
Anlass zur Sorge bieten auch die hohen NPL-Bestände bei einer Reihe von Banken des Eurogebiets. Gegenüber dem Jahr 2016 sind bei der Rückführung notleidender Kredite einige Fortschritte erzielt worden. So hat sich die aggregierte NPL-Quote von 6,5 % im zweiten Quartal 2016 auf 5,5 % im zweiten Quartal 2017 verringert. Gleichwohl haben zahlreiche Banken im Euroraum noch immer zu viele notleidende Kreditpositionen in ihren Bilanzen. Deshalb ist es unerlässlich, dass sie sich verstärkt um die Ausarbeitung und Umsetzung ehrgeiziger und glaubwürdiger NPL-Strategien bemühen. Zugleich bedarf es weiterer Reformen zur Beseitigung struktureller Hindernisse für die Auflösung der NPL-Bestände.[1]
Umsetzung des neuen Regulierungsrahmens kann für manche Banken eine Herausforderung sein
Die Finalisierung und Feinabstimmung des neuen Regulierungsrahmens wird mittelfristig der Stabilität des Bankensektors zugutekommen. Auf kurze Sicht kann der Übergang zum neuen regulatorischen System allerdings Kosten und Risiken für die Banken bergen, nicht zuletzt das Risiko, dass die Anpassung nicht rechtzeitig gelingt. Diese Risiken haben sich seit 2016 etwas verringert, je mehr sich im Zuge der von den internationalen und europäischen Foren erzielten Übereinkünfte weitere Einzelheiten zur endgültigen Ausgestaltung der verschiedenen regulatorischen Initiativen herauskristallisierten.
Mögliche Neubewertung von Risiken im Zusammenhang mit Fragen der Schuldentragfähigkeit und geopolitischen Risiken
In einigen Mitgliedstaaten, die nach wie vor anfällig sind für mögliche Neubewertungen an den Anleihemärkten (auch angesichts der aktuell sehr niedrigen Risikoprämien), ist die Tragfähigkeit der Verschuldung noch immer ein Thema. Besonders brisant ist das Länderrisiko im aktuellen Umfeld historisch hoher geopolitischer Unsicherheit (unter anderem im Zusammenhang mit dem Brexit). Etwaige plötzliche Veränderungen des Risikoappetits an den Finanzmärkten könnten die Banken über eine Neubewertung ihrer marktpreisbewerteten Bestände sowie ihrer Refinanzierungskosten beeinträchtigen.
Aufsichtsprioritäten des SSM
In den Aufsichtsprioritäten des SSM werden für jedes Jahr bestimmte Schwerpunktbereiche der Bankenaufsicht festgelegt. Diese basieren auf der Einschätzung der wesentlichen Risiken für die beaufsichtigten Banken und tragen den jüngsten Entwicklungen im wirtschaftlichen, regulatorischen und aufsichtlichen Umfeld Rechnung. Die Aufsichtsprioritäten werden jährlich neu festgelegt. Sie sind ein wichtiges Instrument zur harmonisierten, verhältnismäßigen und effizienten Koordinierung der Aufsichtsmaßnahmen für die Banken und tragen somit zu einheitlichen Rahmenbedingungen und einer stärkeren Wirkungskraft der Aufsicht bei (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1
Aufsichtsprioritäten für 2018 und darüber hinaus
Ergebnis der Sensitivitätsanalyse des in den Anlagebüchern enthaltenen Zinsänderungsrisikos
Die EZB überwacht laufend, wie empfindlich die Zinsmargen der Banken auf Zinsänderungen reagieren. Angesichts der Beeinträchtigung der Ertragskraft des Bankensektors durch das fortdauernde Niedrigzinsumfeld beschloss die EZB, die Strategien, die die Banken zur Wahrung ihrer Zinsmargen entwickelt haben, im Jahr 2017 anhand einer Reihe von Stressszenarien eingehender zu untersuchen.
In der ersten Jahreshälfte 2017 nahm die Bankenaufsicht der EZB deshalb eine Sensitivitätsanalyse des Zinsänderungsrisikos im Anlagebuch in Form eines Stresstests vor.[2] Dabei wurde eine Stichprobe von 111 bedeutenden Instituten (significant institutions – SIs) anhand zweier sich ergänzender Messgrößen bewertet: a) der durch Zinsänderungen verursachten Veränderung des Nettozinsertrags und b) der durch Zinsänderungen verursachten Veränderung des wirtschaftlichen Werts des Eigenkapitals[3] der Banken, d. h. des Barwerts ihres Anlagebuchs. Ziel war es, zu einer aufsichtlichen Bewertung der Risikomanagementpraxis der Banken zu gelangen und den bankenübergreifenden Vergleich der Ergebnisse zu substantiieren. Dazu wurden die Banken aufgefordert, eine Simulation der Auswirkungen von sechs hypothetischen Zinsänderungsschocks in Kombination mit einer stilisierten Entwicklung ihrer Bilanzen vorzunehmen.[4]
Grafik 2Durchschnittlicher projizierter Nettozinsertrag, aufgeschlüsselt nach Zinsänderungsschock
Die Ergebnisse zeigen, dass die Banken im Schnitt gut aufgestellt sind, um Zinsänderungen zu bewältigen. Eine plötzliche Parallelverschiebung der Zinsstrukturkurve um +2 % hätte insgesamt einen positiven Effekt auf den Nettozinsertrag (+10,5 % über einen Dreijahreshorizont, siehe Grafik 2) und einen leichten negativen Effekt auf den wirtschaftlichen Wert des Eigenkapitals (-2,7 % des harten Kernkapitals, siehe Grafik 3), wobei Letzteres das gravierendste Resultat aller untersuchten Zinsänderungsschocks war.
Die Ergebnisse der Stresstests sollten jedoch nicht dahingehend interpretiert werden, dass keine Risiken bestünden, vor allem da sie auch die Erwartungen der Banken zum Kundenverhalten widerspiegeln. Beispielsweise können Banken unbefristete Einlagen als langfristige festverzinsliche Verbindlichkeiten modellieren. Kommt es in einer Zinserhöhungsphase schneller zu einer Neubewertung der Einlagen als von den Banken angenommen, wird der Nettozinsertrag niedriger ausfallen als erwartet. Die Banken legten bei der Kalibrierung ihrer Einlagenmodelle überwiegend Phasen rückläufiger Zinssätze zugrunde. Deshalb spiegeln die Modelle womöglich nur teilweise Kundenreaktionen auf Zinsanstiege wider. Außerdem waren die modellierten Laufzeiten der Kerneinlagen in einigen Fällen überraschend lang.
Grafik 3Durchschnittliche Veränderung des wirtschaftlichen Werts des Eigenkapitals, aufgeschlüsselt nach Zinsänderungsschock
Die Ergebnisse verdeutlichen auch, dass die Banken in ihren Anlagebüchern umfangreiche Derivatepositionen haben. Grundsätzlich werden Derivate genutzt, um Inkongruenzen bei der Zinsanpassung von Aktiva und Passiva zu hedgen. Manche Banken setzen sie jedoch auch ein, um ein angestrebtes Zinsprofil zu erreichen. Der aggregierte Effekt solcher Geschäfte auf die Zinssensitivität des wirtschaftlichen Werts des Eigenkapitals ist gering (+1,7 % des harten Kernkapitals im Schockszenario „Parallelverschiebung nach oben“). Dieser begrenzte Nettoeffekt ergibt sich jedoch vor allem durch die Saldierung der Positionen der Banken, bei denen sich die Duration der Aktiva durch Derivategeschäfte verringert (55 % der Stichprobe) und der Positionen der Institute, bei denen sie sich verlängert (45 % der Stichprobe).
Die Ergebnisse des Stresstests 2017 gingen in den aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozess (supervisory review and evaluation process – SREP) ein. Im weiteren Verlauf werden die Erkenntnisse aus dem Stresstest auch in den Aufsichtsdialog zum Zinsänderungsrisiko im Anlagebuch einfließen. Der Test könnte auch als Basis für die Follow-up-Analysen der Gemeinsamen Aufsichtsteams (Joint Supervisory Teams – JSTs) dienen.
Kasten 1 Konsolidierung des Bankensektors – Hindernisse für grenzüberschreitende Fusionen und Übernahmen
Ein gesundes Bankensystem geht mit einem robusten Markt für Bankfusionen und -übernahmen einher. Durch die europäische Bankenunion – darunter auch die europäische Bankenaufsicht – wird es für Banken leichter, über Grenzen hinweg zu fusionieren.
Grenzüberschreitende Fusionen innerhalb des Euroraums können drei wesentliche Vorteile mit sich bringen. Erstens vertieften sie die finanzielle Integration im Euroraum und ebnen den Weg zur Erreichung des gemeinsamen Ziels eines wahrhaft europäischen Bankensektors. Zweitens haben Sparer mehr Möglichkeiten, ihr Geld anzulegen, und den Unternehmen wie auch den privaten Haushalten stehen mehr Finanzierungsquellen zur Verfügung. Drittens verbessert sich die Risikoteilung, wodurch die Wirtschaft in der EU stabiler und effizienter wird. Außerdem können Bankfusionen dazu beitragen, überschüssige Kapazitäten abzubauen und die Effizienz der Banken selbst zu steigern. Damit sich diese Vorteile manifestieren, müssen die Fusionstransaktionen allerdings in aufsichtlicher Hinsicht solide sein.
Situation des Marktes für Fusionen und Übernahmen
Nach einer anfänglichen Zunahme im Gefolge der Einführung des Euro sind Fusionen und Übernahmen im Euroraum seither rückläufig. Im Jahr 2016 waren es – sowohl gemessen an der Anzahl der Geschäfte als auch wertmäßig – die wenigsten seit der Jahrtausendwende.[5] Außerdem handelte es sich bei den erfolgten Transaktionen tendenziell um nationale und nicht um grenzüberschreitende Zusammenschlüsse.
Bankfusionen sind kompliziert, teuer und mit Risiken behaftet, und damit sie gelingen, müssen bestimmte Bedingungen gegeben sein. Banken müssen mutig sein, um einen solchen Schritt zu wagen, und offensichtlich mangelt es ihnen derzeit noch an dem erforderlichen Vertrauen.
Vor allem besteht häufig Unsicherheit darüber, welchen wirtschaftlichen Wert eine Fusion bringen würde. Bei der Auswahl potenzieller Partner kann es Zweifel geben, was die Aktiva-Qualität und die Fähigkeit zur Erwirtschaftung von Gewinnen betrifft. In einigen Teilen des Euroraums sind die Bestände an notleidenden Krediten nach wie vor hoch, und ihr tatsächlicher Wert ist schwer zu einzuschätzen.
Darüber hinaus besteht offensichtlich auch Unsicherheit in Bezug auf eine Reihe wichtiger langfristiger Bestimmungsgrößen der Ertragsentwicklung im Bankensektor. Wie werden sich durch die Digitalisierung und den damit einhergehenden Wandel der Marktstrukturen die optimale Struktur und Größe von Banken verändern? Lohnt es sich nach wie vor, Filialnetze aufzubauen, wenn diese durch das Online-Banking zunehmend an Relevanz verlieren? Und möglicherweise besteht auch noch eine restliche Unsicherheit, was die Regulierung betrifft. Es scheint, als würden viele Banken lieber zunächst die vollständige Umsetzung des einheitlichen Regelwerks abwarten, ehe sie einen so großen Schritt wie einen Zusammenschluss mit einem anderen Institut wagen.
Durch die grenzüberschreitende Dimension erhöht sich die Unsicherheit zusätzlich. Erstens müssen Banken bei grenzüberschreitenden Zusammenschlüssen nicht nur Ländergrenzen, sondern auch kulturelle und sprachliche Hürden überwinden. Die mangelnde Harmonisierung der rechtlichen und regulatorischen Grundlagen für bankenaufsichtliche Prüfungen zu Fusions- und Übernahmeaktivitäten in den Mitgliedstaaten des SSM kann die Kosten grenzüberschreitender Zusammenschlüsse erhöhen und sich als Hindernis erweisen. Die nationalen Regularien für Fusionen unterscheiden sich tendenziell von Land zu Land.
Ganz allgemein spielt auch die nationale Abschottung von Kapital und Liquidität bei der aufsichtlichen Behandlung eine Rolle. Gegenwärtig werden Optionen zum Verzicht auf grenzüberschreitende konzerninterne Aufsichtsanforderungen im Rahmen der Überarbeitung der Eigenkapitalverordnung (Capital Requirements Regulation – CRR) und Eigenkapitalrichtlinie (Capital Requirements Directive – CRD IV) erörtert, die sich, sofern sie eingeführt werden, als Stütze für grenzüberschreitende Fusionen und Übernahmen erweisen könnten. Außerdem sind in der CRD IV und CRR eine Reihe von Optionen und Ermessensspielräumen verankert, die auf nationaler Ebene unterschiedlich genutzt werden. Diese machen es schwierig, im SSM ein einheitliches Gesamtniveau an aufsichtsrechtlichem Eigenkapital sicherzustellen und die Kapitalpositionen der Banken vollständig zu vergleichen.
Natürlich können bei Konsolidierungsentscheidungen auch andere regulatorische Faktoren eine Rolle spielen. Beispielsweise können die zusätzlichen Eigenkapitalanforderungen, die bei zunehmender Größe und Komplexität z. B. in Form von Puffern für anderweitig systemrelevante Institute (A-SRIs) oder sogar global systemrelevante Institute (G-SRIs) zum Tragen kommen, Banken von Fusionen abhalten.
Hinzu kommt, dass Teile des Rechtsrahmens (z. B. die Insolvenzgesetzgebung), die Steuersysteme und auch sonstige Regelungen (z. B. Verbraucherschutzgesetze), die die Funktionsfähigkeit der Finanzsysteme stützen, innerhalb der EU und selbst im Euroraum noch nicht harmonisiert sind.
Die europäische Bankenaufsicht kann zwar auf diese Hindernisse aufmerksam machen, aber nur begrenzt an der Gestaltung des Umfelds mitwirken. Die Konsolidierung selbst muss den Marktkräften überlassen werden, die Veränderung des Regulierungssystems den Gesetzgebern.
Die europäische Bankenaufsicht hat allerdings durchaus einen Beitrag zur Verringerung der Unsicherheit hinsichtlich der Qualität der Bankaktiva geleistet. Ein erster wichtiger Schritt hierbei war die Prüfung der Aktiva-Qualität im Jahr 2014. Außerdem hat sie sich mit Nachdruck der Problematik der NPL-Portfolios der Banken angenommen. Darüber hinaus kann die Bankenaufsicht dafür Sorge tragen, dass die Aufsichtsverfahren für Fusionen effektiv sind. Mit Blick auf die Regulierung muss sichergestellt werden, dass die vereinbarten Reformen einschließlich Basel III sorgfältig und einheitlich umgesetzt werden und dass weitere Schritte zur Vollendung der Bankenunion – und insbesondere der europäischen Einlagensicherung – erfolgen. All diese Elemente werden zu einem Nachlassen der Unsicherheit beitragen.
Allgemeine Entwicklung der bedeutenden Institute im Jahr 2017
Während 2016 für die Banken im Eurogebiet ein besonders schweres Jahr war, hellte sich die Lage 2017 etwas auf. Nachdem das Betriebsergebnis der SIs vor Wertminderungen in den ersten drei Quartalen 2016 verglichen mit dem entsprechenden Zeitraum 2015 um 10 % eingebrochen war, kam es in den ersten neun Monaten des Jahres 2017 zu einer gewissen Erholung (+2 %). In Kombination mit einem starken Rückgang der Wertberichtigungen (-14,9 % gegenüber 2016 und ‑35,2 % gegenüber 2015) bewirkte dies eine relative Verbesserung der annualisierten durchschnittlichen Eigenkapitalrendite der SIs auf 7,0 % im Jahresdurchschnitt 2017, verglichen mit 5,4 % im Jahr 2016 und 5,7 % im Jahr 2015.
Hinter dieser allgemeinen Verbesserung verbergen sich jedoch erhebliche Unterschiede zwischen den Instituten. Etwa ein Dutzend bedeutende Institute fahren weiterhin Verluste ein, während rund doppelt so viele in den vergangenen drei Jahren eine durchschnittliche Eigenkapitalrendite von etwa 8 % oder mehr erwirtschaften konnten. Gleichwohl verdeutlicht die Tatsache, dass das Kurs-Buchwert-Verhältnis vieler börsennotierter Banken weiterhin unter 1 liegt, dass es weiterer Verbesserungen bedarf, um die Erwartungen der Anleger zu erfüllen.
Das bessere Betriebsergebnis vor Wertminderungen war auf einen Anstieg des Provisionsüberschusses (um 3,2 %) und des Nettohandelsergebnisses (um 62 % verglichen mit den ersten drei Quartalen 2016) zurückzuführen. Der Nettozinsertrag war indessen weiter rückläufig und fiel zuletzt 1,9 % niedriger aus als in den ersten drei Quartalen 2016, nachdem er in diesen bereits gegenüber den ersten drei Quartalen 2015 um 0,9 % zurückgegangen war.
Grafik 4
Anstieg der Eigenkapitalrendite im Jahr 2017 aufgrund besserer Betriebsergebnisse und niedrigerer Wertberichtigungen
Der Rückgang des Nettozinsertrags zwischen dem dritten Quartal 2015 und dem dritten Quartal 2016 scheint auf eine Verringerung der Margen zurückzuführen zu sein, denn das Kreditvolumen erhöhte sich um 4,7 %. Vom dritten Quartal 2016 bis zum dritten Quartal 2017 nahm es indessen um 2,1 % ab, und zwar vor allem bei den Ausleihungen an Finanzinstitute (Darlehen an Kreditinstitute -11,8 %, Kredite an sonstige finanzielle Unternehmen -7,3 %). Gleichwohl ist es rund der Hälfte aller SIs gelungen, ihren Nettozinsertrag trotz dieses negativen Trends zu verbessern.
Gestützt wurde das positive Abschneiden der Banken in den ersten drei Quartalen 2017 durch geringere Betriebsausgaben. Diese waren zuletzt 2,3 % niedriger als in den ersten neun Monaten 2016 (-1,6 % verglichen mit den ersten neun Monaten 2015) und befinden sich somit auf dem tiefsten Stand seit 2015, wofür in erster Linie die jüngsten Restrukturierungsmaßnahmen einiger Banken im Euroraum maßgeblich gewesen sein dürften.
1.2 Arbeit in Bezug auf notleidende Kredite (NPLs)
Lage in Europa
NPL-Bestände niedriger als 2015, aber noch immer nicht tragfähig
Die notleidenden Kredite in den Bilanzen der bedeutenden Institute beliefen sich im dritten Quartal 2017 auf fast 760 Mrd €, verglichen mit 1 Billion € Anfang 2015. In einigen Teilen des Bankensektors sind die NPL-Bestände allerdings noch immer viel zu hoch. NPLs stellen für den europäischen Bankensektor ein großes Problem dar, weil sie die Bankbilanzen belasten, Gewinne schmälern, Ressourcen von einer produktiveren Verwendung abziehen und die Kreditgewährung der Banken an die Wirtschaft hemmen. Deshalb ist es für die Banken unabdingbar, das Thema NPLs anzugehen. Die Arbeit zu NPLs war im Jahr 2017 eine der wichtigsten Aufsichtsprioritäten der EZB-Bankenaufsicht. Das fortlaufende Projekt wird von einer hochrangig besetzten Arbeitsgruppe zu NPLs koordiniert, die unmittelbar dem Aufsichtsgremium der EZB unterstellt ist. Hauptziel der Arbeitsgruppe ist die Entwicklung eines effizienten und einheitlichen Aufsichtsansatzes für Banken mit hohen Beständen an NPLs.
Die bankenaufsichtlichen Statistiken[6] der EZB, einschließlich Daten zur Aktiva-Qualität der SIs, werden vierteljährlich veröffentlicht. In Tabelle 1 wird der Rückgang der NPL-Bestände zwischen 2016 und 2017 veranschaulicht.
Tabelle 1Notleidende Kredite – Bestände und Quotienten nach Referenzzeitraum
NPL-Quoten von Land zu Land sehr unterschiedlich
Der Anteil notleidender Kredite ist in den einzelnen Euro-Ländern nach wie vor sehr unterschiedlich (siehe Abbildung 2). Die höchsten NPL-Quoten hatten im zweiten Quartal 2017 die SIs in Griechenland und Zypern (mit einem ländergewichteten Durchschnitt von 46,6 % and 34,0 %), gefolgt von portugiesischen SIs (18,1 %). Betrachtet man die Entwicklungstendenzen, so hat sich die NPL-Quote der SIs in Zypern, Irland, Italien und Slowenien im Vergleich zum Vorjahr erheblich verringert (‑6,3 Prozentpunkte, -5,6 Prozentpunkte, -4,4 Prozentpunkte bzw. ‑3,2 Prozentpunkte). Im dritten Quartal 2017 belief sich der NPL-Bestand der italienischen SIs auf 196 Mrd €, der französischen SIs auf 138 Mrd €, der spanischen SIs auf 112 Mrd € und der griechischen SIs auf 106 Mrd €.
Abbildung 2Notleidende Kredite1 – NPL-Quoten der Euro-Länder im Referenzzeitraum Q2 2017
Notwendigkeit einer umfassenden Strategie für die Abwicklung von NPLs
Strategiebedarf in drei Hauptbereichen: a) Aufsichtsmaßnahmen, b) Rechts- und Justizreformen, c) Sekundärmärkte für NPLs
Die Bankenaufsicht der EZB hat frühzeitig betont, dass es zur Bewältigung der NPL‑Problematik gemeinsamer Bemühungen aller Beteiligter bedarf. Dies war auch eine der wichtigsten Feststellungen des jüngsten Berichts der EZB zur Bestandsaufnahme der nationalen Praktiken in Bezug auf NPLs vom Juni 2017 (siehe Abschnitt 1.2.3.1). Darin wurde die Notwendigkeit einer umfassenden europaweiten Strategie in den folgenden drei Bereichen konstatiert: a) Aufsichtsmaßnahmen, b) Rechts- und Justizreformen sowie c) Entwicklung von Sekundärmärkten für notleidende Aktiva.
Abbildung 3Umfassende NPL-Strategie erfordert Einsatz aller involvierten Parteien einschließlich europäischer und nationaler Behörden
In Bezug auf aufsichtliche Maßnahmen hat die EZB-Bankenaufsicht einen umfassenden Aufsichtsrahmen für NPLs geschaffen, der folgende Elemente abdeckt:
- Veröffentlichung von Leitlinien für alle SIs, die die aufsichtlichen Erwartungen im Hinblick auf die Handhabung und den Abbau der NPL-Bestände festlegen,
- Entwicklung quantitativer Vorgaben für die aufsichtlichen Erwartungen zur Förderung einer zeitgerechteren Risikovorsorge in der Zukunft,
- Durchführung regelmäßiger Vor-Ort-Prüfungen zum Thema NPLs,
- Erhebung zusätzlicher relevanter Daten von Banken mit hohen NPL-Beständen.
In Übereinstimmung mit den Schlussfolgerungen des ECOFIN-Rates vom 11. Juli 2017 zum Aktionsplan für den Abbau notleidender Kredite in Europa unterstützt die Bankenaufsicht der EZB zudem die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) bei der Ausarbeitung allgemeiner Leitlinien zur Handhabung notleidender Kredite, die für alle Banken in der gesamten EU gelten sollen. Außerdem arbeitet die EZB-Bankenaufsicht mit der EBA an einer Verbesserung der Standards für die Kreditvergabe.
Darüber hinaus trägt die Bankenaufsicht der EZB aktiv zu zahlreichen weiteren NPL‑Initiativen in den drei oben genannten Bereichen bei – teilweise auch im Rahmen des vom EU-Rat im Juli 2017 beschlossenen EU-Aktionsplans – und arbeitet dabei mit den jeweiligen federführenden Stellen zusammen.
Kernelemente des aufsichtlichen Ansatzes für NPLs
Bestandsaufnahme nationaler Praktiken
Analyse der aktuellen Aufsichts- und Regulierungspraxis sowie der Hindernisse bei der NPL-Abwicklung
Im Juni 2017 veröffentlichte die EZB ihre jüngste Bestandsaufnahme der Aufsichtsverfahren und rechtlichen Rahmenbedingungen für NPLs. Darin wurde die Aufsichtspraxis aller 19 Euro-Länder zum Dezember 2016 untersucht.[7] Neben der Identifizierung bestmöglicher Aufsichtsverfahren ging es dabei um die Ermittlung a) der gegenwärtigen Regulierungs- und Aufsichtspraxis sowie b) der bei der Abwicklung notleidender Kredite bestehenden Hindernisse. Diese aktualisierte und erweiterte Bestandsaufnahme basiert auf einer früheren Untersuchung der Aufsichtspraxis und der Rechtsrahmen für NPLs, die sich auf acht Euro-Länder erstreckte (Deutschland, Griechenland, Irland, Italien, Portugal, Slowenien, Spanien und Zypern) und im September 2016 veröffentlicht wurde. Ihr Fokus lag auf der Identifizierung bewährter Aufsichtsverfahren in den Ländern mit relativ hohen NPL‑Beständen oder einer „sektoralen“ NPL-Problematik sowie der Darstellung der bestehenden Rahmenwerke für die Handhabung notleidender Kredite.[8]
Wichtige Lektion: Zeitnahe und effiziente Bewältigung rechtlicher Aspekte erfordert Vorbereitung sämtlicher Beteiligter
Die Bestandsaufnahme des Jahres 2017 hat ergeben, dass im Euroraum insgesamt einige Fortschritte bei der Bewältigung der NPL-Problematik aus aufsichtlicher Perspektive erzielt worden sind. In Kombination mit den Erfahrungen der Länder mit hohen NPL-Quoten liefert sie vor allem die Erkenntnis, dass alle Beteiligten proaktiv tätig werden müssen, um vorbereitet zu sein, bevor die NPL-Bestände zu hoch werden. Zahlreiche Länder mit niedrigen Beständen an NPLs haben ihre Rechtsrahmen diesbezüglich seit der Krise noch nicht angepasst. Sie sollten sich insgesamt besser vorbereiten, um rechtliche Aspekte, die im Falle eines Anstiegs der NPL-Bestände zum Tragen kommen könnten, zeitnah und effektiv bewältigen zu können. Dies betrifft etwa die Beschleunigung außergerichtlicher Verfahren (z. B. für die Zwangsverwertung von Sicherheiten oder die Bearbeitung von Insolvenzforderungen gegenüber Unternehmen oder Privatpersonen).
Was das Aufsichtsregime und die Aufsichtspraxis für die Handhabung von NPLs betrifft, geht aus der Bestandsaufnahme hervor, dass Maßnahmen wie Vor-Ort-Prüfungen, die sich speziell mit Rückständen und NPL-Management beschäftigen, ganz entscheidend dazu beitragen können, auftretende Probleme frühzeitig zu entdecken. In dieser Hinsicht wird der NPL-Leitfaden der EZB, der für alle bedeutenden Institute Geltung hat, in Zukunft ein wichtiges Element der aufsichtlichen Bewertung darstellen (siehe Abschnitt 1.1.2).
Für LSIs hatten die Länder des Euroraums zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Bestandsaufnahme nationaler Praktiken allgemein noch keine konkreten NPL‑Leitlinien aufgestellt. Allerdings haben bereits einige NCAs angedeutet, die NPL-Leitlinien der EZB eventuell auch auf LSIs anzuwenden zu wollen. Außerdem forderte der EU-Rat die EBA in seinen Schlussfolgerungen vom Juli 2017 auf, bis zum Sommer 2018 allgemeine Leitlinien zur Handhabung notleidender Kredite zu erarbeiten, die mit dem NPL-Leitfaden im Einklang stehen und für alle Banken in der gesamten EU gelten sollen.
Aus der jüngsten Bestandsaufnahme geht hervor, dass sich die rechtlichen Rahmen in den Ländern mit hohen NPL-Beständen (mit einigen Ausnahmen) gegenüber dem Stand zum Zeitpunkt der ersten Bestandsaufnahme nur schrittweise verbessert haben. Die Wirksamkeit der vorgenommenen Veränderungen lässt sich gegenwärtig noch nicht abschätzen. Im Bereich der Justizsysteme (einschließlich der Beschäftigung von Insolvenzexperten) halten die Fortschritte nicht mit der legislativen Entwicklung Schritt.
In Bezug auf die verfügbaren Informationen zu NPLs ergab die Bestandsaufnahme, dass die meisten Euro-Länder zentrale Kreditregister unterhalten, die in der Regel von den nationalen Zentralbanken geführt werden. Diese Kreditregister werden allgemein als wertvolles Aufsichtsinstrument für vor Ort wie auch extern durchgeführte Analysen sowie für den Informationsaustausch zwischen Banken erachtet.
NPL-Leitfaden und damit zusammenhängende Folgemaßnahmen
Veröffentlichung des NPL-Leitfadens wichtiger Schritt zur Bewältigung der NPL-Problematik auf Ebene des Euroraums
Die Bankenaufsicht der EZB hat im März 2017 einen qualitativen Leitfaden für Banken zur Handhabung notleidender Kredite[9] (nachfolgend „NPL-Leitfaden“) herausgegeben. Der Veröffentlichung ging ein öffentliches Konsultationsverfahren voraus, das vom 12. September bis 15. November 2016 andauerte. Am 7. November 2016 fand eine öffentliche Anhörung statt. Insgesamt gingen mehr als 700 Einzelkommentare ein, die während des Anhörungsverfahrens geprüft wurden. Die Erstellung des NPL-Leitfadens war ein wichtiger Schritt in Richtung einer signifikanten Verringerung der NPL-Bestände im Eurogebiet.
Zielsetzung und Inhalt des NPL-Leitfadens
NPL-Leitfaden legt aufsichtliche Erwartungen für verschiedene Phasen des NPL-Lebenszyklus fest
In seiner Kernaussage fordert der Leitfaden die betroffenen Banken auf, ihre hohen NPL-Bestände als wichtige Priorität zu behandeln und auf umfassende Art anzugehen, indem sie ihre interne Governance anpassen, eigene Implementierungspläne erarbeiten und sich quantitative Zielvorgaben setzen. Alle drei Elemente werden von den zuständigen JSTs überprüft. Die abwartende Haltung, die bisher häufig zu beobachten war, darf sich nicht fortsetzen. Die bankeigenen Zielvorgaben müssen angemessen in Anreizsysteme für Manager eingebettet und engmaschig von den Leitungsorganen überwacht werden.
Der NPL-Leitfaden ist ein praxisorientiertes Dokument und zeigt die aufsichtlichen Erwartungen für alle relevanten Bereiche auf, in denen die Banken in Bezug auf NPLs aktiv werden sollten. Er basiert auf der allgemeinen NPL-Definition der EBA,[10] erstreckt sich aber auch auf bestimmte Aspekte in Besitz genommener Vermögenswerte (foreclosed assets) sowie nicht notleidender Kreditpositionen mit einem hohen Ausfallrisiko, einschließlich Positionen auf „Watch Lists“ und nicht notleidender gestundeter Positionen.
Der NPL-Leitfaden baut auf den bewährten Verfahren einer Reihe von Euro-Ländern auf. Er folgt von der Struktur her dem Lebenszyklus der NPL-Handhabung und legt die aufsichtlichen Erwartungen im Zusammenhang mit der NPL-Strategie, der Steuerung von und Verantwortung für NPLs, Forbearance, der bilanziellen Erfassung von NPLs, der Erfassung von Wertminderungen und Abschreibungen sowie der Bewertung von Sicherheiten fest.
Folgearbeiten zu Strategien für NPLs und in Besitz genommene Vermögenswerte (foreclosed assets)
Banken mit hohen NPL-Quoten legten der EZB Strategien zum NPL-Abbau und Implementierungspläne vor
Im Anschluss an die Veröffentlichung des NPL-Leitfadens wurden die SIs mit hohen NPL-Quoten aufgefordert, der EZB-Bankenaufsicht Strategien und Implementierungspläne für die Rückführung der NPL-Bestände vorzulegen. Um die Vergleichbarkeit der Informationen sicherzustellen sowie einheitliche Rahmenbedingungen zu schaffen, wurde hierfür ein spezielles Formular entwickelt, das von den Banken auszufüllen war. Darin hatten die Banken auf Portfolioebene anzugeben, wie und über welchen Zeitraum sie planen, ihre Bestände an NPLs und in Besitz genommenen Vermögenswerten abzubauen.
Die Meldungen wurden im Zeitraum von März bis Juni 2017 abgegeben und anschließend von der Bankenaufsicht der EZB anhand der aufsichtlichen Erwartungen beurteilt. Die Beurteilung erfolgte durch die JSTs auf Einzelbankbasis mit Unterstützung eines NPL-Teams aus der Querschnittsfunktion. Im Verlauf dieses Prozesses trafen sich die JSTs zur Erörterung der Strategien mit den Banken.
Die NPL-Strategien, Umsetzungspläne und quantitativen Ziele werden von jeder Bank individuell festgelegt. Die EZB erwartete jedoch, dass diese ehrgeizig und glaubwürdig sind, damit sichergestellt ist, dass der Abbau von NPLs und in Besitz genommenen Vermögenswerten zügig und in hinreichendem Umfang erfolgt.
Beurteilung der NPL-Strategien
Strategien müssen ehrgeizig und glaubwürdig sein und auf zweckgeeigneten Governance-Strukturen basieren
Im Einklang mit dem NPL-Leitfaden sollten die Governance-Strukturen der Banken eine reibungslose Verfolgung der NPL-Strategie gewährleisten. Vor diesem Hintergrund werden die Strategien von den JSTs für jede Bank einzeln beurteilt, wobei der Fokus auf drei wesentlichen Elementen liegt: a) der Ambitioniertheit, b) der Glaubwürdigkeit der Strategie und c) Governance-Aspekten.
Die Ambitioniertheit bemisst sich am Umfang der von der Bank über einen Zeithorizont von drei Jahren beabsichtigten Rückführung (brutto und netto) der Bestände an NPLs und in Besitz genommenen Vermögenswerten. Dabei wird für jede Bank unter Berücksichtigung einer Reihe von Elementen – darunter die Finanzlage und das Risikoprofil des Instituts, die Merkmale seines NPL-Portfolios sowie das gesamtwirtschaftliche Umfeld – ein angemessenes „Ambitionsniveau“ definiert. Die EZB-Bankenaufsicht hat die von den Banken mit hohen NPL-Quoten angesetzten Ambitionsniveaus sowohl auf Länderebene als auch im Rahmen von Peer-Group-Vergleichen analysiert.
Bei der Einschätzung der Glaubwürdigkeit der Strategien legte sie eine breite Spanne von Analysen zugrunde, um festzustellen, ob die angesetzten Ambitionsniveaus tatsächlich dem entsprechen, was die Banken auch erreichen können. Dabei wurden unter anderem folgende Indikatoren berücksichtigt: zur Verfügung stehendes Kapital, Abdeckungsgrad der Rückstellungen und deren Entwicklung, Bedeutung von Strategien in Bezug auf die betroffenen Vermögensgegenstände, Analysen in Bezug auf das Alter der NPLs, Annahmen in Bezug auf Zu- und Abflüsse im NPL-Portfolio, Rückflüsse und Ressourcen zur deren Unterstützung, Zeitpläne und Diversifizierung strategischer Optionen.
Wie sieht eine ehrgeizige und glaubwürdige NPL-Strategie aus?
- Überwachung durch und Zuständigkeit der Leitungsorgane
- Klare, eindeutige Abbauziele, die nach einem Bottom-up-Ansatz unter Zugrundelegung hinreichend granularer Segmente identifiziert werden
- Detaillierte Analyse der Auswirkungen der einzelnen Elemente der NPL-Abbaustrategie auf Kapital, risikogewichtete Aktiva und Rückstellungen samt einer detaillierten Begründung zur Untermauerung der Umsetzung der Strategie und Zielvorgaben
- Diversifizierung anhand einer Vielzahl strategischer Optionen mit starkem Fokus auf Positionen, die mehr als zwei Jahre überfällig sind
- Klare strategische Steuerung, einschließlich klar definierter Anreize für Mitarbeiter und Managementfunktionen, damit die NPL-Abbauziele in allen Phasen des NPL-Abwicklungszyklus effektiv durchgesetzt werden
- Robuste interne operative Kapazitäten und Handlungsrahmen, die eine effektive Rückführung der NPL-Bestände ermöglichen, darunter Möglichkeiten der frühzeitigen Kontaktaufnahme mit Kreditnehmern, damit möglichst wenige Positionen tatsächlich notleidend werden
- Falls anwendbar, starker Fokus auf die zeitnahe Veräußerung in Besitz genommener Vermögenswerte oder vermehrte Rückstellungen, wenn nicht kurzfristig ein Verkauf erfolgt
- Detaillierter Implementierungsplan, in dem die wesentlichen für eine erfolgreiche Umsetzung der Strategie erforderlichen Zielvorgaben, Meilensteine, Maßnahmen und Zeitrahmen festlegt sind
- Starker Fokus auf nachhaltige Forbearance-Grundsätze, d. h. Identifizierung tragfähiger Kreditnehmer und Bereitstellung gangbarer Restrukturierungsoptionen, damit NPLs wieder in den Status nicht notleidend zurückkehren können
- Ausgereiftes Forbearance-Instrumentarium, dessen Wirksamkeit auf granularer Ebene überwacht wird
- Granularer Überwachungsrahmen zur Verfolgung der Strategieumsetzung, der es ermöglicht, die Ursachen einer unter-/überdurchschnittlichen Entwicklung zu identifizieren
Die Bewertung der Governance ist sehr breit angelegt und erstreckt sich unter anderem auf: a) die Selbsteinschätzungsverfahren der Banken, b) die Überwachung und Kontrolle des Strategieplans durch das Leitungsorgan, c) die Anreizsysteme zur Förderung der Umsetzung der Strategie, d) die Art und Weise, wie die Strategie in das Tagesgeschäft integriert wird, e) den Umfang der (internen und externen) Ressourcen, die die Bank für die Abwicklung notleidender Kredite abstellt, und f) die Strategien, die den Implementierungsplänen zugrunde liegen.
Quantitative Aufsichtserwartungen zur zeitnahen Bildung von Rückstellungen
Ergänzung zum NPL-Leitfaden legt aufsichtliche Erwartungen zu Niveau und Zeitspannen für die aufsichtliche Risikovorsorge fest und wird auf Einzelbankbasis angewandt
Im Einklang mit ihrem Mandat verfolgt die EZB einen zukunftsgerichteten Ansatz, um Risiken proaktiv anzugehen. Auch nach der Veröffentlichung des NPL‑Leitfadens arbeitet die EZB-Bankenaufsicht weiter an zusätzlichen Maßnahmen zur Bewältigung der NPL-Problematik, wobei sie sich die bisherigen Erfahrungen zunutze macht. Am 4. Oktober 2017 wurde der Entwurf einer Ergänzung zum NPL‑Leitfaden zur Konsultation veröffentlicht. Die Ergänzung soll zeitnähere Risikovorsorgepraktiken für neue NPLs fördern, um einen Aufbau der NPL-Bestände in Zukunft zu verhindern. Im Rahmen des öffentlichen Konsultationsverfahrens, das am 8. Dezember 2017 endete, gingen 458 Einzelkommentare von 36 Geschäftspartnern ein. Diese wertvollen Rückmeldungen wurden von der Bankenaufsicht der EZB bei der Finalisierung des Dokuments sorgfältig geprüft.
Die aufsichtlichen Erwartungen werden die Angleichung der Aufsichtspraktiken vorantreiben und für einheitliche Bedingungen sorgen. Natürlich gelten die Erwartungen vorbehaltlich einer Einzelfallbewertung. Als allgemeine Aufsichtserwartung sieht die Ergänzung vor, dass bei unbesicherten Krediten innerhalb von zwei Jahren nach der Einstufung als notleidend eine Risikoabdeckung von 100 % erreicht wird. Bei besicherten Krediten beträgt die entsprechende Zeitspanne sieben Jahre. Um einen Klippeneffekt zu vermeiden, sollte die Umsetzung der aufsichtlichen Erwartungen ab dem Zeitpunkt der Einstufung als NPL in angemessenen graduellen Schritten erfolgen.
Das Niveau der aufsichtlichen Risikovorsorge wird im Rahmen des regulären aufsichtlichen Dialogs bewertet. Dabei stellt die Aufsicht eingangs fest, ob die vom Institut gebildeten Wertberichtigungen die erwarteten kreditrisikobedingten Verluste angemessen abdecken. Anschließend werden die bilanziellen Wertberichtigungen mit den in der Ergänzung festgelegten aufsichtlichen Erwartungen verglichen.
Dazu erörtert die EZB im Zuge des aufsichtlichen Dialogs mit den Banken etwaige Abweichungen von den aufsichtlichen Erwartungen. Anschließend erwägt die EZB die Abweichungen auf Einzelbankbasis und beschließt nach einer gründlichen Analyse, die detailliertere Untersuchungen, Vor-Ort-Prüfungen oder eine Kombination aus beidem beinhalten kann, ob eine bankenspezifische Aufsichtsmaßnahme erforderlich ist. Der Prozess läuft nicht automatisiert ab, denn anders als bei den Säule-1-Vorschriften handelt es sich bei diesen aufsichtlichen Erwartungen nicht um verbindliche Vorgaben, die automatisch Maßnahmen auslösen.
Vor-Ort-Prüfungen zu NPLs
Im Jahr 2017 wurden 57 Vor-Ort-Prüfungen zum Kreditrisiko durchgeführt, darunter sechs unter Federführung der EZB und 51 unter Leitung der NCAs. Ein Schwerpunkt dieser Prüfungen war die Handhabung und Bewertung von NPLs, die auch in 54 der 57 Prüfberichte thematisiert wurde. Am häufigsten ging es dabei konkret um die Bewertung der Strategien, Richtlinien und Verfahren für NPLs (54 Berichte) sowie um quantitative Auswirkungsanalysen (37 Berichte).
Strategien, Richtlinien und Verfahren für NPLs
Unter Zugrundelegung des NPL-Leitfadens als Benchmark wurden die folgenden bedeutenden Mängel in Bezug auf Strategien, Richtlinien und Verfahren für NPLs festgestellt:
Trotz verbesserter NPL-Governance weiterhin Mängel bei der bilanziellen Erfassung von NPLs, insbesondere bei gestundeten Positionen
Strategie und Governance für NPLs: Hier ist ein Trend in Richtung eines aktiveren Umgangs mit NPLs erkennbar, der vorwiegend auf die Bemühungen der Banken zur Erfüllung der im NPL-Leitfaden festgelegten aufsichtlichen Erwartungen zurückzuführen ist. Allerdings wird in den meisten Vor-Ort-Prüfberichten darauf hingewiesen, dass den Leitungsorganen der Banken noch immer keine hinreichend granularen Informationen vorgelegt werden. Dies betrifft etwa Risiken, die im Rahmen der Frühwarnung identifiziert wurden, von verschiedenen Unternehmenseinheiten einer Bankgruppe eingegangen wurden oder im Zusammenhang mit der Anwendung bestimmter Restrukturierungsmodelle zum Tragen kamen.
Feststellungen in Bezug auf bestehende NPLs betreffen Angemessenheit der Rückstellungen für Kreditverluste sowie Verwendung hinreichender Bewertungsabschläge für Sicherheiten und Diskontierungszeitspannen
NPL-Forbearance: Bei den meisten Banken sind die Modalitäten des Eintritts und/oder der Beendung des Forbearance-Status nicht effizient geregelt. Was den Eintritt des Forbearance-Status betrifft, ist das Kriterium tragfähige vs. krisenbedingte Restrukturierung nicht genau definiert, und bestimmte im NPL-Leitfaden aufgezeigte Forbearance-Maßnahmen werden nicht als solche anerkannt (z. B. die Zusage zusätzlicher Kreditlinien oder die Anforderung zusätzlicher Sicherheiten). Zugleich lösen klassische Stundungsmaßnahmen (z. B. Zinssenkungen oder Laufzeitverlängerungen) bei Meldungen zu Kunden mit finanziellen Schwierigkeiten vielfach nicht automatisch den Status „notleidend“ aus. Die Regelungen zur Identifizierung finanzieller Schwierigkeiten sind nach wie vor sehr unterschiedlich und auch zu restriktiv, und zwar in erster Linie aufgrund unzureichender Daten. Die Kriterien für die Beendung des Forbearance-Status werden insbesondere während des Bewährungszeitraums nicht hinreichend überwacht.
Erfassung/Einstufung von NPLs: Die meisten Feststellungen in diesem Bereich betrafen a) unzureichende Kriterien dafür, ab wann es als unwahrscheinlich angesehen wird, dass der Schuldner seine Verbindlichkeiten nicht mehr begleichen kann, vor allem in bestimmten Sektoren (Schiffsbau, Gewerbeimmobilien, Öl und Gas) oder Finanzierungsmethoden (leveraged finance) sowie b) eine unangemessene Beschränkung auf lediglich die ausdrücklich in der CRR genannten Backstop-Kriterien.
Wertberichtigungen von NPLs und Bewertung von Sicherheiten: Die Wertberichtigungsprozesse der Banken stützen sich zwar zunehmend auf IT-Tools und präzisere Richtlinien, doch gleichzeitig besteht weiterer Verbesserungsbedarf, vor allem im Hinblick auf unrealistische Sicherheitenbewertungen (teilweise erfolgt statt einer Neubewertung eine Aufwärtsindexierung) sowie übermäßig optimistische Sicherheitenabschläge und Realisierungszeitspannen. Außerdem verwenden einige Banken nach wie vor unangemessene Verfahren für die Behandlung aufgelaufener, aber noch ausstehender Zinsen.
Integrität von NPL-Daten: Zu den zahlreichen Feststellungen in diesem Bereich zählen unter anderem fehlende Aggregationsverfahren für Daten, die zur Identifizierung finanzieller Schwierigkeiten benötigt werden (z. B. Daten aus Erfolgsrechnungen, EBITDA, DSCR). Zudem werden wichtige Parameter (z. B. Sicherheitenabschläge, Diskontierungszeitspannen, Gesundungsquoten) häufig gravierend falsch eingeschätzt, und die Kriterien für Abschreibungen (z. B. Ausfalldauer) sind oftmals nicht eindeutig definiert.
Quantitative Bewertung
Prüfungsteams fordern im Nachgang erhebliche quantitative Anpassungen, vor allem zum Ausgleich unzureichender Rückstellungen
Neben der üblichen Beurteilung von Richtlinien und Verfahren untersuchten die Vor‑Ort-Prüfungsteams auch umfangreiche Stichproben von Kreditakten. Bei der Beurteilung von Teilen von Kreditportfolios wurden mitunter auch statistische Verfahren verwendet, um zu verifizieren, ob die Höhe der Rückstellungen den aufsichtlichen Anforderungen (Artikel 24 der CRR und Artikel 74 der CRD IV in ihrer jeweiligen nationalen Umsetzung) sowie den internationalen Rechnungslegungsstandards (insbesondere IAS 39 und IAS 8) genügt. Während die meisten dieser Prüfungen im Ergebnis entweder keine bedeutenden Änderungen oder verkraftbare größere Anpassungen zur Folge hatten, wurden bei einigen Vor-Ort-Prüfungen doch erhebliche quantitative Mängel aufgedeckt, die im Einzelfall aufsichtliche Maßnahmen nach sich zogen.
Vierteljährliche Datenerhebung der EZB zu Banken mit hohen NPL-Beständen
Neue vierteljährliche Datenerhebung für SIs mit wesentlichen NPL-Positionen
Im September 2016 beschloss das Aufsichtsgremium der EZB die Einführung einer vierteljährlichen Erhebung von NPL-Daten für bedeutende Institute mit hohen NPL-Beständen.[11] Dadurch sollen Informationen, die von den Aufsehern im Rahmen des harmonisierten Meldewesens (Durchführungsstandards der EBA für die aufsichtlichen Meldungen) erhoben werden, um zusätzliche und stärker granulare Daten ergänzt werden. Diese sind notwendig, um die mit NPLs zusammenhängenden Risiken bei Instituten mit hohen NPL-Beständen effizient überwachen zu können.
Die im Meldezyklus 2017[12] verwendeten Meldeformulare der EZB stellen eine Ergänzung zu den bestehenden FINREP-Meldebögen für notleidende und gestundete Risikopositionen dar. Sie enthalten z. B. eine Aufschlüsselung des NPL‑Bestands nach Zeitpunkt der Einstufung als notleidend sowie Informationen zu Sicherheiten (einschließlich in Besitz genommener Vermögenswerte), Zu- und Abgänge an NPLs und Daten zu Restrukturierungen/Forbearance.
Die Daten aus der vierteljährlichen Erhebung werden von den JSTs verglichen und fließen in die Beurteilung der Strategien, Verfahren und Organisation der Banken im Hinblick auf das NPL-Management ein. Die nachstehende Grafik zeigt beispielhaft den prozentualen Anteil der notleidenden Risikopositionen, die Gegenstand von Gerichtsverfahren sind, an den gesamten NPL-Beständen der Meldestichprobe der Banken mit hohen NPL-Quoten zum Stichtag Ende Juni 2017.
Grafik 5Anteil der NPLs, die Gegenstand von Gerichtsverfahren sind, nach Dauer der Einstufung als notleidend
Die an dieser Erhebung teilnehmenden Banken wurden in entsprechenden SREP‑Schreiben über die jeweiligen Datenanforderungen in Kenntnis gesetzt.[13]
Aufbauend auf den im Rahmen des Meldezyklus 2017 gemachten Erfahrungen hat die EZB die Meldemögen für die vierteljährliche Datenerhebung gestrafft und den meldepflichtigen Instituten eine revidierte Fassung der Meldeanforderungen zukommen lassen, die ab dem 31. März 2018 gilt.
Die EZB und die EBA erörtern gegenwärtig die Möglichkeit der Aufnahme dieser NPL-Meldebögen in das harmonisierte Meldewesen.
Ausblick und weitere Schritte
Die Fortführung der Bemühungen zur Bewältigung der NPL-Problematik bei SIs wird für die EZB-Bankenaufsicht ein wichtiger Aufsichtsschwerpunkt bleiben. Die JST werden weiter engen Kontakt zu den Banken mit hohen NPL-Beständen pflegen, insbesondere in Bezug auf deren Strategien für die NPL-Reduzierung, die mindestens einmal jährlich genau überprüft und aktualisiert werden sollten.
Die endgültige Fassung der Ergänzung zum NPL-Leitfaden wurde am 15. März 2018 veröffentlicht. Da die Ergänzung jedoch nur neue NPLs betrifft, werden sich etwaige Folgemaßnahmen bei den SIs erst nach und nach herauskristallisieren.
Da das Thema NPLs ein Aktivwerden an zahlreichen Stellen erfordert, wird die EZB-Bankenaufsicht, wie im Bestandsaufnahmebericht vom Juni 2017 dargelegt, auch weiterhin eng mit anderen europäischen und nationalen Stellen zusammenarbeiten, um die verbleibenden Herausforderungen in Bezug auf den regulatorischen Rahmen für NPLs anzugehen.
1.3 Arbeit zu thematischen Überprüfungen
Geschäftsmodelle und Ertragstreiber
Die europäische Bankenaufsicht leitete 2016 im Rahmen einer thematischen Überprüfung eine fundierte Analyse der Geschäftsmodelle und Ertragstreiber der meisten bedeutenden Institute ein. Die Arbeiten hierzu werden im Jahr 2018 abgeschlossen.
Die Geschäftsmodelle und Ertragstreiber der Banken zu bewerten, stellt einen Hauptschwerpunkt der europäischen Bankenaufsicht dar. Rentablen Banken gelingt es, ihr Kapital organisch zu erhöhen und somit unter Wahrung einer vertretbaren Risikobereitschaft Kapitalpuffer in angemessener Höhe aufzubauen, ohne ihre Kreditvergabe an die Realwirtschaft einzuschränken. Dagegen könnten Institute, denen die Erwirtschaftung tragfähiger Gewinne Schwierigkeiten bereitet, versucht sein, sich risikoreicheren Aktivitäten zuzuwenden.
Ertragskraft aus verschiedenen Gründen geschmälert
Im gegenwärtigen Umfeld niedriger Zinssätze und eines anhaltend hohen Wertberichtigungsbedarfs in einigen Ländern und Sektoren ist die Ertragskraft der Banken im Eurogebiet geschwächt. Darüber hinaus spielen auch strukturelle Faktoren wie die Überkapazitäten an einigen Märkten, der Wettbewerb durch Nichtbanken, die steigende Kundennachfrage nach digitalen Dienstleistungen und die Notwendigkeit, die neuen regulatorischen Anforderungen zu erfüllen, eine Rolle.
Erstes Jahr der thematischen Überprüfung galt der Vorbereitung: Entwicklung der Instrumente und eines Leitfadens für die JSTs
Im Zuge der thematischen Überprüfung werden die Ertragstreiber der Banken sowohl auf Unternehmensebene als auch vor dem Hintergrund unterschiedlicher Geschäftsmodelle analysiert. Dabei stehen mehrere Ziele im Blickpunkt. Neben der Einschätzung, inwieweit die Banken in der Lage sind, Schwächen innerhalb ihrer Geschäftsmodelle abzubauen, soll auch untersucht werden, wie sich eine geringe Rentabilität auf das wirtschaftliche Verhalten der Banken auswirkt. Zudem leistet die thematische Überprüfung vor allem insoweit einen Beitrag zur Querschnittsanalyse, als die von den JSTs gewonnenen Erkenntnisse zusammengeführt werden und das Follow-up bankenübergreifend harmonisiert wird. Im ersten Jahr der thematischen Überprüfung wurden die erforderlichen Analyseinstrumente entwickelt und ein umfassender Leitfaden erstellt, der die JSTs bei ihren Analysen unterstützen soll.
Im ersten Quartal 2017 erhob die EZB Daten zu den Gewinn- und Verlustprognosen der Banken sowie zu den Annahmen, die diesen Prognosen zugrunde liegen. Für die kommenden zwei Jahre rechnen die Banken insgesamt mit einer allmählichen Verbesserung der Ertragslage. Diese dürfte von einem soliden Kreditwachstum und niedrigeren Wertberichtigungen getragen werden, während der Druck auf die Nettozinsmargen voraussichtlich anhalten wird.
Im zweiten Jahr der thematischen Überprüfung wurden Geschäftsmodelle und Ertragstreiber analysiert
Im zweiten und dritten Jahresviertel 2017 wurde der Schwerpunkt der thematischen Überprüfung auf bankspezifische Analysen der JSTs gelegt. Die Teams arbeiteten direkt mit den Banken zusammen, um sämtliche Aspekte ihrer Geschäftsmodelle und Ertragstreiber zu durchleuchten. Die untersuchten Aspekte reichten vom grundsätzlichen Ertragspotenzial der Banken bis hin zu ihrer Fähigkeit, die Geschäftstätigkeiten vollständig zu erfassen und zu steuern und die gewählten Strategien umzusetzen.
Die Erkenntnisse der JSTs werden mit den Analyseergebnissen der Generaldirektion Mikroprudenzielle Aufsicht IV der EZB kombiniert, wobei interne und externe Datenquellen herangezogen werden. Dies beinhaltet auch eine eingehende Analyse der ertragsstärksten Banken, deren Ertragstreiber ermittelt und auf ihre Nachhaltigkeit hin untersucht werden. Die Banken verfolgen sehr vielfältige Strategien zur Rentabilitätssteigerung, darunter Wachstumsstrategien zur Stärkung des Nettozinsertrags, eine Ausweitung der gebühren- und provisionspflichtigen Geschäfte, Kostensenkungen und die Digitalisierung.
Im Rahmen des aufsichtlichen Dialogs wurden den Banken Mängel im Bereich der internen Strukturen zur Ertragssteuerung und Probleme im Zusammenhang mit ihren Geschäftsplänen, etwa eine übermäßige Risikobereitschaft, zur Kenntnis gebracht. Wurden Defizite festgestellt, so werden für die betreffenden Banken Risikominimierungspläne erstellt und diese werden ihnen Anfang 2018 übermittelt.
Die Ergebnisse der thematischen Überprüfung fließen schließlich in den aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozess 2018 ein. Sie können Vor-Ort-Prüfungen und eingehende Untersuchungen von Bereichen, in denen Schwachstellen ermittelt wurden, nach sich ziehen. Die Analysen ermöglichen auch einen Benchmark-Vergleich der von den Banken verwendeten Verfahrensweisen.
Auswirkungen des Rechnungslegungsstandards IFRS 9 auf die Rückstellungen
IFRS 9 stellt auf angemessenere und zeitnähere Rückstellungspraxis ab
Der neue Rechnungslegungsstandard für Finanzinstrumente (IFRS 9) trat im Januar 2018 in Kraft und hat zum Ziel, die während der Finanzkrise gewonnenen Erkenntnisse umzusetzen, d. h. dem Umstand Rechnung zu tragen, dass Rückstellungen auf Basis der tatsächlich eingetretenen Verluste („Incurred Loss“-Modell) häufig zu gering ausfielen und zu spät erfolgten. Vor diesem Hintergrund soll der IFRS 9 durch die Einführung eines Modells auf Grundlage der erwarteten Kreditausfälle („Expected Loss“-Modell), das auch zukunftsgerichtete Elemente aufweist, angemessenere und zeitnähere Rückstellungspraktiken gewährleisten.
Die durch den IFRS 9 neu eingeführten Merkmale stellen einen Paradigmenwechsel im Rechnungslegungssystem für Finanzinstrumente dar, weil sie den Ermessensspielraum bei der Implementierung und der anschließenden Anwendung des Standards vergrößern. Da Bilanzdaten die Grundlage für die Berechnung der aufsichtlichen Eigenkapitalanforderungen bilden, legte der SSM in den Jahren 2016 und 2017 einen Schwerpunkt darauf, a) den Stand der Vorbereitung der SIs und LSIs auf die Einführung des IFRS 9 zu beurteilen, b) die potenziellen Auswirkungen auf die Rückstellungspraxis der Institute einzuschätzen, und c) zu einer einheitlichen Anwendung des neuen Standards beizutragen. Die Einschätzung stützte sich im Wesentlichen auf die Verfahren, die international als Best Practices gelten, wie im Leitfaden des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht (BCBS) und der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) niedergelegt. Im Zuge dieser Aufsichtstätigkeit arbeitete die EZB eng mit den NCAs, der EBA und dem Basler Ausschuss zusammen. Die Kooperation wird auch während der für 2018 geplanten Folgemaßnahmen fortgeführt.
Übergangsphase zur Glättung möglicher negativer Auswirkungen des IFRS 9 auf regulatorisches Eigenkapital der Banken
Mit Blick auf die Auswirkungen des IFRS 9 auf die bankenaufsichtlichen Kennzahlen ist zu beachten, dass die EU in ihrer Funktion als Mitgesetzgeber Übergangsmaßnahmen beschlossen hat, um mögliche negative Effekte des IFRS 9 auf das regulatorische Eigenkapital der Banken zu glätten. Die Maßnahmen wurden mit der am 27. Dezember 2017 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Verordnung (EU) 2017/2395[14] umgesetzt.
Ein Bericht mit den Ergebnissen der thematischen Überprüfung wurde auf der Website zur EZB-Bankenaufsicht veröffentlicht. Darin sind die wichtigsten qualitativen und quantitativen Ergebnisse für bedeutende und weniger bedeutende Institute zusammengefasst. Die allgemeine Schlussfolgerung in Bezug auf die qualitativen Aspekte ist, dass bei einigen Banken noch Handlungsbedarf besteht, wenn eine den höchsten Maßstäben genügende Umsetzung des IFRS 9 gewährleistet werden soll. Die Bankenaufseher haben insgesamt festgestellt, dass die Vorbereitung der größten SIs auf den neuen Standard weiter gediehen ist als die der kleineren SIs. Für die SIs wird der schwierigste Aspekt des IFRS 9 in der Berechnung der Wertminderungen liegen, da die Banken hierfür ihre internen Verfahren und Systeme grundlegend ändern müssen. Für die LSIs dürfte die größte Herausforderung in der Erstellung eines Modells auf Basis der erwarteten Kreditausfälle (ECL-Modell) sowie der Datenverfügbarkeit bestehen. Die thematische Überprüfung hat gezeigt, dass die überwiegende Mehrheit der Kreditinstitute intensiv an der Umsetzung des IFRS 9 arbeitet.
Durchschnittlicher negativer Effekt des vollständig umgesetzten IFRS 9 auf die harte Kernkapitalquote auf 40 Basispunkte geschätzt
Im Hinblick auf die quantitativen Auswirkungen geht aus dem Bericht hervor, dass der durchschnittliche negative Effekt, den der vollständig umgesetzte IFRS-9-Standard auf die regulatorische harte Kernkapitalquote haben wird, bei geschätzten 40 Basispunkten liegt. Dieses Ergebnis beruht auf Informationen von SIs, die sich bereits in einem fortgeschrittenen Umsetzungsstadium befinden und somit die zuverlässigsten Angaben liefern können. Der entsprechende Effekt auf die weniger bedeutenden Institute beläuft sich Schätzungen zufolge auf 59 Basispunkte. Unter Berücksichtigung der Übergangsbestimmungen dürfte der durchschnittliche negative Effekt des IFRS 9 auf die harte Kernkapitalquote zum Zeitpunkt des Übergangs rund 10 Basispunkte (SIs) bzw. 25 Basispunkte (LSIs) betragen.[15]
In der ersten Phase der Überprüfung von SIs wurden diejenigen Institute untersucht, die im ersten Quartal 2017 bereits auf die Beurteilung vorbereit waren. Alle Ergebnisse und notwendigen Korrekturmaßnahmen wurden den entsprechenden Instituten mitgeteilt; die noch offenen Themen werden 2018 von den JSTs weiterverfolgt. Die Banken, die noch nicht vollständig auf die Beurteilung vorbereitet waren, erhielten im ersten Jahresviertel 2017 ein Mahnschreiben und wurden bis zum 30. November 2017 von den JSTs überprüft. Eine Auswahl von weniger bedeutenden Instituten wurde im Rahmen einer Querschnittsuntersuchung hinsichtlich ihres Vorbereitungsstands evaluiert. Die EZB und die NCAs planen, die Umsetzung des IFRS 9 bei den LSIs im Jahr 2018 weiterzuverfolgen.
Aggregation von Risikodaten und Risikoberichterstattung
Thematische Überprüfung zur Aggregation von Risikodaten und Risikoberichterstattung war 2016 und 2017 Aufsichtsschwerpunkt des SSM
Für ein solides Risikomanagement der Banken bedarf es einer unternehmensweit hohen Datenqualität sowie effizienter Verfahren zur Aggregation von Risikodaten und zur Berichterstattung. Allerdings hat die Finanzkrise insbesondere gezeigt, dass einige Banken nicht in der Lage waren, ihre Risikopositionen vollständig zu ermitteln, weil sie nicht über adäquate Risikoinformationen verfügten und mangelhafte Verfahren zur Aggregation von Risikodaten einsetzten. Die Fähigkeit der betroffenen Banken, zeitnah Entscheidungen zu treffen, war dadurch stark eingeschränkt, was weitreichende Konsequenzen für die Institute selbst und den gesamten Finanzsektor hatte.
Vor diesem Hintergrund bildete eine thematische Überprüfung der Aggregation von Risikodaten und der Risikoberichterstattung in den Jahren 2016 und 2017 einen der Aufsichtsschwerpunkte des SSM.
Die thematische Überprüfung begann im Jahr 2016 mit einer Stichprobe von 25 bedeutenden Instituten. Sie wurde von den zuständigen JSTs durchgeführt, die von einer zentralen Arbeitsgruppe bestehend aus Mitarbeitern von EZB und NCAs Unterstützung erhielten. Die NCAs leisteten Hilfestellung in operativen Fragen und sorgten für eine einheitliche Durchführung in allen der Stichprobe angehörenden Banken. Die Überprüfung wurde entsprechend dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vorgenommen, indem Größe, Geschäftsmodell und Komplexität der geprüften Banken berücksichtigt wurden.
Den Banken wurden die Ergebnisse der Überprüfung mitgeteilt – im zweiten Quartal 2017 folgte die Empfehlung von Korrekturmaßnahmen
Die Ergebnisse belegen, dass der Umsetzungsgrad der Grundsätze des Basler Ausschusses für die effektive Aggregation von Risikodaten und die Risikoberichterstattung (BCBS 239) bei den untersuchten SIs noch erheblich zu wünschen übrig lässt. Den in der Stichprobe vertretenen Instituten wurden die Ergebnisse im Rahmen des aufsichtlichen Dialogs mitgeteilt. Die empfohlenen Korrekturmaßnahmen waren auch Gegenstand der abschließenden Follow-up-Schreiben, welche die EZB im zweiten Quartal 2017 aussandte. Die Empfehlungen ergingen insbesondere an Banken, die erhebliche Schwachstellen aufweisen, welche ihr Risikoprofil deutlich beeinträchtigen könnten.
In diesem Zusammenhang wurden die Kreditinstitute auch aufgefordert, klare, präzise und detaillierte Aktionspläne vorzulegen. Zur Gewährleistung der Konsistenz im Querschnittsvergleich nahm die von den JSTs unterstützte zentrale Arbeitsgruppe eine Bewertung der Aktionspläne vor.
Das von der Arbeitsgruppe entwickelte Verfahren wird zur Verbesserung der aufsichtlichen Beurteilungsmethodik für die Aggregation von Risikodaten und die Risikoberichterstattung beitragen. Die wichtigsten Überprüfungsergebnisse der SIs werden im Rahmen des SREP in die Bewertung der Datenaggregations- und Meldekapazitäten einbezogen.
Die Überprüfung wurde im Einklang mit den vom Basler Ausschuss erstellten Grundsätzen für die effektive Aggregation von Risikodaten und die Risikoberichterstattung[16] durchgeführt. Die EZB verfolgt die entsprechenden Fortschritte der Banken und informiert das Risk Data Network des Basler Ausschusses regelmäßig über relevante Erkenntnisse und bringt es auf den aktuellen Stand.
Outsourcing
Die technologische Entwicklung im vergangenen Jahrzehnt hat nicht nur die Erwartungen der Kunden in Bezug auf Bankdienstleistungen verändert. Sie hat sich auch darauf ausgewirkt, wie die Institute arbeiten und ihre Dienstleistungen erbringen. So hatte insbesondere die Einführung des Cloud Computing einen wesentlichen Einfluss darauf, wie die Kreditinstitute ihr Geschäft strukturieren, d. h. auf die Frage, welche Tätigkeiten sie weiterhin intern durchführen und welche sie an externe Anbieter vergeben.[17] Diese Entwicklungen eröffnen den Instituten neue Geschäftsmöglichkeiten und einen einfachen Zugang zu Dienstleistungen und Expertise außerhalb des regulären Bankgeschäfts. Die Steuerung der damit verbundenen Risiken stellt für die Banken jedoch eine Herausforderung dar. Die europäische Bankenaufsicht widmet diesem Thema naturgemäß große Aufmerksamkeit. Bedenken hegt sie beispielsweise insofern, als die Banken im Eurogebiet durch das Outsourcing zu reinen Scheinunternehmen werden könnten oder diese Auslagerung eine wirksame Bankenaufsicht erschweren könnte, etwa mit Blick auf den Brexit und die mögliche Verlegung von Instituten vom Vereinigten Königreich in den Euroraum.
Outsourcing als Aufsichtspriorität des SSM für 2017 festgelegt und gezielte thematische Überprüfung zu Outsourcing-Management und ‑Praxis der Banken eingeleitet
Wenn der nationale Rechtsrahmen ein entsprechendes Verfahren vorsieht, wird die EZB von bestimmten Outsourcing-Bestimmungen in Kenntnis gesetzt. Ob die Outsourcing-Regelungen eines Instituts angemessen sind, wird generell im Rahmen der Risikoprofilbewertung festgestellt, welche auch die Beurteilung der Risikomanagementverfahren für SREP-Zwecke umfasst.[18] Vor diesem Hintergrund wurden das Outsourcing als eine der Aufsichtsprioritäten des SSM im Jahr 2017 festgelegt und eine gezielte thematische Überprüfung zu Outsourcing-Management und -Praxis der Banken eingeleitet. Ziel der Überprüfung ist es, einen Einblick in die Maßnahmen, Strategien und Governance-Regelungen der Banken zum Schutz vor Outsourcing-Risiken zu erhalten und zu erfahren, wie diese ausgelagerte Risiken bewerten und überwachen.
Im Zuge der thematischen Überprüfung sammelte ein Querschnittsteam, das mit den jeweiligen JSTs zusammenarbeitet, Informationen darüber, wie eine repräsentative Stichprobe bedeutender Banken die mit ausgelagerten Tätigkeiten einhergehenden Risiken kontrolliert. Wie sich herausstellte, weichen die Outsourcing-Ansätze der Banken im gegenwärtigen Umfeld sowohl hinsichtlich der Governance als auch der Überwachung stark voneinander ab. Auch die Unsicherheiten der Institute bei der Identifizierung von Outsourcing und wesentlichen Outsourcing-Tätigkeiten wurden hervorgehoben. Das Team legte darüber hinaus Best Practices fest und fand heraus, dass zusätzliche Orientierungshilfen beim Umgang mit dem Outsourcing nicht nur aus aufsichtlicher Perspektive erforderlich sind, sondern auch von den Banken selbst begrüßt werden.
Outsourcing-Entwicklungen beeinflussen Bankensektor weltweit. Sie werden jedoch in den verschiedenen Rechtssystemen – auch innerhalb des SSM – sehr unterschiedlich behandelt
Die thematische Überprüfung umfasste auch eine Kartierung und Bewertung der Outsourcing-Landschaft in den Ländern des Euroraums, einschließlich verfahrenstechnischer Aspekte wie des Melde- und Genehmigungswesens. Ein Vergleich der nationalen aufsichtsrechtlichen Rahmen bestätigte die Diversität der einzelnen Systeme. Zwar haben die dem SSM angehörenden Länder die CEBS[19]-Leitlinien zum Outsourcing[20] auf die eine oder andere Art umgesetzt, doch sie unterscheiden sich deutlich darin, wie formal und detailliert die entsprechenden Bestimmungen ausgestaltet sind. Um das Bild abzurunden und dem internationalen Charakter vieler SIs Rechnung zu tragen, tauschte sich die EZB darüber hinaus mit mehreren Aufsichtsbehörden außerhalb des Eurogebiets zu einschlägigen Aufsichtsansätzen aus. Dabei ging es der EZB darum, die Erwartungen der Aufseher hinsichtlich des Umgangs mit ausgelagerten Tätigkeiten zu ergründen und auf dieser Basis die regulatorischen Bedingungen auf internationaler Ebene anzugleichen.
Aus der Überprüfung ergibt sich die eindeutige Notwendigkeit, die aufsichtlichen Erwartungen in Bezug auf die Outsourcing-Vorkehrungen der Banken weiter zu konkretisieren. Dies würde den Instituten größere Klarheit verschaffen und zugleich dazu beitragen, den Aufsichtsansatz für das Outsourcing zu harmonisieren. Die entsprechenden Arbeiten werden in enger Abstimmung mit den NCAs und der EBA auf den Weg gebracht.
1.4 Vor-Ort-Prüfungen
Insgesamt 157 Vor-Ort-Prüfungen für 2017 genehmigt
Der dritte Zyklus von Vor-Ort-Prüfungen war Bestandteil des aufsichtlichen Prüfungsprogramms (supervisory examination programme – SEP) für 2017. Insgesamt wurden im Berichtsjahr 157 Vor-Ort-Prüfungen genehmigt, verglichen mit 185 im Jahr 2016. Dieser Rückgang resultierte aus der Priorisierung von TRIM-Überprüfungen und einer Verlagerung hin zu komplexeren und zeitaufwendigeren Vor-Ort-Prüfungen, insbesondere des Kreditrisikos.[21]
Am 31. Dezember 2017 hatten mit einer Ausnahme alle geplanten Vor-Ort-Prüfungen begonnen (156 von 157). Davon wurden 64 im Berichtsjahr beendet und die Abschlussberichte den geprüften Instituten übermittelt. Die Gesamtzahl der 2017 finalisierten Vor-Ort-Prüfungen umfasst auch 98 Prüfungen, die Bestandteil des aufsichtlichen Prüfungsprogramms für 2016 waren, aber erst 2017 abgeschlossen wurden, sowie 18 Vor-Ort-Prüfungen außerhalb der SSM-Länder.
Grafik 6
Vor-Ort-Prüfungen 2017: Aufschlüsselung nach Risikokategorie
Die Planung und personelle Besetzung von Vor-Ort-Prüfungen erfolgt in enger Zusammenarbeit mit den NCAs, die nach wie vor den Großteil der Prüfungsleiter und Teammitglieder stellen. Zum Stichtag 31. Dezember 2017 wurden 90 % der Prüfungen von NCAs geleitet, wobei schwerpunktmäßig Bankengruppen analysiert wurden, deren Hauptsitz im Herkunftsland der jeweiligen NCA liegt. Bei den verbleibenden 10 % wurde die Prüfungsleitung von der Abteilung Vor-Ort-Prüfungen der EZB wahrgenommen.
Europäische Bankenaufsicht etablierte 2017 einen systemweiten Ansatz zur Erhöhung der grenzüberschreitenden und gemischten Prüfungsteams
Die europäische Bankenaufsicht etablierte 2017 einen umfassenden systemweiten Ansatz mit dem Ziel, die Zahl der grenzüberschreitenden und gemischten Prüfungsteams in den kommenden Jahren zu erhöhen. Zu diesem Zweck wurde die Abgrenzung von gemischten bzw. grenzüberschreitenden Teams präzisiert und ein entsprechender Aktionsplan vom Aufsichtsgremium der EZB erstellt. Teams gelten als „grenzüberschreitend“, wenn der Prüfungsleiter und mindestens ein Teammitglied nicht aus der NCA des entsprechenden Herkunfts-/Aufnahmelandes stammen. „Gemischt“ ist ein Team dann, wenn der Prüfungsleiter der NCA des jeweiligen Herkunfts-/Aufnahmelandes angehört, während dies bei mindestens zwei Teammitgliedern nicht der Fall ist.
Wendet man diese neue Definition auf das Jahr 2017 an, so waren 29 der 157 geplanten Vor-Ort-Prüfungen (18,5 %) mit gemischten/grenzüberschreitenden Teams besetzt, was gegenüber 2016 einen leichten Rückgang bedeutet. Durch die Einführung des neuen Aktionsplans dürfte sich dieser Trend umkehren: Im Jahr 2018 werden etwa 25 % der geplanten Vor-Ort-Prüfungen von gemischten/grenzüberschreitenden Teams durchgeführt.
Tabelle 2
Personelle Besetzung von Vor-Ort-Prüfungen: NCA oder EZB
Nach über zwei Jahren Erfahrung mit Vor-Ort-Prüfungen beschloss das Aufsichtsgremium der EZB, den Gesamtprozess[22] zu modifizieren. Ziel war eine allgemeine Verbesserung der Prüfungen im Hinblick auf Qualität, Geschwindigkeit und Rechtsförmlichkeit. Den Banken ist es nun möglich, in einem Anhang zum Prüfungsbericht schriftlich Stellung zu den Prüfungsergebnissen zu nehmen. Diese Verfahrensanpassung gewährleistet vollständige Transparenz und erlaubt es dem zuständigen JST, die Kommentare der Banken bei den Folgetätigkeiten auf Grundlage des Prüfungsberichts einzubeziehen.
Im Juli 2017 legte die EZB einen Leitfaden für Vor-Ort-Prüfungen und Überprüfungen interner Modelle zur öffentlichen Konsultation vor
Im Juli 2017 legte die EZB einen Leitfaden für Vor-Ort-Prüfungen und Überprüfungen interner Modelle zur öffentlichen Konsultation vor. Der Leitfaden soll verdeutlichen, wie die Bankenaufsicht der EZB Vor-Ort-Prüfungen durchführt, und er soll den geprüften Instituten als Referenzdokument dienen. Der Leitfadenentwurf wird gerade überarbeitet und nach der Verabschiedung durch das Aufsichtsgremium der EZB und den EZB-Rat (Letzterer im Verfahren der impliziten Zustimmung) veröffentlicht.
Im Jahr 2018 werden Umfang und Zeitrahmen von Prüfungen mit quasi identischen Prüfungsthemen miteinander abgestimmt, um intensivere Diskussionen zwischen den Prüfungsleitern und den Überwachungsteams der EZB zu ermöglichen. Auf diese Weise sollen die Effizienz der Prüfungen und die Konsistenz des Ansatzes erhöht werden.
Die wichtigsten Feststellungen bei Vor-Ort-Prüfungen
Die folgende Analyse beruht auf acht Risikokategorien und 137 Vor-Ort-Prüfungen, für die der entsprechende Abschlussbericht zwischen dem 1. Januar und dem 31. Oktober 2017 fertiggestellt wurde.
Kreditrisiko
Bei über der Hälfte aller Kreditrisikoprüfungen ging es ausschließlich um Qualitätsaspekte im Kreditrisikomanagement. Bei den übrigen 45 % wurde im Zuge von Kreditaktenprüfungen die Qualität der Vermögenswerte untersucht, wobei finanzielle Auswirkungen in einer Größenordnung von über 10 Mrd € festgestellt wurden. Die kritischsten Feststellungen betrafen:
- Unangemessene Klassifizierung von Schuldnern: Unzulänglichkeiten bei der Definition und/oder Identifikation von Ausfällen bzw. notleidenden Forderungen, Schwächen bei der Überwachung stark risikobehafteter Kreditnehmer (Frühwarnsystem, Forbearance-Ermittlung, interne Ratings); dementsprechend weitere Vorkehrungen erforderlich
- Fehlberechnung von Rückstellungen: Bewertungsabschläge für Sicherheiten, Zeit bis zur Eintreibung der Forderung, Gesundungsquoten, Cashflow-Schätzungen und Parameter für Portfoliowertberichtigungen
- Schwächen im Kreditvergabeverfahren: unzureichende Schuldneranalyse, unentdeckte Abweichungen vom Delegierungs-/Limitsystem der Bank
- Governance-Probleme: Mängel in der internen Kontrolle der „drei Verteidigungslinien“, z. B. im Bereich der zweiten Verteidigungslinie: schwach ausgeprägte Risikomanagementfunktion, fehlende Einbindung des Leitungsorgans oder der obersten Führungsebene, unzureichende Kompetenzen der internen Revision, Überzentralisierung des Entscheidungsprozesses
- Aufsichtliche Kennzahlen: Fehlberechnung von risikogewichteten Aktiva, Verstoß gegen Großkreditverordnungen
Governance-Risiko
Die häufigsten Themen, die im Rahmen von Vor-Ort-Prüfungen der internen Governance und des Risikomanagements untersucht wurden, waren die Organisationsstruktur, die Aufgaben und Zuständigkeiten des Leitungsorgans sowie die interne Revision. In den folgenden Bereichen wurden häufig gravierende Mängel festgestellt:
- Organisationsstruktur: unzureichende interne Kontrollrahmen, ungeeignete/ unklare Berichtswege, mangelnde Koordination innerhalb der Gruppe
- Aufgaben und Zuständigkeiten des Leitungsorgans: Interessenkonflikte, ungenügende Definition/Aktualisierung von strategischen Ansätzen, Mängel in der Übertragung von Befugnissen
- Interne Revision: unzureichende Revisions- und Nachschautätigkeit
- Compliance: Unzulänglichkeiten bezüglich der Beurteilung des Compliance-Risikos, ungenügende Ressourcen, veraltete Strategien und Verfahren
- Risikomanagement: Mängel in Bezug auf Risikomessung, Überwachung/Kontrolle und Meldewesen sowie Fehlen von Eskalationsverfahren
- Governance-Prozesse: Unzulänglichkeiten bei Einführungsstrategien und Verfahren für die Zulassung neuer Produkte
Operationelles Risiko
Im Mittelpunkt von Vor-Ort-Prüfungen des operationellen Risikos standen vor allem die Organisationsrahmen der Banken, ihre Strategien und Verfahren, die Messung und Steuerung von Risiken, der Umfang des Risikomanagements sowie die Risikoerkennung. Die meisten kritischen Feststellungen bezogen sich auf folgende Bereiche:
- Organisationsrahmen, Strategien und Verfahren: Mängel im Entscheidungsprozess in Bezug auf operationelle Risiken, ungeeignete Funktionstrennung, Schwächen im Bereich der Meldesysteme
- Messung und Steuerung von Risiken: ungenügende Überwachung operationeller Risiken, Defizite bei der Datenerhebung zu operationellen Risiken, Fehlen von Risikovorsorgemaßnahmen zur Bewältigung von operationellen Risikoereignissen
- Umfang des Risikomanagements und Risikoerkennung: unvollständige Erfassung signifikanter operationeller Risiken, Mängel in der Steuerung operationeller Risiken auf Gruppenebene, unzutreffende Beurteilung operationeller Risiken bei neuen Projekten/Genehmigungsverfahren
- Risikoprofil, Risikostrategie und Risikobereitschaft: unzutreffende Beurteilung von operationellen Risikoprofilen, fehlende Strategien für das operationelle Risiko
IT-Risiko
Gegenstand von Prüfungen des IT-Risikos sind normalerweise: a) Organisationsrahmen, Strategien, Maßnahmen, Verfahren und Systemarchitektur, b) Organisation und Outsourcing, c) Risikomanagement, d) Sicherheitsmanagement, e) Datenqualitätsmanagement und f) Management des IT-Betriebs.
Etwa ein Drittel der Prüfungsfeststellungen betrifft die IT-Sicherheit. Die übrigen Feststellungen beziehen sich auf IT-Organisation und Outsourcing, Risikomanagement, Datenqualitätsmanagement, IT-Continuity-Management sowie Software-Management.
Beispiele für die kritischsten Feststellungen im Zusammenhang mit IT-Risiken sind:
- fehlender Support der Anbieter für Teile der IT-Infrastruktur
- keine klare Funktionstrennung zwischen Entwicklern und IT-Betrieb
- Fehlen einer umfassenden und aktuellen Sicherheitsstrategie
- Fehlen einer angemessenen Netzwerksegmentierung
- unzureichende Protokollierung durch die Instrumente für das Management von Sicherheitsvorfällen
- Mängel im Rezertifizierungsprozess für Zugangsberechtigungen
- Fehlen umfassender Business-Continuity-Tests
Kapitalrisiko
Prüfungen des regulatorischen Eigenkapitals (Säule 1) umfassten in der Regel folgende Bereiche: Governance, interne Strategien und Kontrollen, Abstimmungsprozesse, Datenqualitätssicherung sowie Eigenkapitalanforderungen für das Kreditrisiko. Daneben deckten die ICAAP-Prüfungen vor allem die Organisationsstruktur, die Risikoerkennung und -aggregation sowie die Kapitalplanung und die Stresstests ab.
Zu den gravierendsten Feststellungen bei Säule-1-Prüfungen zählen:
- Mängel bei der Erkennung und Beseitigung von Datenqualitätsproblemen, die zu Fehlern bei der Berechnung der Eigenmittel und der risikogewichteten Aktiva führen
- ungenügende Strategien, Verfahren und Kontrollen zur Beurteilung der erforderlichen Kreditrisikominderungstechniken
Die kritischsten Feststellungen bei ICAAP-Prüfungen betreffen:
- Quantifizierungsschwächen, insbesondere bei der Erstellung von Kreditrisikomodellen (z. B. hinsichtlich der zugrunde liegenden Annahmen, ungerechtfertigter Vereinfachungen, Parametrisierung usw.)
- unvollständig entwickelte Stresstestrahmen (Unklarheiten bezüglich der Szenariodefinition, Fehlen inverser Stresstests)
- nicht in die Leitungsstruktur der Bank eingebettete ICAAP-Prozesse
Zinsänderungsrisiko im Anlagebuch
Bei sämtlichen Prüfungen des Zinsänderungsrisikos im Anlagebuch (interest rate risk in the banking book – IRRBB) wurden Messung, Management und Überwachung des IRRBB-Risikos analysiert. In nahezu allen Fällen wurden darüber hinaus die Risikoinventur, Risikobereitschaft und Risikostrategie sowie der Umfang des Risikomanagements und die Risikoerkennung geprüft. Prüfungsfeststellungen mit weitreichenden Auswirkungen ergeben sich in der Regel im Bereich der Messung, des Managements und der Überwachung des IRRBB-Risikos. Die häufigsten Mängel wurden in folgenden Bereichen identifiziert:
- Risikomodelle nicht auf negative Zinssätze ausgelegt
- Fehlen einer konsolidierten Betrachtung auf Holding-Ebene bei Verhaltensmodellen, die von den verschiedenen Unternehmenseinheiten entwickelt wurden
- Grundannahmen für Vorauszahlungsmodelle nicht hinreichend fundiert
- unzureichende Datenerhebung
- inadäquate Definition des Limitierungsrahmens
Liquiditätsrisiko
Bei allen Prüfungen des Liquiditätsrisikos wurden Governance, Messung, Überwachung und Management der Risiken untersucht, aber auch Stressszenarios, Risikominderungstechniken sowie die Melde- und Offenlegungspflichten. Die Mehrzahl der Prüfungsfeststellungen hängt mit der Risikomessung und der Governance zusammen. Auf diese Themenbereiche entfällt auch ein großer Teil aller hoch kritischen Feststellungen, insbesondere:
- Unzulänglichkeiten der Risikomodelle: Schätzfehler bei der Ermittlung des Ablaufprofils von Finanzprodukten, mangelnde Erhärtung der für Stresstests verwendeten Szenarios, ungenügende Datenqualität
- Governance-Themen: unangemessene Leitung der Holdinggesellschaft, mangelnde Beteiligung der Validierungsfunktion, Unwirksamkeit des Frühwarnsystems
Geschäftsmodelle und Ertragskraft
Neben der Gewinnerwirtschaftung und -verteilung erstreckten sich die Vor-Ort-Prüfungen auch oftmals auf die Plausibilität der strategischen Annahmen des Instituts, die betriebliche Umsetzungsfähigkeit und die Finanzprojektionen. In den folgenden Bereichen wurden am häufigsten kritische Mängel aufgedeckt:
- Plausibilität der strategischen Annahmen des Instituts: fehlende Zustimmung des Leitungsorgans zu den Strategien der Bank, zu geringe Beteiligung des Leitungsorgans an der Ausarbeitung der Strategien, Mängel bezüglich der Plausibilität der strategischen Annahmen
- Betriebliche Umsetzungsfähigkeit: begrenzte betriebliche Umsetzungsfähigkeit und zu geringe Ressourcen für die Umsetzung der Geschäftsstrategie, Abweichungen in der Finanzberichterstattung des Instituts
- Gewinnerwirtschaftung und -verteilung sowie Ertragsbewusstsein: Preissetzungstools berücksichtigen nicht alle Kosten und Risiken, unvollständige Verfahren bei der Ermittlung der Mindestpreisgrenze, unzureichende Analyse und Überwachung von Ertragsindikatoren und Budget
- Analyse der Finanzprojektionen (Szenarios, Sensitivität): zu optimistische Finanzprognosen, unvollständige Dokumentation der Finanzprognoseinstrumente
Marktrisiko
Bei den Prüfungen des Marktrisikos wurden unter anderem folgende Themen untersucht: Governance, organisatorische Rahmenbedingungen, Strategien und Verfahren, Risikoinventur, Risikobereitschaft und Risikostrategie, Organisationsstruktur, Risikominderung und interne Revision, Klassifizierung von Level-1-, Level-2- und Level-3-Aktiva. Dabei wurden die gravierendsten Defizite bei der Risikomessung festgestellt. Die häufigsten Mängel wurden in folgenden Bereichen identifiziert:
- Zeitwerthierarchie und Bewertung: unzutreffende Klassifizierung (Level 1, Level 2 oder Level 3), insbesondere zwischen Level 2 und Level 3, Erfassung des Day-One-Profit, unzureichende Bewertungsanpassungen
- Organisatorische Themen: unzureichende Maßnahmen seitens des Leitungsorgans, unangemessene Handlungen der internen Revision, Unwirksamkeit der IT-Infrastruktur
1.5 Gezielte Überprüfung interner Modelle (targeted review of internal models – TRIM)
TRIM-Überprüfungen machen gute Fortschritte; Banken bereits über erste Ergebnisse zu allgemeinen Themen informiert
Die gezielte Überprüfung interner Modelle ist ein groß angelegtes, mehrjähriges Projekt, das 2016 konzeptionell ausgearbeitet und 2017 auf den Weg gebracht wurde. Sein Ziel besteht darin, die aktuelle Angemessenheit und Eignung zugelassener interner Säule-1-Modelle, die von den bedeutenden Instituten im Euro-Währungsgebiet eingesetzt werden, zu bewerten und dadurch ihre Glaubwürdigkeit zu erhöhen. Bei den TRIM-Überprüfungen geht es vorrangig darum, die korrekte und einheitliche Umsetzung der regulatorischen Anforderungen an interne Modelle zu verifizieren. Damit ergänzen sie die Maßnahmen, die in der gerade abgeschlossenen Basel-III-Vereinbarung niedergelegt sind. Das TRIM-Projekt wird in enger Kooperation mit den NCAs durchgeführt.
Die ersten TRIM-Vor-Ort-Prüfungen interner Modelle fanden Anfang 2017 statt und legten damit den Grundstein für die Durchführungsphase des Projekts, die sich noch über die Jahre 2018 und 2019 erstrecken wird. Dank der Zuarbeit der geprüften Institute und des hohen Engagements der Prüfungsteams verläuft das Projekt bislang nach Plan. Im Verlauf des Berichtsjahrs konnten insgesamt 92 TRIM-Vor-Ort-Prüfungen eingeleitet werden. Dabei wurden interne Modelle für das Kreditrisiko (mit Schwerpunkt auf Privatkunden- und KMU-Portfolios), das Marktrisiko und das Kontrahentenrisiko auf den Prüfstand gestellt. Um die laufende Modellpflege der Banken nicht zu stören, wurden umfangreiche Modellanpassungen und Erstzulassungen von Modellen ebenfalls vor Ort evaluiert – zusätzlich zu den TRIM-Untersuchungen und mitunter auch mit ihnen zusammen.
Die ersten TRIM-Ergebnisse liegen bereits vor. Allgemeine Aspekte der internen Modelle wie deren Governance und Validierung wurden direkt vom Projektbeginn an überprüft. Die bei diesen Prüfungen ermittelten Verstöße gegen bestehende regulatorische Bestimmungen wurden bereits durch entsprechende Aufsichtsbeschlüsse angegangen. Dies wird zu einem stabilen und angemessenen Umfeld für die Verwendung interner Modelle beitragen und die aufsichtliche Gleichbehandlung der beaufsichtigten Institute fördern.
Zur Gewährleistung einer aufsichtlichen Gleichbehandlung sind die TRIM-Prüfungsteams gehalten, für eine einheitliche Anwendung der Prüfungstechniken und -tools zu sorgen. Gleichzeitig werden die Prüfungsergebnisse systematisch auf Konsistenz kontrolliert und Querschnittsanalysen sowie Peer Reviews unterzogen. Bei ihren Beschlüssen im Nachgang zu den TRIM-Untersuchungen nimmt die EZB erwartete künftige Aufsichtsanforderungen an interne Modelle nicht vorweg, sondern geht stets vom jeweils aktuellen Stand aus. Sobald die Querschnittsanalysen und Peer Reviews abgeschlossen sind, können weitere Empfehlungen und Beschlüsse ergehen.
Die zentralen Projektteams haben zudem einen speziellen Leitfaden erstellt, der verdeutlicht, wie die EZB die wichtigsten Aspekte der bestehenden Aufsichtsanforderungen an interne Modelle bei TRIM-Überprüfungen definiert. Die erste Fassung des Dokuments wurde den Instituten im Rahmen des TRIM-Projekts zur Verfügung gestellt, um bereits vor Beginn der Durchführungsphase Rückmeldungen erhalten zu können. Anschließend wurde der Leitfaden auf der Website der EZB zur Bankenaufsicht veröffentlicht.
Die Hinweise der Banken zu dem Leitfaden hatten eine beträchtliche Verbesserung der TRIMs zur Folge. Sie ließen außerdem erkennen, wie sehr sich der Bankensektor den Zielsetzungen des Projekts verpflichtet fühlt. Neben den Rückmeldungen der Institute bilden die Erfahrungen aus den bisher durchgeführten Vor-Ort-Überprüfungen und die laufende regulatorische Entwicklung eine solide Grundlage für eine Aktualisierung des Leitfadens.
TRIM-Projekt trägt erheblich zu einer einheitlichen und vergleichbaren Verwendung interner Modelle in allen Euro-Ländern und damit zur aufsichtlichen Gleichbehandlung bei
Die europäische Bankenaufsicht wird von diesem Leitfaden der EZB und den im Zuge des TRIM-Projekts entwickelten Methoden und Instrumenten profitieren. Im Ergebnis wird dies erheblich zu einer einheitlichen und vergleichbaren Verwendung interner Modelle in allen Euro-Ländern und damit zu ausgewogenen aufsichtlichen Bedingungen beitragen.
Ein wesentliches Element von TRIM besteht darin, einen kontinuierlichen Dialog mit dem Bankensektor zu ermöglichen. Im Februar 2017 fand zudem eine Fachkonferenz zum TRIM-Projekt statt, und die Institute, deren TRIM-Prüfungen im August und Dezember 2017 stattfanden, wurden mithilfe von Informationsschreiben über den Projektstand sowie bevorstehende Meilensteine auf dem Laufenden gehalten. Auch nahmen die TRIM-Projektmitglieder regelmäßig an entsprechenden Branchentreffen teil.
Im Berichtsjahr fanden neben den 92 Vor-Ort-Prüfungen im Rahmen des TRIM-Projekts auch 70 Überprüfungen interner Modelle von bedeutenden Instituten statt, 37 von ihnen vor Ort. Bis zum Jahresende 2017 wurden insgesamt 133 nicht mit TRIMs zusammenhängende Überprüfungen abgeschlossen, von denen 123 eine Empfehlung der EZB nach sich zogen (hinzu kommen die Beiträge der EZB zu gemeinsamen Beschlüssen mit anderen zuständigen Behörden als Aufsichtsbehörde des Herkunftslandes).
Grafik 7
Anzahl der Überprüfungen von internen Modellen im Jahr 2017 nach Risikokategorie (ohne TRIM-Prüfungen)
1.6 Indirekte Aufsicht über weniger bedeutende Institute und Überwachung der Aufsichtstätigkeit (Oversight)
Gemäß SSM-Verordnung hat die EZB dafür Sorge zu tragen, dass der einheitliche Aufsichtsmechanismus wirksam und einheitlich funktioniert. Ihr wird somit eine Überwachungsfunktion (Oversight) übertragen, während die NCAs weiterhin hauptverantwortlich für die direkte Aufsicht über die weniger bedeutenden Institute sind. Ausgehend vom übergeordneten Ziel dieser Funktion, die einheitliche Anwendung hoher Aufsichtsstandards im gesamten Euroraum sicherzustellen, arbeitet die EZB-Bankaufsicht eng mit den NCAs zusammen, um einen operativen Rahmen für die Überwachung der Aufsicht über LSIs zu entwickeln. In diesem Abschnitt finden sich konkrete Beispiele für im Jahr 2017 eingeleitete gezielte Initiativen.
Gemeinsame Aufsichtsstandards und einheitliche Methoden
EZB entwickelt gemeinsame Aufsichtsstandards in enger Zusammenarbeit mit den NCAs
Von der EZB und den NCAs definierte gemeinsame Aufsichtsstandards (Joint Supervisory Standards – JSSs) und einheitliche Methoden zur Beaufsichtigung der weniger bedeutenden Institute sind nach wie vor wichtige Instrumente, um eine Aufsichtspraxis zu fördern, die eine konsistente und höchsten Maßstäben genügende Aufsicht über LSIs gewährleistet. Nachdem die vorangegangen Jahre im Zeichen der Entwicklung gemeinsamer Standards und Methoden gestanden hatten, ging es 2017 im Wesentlichen um deren Implementierung.[23] Die NCAs wandten die bereits fertiggestellten Standards (z. B. zum aufsichtlichen Prüfungsprogramm und zur Sanierungsplanung) weiter an und führten darüber hinaus neue JSSs ein, wie z. B. den Standard zur Durchführung von Vor-Ort-Prüfungen bei LSIs. Vorrangiges Ziel dieses Standards ist es, den Prozess der aufsichtlichen Planung stärker zu vereinheitlichen und ein Mindestmaß an Aufsichtstätigkeit festzulegen. Gegenwärtig laufen weitere Arbeiten, um die NCAs bei der praktischen Umsetzung der gemeinsamen Aufsichtsstandards zu unterstützen (beispielsweise durch gezielte Workshops).
Neben der Harmonisierung aufsichtlicher Prozesse sollen andere Projekte dazu beitragen, gemeinsame Ansätze für die Beaufsichtigung von Risiken zu entwickeln, die aus bestimmten Geschäftsmodellen resultieren. Ein Beispiel hierfür ist der JSS für die Beaufsichtigung von Autobanken, der 2016 fertiggestellt wurde und einen einheitlichen, höchsten Maßstäben genügenden und auf dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beruhenden Aufsichtsansatz für Autobanken (sowohl SIs als auch LSIs) im gesamten Euroraum ermöglichen soll. Im Berichtsjahr wurden Workshops mit Branchenvertretern organisiert, die sich mit Themenschwerpunkten wie der Geschäftsmodellanalyse und dem spezifischen Risikoprofil solcher Banken befassten.
Nach Abschluss eines Kooperationsrahmens zwischen der EZB und den NCAs im Bereich Krisenmanagement wurden 2017 zwei einschlägige Standards ausgearbeitet, die 2018 fertiggestellt werden sollen: ein JSS zu den Aufsichtspraktiken der NCAs für das Krisenmanagement von LSIs sowie zur Zusammenarbeit der NCAs mit den Abwicklungsbehörden und ein zweiter JSS zu den Aufsichtsverfahren der NCAs für LSIs, die gegen die Mindesteigenkapitalanforderungen verstoßen.[24]
Die 2016 initiierte Arbeit zu institutsbezogenen Sicherungssystemen (Institutional Protection Schemes – IPS) wurde im Berichtsjahr fortgeführt, wobei „hybride“ Sicherungssysteme, denen sowohl bedeutende als auch weniger bedeutende Institute angehören, weiter überwacht wurden. Dies erfolgte in Zusammenarbeit zwischen der EZB und den NCAs in Deutschland und Österreich, den derzeit einzigen Euro-Ländern, in denen hybride Sicherungssysteme existieren. Der Umfang der Überprüfung richtet sich nach den in Artikel 113 Absatz 7 und Artikel 49 Absatz 3 der CRR niedergelegten Anforderungen an IPSs. Die Einhaltung dieser Anforderungen wird in regelmäßigen Abständen kontrolliert. Durch die graduelle Umsetzung der Berichtsanforderungen gemäß dem Leitfaden der EZB zu Optionen und Ermessensspielräumen wird die Verfügbarkeit von IPS-bezogenen Daten erhöht und damit die Arbeit auf diesem Gebiet vorangebracht.
In enger Abstimmung mit den NCAs wird zudem eine thematische Überprüfung des IFRS 9 für bedeutende und weniger bedeutende Institute durchgeführt, damit der neue Standard IFRS 9 in allen Banken des Eurogebiets einheitlich umgesetzt wird. Unter anderem wurden Instrumente entwickelt, mit deren Hilfe die Aufsichtsbehörden feststellen können, wie gut die LSIs auf die Einführung des IFRS 9 vorbereitet sind (siehe Abschnitt 1.3.2).
Des Weiteren wurde im Herbst 2017 ein Leitfaden zur Beurteilung von Anträgen auf Zulassung als FinTech-Kreditinstitut[25] zur Konsultation vorgelegt. Die endgültige Fassung des Dokuments ist Anfang 2018 zur Veröffentlichung vorgesehen. Der Leitfaden soll die Transparenz für Institute erhöhen, die künftig eine FinTech-Zulassung anstreben (d. h. deren Geschäftsmodell darauf ausgerichtet ist, Bankprodukte und -dienstleistungen auf Basis technologischer Finanzinnovationen zu erzeugen und zu liefern). Die laufende Arbeit befasst sich vor allem damit, welche Auswirkungen Finanztechnologien (z. B. Big Data, Distributed-Ledger-Technologie) auf die Bankenaufsicht haben, aber auch mit der Funktion „regulatorischer Sandkästen“.
Die Aufsicht über Finanzmarktinfrastrukturen (FMIs) mit der Erlaubnis als CRR-Kreditinstitut, deren vorrangige Geschäftstätigkeit darin besteht, Marktteilnehmern (also auch SSM-Banken) Dienstleistungen als zentrale Kontrahenten oder Zentralverwahrer anzubieten, stellt ein weiteres Betätigungsfeld der EZB dar. Um einen einheitlichen, höchsten Qualitätsmaßstäben genügenden und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verpflichteten Ansatz für die Beaufsichtigung dieser Spezialinstitute zu gewährleisten, stellt die EZB gerade in enger Zusammenarbeit mit mehreren NCAs einen JSS für SREP-Bewertungen von FMI-Instituten fertig.
Optionen und Ermessensspielräume in Bezug auf LSIs
Zur Gewährleistung ausgewogener Aufsichtsbedingungen für die Kreditinstitute hat die EZB in sehr enger Zusammenarbeit mit den NCAs beschlossen, die Nutzung der Optionen und Ermessensspielräume in Bezug auf den LSI-Sektor zu harmonisieren. Im Anschluss an ein öffentliches Konsultationsverfahren, das im Januar 2017 endete, wurden im April desselben Jahres eine Leitlinie[26] und eine Empfehlung[27] an die NCAs veröffentlicht.
Während sich die vorgeschlagenen Maßnahmen für LSIs in den meisten Fällen mit den bereits verabschiedeten Maßnahmen für bedeutende Institute decken, wurde bei der Aufsicht über LSIs bei bestimmten Optionen und Ermessensspielräumen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit angewandt, wodurch sich Unterschiede zu den für bedeutende Institute entwickelten Strategien ergeben (z. B. die Zusammenlegung von Risiko- und Prüfungsausschuss). Darüber hinaus ist es den NCAs in einigen Fällen, in denen mit Blick auf die aufsichtliche Stabilität oder die aufsichtliche Gleichbehandlung nicht unbedingt eine Harmonisierung erforderlich ist, gestattet, die Anwendung mancher Optionen und Ermessensspielräume flexibel zu gestalten. Zudem dürften einige der Unterschiede mit dem Auslaufen der Übergangsregelungen in den kommenden Jahren allmählich entfallen.
Die Fertigstellung der Arbeiten zu den Optionen und Ermessensspielräumen stellt einen entscheidenden Schritt hin zu einer einheitlichen Aufsicht und stärkeren Harmonisierung dar und bedeutet, dass die großen Abweichungen bei der nationalen Anwendung von Optionen und Ermessensspielräumen weitgehend abgebaut wurden.
SREP-Methodik für LSIs
SREP-Methodik für LSIs basiert auf SI-Methodik unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und Flexibilität der für SREP-Beschlüsse verantwortlichen NCAs
Der Abschluss der gemeinsamen Arbeit von EZB und NCAs zur Entwicklung einer einheitlichen Methodik für den aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozess (SREP) für LSIs stellte im Berichtsjahr einen wichtigen Meilenstein dar. Dabei wurde unter Wahrung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit auf dieselben strukturellen Elemente zurückgegriffen wie bei den SIs. Es wurden auch einige Vereinfachungen und Anpassungen vorgenommen, die es den NCAs erlauben, den Besonderheiten von LSIs sowie der Heterogenität der Rechnungslegungsgrundsätze flexibel Rechnung zu tragen. Der SREP für LSIs fördert die Konvergenz der Aufsichtspraktiken für die weniger bedeutenden Institute und trägt zu einem Mindestmaß an Harmonisierung und einem Kontinuum in der aufsichtlichen Bewertung von SIs und LSIs bei. Als direkte Aufsicht behalten die NCAs die uneingeschränkte Zuständigkeit für die Durchführung der Bewertungen sowie die Entscheidungen im Hinblick auf Eigenkapital, Liquidität und qualitative Maßnahmen.
Die Arbeit am SREP für LSIs begann 2015 mit der Entwicklung einer gemeinsamen Methodik für Risikobewertungssysteme (risk assessment systems – RASs). Sie wurde 2016 mit Schwerpunkt auf der Quantifizierung der Kapital- und Liquiditätsausstattung fortgeführt. Im Jahr 2017 wurde die SREP-Methodik für LSIs (einschließlich der überarbeiteten RAS-Methodik) von den NCAs getestet. Alle NCAs nahmen aktiv an dem Test teil und brachten wertvolle Hinweise ein, auf deren Grundlage notwendige Anpassungen an der Methodik erfolgten.
Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht die Methodik insofern, als sie auf einem Mindestmaß an Aufsichtstätigkeit beruht, welches sich nach der den LSIs zugeordneten Priorität richtet. Dementsprechend unterscheiden sich je nach Prioritätseinstufung des LSI und Art der Geschäftstätigkeit Aspekte wie der Informationsbedarf, die Intensität der Bewertung und die aufsichtlichen Erwartungen. Die Methodik bietet den NCAs auch ein gewisses Maß an Flexibilität. Sie spielt im Rahmen des SREP bei der Bewertung von ICAAPs, ILAAPs und Stresstests der LSIs eine wichtige Rolle.
Die NCAs werden die Methodik im Zuge des Aufsichtszyklus 2018 zum ersten Mal umsetzen. Um einen reibungslosen Übergang von den nationalen SREP-Verfahren zur SREP-Methodik des SSM zu ermöglichen, werden die NCAs diese stufenweise, beginnend mit den LSIs hoher Priorität, anwenden. Auf diese Weise können die NCAs die Methodik, insbesondere mit Blick auf die kleineren Institute, vor der endgültigen Umsetzung im Jahr 2020 weiter testen. Die Methodik wird weiter überprüft und bedarfsgerecht angepasst, wobei die Erfahrungen innerhalb des SSM sowie darüber hinausgehende Entwicklungen (z. B. des Aufsichtsrahmens oder etwaige weiterführende Arbeiten der EBA bzw. des SSM) Berücksichtigung finden.
Kooperation im Zuge der Aufsicht über einzelne LSIs
Experten der EZB stehen im ständigen Dialog mit ihren Kollegen von den NCAs
Für ein effizientes Funktionieren der aufsichtlichen Überwachung ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von überragender Bedeutung. In diesem Sinne basiert die praktische Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf einem Priorisierungsrahmen. Dabei werden sowohl der intrinsische Risikogehalt eines LSI als auch dessen Bedeutung für das nationale Finanzsystem betrachtet.
Im Jahr 2017 reichten die NCAs über die zentrale Mitteilungsstelle erneut a) Vorabanzeigen über wesentliche Aufsichtsverfahren und wesentliche Aufsichtsbeschlussentwürfe in Bezug auf LSIs mit hoher Priorität (rund 100 LSIs) sowie b) Ad‑hoc‑Anzeigen zur Verschlechterung der Finanzlage von LSIs ein. Die in den vergangenen Jahren gesammelten Erfahrungen haben Eingang in den überarbeiteten Leitfaden für Meldeerfordernisse in Bezug auf LSIs gefunden, der seit 2018 Anwendung findet. Darin werden die Kriterien präzisiert, nach denen die Wesentlichkeit von Beschlüssen, die zu einer Benachrichtigung der EZB führen, bestimmt wird, und es werden Trigger und Indikatoren festgelegt, die sicherstellen sollen, dass die Anzeigen rechtzeitig erfolgen. Die EZB erhielt im Berichtsjahr 67 Meldungen, die sich überwiegend auf die Themenbereiche Kapital und Governance bezogen.
Die Experten in den Länderdesks der EZB überwachten auf Basis der NCA‑Benachrichtigungen sowie weiterer vorliegender Informationen die LSIs in den jeweiligen Ländern, insbesondere wenn sich deren finanzielle Situation verschlechtert hatte. Dabei standen die Experten in einem regen Austausch mit ihren NCA-Kollegen, um die Umsetzung der Empfehlungen und der Folgemaßnahmen aus Entscheidungen zu gemeinsamen Verfahren zu überwachen. Die Zusammen-arbeit in Bezug auf einzelne LSIs erfolgte auch in Form gemeinsamer Vor‑Ort‑Prüfungen und technischer Prüfungen.
1.7 Makroprudenzielle Aufgaben
Im Einklang mit den ihr durch Artikel 5 der SSM-Verordnung übertragenen Aufgaben beschäftigte sich die EZB zusammen mit den nationalen Behörden im Berichtsjahr wieder aktiv mit der makroprudenziellen Politik im Euro-Währungsgebiet. Das Makroprudenzielle Forum bietet den Mitgliedern des EZB-Rats und des Aufsichtsgremiums eine Plattform, um die mikro- und makroprudenzielle Sichtweise in Bezug auf den gesamten SSM zusammenzuführen.[28] Hierdurch wird sichergestellt, dass sich mikro- und makroprudenzielle Maßnahmen wirksam ergänzen.
Im Berichtsjahr erhielt die EZB über 100 makroprudenzielle Meldungen von nationalen Behörden. Ein Großteil von ihnen bezog sich auf a) vierteljährliche Beschlüsse zur Festlegung der antizyklischen Kapitalpuffer sowie b) Beschlüsse zur Identifizierung global systemrelevanter Institute bzw. anderer systemrelevanter Institute (G-SRIs und A-SRIs) und deren Behandlung im Hinblick auf die Eigenkapitalanforderungen.[29]
Auf Basis der Methodik des Basler Ausschusses identifizierten die EZB und die nationalen Behörden sieben global systemrelevante Banken (G-SRIs)[30] und damit eine weniger als im Vorjahr.[31] Diese Institute wurden verschiedenen Kategorien mit bis 2018 einzuführenden Kapitalpufferquoten von 0,75 % bis 1,5 % zugeordnet, die sich nach der vollständigen Einführung im Jahr 2019 auf 1,0 % bis 2,0 % erhöhen werden.
Die EZB bekam auch Meldungen zu den Kapitalpufferquoten von 109 anderen systemrelevanten Instituten. Diese Quoten standen im Einklang mit der Methodik der EZB zur Bewertung von A-SRIs und zur Feststellung ihrer Kapitalpuffer.
Ferner erhielt die EZB von mehreren nationalen Behörden Meldungen zur Umsetzung des Systemrisikopuffers und strengerer Vorgaben für die Risikogewichtung sowie Meldungen über die reziproke Anwendung von in anderen Mitgliedstaaten eingeführten makroprudenziellen Maßnahmen.
Die EZB war auch an der Arbeit des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (European Systemic Risk Board – ESRB) beteiligt, der für die Makroaufsicht über das Finanzsystem in der EU verantwortlich ist. Der ESRB identifiziert und priorisiert Systemrisiken und spricht, soweit erforderlich, Warnungen und Empfehlungen für Abhilfemaßnahmen aus. Neben anderen makroprudenziellen (intern wie extern verfügbaren) Analysen der EZB nutzten die JSTs auch Informationen des ESRB, um sicherzugehen, dass alle relevanten Risiken abgedeckt sind. Umgekehrt verwenden auch der ESRB und andere makroprudenzielle Behörden Daten der JSTs, um Informationen zu einzelnen Instituten in eine systemweite Risikoanalyse einfließen zu lassen und mögliche Korrekturmaßnahmen zu identifizieren.
Die EZB befürwortet darüber hinaus eine Anpassung der Methodik zur Beurteilung von G-SRIs dahingehend, dass die europäische Bankenunion diesbezüglich als einheitliches geografisches Gebiet betrachtet werden kann.
2 Beitrag des SSM zum EU-Rahmen für Krisenmanagement und Abwicklung
2.1 Abwicklungsfälle im Jahr 2017
Der EU-Rahmen für die Sanierung und Abwicklung von Banken bildet einen wichtigen Anker für die Stabilität des Bankensektors. Innerhalb dieses Rahmens kommt der EZB-Bankenaufsicht eine wesentliche Bedeutung zu.
Im ersten Halbjahr 2017 traf die Bankenaufsicht der EZB erstmals die Entscheidung, drei direkt von ihr beaufsichtigte Institute als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend einzustufen (failing or likely to fail – FOLTF).
Gemäß der Verordnung zur Errichtung des Einheitlichen Abwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism Regulation – SRMR) ist der Einheitliche Abwicklungsausschuss (Single Resolution Board – SRB) verpflichtet, bei Einstufung eines bedeutenden Instituts als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend zu beurteilen, ob auch die sonstigen Voraussetzungen für eine Abwicklung erfüllt sind. Wichtig ist dabei, ob der SRB zu der Einschätzung gelangt, dass a) bei Berücksichtigung zeitlicher Zwänge und anderer relevanter Umstände nach vernünftigem Ermessen keine Aussicht besteht, dass der Ausfall des Unternehmens innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens durch alternative Maßnahmen des privaten Sektors, die in Bezug auf das Unternehmen getroffen werden, abgewendet werden kann, und b) eine Abwicklungsmaßnahme im öffentlichen Interesse erforderlich ist.
Ist die letztere Bedingung nicht erfüllt, wird die Bank nicht abgewickelt, sondern dem jeweiligen nationalen Insolvenzrecht unterstellt.
Bei einem der drei Institute, der Banco Popular Español, entschied der SRB, dass die Voraussetzungen für eine Abwicklung tatsächlich vorlagen, und verabschiedete ein Abwicklungskonzept. Hinsichtlich der beiden anderen Banken, der Veneto Banca und der Banca Popolare di Vicenza, kam der SRB zu dem Schluss, dass eine Abwicklungsmaßnahme im öffentlichen Interesse nicht erforderlich war. Daraufhin wurden die Banken schließlich nach italienischem Insolvenzrecht liquidiert.
Banco Popular Español
BPE im Juni 2017 als erste Bank überhaupt von der EZB-Bankenaufsicht als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend eingestuft
Am 6. Juni 2017 stufte die EZB-Bankenaufsicht die Banco Popular Español als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a) und Artikel 18 Absatz 4 Buchstabe c) der SRMR ein, da diese aufgrund einer idiosynkratischen Liquiditätskrise in naher Zukunft nicht mehr in der Lage sein würde, ihre Schulden oder sonstige Verbindlichkeiten bei deren Fälligkeit zu bedienen. Daraufhin gelangte der SRB zu der Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine Abwicklung erfüllt waren, und beschloss, ein Abwicklungskonzept zu verabschieden, das die Herabschreibung von Kapitalinstrumenten und den Verkauf der Bank an die Banco Santander vorsah.
Die Banco Popular Español hatte zuvor mit strukturellen Problemen zu kämpfen, darunter ein hoher Bestand an notleidenden Krediten, eine verglichen mit den Wettbewerbern geringe Kapitaldeckung, eine Vielzahl an in Besitz genommenen Vermögenswerten (foreclosed assets) sowie eine geringe Ertragskraft.
Seit 2012 hatte die Bank drei Kapitalerhöhungen über insgesamt 5,5 Mrd € durchgeführt. Dennoch war es ihr nicht gelungen, den Bestand an problembehafteten Immobilienkrediten in Höhe von 37 Mrd € (brutto) wesentlich zu verringern. Der Wertverlust dieses Portfolios hatte überdies zu einem weiteren Rückgang ihres Eigenkapitals geführt. Im Februar 2017 kündigte die Bank die Bildung weiterer Rückstellungen und den Ausweis eines Verlustes zum Geschäftsjahresende an. Im April 2017 gab sie bekannt, dass aufgrund ihrer schwachen Eigenkapitalposition gegebenenfalls eine Kapitalerhöhung bzw. eine Unternehmenstransaktion erforderlich sei, um eine etwaige weitere Wertminderung ihres Bestands an notleidenden Aktiva zu kompensieren. Dies führte zu einer Herabstufung ihres Ratings und löste erhebliche Besorgnis bei ihren Kunden aus. In der Folge kam es zu hohen Mittelabflüssen und einem starken Rückgang der Kundeneinlagen; zudem konnte die Bank nicht mehr auf andere Liquiditätsquellen zurückgreifen.
Zusammenarbeit und Informationsaustausch mit dem SRB
Enge Zusammenarbeit zwischen der EZB-Bankenaufsicht und dem SRB trug zu erfolgreichem Krisenmanagement bei
Anfang April 2017 informierte die EZB-Bankenaufsicht den SRB über die Verschlechterung der Lage bei der Banco Popular Español. Die EZB berief Krisenmanagementsitzungen ein, bei denen auch SRB-Vertreter zugegen waren und in denen die Situation eingehend erörtert wurde. Im Mai 2017 wurde der Informationsaustausch intensiviert, sodass alle Beteiligten frühzeitig vorbereitet werden konnten. Zudem wurde der SRB als Beobachter zu den Sitzungen des Aufsichtsgremiums eingeladen, bei denen dessen Mitglieder über die neuesten Entwicklungen informiert und Beschlüsse in Bezug auf die Banco Popular Español gefasst wurden. Die EZB wiederum wurde in der erweiterten Präsidiumssitzung des SRB, an der sie als Beobachterin teilnahm, über die Beurteilungen des SRB im Hinblick auf die sonstigen Voraussetzungen für eine Abwicklung unterrichtet. Sie stellte darüber hinaus aufsichtliche Informationen bereit, die der SRB für die Erfüllung seiner Aufgaben benötigte.
Insgesamt leisteten die enge Zusammenarbeit und der intensive Informationsaustausch zwischen der EZB und dem SRB einen wichtigen Beitrag zu einem effizienten Krisenmanagement.
Verfahrensschritte bis zur FOLTF-Bewertung
Angesichts der gebotenen Dringlichkeit wurde das zur FOLTF-Bewertung führende Verfahren in weniger als einem Tag abgeschlossen
Am 6. Juni 2017 beschloss das Aufsichtsgremium, den FOLTF-Prozess in Gang zu setzen, und leitete ein formales Konsultationsverfahren mit dem SRB ein.
Nach Konsultation des SRB nahm das Aufsichtsgremium die FOLTF-Bewertung für die Banco Popular Español vor. Diese wurde dem EZB-Rat anschließend zur Genehmigung im Wege des Verfahrens der impliziten Zustimmung vorgelegt.
Der EZB-Rat erhob keine Einwände gegen die Bewertung des Aufsichtsgremiums, die dem SRB und der Europäischen Kommission am 6. Juni im Einklang mit Artikel 18 der SRMR zugeleitet wurde. Ferner unterrichtete die EZB-Bankenaufsicht alle zuständigen Behörden gemäß Artikel 81 der Sanierungs- und Abwicklungsrichtlinie (Bank Recovery and Resolution Directive – BRRD) und der CRD IV über ihren Beschluss.
Maßnahmen infolge der FOLTF-Bewertung
Am 7. Juni 2017 Verabschiedung eines Abwicklungskonzepts durch den SRB, das den Verkauf der Banco Popular Español an die Banco Santander zum Preis von 1 € und die Herabschreibung und Umwandlung von Kapitalinstrumenten vorsah
Am 7. Juni 2017 gelangte der SRB zu der Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine Abwicklung erfüllt waren, und beschloss ein Abwicklungskonzept, das die Europäische Kommission gemäß Artikel 18 Absatz 7 der SRMR am selben Tag billigte. Der Abwicklungsbeschluss beinhaltete folgende Maßnahmen: a) Herabschreibung der Aktien, b) Herabschreibung der Instrumente des zusätzlichen Kernkapitals sowie deren Umwandlung in Aktien, c) Umwandlung ausstehender Instrumente des Ergänzungskapitals in Aktien mit einem Gesamtnennwert von 1 € und d) Übertragung der so entstandenen Aktien auf die Banco Santander.
Banca Popolare di Vicenza und Veneto Banca
Im Juni 2017 Einstufung der Banca Popolare di Vicenza und der Veneto Banca als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend
Am 23. Juni 2017 kam die EZB-Bankenaufsicht zu dem Schluss, dass die Veneto Banca und die Banca Popolare di Vicenza von einem Ausfall oder wahrscheinlichen Ausfall gemäß Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a) und Artikel 18 Absatz 4 Buchstabe a) der SRMR betroffen waren.
Nach Ansicht des SRB waren die Voraussetzungen für eine Abwicklung in beiden Fällen nicht gegeben. Die Banken wurden daraufhin unter verwaltungsbehördliche Zwangsliquidation gemäß italienischem Insolvenzrecht gestellt.
Die Banca Popolare di Vicenza und die Veneto Banca, beide mit Sitz im Nordosten Italiens, hatten vergleichbare Geschäftsmodelle und Marktanteile. Ab 2014 standen sie aufgrund a) ihrer geringen Ertragskraft, b) ihrer im Verhältnis zu den Kernerträgen hohen operativen Kosten, c) ihrer durch beschädigtes Marktvertrauen bedingten hohen Finanzierungskosten sowie d) der geringen Qualität ihrer Aktiva unter besonderer Beobachtung der Bankenaufsicht.
Trotz mehrerer aufeinanderfolgender Kapitalerhöhungen, die auf Aufforderung der EZB-Bankenaufsicht durchgeführt wurden, hatten sich die Eigenmittel bei beiden Banken in den drei Jahren vor dem Zusammenbruch stark verringert. Dabei wurde deutlich, dass die Geschäftsmodelle der Institute nicht geeignet waren, ihre Ertragskraft und Überlebensfähigkeit zu sichern.
2017 übermittelten sie der EZB einen kombinierten Geschäftsplan (Projekt Tiepolo), in dem eine Fusion der beiden Banken bis Ende 2017 ins Auge gefasst wurde. Aus diesem Plan ergab sich ein Kapitalbedarf von insgesamt 4,7 Mrd €.
Die EZB hielt eine wirksame und zeitnahe Umsetzung des Plans, der eine Rekapitalisierung der beiden Institute, deren Fusion und die Schaffung von Voraussetzungen für die Entwicklung eines neuen tragfähigen Geschäftsmodells vorsah, für nicht plausibel. Darüber hinaus standen nach Auffassung der EZB keine sonstigen effektiven Aufsichts- oder Frühinterventionsmaßnahmen zur Verfügung.
Zusammenarbeit und Informationsaustausch mit dem SRB
Enge Zusammenarbeit und intensiver Informationsaustausch zwischen EZB und SRB trugen in erheblichem Maße zu effizientem Krisenmanagement bei
Die EZB-Bankenaufsicht informierte den SRB frühzeitig über die sich verschlechternde Lage der Banca Popolare di Vicenza und der Veneto Banca. Ab dem Jahresende 2016 wurde der Informationsaustausch intensiviert.
Durch diese vertiefte und umfassende Kommunikation und einen im Verlauf des ersten Halbjahrs 2017 noch weiter verstärkten Austausch konnten alle Beteiligten frühzeitig vorbereitet werden.
Um eine mögliche FOLTF-Bewertung noch besser vorbereiten zu können, wurde die Lage der beiden Banken in den letzten Eskalationsstufen der Krise im Rahmen von Krisenmanagementsitzungen unter Beteiligung der zuständigen Präsidiumsmitglieder und Beschäftigten des SRB eingehend erörtert.
Ferner wurde der SRB als Beobachter zu den Sitzungen des Aufsichtsgremiums eingeladen, bei denen dessen Mitglieder über die neuesten Entwicklungen bei der Banca Popolare di Vicenza und der Veneto Banca informiert und sämtliche Beschlüsse in Bezug auf die beiden Institute gefasst wurden. So konnten alle Informationen zur selben Zeit an den SRB und die Mitglieder des Aufsichtsgremiums weitergegeben werden. Ebenso erlangte die EZB auf der Präsidiumssitzung des SRB, an der sie als Beobachterin teilnahm, Kenntnis von den Beurteilungen des SRB im Hinblick auf die sonstigen Voraussetzungen für eine Abwicklung. Die enge Zusammenarbeit und der intensive Informationsaustausch zwischen der EZB und dem SRB waren wichtig, um die Probleme der Banken anzugehen, und trugen in hohem Maße zu einem effizienten Krisenmanagement bei.
Verfahrensschritte bis zur FOLTF-Bewertung
Banca Popolare di Vicenza und Veneto Banca am 23. Juni 2017 als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend eingestuft
Am 19. Juni 2017 schloss die EZB ihre Beurteilung der von den beiden Banken vorgelegten zweiten Fassung des Tiepolo-Plans ab und stufte diese als unglaubwürdig ein.
Die Kapitalausstattung der Banca Popolare di Vicenza und der Veneto Banca hatte sich kontinuierlich verschlechtert, und die Institute hatten ihre Kapitalanforderungen trotz der von ihnen ergriffenen Gegenmaßnahmen durchgängig nicht eingehalten. Sowohl die Banca Popolare di Vicenza als auch die Veneto Banca waren in den vorangegangenen Jahren wiederholt aufgefordert worden, aufgezeigte Schwachstellen zu beseitigen. Die von ihnen eingeleiteten Maßnahmen hatten sich jedoch als unwirksam erwiesen.
Vor diesem Hintergrund gelangte die EZB-Bankenaufsicht am Mittwoch, dem 21. Juni 2017, zu der Einschätzung, dass wesentliche Anhaltspunkte für einen Ausfall oder wahrscheinlichen Ausfall der Veneto Banca und der Banca Popolare di Vicenza gemäß Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a) und Artikel 18 Absatz 4 Buchstabe a) der SRMR vorlagen.
Dementsprechend beschloss das Aufsichtsgremium der EZB, den FOLTF-Prozess in Gang zu setzen, und leitete eine formale Konsultation mit dem SRB ein, die am Donnerstag, dem 22. Juni, um 12 Uhr abgeschlossen wurde. Am 23. Juni wurde dem EZB-Rat die FOLTF-Bewertung zur Genehmigung im Wege des Verfahrens der impliziten Zustimmung vorgelegt.
Der EZB-Rat erhob keine Einwände gegen die Bewertung des Aufsichtsgremiums, woraufhin Letztere dem SRB und der Europäischen Kommission im Einklang mit Artikel 18 der SRMR zugeleitet wurde. Zudem setzte die EZB alle zuständigen Behörden gemäß den Bestimmungen der BRRD und der CRD IV von ihrer Bewertung in Kenntnis.
Maßnahmen infolge der FOLTF-Bewertung
Am 23. Juni 2017 beschloss der SRB, im Fall der Banca Popolare di Vicenza und der Veneto Banca keine Abwicklungsmaßnahmen einzuleiten. Nach Auffassung des SRB waren zwar die in Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a) und b) der SRMR festgelegten Voraussetzungen für eine Abwicklung erfüllt, doch traf dies nicht auf die in Buchstabe c) aufgeführte Bedingung des Vorliegens eines öffentlichen Interesses zu.[32]
Somit wurde eine Liquidation der beiden Banken nach italienischem Insolvenzrecht vorgenommen.
Am 25. Juni 2017 verabschiedete die italienische Regierung ein Gesetzesdekret[33], das unmittelbar in Kraft trat. Das Dekret regelt a) die verwaltungsbehördliche Zwangsliquidation der beiden Institute sowie b) die von der Regierung bereitgestellten Liquidierungshilfen, mit denen im Einklang mit den EU-Vorschriften für staatliche Beihilfen die Übertragung der Aktiva und Passiva auf die Intesa Sanpaolo unterstützt werden sollte, da ein Risiko für die Finanzstabilität in der Region bestand.
Am selben Tag kündigte die Europäische Kommission an, die von der italienischen Regierung ergriffenen Maßnahmen zur Erleichterung der Liquidation der Banca Popolare di Vicenza und der Veneto Banca nach nationalem Insolvenzrecht im Einklang mit den EU-Vorschriften zu genehmigen.[34]
Beide Banken wurden auf Vorschlag der Banca d’Italia vom italienischen Wirtschafts- und Finanzministerium unter verwaltungsbehördliche Zwangsliquidation gestellt; ferner wurden Liquidatoren ernannt.
Die gesunden Vermögenswerte und Verbindlichkeiten der Institute wurden auf die Intesa Sanpaolo übertragen, die in den Geschäftsbeziehungen zu Kunden die Rechtsnachfolgerin der Banken ist. Gemäß den EU-Vorschriften für staatliche Beihilfen erfolgte eine Lastenbeteiligung von Aktionären und Gläubigern nachrangiger Schuldtitel. Notleidende Kredite sollen auf die Società di Gestione degli Attivi übertragen werden, einer beim italienischen Wirtschafts- und Finanzministerium angesiedelten und bereits im Rahmen der Liquidation der Banco di Napoli eingesetzten Vermögensverwaltungsgesellschaft. Diese notleidenden Kredite sollen nach und nach veräußert werden, um die höchstmöglichen Beträge aus diesen Forderungen wiederzuerlangen.
Infolge des Liquidationsverfahrens wurde beiden Instituten am 19. Juli 2017 die Bankzulassung entzogen. Anschließend wurden zwei nicht auf die Intesa Sanpaolo übertragene Tochterunternehmen (Banca Intermobiliare di Investimenti e Gestioni und Farbanca) als weniger bedeutende Institute eingestuft. Im September 2017 schließlich wurden diese beiden Gesellschaften der direkten Aufsicht der Banca d’Italia unterstellt.
Wichtige Erkenntnisse
Aus den jüngsten Fällen lassen sich nützliche Lehren für das Krisenmanagement ziehen
Die Banco Popular Español, die Veneto Banca und die Banca Popolare di Vicenza waren die ersten Institute, die von der EZB-Bankenaufsicht als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend eingestuft wurden. Daher ließen sich aus diesen Fällen wichtige Erkenntnisse sowohl im Hinblick auf die laufende Aufsicht als auch das Funktionieren des Rahmens für das Krisenmanagement gewinnen.
So stellte sich beispielsweise heraus, dass die enge Zusammenarbeit und der umfassende Informationsaustausch zwischen allen Beteiligten[35] in erheblichem Maße dazu beitrugen, reibungslose Abläufe unter engen Zeitvorgaben sicherzustellen und sämtlichen Behörden schnelle Reaktionen und adäquate Maßnahmen im vorgesehenen zeitlichen Rahmen zu ermöglichen.
In beiden Fällen konnten die Abstimmung und der Informationsaustausch zwischen der EZB-Bankenaufsicht und dem SRB auch durch die gegenseitige Teilnahme an den Sitzungen der jeweils anderen Beschlussorgane gewährleistet werden. SRB-Vertreter waren bei Treffen des Aufsichtsgremiums der EZB und in den von der EZB organisierten Sitzungen der Krisenmanagement-Teams zugegen. Im Gegenzug nahmen Vertreter der EZB-Bankenaufsicht und der Europäischen Kommission als Beobachter an den Präsidiumssitzungen des SRB teil. Dies ermöglichte eine kontinuierliche Abstimmung und ein Verständnis der Sichtweise der jeweils anderen Seite.
Das im Dezember 2015 geschlossene Memorandum of Understanding (MoU) bildet die Grundlage für die Zusammenarbeit zwischen der EZB-Bankenaufsicht und dem SRB. Es regelt die allgemeinen Bedingungen der Zusammenarbeit – einschließlich des Informationsaustausches – zwischen den beiden Behörden mit dem Ziel, eine effiziente Kooperation bei der Erfüllung der jeweiligen Aufgaben zu gewährleisten. Das MoU wird derzeit im Einklang mit den darin festgelegten Bestimmungen überarbeitet, um den in den ersten beiden Jahren seiner Implementierung gewonnenen Erkenntnissen Rechnung zu tragen. Die neue Fassung wird voraussichtlich im ersten Halbjahr 2018 fertiggestellt (siehe auch Abschnitt 2.2).
Eine weitere wichtige Erkenntnis besteht darin, dass der Zeitpunkt der Einstufung einer Bank als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend ebenfalls eine wesentliche Rolle spielt. Das rechtzeitige Ergreifen von Maßnahmen im Krisenfall ist von entscheidender Bedeutung, um eine weitere Verschlechterung der Lage einer Bank zu verhindern und die Gesamtkosten eines Bankenausfalls damit so gering wie möglich zu halten. Zugleich darf eine FOLTF-Bewertung auch nicht zu früh vorgenommen werden, da es ansonsten zu einer unnötigen Wertvernichtung kommen könnte, während noch Aussicht auf eine Sanierung besteht. Dies unterstreicht die Rolle des im aktuellen Regelwerk verankerten Ermessensspielraums der Aufsichtsbehörden, der auch künftig beibehalten werden sollte.
Ferner lässt sich aus den Erfahrungen ableiten, wie wichtig wirksame Frühinterventionsmaßnahmen sind, wobei sich deren Umsetzung im derzeitigen Rechtsrahmen als schwierig erwiesen hat. Es wurden zwei wesentliche Bereiche ermittelt, in denen das Regelwerk geändert werden müsste. Einschlägige Empfehlungen finden sich in der Stellungnahme der Europäischen Zentralbank zu Änderungen des Unionsrahmens für das Krisenmanagement (CON/2017/47).
Erstens gibt es erhebliche Überschneidungen zwischen Aufsichtsmaßnahmen nach der CRD IV und der SSM-Verordnung sowie den in der BRRD enthaltenen Frühinterventionsmaßnahmen. Diese betreffen sowohl ihren Inhalt als auch die Voraussetzungen für ihre Anwendung. Sie stellen erhebliche Herausforderungen für die praktische Umsetzung des Frühinterventionsrahmens dar, insbesondere im Hinblick auf die mangelnde Klarheit der Voraussetzungen für solch ein frühzeitiges Eingreifen.
Zweitens müssen die Frühinterventionsbefugnisse der EZB auf Basis der individuellen nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der BRRD ausgeübt werden. Hierdurch entstehen Unsicherheiten und Inkonsistenzen in Bezug auf die verfügbaren Maßnahmen und die Voraussetzungen für ihre Anwendung in den verschiedenen Mitgliedstaaten.
Daher empfiehlt die EZB a) die Streichung derjenigen Frühinterventionsmaßnahmen aus der BRRD, die bereits in der CRD IV und der SSM-Verordnung enthalten sind, und b) die Änderung der SRMR, um für die Frühinterventionsbefugnisse der EZB eine Rechtsgrundlage in einer Verordnung zur Verfügung zu stellen und so die einheitliche Anwendung zu erleichtern.
Eine weitere zentrale Lehre ist, dass bei einer Abwicklung der Zugang zu Liquidität gewährleistet sein muss. In manchen Fällen kann der Käufer der Bank Liquidität zur Verfügung stellen. Ansonsten muss die Liquiditätsversorgung der Bank nach dem Einsatz von Abwicklungsinstrumenten so lange sichergestellt werden, bis das Marktvertrauen wiederhergestellt ist. In diesem Zusammenhang spielt der Einheitliche Abwicklungsfonds (Single Resolution Fund – SRF) eine wichtige Rolle, wobei sich die EZB auch nachdrücklich für eine gemeinsame Letztsicherung (common backstop) ausspricht. Diese Letztsicherung sollte das Mandat des SRF in vollem Umfang abdecken, d. h., sie sollte sowohl für Liquiditätszwecke als auch zur Gewährleistung der Zahlungsfähigkeit von Banken vorhanden sein. Da die Verfügbarkeit ausreichender Finanzmittel eine wichtige Voraussetzung für einen geordneten Abwicklungsprozess ist, sollte die gemeinsame Letztsicherung so schnell wie möglich eingerichtet werden, idealerweise noch vor Ablauf der Übergangsfrist für die vollständige Vergemeinschaftung der SRF-Mittel.
Zudem hat sich gezeigt, dass die Abwicklungsfähigkeit von Banken aus Finanzstabilitätssicht möglicherweise eingeschränkt ist, wenn nachrangige Schuldtitel von Kleinanlegern gehalten werden. Daher sollte die Einführung klarer und leicht verständlicher Offenlegungspflichten und sonstiger Sicherheitsvorkehrungen erwogen werden, um das Bewusstsein der Anleger für die mit diesen Instrumenten verbundenen Risiken zu schärfen. Auch sollte in Betracht gezogen werden, solche Instrumente nur mit einer Mindeststückelung von 100 000 € zu begeben. Dadurch könnte das Mindestanlagevolumen erhöht und das Risikobewusstsein der Anleger gestärkt werden, wodurch direkte Investments von Kleinanlegern begrenzt würden. Mit Blick auf diese Fragen sollten Anstrengungen zur Schaffung eines einheitlichen Rahmens auf EU-Ebene unternommen werden. So könnte verhindert werden, dass die einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedliche Ansätze verfolgen, was zu einer Fragmentierung innerhalb des europäischen Marktes für diese Instrumente führen würde.
Kommunikation zu FOLTF-Bewertungen
Kommunikation als wesentlicher Faktor für erfolgreiches Krisenmanagement
Kommunikation spielt bei der Bewältigung einer Krise eine wichtige Rolle. Bei Ausfall einer Bank muss nicht nur eine Lösung zur Überwindung dieser Krise gefunden werden, sondern auch ein Weg, die breite Öffentlichkeit so zu informieren, dass es nicht zu Ansteckungseffekten kommt und die Finanzstabilität gewahrt bleibt. Dementsprechend ist die Abstimmung zwischen den beteiligten Akteuren von entscheidender Bedeutung, um der Öffentlichkeit eine klare und umfassende Botschaft zu vermitteln.
Anders als bei den Abwicklungsmaßnahmen, für die der Umfang der Veröffentlichung durch den SRB in der SRMR[36] und der BRRD definiert ist, bestehen keine einschlägigen Vorgaben für FOLTF-Bewertungen. Es erscheint ratsam, im Hinblick auf die Veröffentlichung von FOLTF-Bewertungen Klarheit zu schaffen.
Abgestimmte Kommunikation nach FOLTF-Bewertung
Rechtzeitige Vorbereitung der Kommunikation und Abstimmung zwischen allen Beteiligten ist entscheidend bei der Unterrichtung der Öffentlichkeit
Eine frühzeitige Vorbereitung der Kommunikation und Sprachregelung sowie die Abstimmung zwischen allen Beteiligten sind wichtige Faktoren im Umgang mit einer Krise. Zur Gewährleistung dieser Abstimmung arbeiteten die Kommunikationsteams des SRB, der EZB und der Europäischen Kommission bereits in einem frühen Stadium und mit großem zeitlichem Vorlauf zu den FOLTF-Beschlüssen zusammen. Dadurch konnte eine umfassende Kommunikationsstrategie erarbeitet werden, die zur erfolgreichen Bewältigung der Krise beitrug.
Zudem ist es sehr wichtig, den richtigen Zeitpunkt für die externe Kommunikation festzulegen und sorgfältig zu planen. Im Fall der Banco Popular Español wurde der FOLTF-Beschluss am späten Dienstagabend gefasst und allen zuständigen Behörden im Einklang mit Artikel 81 Absatz 3 der BRRD mitgeteilt. Die Öffentlichkeit wurde am Morgen des folgenden Tages unterrichtet, wobei der SRB den Verkauf der Bank an die Banco Santander S. A.[37] ankündigte und die EZB-Bankenaufsicht im Anschluss daran den FOLTF-Beschluss[38] bekanntgab. Bei der Festlegung des Mitteilungszeitpunkts wurde dem Erfordernis Rechnung getragen, die Informationen zur Lösung (Abwicklung, Übertragung des in Liquidation befindlichen Unternehmens usw.) zusammen mit dem Problem (Ausfall der Bank) zu veröffentlichen.
Die koordinierte Kommunikation diente dazu, die Öffentlichkeit umfassend über die Lage der Bank und die von den zuständigen Behörden ergriffenen Maßnahmen zu informieren.
Was die Veneto Banca und die Banca Popolare di Vicenza anbelangt, so gab die EZB-Bankenaufsicht am Freitag, dem 23. Juni 2017, auf ihrer offiziellen Website bekannt, dass eine FOLTF-Bewertung vorgenommen wurde.[39] Am selben Tag setzte der SRB die Öffentlichkeit von seinem Beschluss in Kenntnis, dass er eine Abwicklung der beiden Banken für nicht geboten halte und diese nach italienischem Insolvenzrecht liquidiert würden.[40] Das italienische Wirtschafts- und Finanzministerium veröffentlichte ebenfalls mit Datum vom 23. Juni 2017 eine Pressemitteilung, in der eine Sitzung für das sich anschließende Wochenende angekündigt wurde. Dabei sollten sämtliche erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung der Fortführung der Aktivitäten der beiden Banken und zum Schutz sämtlicher Einleger und Gläubiger vorrangiger Anleihen verabschiedet werden.[41]
Anträge auf den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten
EZB erhielt im Zusammenhang mit FOLTF-Bewertungen mehrere Anträge auf Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten
Bei der EZB gingen viele Anträge ein, die gemäß dem Beschluss EZB/2004/3 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten der Europäischen Zentralbank[42] gestellt wurden und sich auf die Offenlegung der FOLTF-Bewertungen bezogen. Entsprechende Gesuche wurden auch bei der Europäischen Kommission und dem SRB eingereicht.
Des Weiteren wurden Informationsersuchen seitens nationaler Parlamente und Finanzministerien vorgelegt. Mehrere Abgeordnete des Europäischen Parlaments reichten schriftlich Fragen im Hinblick auf die Abwicklung der Banco Popular Español und die Liquidation der Veneto Banca und der Banca Popolare di Vicenza ein.
Die EZB beantwortete diese Fragen und Informationsersuchen unter Einhaltung der in der Bankenaufsicht geltenden Vertraulichkeitsvorschriften. Die Antworten auf die schriftlichen Fragen der Europa-Abgeordneten wurden auf der Website der EZB zur Bankenaufsicht bekannt gegeben.
Veröffentlichung nicht vertraulicher Fassungen von FOLTF-Bewertungen der EZB
Im August 2017 beschloss die EZB, nicht vertrauliche Fassungen ihrer FOLTF-Bewertungen auf ihrer Website zur Bankenaufsicht zu veröffentlichen
Bei einer FOLTF-Bewertung handelt es sich um eine aufsichtliche Bewertung einer einzelnen Bank durch die EZB. Sie wird dem SRB zugeleitet, damit dieser beurteilen kann, ob die Voraussetzungen für eine Abwicklung erfüllt sind. Eine Bewertung zu einem Ausfall oder wahrscheinlichen Ausfall ist ein Zwischenschritt im Abwicklungsprozess, welcher der Europäischen Kommission und anderen zuständigen Behörden im Einklang mit den in Artikel 18 Absatz 1 der SRMR und Artikel 81 Absatz 3 der BRRD festgelegten Bestimmungen zur Kenntnis gebracht wird. FOLTF-Bewertungen fallen in den Aufgabenbereich der EZB-Bankenaufsicht. Somit unterliegen sie den Geheimhaltungspflichten und Vertraulichkeitsvorschriften, die für sämtliche Beschlüsse der EZB in ihrer Funktion als Aufsichtsbehörde gelten.
Aus Gründen der Transparenz und Nachvollziehbarkeit und angesichts des allgemeinen öffentlichen Interesses beschloss die EZB, nicht vertrauliche Fassungen ihrer FOLTF-Bewertungen auf ihrer Website zur Bankenaufsicht zu veröffentlichen. Um ihren Geheimhaltungspflichten nachzukommen, legte sie keine vertraulichen Informationen offen. Die Veröffentlichung der nicht vertraulichen Informationen stellt eine Ausnahme von der allgemeinen Kommunikationspolitik der EZB dar, die im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen[43] keine Bekanntmachung von einzelnen, durch Geheimhaltungsvorschriften geschützten Aufsichtsbeschlüssen vorsieht.
Mit Blick auf die Zukunft erscheint es geboten, in Bezug auf den für die Veröffentlichung von FOLTF-Bewertungen geltenden Rechtsrahmen Klarheit zu schaffen. Die BRRD und die SRMR sehen derzeit zwar nicht die Offenlegung von FOLTF-Bewertungen vor, aber die Bekanntmachung der Weisungen oder Instrumente, anhand deren die Abwicklungsmaßnahmen ergriffen werden. Aufgrund dieser Tatsache und der hohen Anzahl an Informationsersuchen im Nachgang zu einer solchen Bewertung durch die zuständigen Behörden ergibt sich ein Kommunikationsdefizit.
Prüfung durch den Europäischen Rechnungshof
Im Jahr 2017 führte der Europäische Rechnungshof (EuRH) eine Prüfung zur „Effizienz der Verwaltung der EZB auf dem Gebiet des Krisenmanagements für Banken“ durch. Im Verlauf der Prüfung arbeitete die EZB eng mit dem EuRH zusammen. Der Bericht wurde am 16. Januar 2018 veröffentlicht.[44] Darin werden konstruktive Empfehlungen zu verschiedenen Themen in den Bereichen Zusammenarbeit, Krisenerkennung und -bewältigung sowie Sanierungsplanung ausgesprochen, um die Wirksamkeit des Krisenmanagements durch den SSM weiter zu verbessern. Sechs der acht ausgesprochenen Empfehlungen wurden von der EZB angenommen. Die Arbeiten zur Umsetzung der Empfehlungen, die unter anderem die Zusammenarbeit mit dem SRB, zusätzliche Leitfäden zu Sanierungsplänen sowie Anleitungen für Prüfungen zur Anwendung von Frühinterventionsmaßnahmen betreffen, kommen gut voran. Von den beiden seitens der EZB abgelehnten Empfehlungen wurde eine nicht angenommen, weil die EZB bereits Leitfäden zur Operationalisierung von FOLTF-Bewertungen entwickelt hatte. Die andere wurde abgelehnt, da die EZB der Auffassung war, sie habe bereits während der Prüfung umfassend mit dem EuRH zusammengearbeitet und dabei dessen Mandat zur Beurteilung der Effizienz der Verwaltung der EZB respektiert.[45]
2.2 Zusammenarbeit mit dem Einheitlichen Abwicklungsausschuss
EZB und SRB setzten ihre enge Zusammenarbeit gemäß den Bedingungen des MoU fort
Im Jahr 2017 arbeiteten die EZB und der SRB weiterhin eng im Rahmen des bilateralen Memorandum of Understanding zusammen. Das MoU wurde Ende 2015 geschlossen und legt Regeln für die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch fest. Im Verlauf des Jahres wurden Informationen sowohl regelmäßig als auch anlassbezogen ausgetauscht.
Ende 2016 wurde dem SRB ein direkter Zugang zu den im IT-System der EZB-Bankenaufsicht gespeicherten relevanten aufsichtlichen Informationen und Daten gewährt, dessen Umfang im MoU festgelegt wurde. Dadurch wurde der laufende Datenaustausch gestrafft und automatisiert. Dies gewährleistet, dass sich der Meldeaufwand der Banken auf ein Minimum beschränkt. Darüber hinaus passte die EZB das aufsichtliche IT-System dahingehend an, dass es vom SRB ab 2018 ebenfalls für Abwicklungszwecke genutzt werden kann.
Im Einklang mit dem MoU wurde die Zusammenarbeit zwischen der EZB-Bankenaufsicht und dem SRB verstärkt, als sich die Lage eines bedeutenden Instituts verschlechterte. Insbesondere wurden die Zusammenarbeit und der Informationsaustausch im Hinblick auf die Banken verbessert, die 2017 als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend eingestuft wurden (d. h. die Banco Popular Español, die Veneto Banca und die Banca Popolare di Vicenza), wobei dies nicht auf die genannten Institute beschränkt blieb.
Die Bankenaufsicht der EZB und der SRB begannen im Jahr 2017 mit der Überprüfung des MoU gemäß den darin festgelegten Bestimmungen. Ziel ist es, bestimmte Teile dieser Vereinbarung zu überarbeiten, um den in den ersten beiden Jahren ihrer Implementierung gewonnenen Erfahrungen Rechnung zu tragen und die praktischen Herausforderungen zu bewältigen. Die Überprüfung soll im ersten Halbjahr 2018 abgeschlossen werden und dient dazu, die Kooperation und den Austausch von Informationen zwischen der EZB-Bankenaufsicht und dem SRB weiter zu verbessern.
Über diesen Informationsaustausch hinaus wird die enge Zusammenarbeit zwischen beiden Behörden auch durch andere Vereinbarungen unterstützt. Ein EZB-Vertreter nimmt an den Präsidiums- und Plenarsitzungen des SRB teil, und die Vorsitzende des SRB wird zu allen wichtigen Zusammenkünften des Aufsichtsgremiums der EZB eingeladen. Dadurch soll ein Austausch auf oberster Ebene zwischen den beiden Gremien gefördert werden. Auch auf Expertenebene findet in verschiedenen Ausschüssen eine konstruktive und verstärkte Zusammenarbeit von Vertretern der EZB-Bankenaufsicht und des SRB statt. Daneben kooperieren JSTs und Interne Abwicklungsteams im Hinblick auf einzelne Banken. Auf Arbeitsebene tauschen sich Mitarbeiter der Querschnittsfunktionen der Bankenaufsicht und des SRB ebenfalls regelmäßig aus. In engem Kontakt stehen die beiden Institutionen auch in Bezug auf die aus Aufsichts- und Abwicklungsperspektive relevanten Grundsatzbereiche.
Wie in den vergangenen beiden Jahren beriet sich die Bankenaufsicht der EZB mit dem SRB hinsichtlich der vorgelegten Sanierungspläne aller bedeutenden Institute, für die sie als konsolidierende Aufsichtsbehörde agierte. Die Rückmeldungen des SRB wurden anschließend im Rahmen der Beurteilung der Sanierungspläne durch die EZB-Bankenaufsicht berücksichtigt.
EZB-Bankenaufsicht wurde zu Entwürfen für Abwicklungspläne und MREL konsultiert
Im Gegenzug beriet sich der SRB mit der Bankenaufsicht der EZB im Berichtsjahr über die Entwürfe für Abwicklungspläne bei einer Vielzahl bedeutender Institute. Bei einem Teil der Institute, für die ein solcher Plan vorgelegt wurde, konsultierte er die EZB-Bankenaufsicht auch hinsichtlich der von ihm festgelegten Mindestanforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten (minimum requirement for own funds and eligible liabilities – MREL). Die EZB-Bankenaufsicht nahm eine Beurteilung der Planentwürfe und der MREL aus aufsichtlicher Perspektive vor und ließ dem SRB ihre Schlussfolgerungen zukommen. Ferner wurde sie vom SRB in Bezug auf die Ermittlung der im Voraus erhobenen Beiträge zum Einheitlichen Abwicklungsfonds konsultiert. Sie beurteilte die möglichen Auswirkungen auf SIs unter der Annahme der Unternehmensfortführung und gab dem SRB eine entsprechende Rückmeldung.
2.3 Arbeiten im Rahmen der Sanierungsplanung
BRRD verpflichtet die Institute zur Ausarbeitung und regelmäßigen Aktualisierung von Sanierungsplänen, in denen Maßnahmen festgelegt sind, die sie im Fall einer erheblichen Verschlechterung für die Wiederherstellung ihrer Finanzkraft ergreifen können
Die Bewertung der Sanierungspläne von SIs ist unter anderem in der BRRD, der Delegierten Verordnung 2016/1075[46] und den EBA-Leitlinien[47] geregelt und ist Teil des Gesamtpakets der aufsichtlichen Maßnahmen. Dadurch soll die Wiederherstellung der Überlebensfähigkeit von Banken in Phasen mit erhöhtem Stress gewährleistet werden. Gemäß den EBA-Leitlinien zu gemeinsamen Verfahren und Methoden für den aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozess (supervisory review and evaluation process – SREP)[48] fließen die gesamten Ergebnisse aus der Bewertung der Sanierungspläne in die SREP-Bewertung ein.
Sanierungspläne im Beurteilungszyklus 2016: Bewertung und Benchmark-Vergleich
Der Beurteilungszyklus 2016 für die von SIs vorgelegten Sanierungspläne – der zweite seit Errichtung des SSM – umfasste den Zeitraum von September 2016 bis Ende August 2017. Insgesamt wurden 109 Pläne von bedeutenden Instituten vorgelegt. Für Banken, bei denen die EZB als konsolidierende Aufsichtsbehörde auftritt, wurden zwei Zeiträume für die Vorlage der Pläne vorgesehen: September und Dezember 2016. Dadurch war gewährleistet, dass die Bearbeitung nicht in eine Zeit hoher Arbeitsbelastung der JSTs aufgrund des SREP fiel und es auch nicht zu Ressourcenengpässen kam. Die meisten Sanierungspläne wurden der EZB-Bankenaufsicht im Dezember 2016 übermittelt. Der gesamte Prozess der Beurteilung der Sanierungspläne und der anschließenden Herbeiführung einer gemeinsamen Entscheidung zusammen mit anderen zuständigen Behörden, sofern dies erforderlich ist,[49] kann bis zu sechs Monate in Anspruch nehmen.
Im Beurteilungszyklus 2016 konnte erstmals ein umfassender Vergleich der Pläne durchgeführt werden, da sämtliche Pläne gemäß der BRRD vorgelegt wurden. Im vorangegangenen Zyklus war ein Großteil der Pläne nicht entsprechend den Vorgaben der BRRD, sondern im Einklang mit dem zum damaligen Zeitpunkt geltenden nationalen Recht eingereicht worden, was auf die späte Umsetzung der BRRD in einigen Mitgliedstaaten zurückzuführen war. Ferner wurden alle SIs durch die am 23. März 2016 verabschiedete Delegierte Verordnung 2016/1075 über den erwarteten Inhalt und die von den zuständigen Behörden bei der Bewertung der Sanierungspläne zugrunde zu legenden Mindestkriterien informiert.
Der Benchmark-Vergleich der 2016 vorgelegten Sanierungspläne zeigte deutliche Verbesserungen in Bezug auf die Vollständigkeit und Qualität der Pläne. Trotz dieser Verbesserungen wurden jedoch bei rund 20 % der beurteilten Pläne gezielte Maßnahmen eingeleitet, d. h., die bedeutenden Institute wurden von der EZB-Bankenaufsicht zur Überarbeitung ihrer Sanierungspläne aufgefordert, oder es wurden wesentliche Unzulänglichkeiten gemäß Artikel 6 Absatz 5 der BRRD festgestellt. Im zuletzt beschriebenen Fall wird das SI aufgefordert, innerhalb einer Frist von zwei Monaten (die auf drei Monate verlängert werden kann) einen überarbeiteten Sanierungsplan vorzulegen.
Aus den Benchmark-Analysen ging zudem hervor, dass eine angemessene Sanierungsplanung (d. h. eine gute Vorbereitung auf Krisensituationen) die Wahrscheinlichkeit einer zeitnahen und effektiven Implementierung der Sanierungsoptionen erhöht.
Aus der Beurteilung und Benchmark-Analyse der Pläne ergaben sich zwei wichtige Schlussfolgerungen: Erstens müssen sich Sanierungspläne in die Praxis umsetzen lassen und zweitens scheinen bedeutende Institute ihre Sanierungsfähigkeit zu überschätzen. Künftig soll bei Bewertungen von Sanierungsplänen durch die EZB-Bankenaufsicht besonderes Augenmerk auf diese beiden Punkte gelegt werden.
Sanierungspläne im Beurteilungszyklus 2017: Zeitplan und standardisierte Vorlagen
Auch hinsichtlich des Beurteilungszyklus 2017 wurden zwei Zeiträume für die Vorlage der Sanierungspläne der SIs festgelegt: September und Dezember 2017. Die Beurteilungen sollen im Sommer 2018 abgeschlossen sein. Im Rahmen dieses Zyklus legten 107 SIs ihre Pläne vor.
Im zweiten Jahr in Folge werden die Banken neben ihren Sanierungsplänen standardisierte Meldevorlagen einreichen. Durch den Einsatz dieser Vorlagen konnten die Darstellung der erforderlichen Daten in den Sanierungsplänen sowie deren Beurteilung verbessert und die Qualität der angegebenen Daten erhöht werden.
Künftiger Schwerpunkt liegt auf der Verwendbarkeit der Sanierungspläne und deren Nutzen für das Krisenmanagement
Wie in den Ergebnissen der Benchmark-Analysen im Bewertungszyklus 2016 dargelegt, bestand das vorrangige Ziel der laufenden Beurteilungen und der Zusammenarbeit mit SIs darin, die Einsatzfähigkeit und Verwendbarkeit der Sanierungspläne zu erhöhen.
Auf der Grundlage ihrer nunmehr zweijährigen Erfahrung kam die EZB-Bankenaufsicht zu dem Ergebnis, dass nicht alle Pläne in Krisensituationen wirksam umgesetzt oder operationalisiert werden können. Zurückzuführen ist dies auf ihre beträchtliche Größe und Komplexität (manche Pläne umfassen knapp 2 000 Seiten) und das Fehlen klarer Prozesse und konkreter Schritte zur Veranschaulichung einer wirksamen Umsetzung in Phasen mit erhöhtem Stress. Dies ist ein beträchtlicher Nachteil angesichts der Tatsache, dass der Zweck eines Sanierungsplans darin besteht, der Geschäftsleitung einer Bank eine ausreichende Zahl an Optionen zur Verfügung zu stellen, die – vor allem in Stressphasen – zeitnah und wirksam implementiert werden können.
Die Bankenaufsicht der EZB beabsichtigt, im Verlauf des Jahres 2018 Informationen über die von einigen SIs angewandten Best Practices weiterzugeben, um die Banken bei der Erarbeitung wirksamerer Sanierungspläne zu unterstützen.
Im Zuge der Verbesserung der Sanierungspläne wird die EZB-Bankenaufsicht künftig in der Lage sein, die Ergebnisse der Beurteilung von Sanierungsplänen systematisch für Krisenerkennung und -management zu nutzen und in die SREP-Bewertungen einfließen zu lassen.
2.4 Krisenmanagement in Bezug auf LSIs
Die Bewältigung einer Krise bei einem weniger bedeutenden Institut erfordert einen intensiven Informationsaustausch und eine enge Zusammenarbeit zwischen der jeweiligen NCA in ihrer Funktion als direkter Aufseherin des LSI und der EZB als Behörde, die eine Überwachungsfunktion wahrnimmt und für Beschlüsse in Bezug auf gemeinsame Verfahren zuständig ist.
Die Zuständigkeit für Aufsichtsbeschlüsse und -maßnahmen im Zusammenhang mit einem in der Krise befindlichen LSI liegt bei der NCA. Dabei wird eine engere Kooperation erforderlich, wenn die Überlebensfähigkeit des LSI gefährdet ist. Zu einem solchen Zeitpunkt muss eine Liquidation oder Abwicklung des LSI in Betracht gezogen werden, was auch mit der Anwendung gemeinsamer Verfahren wie beispielsweise dem Entzug der Zulassung, der Beurteilung eines Erwerbs oder der Erhöhung qualifizierter Beteiligungen sowie der Erteilung neuer Zulassungen (beispielsweise für ein Brückeninstitut) einhergehen kann.
Vor diesem Hintergrund überwacht die EZB die Entwicklung der in einer Krise befindlichen LSIs, unterstützt die Krisenmanagementmaßnahmen der NCAs und bereitet Beschlussentwürfe zu gemeinsamen Verfahren auf Grundlage der von den NCAs unterbreiteten Vorschläge vor. Diese Beschlüsse werden vom Aufsichtsgremium genehmigt und vom EZB-Rat verabschiedet.
Rahmen für das Krisenmanagement in Bezug auf LSIs
2017 trat der Kooperationsrahmen für das Krisenmanagement in Bezug auf LSIs in Kraft. Daneben wurden zwei weitere gemeinsame Aufsichtsstandards entwickelt, durch die Konsistenz in den Verfahren der NCAs zum Umgang mit in einer Krise befindlichen LSIs gewährleistet werden soll
Im Jahr 2017 trat ein Kooperationsrahmen für das Krisenmanagement in Kraft, der die Zusammenarbeit zwischen der EZB und den NCAs regelt und bereits mehrfach in Anspruch genommen wurde. Zweck dieses Kooperationsrahmens ist es, die NCAs und die EZB bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Bereich des Krisenmanagements zu unterstützen. Ferner regelt er die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch sowohl zwischen der EZB und den NCAs als auch mit anderen möglicherweise beteiligten Akteuren (z. B. den zuständigen Abwicklungsbehörden). Im gesamten Jahresverlauf war die Kooperation zwischen den NCAs und der EZB bei verschiedenen Krisenfällen durch einen regelmäßigen und fruchtbaren Austausch geprägt, der Beschlussfassungen innerhalb relativ kurzer Zeit ermöglichte.
In einem weiteren Schritt entwickelten die EZB und die NCAs 2017 einen gemeinsamen Aufsichtsstandard (Joint Supervisory Standard – JSS) zu den Aufsichtspraktiken von NCAs für das Krisenmanagement in Bezug auf LSIs sowie sowie die Zusammenarbeit der NCAs mit den Abwicklungsbehörden, der 2018 fertiggestellt werden soll. Dadurch soll die Anwendung einheitlicher Verfahren für das Krisenmanagement von LSIs auf nationaler Ebene gewährleistet werden, um so gemeinsame Aufsichtsergebnisse innerhalb des SSM zu fördern. Der JSS regelt auch die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zwischen den NCAs und den am Einheitlichen Abwicklungsmechanismus beteiligten Behörden (der Einheitliche Abwicklungsausschuss und die nationalen Abwicklungsbehörden), sofern dies für die Erfüllung ihrer jeweiligen Aufgaben erforderlich ist.
Gleichzeitig entwickelten die EZB und die NCAs 2017 einen JSS zu den Aufsichtsverfahren der NCAs für LSIs, die gegen die Mindesteigenkapitalanforderungen verstoßen, der ebenfalls 2018 fertiggestellt werden soll. Dadurch soll ein gemeinsames Verständnis der Verwaltungsverfahren gefördert werden, die bei einer Verschlechterung der Finanzlage von LSIs zur Anwendung kommen, vor allem im Hinblick auf den Zeitpunkt, zu dem Korrekturmaßnahmen gefordert werden, sowie die Bedingungen, die einen Entzug der Zulassung auslösen.
3 Der SSM als Teil der europäischen und der globalen Aufsichtsarchitektur
3.1 Zusammenarbeit auf europäischer und internationaler Ebene
Euroraum-Banken unterhalten Zweigstellen und Tochtergesellschaften in 94 Ländern außerhalb der EU (Stand: 31. Dezember 2016)
Da die Banken des Euroraums in über 90 außereuropäischen Ländern vertreten sind (siehe Abbildung 4), arbeitet der SSM eng mit anderen Aufsichtsbehörden außerhalb und innerhalb der EU zusammen. Die EZB sieht es daher als ihre Aufgabe an, diese Zusammenarbeit zu fördern, indem sie zur Arbeit von Aufsichtskollegien beiträgt oder Instrumente für eine Kooperation entwickelt, beispielsweise Vereinbarungen über die Zusammenarbeit (Memoranda of Understanding – MoUs). Zu den Vertragspartnern, mit denen sie bislang MoUs abschließen konnte, zählen unter anderem Aufsichtsbehörden aus EU-Mitgliedstaaten außerhalb des Euroraums, Aufsichtsinstanzen aus Drittstaaten und nationale Marktaufsichtsbehörden.
Abbildung 4
Außerhalb der EU ansässige Zweigstellen und Tochtergesellschaften der Banken des Euroraums
Üblicherweise arbeitet die Bankenaufsicht der EZB mit anderen Bankaufsichtsbehörden mittels MoUs, einer Teilnahme an Aufsichtskollegien oder auf Einzelfallbasis abgeschlossener Vereinbarungen zusammen.
Abbildung 5
Überblick über internationale und europäische Kooperationstätigkeiten der EZB
MoUs für die Zusammenarbeit mit anderen Aufsichtsbehörden
Zusammenarbeit mit Drittstaatsbehörden
Bestehende MoUs der NCAs des Euroraums mit Aufsichtsinstanzen aus Drittstaaten werden schrittweise durch entsprechende MoUs der EZB ersetzt
Die EZB ist bestrebt, durch eine fruchtbare Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden aus Drittstaaten die laufende grenzüberschreitende Aufsicht zu fördern. Die EZB‑Bankenaufsicht trat daher, soweit dies möglich war, bestehenden MoUs bei, die bereits vor dem Inkrafttreten des SSM zwischen den NCAs des Euroraums und Aufsichtsinstanzen aus Drittstaaten abgeschlossen worden waren. In einigen Fällen musste die EZB-Bankenaufsicht jedoch maßgeschneiderte Lösungen für eine Zusammenarbeit entwickeln. Nach und nach schließt die EZB ihre eigenen MoUs mit den Aufsichtsbehörden aus Drittländern ab, um so eine Abhängigkeit von bestehenden Vereinbarungen über die Zusammenarbeit zwischen den NCAs des Euroraums und Aufsichtsbehörden aus Drittländern zu vermeiden.
Zusammenarbeit innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums
Die EZB arbeitet häufig mit den NCAs der EU-Länder außerhalb des Euroraums zusammen. Diese Kooperation erfolgt im Einklang mit den Bestimmungen der CRD IV bezüglich einer Zusammenarbeit und eines Informationsaustauschs zwischen den zuständigen Behörden in der EU. Um nähere Einzelheiten festzulegen und die Kooperation weiter zu stärken, steht die EZB mit diesen NCAs derzeit gemäß Artikel 3 Absatz 6 der SSM-Verordnung in Verhandlungen für eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit. Dem von der EZB im Jahr 2016 abgeschlossenen EU/EWR-MoU zur Aufsicht über bedeutende Zweigstellen in nordischen Ländern[50] sind inzwischen fünf weitere Aufsichtsbehörden beigetreten.
Auch mit zwei nationalen Marktaufsichtsbehörden hat die EZB-Bankenaufsicht MoUs abgeschlossen, deren Grundlage eine von der EZB in Zusammenarbeit mit der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities and Markets Authority – ESMA) erstellte Vorlage bildet.
EBA-Äquivalenznetzwerk hat bislang die Geheimhaltungsvorschriften von 35 Aufsichtsbehörden aus Drittstaaten als gleichwertig eingestuft
Die EZB-Bankenaufsicht arbeitet eng mit dem EBA-Äquivalenznetzwerk (EBA Network on Equivalence) zusammen, das die Gleichwertigkeit der Geheimhaltungsvorschriften von Aufsichtsbehörden aus Drittstaaten beurteilt. So soll die Konsistenz auf EU-Ebene sichergestellt werden. MoUs für eine aufsichtliche Kooperation können nur dann abgeschlossen werden, wenn die erforderliche Gleichwertigkeit der beruflichen Geheimhaltung gegeben ist.
Aufsichtskollegien
Wirksame Aufsichtskollegien sind die Eckpfeiler einer konsolidierten Aufsicht über grenzüberschreitend tätige internationale Institute
Die als ständige und dennoch flexible Strukturen eingerichteten Aufsichtskollegien ermöglichen die Abstimmung zwischen den an der Aufsicht über grenzüberschreitend tätige Bankengruppen beteiligten Behörden. Für Banken im Eurogebiet mit Niederlassungen in Ländern außerhalb des Euroraums spielen die Kollegien eine wichtige Rolle.
Der europäische Gesetzgeber stattet die Aufsichtskollegien mit umfassenden Befugnissen aus, da sie den Aufsehern des Herkunfts- und des Aufnahmelandes als wichtige Foren für den Austausch relevanter Informationen sowie für die Abstimmung der Risikobewertung und der Kapital- und Liquiditätsanforderungen für EU-Banken dienen. Während JSTs die Banken im Euroraum beaufsichtigen, ermöglichen Aufsichtskollegien eine konsolidierte Aufsicht in Ländern außerhalb des Euro‑Währungsgebiets.
Im Jahr 2017 fungierte die EZB-Bankenaufsicht in 30 EU-Kollegien als konsolidierende Aufsichtsbehörde, in denen das jeweilige JST aufgrund dessen den Vorsitz übernahm. In allen Kollegien sind die NCAs der entsprechenden EU-Mitgliedstaaten sowie die EBA und die EZB vertreten. Darüber hinaus können Behörden aus Drittstaaten, in denen das betreffende Institut bedeutende Tochtergesellschaften oder Zweigstellen unterhält, Beobachter in das jeweilige Kollegium entsenden.
Sieben grenzüberschreitend tätige, in EU-Mitgliedstaaten außerhalb des Euroraums ansässige Institute sind durch bedeutende Institute im Euroraum vertreten. Wie europarechtlich vorgeschrieben, ist die EZB-Bankenaufsicht ein aktives Mitglied der entsprechenden Kollegien, in denen die jeweilige NCA den Vorsitz hat. Das für die Tochtergesellschaft oder Zweigstelle im Euroraum zuständige JST vertritt die EZB in diesen Kollegien und erfüllt deren Pflichten.
Vier weitere bedeutende Institute sind nur außerhalb der EU in wesentlichem Umfang grenzüberschreitend tätig. Bei diesen Instituten tritt die EZB-Bankenaufsicht als konsolidierende Aufsichtsbehörde auf und unterhält Kollegien für den Informationsaustausch.
Für fünf internationale Institute mit Sitz in Drittländern und bedeutenden Tochtergesellschaften im Euroraum agieren die jeweiligen JSTs als aktive Aufseher des Aufnahmelandes in den von der konsolidierenden Aufsichtsbehörde des Drittlandes organisierten Kollegien.
Stand der engen Zusammenarbeit
EU-Mitgliedstaaten, deren Währung nicht der Euro ist, können im Rahmen einer engen Zusammenarbeit am SSM teilnehmen. Die Hauptvoraussetzungen hierfür sind in Artikel 7 der SSM-Verordnung festgelegt, und die Verfahrensaspekte sind in Beschluss EZB/2014/5 geregelt. Im Jahr 2017 gingen keine Anträge auf Aufnahme einer engen Zusammenarbeit ein.
Review Panel der EBA
Die Bankenaufsicht der EZB setzte ihre aktive Mitarbeit im Review Panel der EBA fort, das Peer Reviews zur Erhöhung der Konsistenz der aufsichtlichen Ergebnisse durchführt.
Im Jahr 2017 erfolgte ein Peer Review zu den EBA-Leitlinien für die Kriterien zur Festlegung der Anwendungsvoraussetzungen für Artikel 131 Absatz 3 der Richtlinie 2013/36/EU (CRD) in Bezug auf die Bewertung von anderen systemrelevanten Instituten (A-SRIs) durch. Ziel dieses Peer Review war es, a) zu beurteilen, ob die in den Leitlinien festgelegten Bestimmungen effektiv angewendet werden, und b) eine Einschätzung der Verfahren vorzunehmen, die von den zuständigen Behörden zur angemessenen Bewertung der Bedingungen eingesetzt werden, aufgrund deren ein Institut als A-SRI einzustufen ist.
Da die Identifizierung von A-SRIs in den Verantwortungsbereich der NCAs fällt, oblag es der EZB, die Aufgaben des SSM in Bezug auf als A-SRIs eingestufte Institute klarzustellen. Gemäß der CRD IV sind die NCAs dafür verantwortlich, den A-SRIs die Pflicht zum Vorhalten eines zusätzlichen Kapitalpuffers aufzuerlegen. Ihr makroprudenzielles Mandat und die damit verbundenen Aufgaben geben der EZB die Möglichkeit, diese Puffer mit einem Aufschlag zu versehen und die Anforderungen im Einklang mit Artikel 5 der SSM-Verordnung zu verschärfen. Mit der im Juni 2016 eingeführten Methodik der EZB zur Untergrenze für Pufferanforderungen bei A-SRIs will die EZB einen einheitlichen Umgang mit den einschlägigen systemischen oder makroprudenziellen Risiken im gesamten Euroraum sicherstellen. Im Jahr 2017 ergab sich für die EZB nach der Auswertung der Mitteilungen der NCAs zu den von ihnen voraussichtlich festgelegten Kapitalpuffern für A-SRIs keine Notwendigkeit, von ihrer Befugnis zur Anordnung eines Aufschlags Gebrauch zu machen. Diese Auswertung stützte sich auch darauf, dass sämtliche Kapitalpufferanforderungen an die A-SRIs, welche die nationalen Behörden für von ihnen als A-SRIs identifizierte Banken angesetzt hatten, in Höhe der EZB-Untergrenze oder sogar darüber lagen.
Das Financial Sector Assessment Program (FSAP) des IWF
Der IWF führt im Rahmen seines Financial Sector Assessment Program (FSAP) umfassende und eingehende Überprüfungen des Finanzsektors einzelner Länder durch. Die Überprüfungen bestehen aus a) der Identifizierung wesentlicher Anfälligkeiten und einer Bewertung der Widerstandsfähigkeit des Finanzsektors, b) einer Bewertung des politischen Rahmens zur Wahrung der Finanzstabilität sowie des Aufsichtsrahmens und der Aufsichtspraxis und c) einer Beurteilung der finanziellen Sicherheitsmechanismen sowie der Fähigkeit des Finanzsystems, Finanzkrisen zu bewältigen.
IWF startete 2017 FSAP im Euroraum
Im Januar 2017 trat der Vorsitzende des Wirtschafts- und Finanzausschusses der EU an den IWF heran und ersuchte diesen um Durchführung einer EU- bzw. euroraumweiten Finanzsektorüberprüfung, um der neuen Bankenaufsichts- und Abwicklungsstruktur im Eurogebiet Rechnung zu tragen. Das Augenmerk des im Juni 2017 gestarteten FSAP liegt daher unter anderem auf der Bankenaufsicht und dem Krisenmanagement von SIs. Zu diesem Zweck wird der IWF a) eine detaillierte Bewertung in Bezug auf die einschlägigen[51] Basler Grundsätze[52] (Basel Core Principles – BCPs) für eine wirksame Bankenaufsicht durchführen, aus der sich eine Klassifizierung ergibt, und b) die Einhaltung ausgewählter Bestandteile der FSB Key Attributes zur Sanierung und Abwicklung von Finanzinstituten (FSB Key Attributes of Effective Resolution Regimes for Financial Institutions) analysieren. Darüber hinaus wird der IWF a) den Rahmen für die Aufsicht über LSIs (ohne Klassifizierung) untersuchen und b) die Solvenz des Bankensektors im Zusammenhang mit der Risikobeurteilung bewerten. Bereits vor der ersten Mission des IWF im Rahmen dieser Finanzsektorüberprüfung hatte die EZB eine eigene Beurteilung anhand der BCPs durchgeführt, die vom Aufsichtsgremium der EZB überprüft und vom EZB-Rat gebilligt worden war. Auf das Ersuchen des IWF, die Auswirkungen der nationalen Rechtsrahmen auf die Wirksamkeit der europäischen Bankenaufsicht zu analysieren, hatten auch die NCAs Informationen zu den einschlägigen nationalen Bestimmungen bereitgestellt. Die erste Mission erfolgte im Oktober und November 2017. Sie umfasste mehr als 60 Sitzungen, an denen Vertreter aus allen fünf Geschäftsbereichen der EZB-Bankenaufsicht sowie die betreffenden gemeinsamen Dienste teilnahmen.
Die Ergebnisse der Prüfung, die im Jahr 2018 abgeschlossen werden soll, werden in die voraussichtlich im Juli 2018 endende Artikel-IV-Konsultation des IWF mit den Euro-Ländern für 2018 einfließen.
In den länderspezifischen Finanzsektorüberprüfungen des IWF im Euroraum sind die nationalen Behörden insgesamt federführend. Entsprechend ihrem Mandat ist die EZB jedoch ebenfalls stark involviert. Ihre Zielsetzungen bestehen darin, a) die länderübergreifende Vergleichbarkeit und Konsistenz der den Bankensektor betreffenden Komponente der FSAP-Bewertungen von Euro-Ländern, b) die größtmögliche Nutzung von Synergien mit EU- bzw. euroraumweiten Bankenstresstests und c) die korrekte Darstellung der Schlüsselmerkmale des Rahmens für die mikro- und makroprudenzielle Bankenaufsicht sicherzustellen. Im Jahr 2017 schloss der IWF seine Finanzsektorüberprüfungen für Luxemburg und Spanien ab und startete das FSAP für Belgien. Die Überprüfungen für Frankreich, Italien und Malta sollen in der zweiten Jahreshälfte 2018 beginnen. Da die Ergebnisse des FSAP für den Euroraum bis dahin veröffentlicht sein dürften, können sie als Informationsquelle für die nationalen Überprüfungen dienen, insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung der BCPs für eine wirksame Bankenaufsicht.
Insgesamt ist zu erwarten, dass die Schlussfolgerungen und Empfehlungen des Euroraum-FSAP in den anstehenden Finanzsektorüberprüfungen für die Euro-Länder vor allem bezüglich der Aufsicht und des Krisenmanagements bei SIs umfassend genutzt werden. Diese Herangehensweise steht im Einklang mit dem aktuellen politischen Handlungsrahmen in Europa und trägt den jeweiligen Kompetenzen auf Ebene der einzelnen EU-Mitgliedstaaten, des Euroraums und der EU vollständig Rechnung. Gleichzeitig stellt sie für alle involvierten Behörden auch weiterhin eine effektive und zielführende Überwachung und Beratung durch den IWF sicher.
Kasten 2 Brexit-Vorbereitungen
Im Lauf des Jahres 2017 entwickelte sich das Thema Brexit zu einem der Kernpunkte der EZB-Bankenaufsicht. Um einen einheitlichen Umgang mit dem Brexit zu fördern, rief die EZB-Bankenaufsicht ein SSM-weites Projekt ins Leben, dessen Ziel es ist, für eine ordnungsgemäße Vorbereitung der Banken und Aufseher zu sorgen.
In der Praxis umfassen die Arbeiten des SSM zum Brexit dementsprechend sowohl grundsatzbezogene Aufgaben als auch den Austausch mit betroffenen Instituten und anderen Beteiligten. Die Formulierung von Grundsatzstrategien und aufsichtlichen Erwartungen ist essenziell, um aufsichtliche Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Brexit zu adressieren und zu klären. Mit den Grundsatzstrategien der EZB wird eine einheitliche Behandlung der relevanten Themen innerhalb des SSM sichergestellt. Für die Aufseher bilden sie darüber hinaus die Grundlage, anhand deren sie Kreditinstituten klare Orientierungshilfen geben können, wenn es beispielsweise um die Gewährleistung eines angemessenen Risikomanagements, einer soliden Infrastruktur oder einer auf die Geschäftsaktivitäten des Instituts abgestimmten Personalausstattung geht. Zu den behandelten Themen zählen unter anderem die Bewertung von Back-to-back-Buchungsmodellen, die Behandlung von internen Modellen, die aus dem Vereinigten Königreich in den SSM übertragen werden, sowie interne Governance und Risikomanagement.
Die EZB organisierte Workshops mit Banken, um diesen Informationen zu den aufsichtlichen Erwartungen der EZB und der NCAs an die Hand zu geben. Darüber hinaus veröffentlichte sie auf der Website der EZB-Bankenaufsicht Fragen und Antworten, die insbesondere denjenigen Banken, die ihr Geschäft aus dem Vereinigten Königreich in den Euroraum verlagern wollen, als Orientierungshilfe dienen sollen. In den Fragen und Antworten werden neben den oben genannten Themen auch Aspekte wie Genehmigungen und Bankzulassungen behandelt. Die Kernaussagen der EZB waren auch in den Sommer-, Herbst- und Winterausgaben des SSM Supervision Newsletter enthalten.
Um sicherzustellen, dass derzeit im Vereinigten Königreich tätige SIs angemessen auf den Brexit vorbereitet sind, hat die EZB strukturierte Dialoge mit diesen Banken aufgenommen. In den JSTs haben Gespräche über die von den Banken erstellten Brexit-Szenarien begonnen, die auch in den Notfallplänen der Banken enthalten sind. Gleichzeitig wurden Vorbereitungen für die Behandlung von Banken getroffen, die ihr Geschäft aufgrund des drohenden Verlusts ihres Europäischen Passes vom Vereinigten Königreich in den Euroraum verlagern wollen. So soll für einen umsichtigen Umgang mit Zulassungen für neue Kreditinstitute und der Übertragung von Aktivitäten auf bestehende Kreditinstitute gesorgt werden. Darüber hinaus stehen EZB und NCAs in engem Kontakt mit anderen Behörden, die Bankengruppen des Euroraums angehörende Unternehmen beaufsichtigen, unter anderem mit den Aufsichtsbehörden aus dem Vereinigten Königreich und Drittländern. Auf diese Weise soll eine Abstimmung zwischen allen relevanten Behörden bei der Reaktion auf Entwicklungen im Bankensektor des Euroraums gewährleistet werden.
Brexit wird auch 2018 ein zentrales Aufsichtsthema bleiben
Der Brexit wird einer der wichtigsten Aufsichtsschwerpunkte bleiben. Wenn die Banken mit der Umsetzung ihrer Brexit-Pläne beginnen, wird sich der Schwerpunkt ihrer Aktivitäten von vorbereitenden Arbeiten auf die Beurteilung tatsächlicher Fälle und die praktische Implementierung der vorstehend genannten Grundsatzstrategien verlagern. Trotz der politischen Einigung im Hinblick auf die Aushandlung einer möglichen Übergangsphase besteht nach wie vor keine Sicherheit bezüglich des Ergebnisses dieser Verhandlungen. Die EZB empfiehlt den Banken daher, sich proaktiv und frühzeitig auf den Brexit vorzubereiten und dafür Sorge zu tragen, dass alle für einen Geschäftsbetrieb in der EU erforderlichen Genehmigungen zeitnah vorliegen. Allerdings können die Banken je nachdem, welche Richtung die politischen Diskussionen bezüglich einer Übergangsfrist nehmen, Gespräche mit den Aufsichtsbehörden führen, um die Möglichkeit einer Verlängerung der Frist zur Umsetzung bestimmter Elemente ihrer unternehmensspezifischen Standortverlagerungspläne zu prüfen.
Gemeinsam mit den NCAs wird die EZB auch weiterhin die Pläne der Institute für eine Verlagerung ihrer Aktivitäten in den Euroraum bewerten, wenn sie die Anträge auf Bankzulassungen prüft. Die Aufseher werden besonderes Augenmerk auf die Einhaltung der SSM-Grundsatzstrategien und die Erfüllung der aufsichtlichen Erwartungen durch die Banken legen, vor allem um im Euroraum die Gründung von Scheingesellschaften – also Gesellschaften, die nur ein Minimum an Funktionen innerhalb des Eurogebiets wahrnehmen und ihre Aktivitäten in der EU weitgehend auf Gesellschaften in Drittländern auslagern – zu verhindern. Soweit erforderlich, wird die EZB weitere Grundsatzstrategien entwickeln und die Branche und alle Beteiligten über ihre aufsichtlichen Erwartungen auf dem Laufenden halten. Für Institute, die aufgrund einer Erweiterung ihrer Aktivitäten im Euroraum mittel- oder langfristig voraussichtlich bedeutend werden, trifft die EZB derzeit entsprechende Vorbereitungen, um eine reibungslose Übertragung der direkten Aufsicht auf die EZB sicherzustellen. Die EZB wird auch weiterhin mit den Aufsichtsbehörden der Herkunfts- und Aufnahmeländer zusammenarbeiten, um den Stand der Vorbereitungen bei den Banken im Euroraum und den hinzukommenden Banken zu überwachen. Darüber hinaus sind weitere Workshops zum Thema Standortverlagerungspläne der Banken vorgesehen, und die EZB wird ihre Fragen und Antworten zum Brexit regelmäßig aktualisieren.
3.2 Beiträge zur Entwicklung des europäischen und des internationalen regulatorischen Rahmens
Beitrag zum Basler Prozess
Im Jahr 2017 konnte Basel III, der Eckpfeiler des regulatorischen Rahmens nach der Krise, finalisiert werden. Als aktive Teilnehmerin an den Arbeiten des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht (Basel Committee on Banking Supervision – BCBS) wirkte die EZB am Standardsetzungsprozess mit, indem sie sich an Grundsatzdiskussionen beteiligte, ihre Expertise in verschiedenen Gruppen des Basler Ausschusses einbrachte, mit den BCBS-Mitgliedern innerhalb der EU und auf der ganzen Welt zusammenarbeitete und ihren Beitrag zu wichtigen Wirkungsanalysen leistete.
Finalisierung von Basel III
Vereinbarte Reformen stellen einen wesentlichen Schritt hin zur Wiederherstellung des Vertrauens in die risikogewichteten Kapitalquoten der Banken dar
Die EZB begrüßt die Finalisierung von Basel III, das eine Stärkung des regulatorischen Rahmens und einen wesentlichen Schritt hin zur Wiederherstellung des Vertrauens in die risikogewichteten Kapitalquoten der Banken darstellt. Die EZB war aktiv an Grundsatzdebatten beteiligt. Mit der Finalisierung von Basel III wird ein starkes Signal für eine kontinuierliche internationale Zusammenarbeit in der Bankenregulierung ausgesendet. Die vereinbarten Reformen sorgen für mehr regulatorische Sicherheit und versetzen die Banken in die Lage, fundierte Entscheidungen zu treffen. Eine für 2022 bis 2027 vorgesehene Übergangsphase für die Umsetzung soll sicherstellen, dass die Auswirkungen selbst für die am stärksten von den Reformen betroffenen Banken beherrschbar bleiben.
Fokus auf Umsetzung sowie Evaluierung der Maßnahmen
Fokusverlagerung auf die Umsetzung vereinbarter Reformen; EZB unterstützt Gesetzgeber und BCBS, um Wirksamkeit der Reformen zu gewährleisten
Nach Ansicht der EZB ist es unerlässlich, dass alle Beteiligten die vereinbarten Reformen konsistent umsetzen. Zu diesem Zweck berät die EZB die Gesetzgeber zu technischen Aspekten, insbesondere durch ihr Rechtsgutachten zu den Vorschlägen der Europäischen Kommission zur Überarbeitung des CRD IV/CRR-Rahmenwerks (siehe Kasten 3). Die EZB geht davon aus, dass sie im Zuge dieser Reformen ähnliche Hilfestellung leisten wird.
In den kommenden Jahren wird der Basler Ausschuss seine Arbeiten zur Identifizierung von Problemstellungen, mit denen sich Aufseher bei der Umsetzung von Basel III konfrontiert sehen, und ganz allgemein zur Förderung einer starken Bankenaufsicht fortsetzen. Darüber hinaus wird er nach der Implementierung eine Evaluierung der seit der Krise umgesetzten Reformen durchführen. Die EZB wird auch weiterhin aktiv an der Agenda des Basler Ausschusses mitwirken.
Beiträge zur Arbeit der EBA
Im Lauf des Jahres 2017 arbeitete die Bankenaufsicht der EZB gemeinsam mit der EBA weiter an dem gemeinsamen Ziel, die Finanzstabilität zu stärken und eine einheitliche Aufsicht innerhalb des gesamten europäischen Bankensektors zu fördern.
Die EZB-Bankenaufsicht leistet auf allen Ebenen einen aktiven Beitrag zur Arbeit der EBA. So entsandte sie im Berichtsjahr Vertreter in insgesamt 45 Unterstrukturen der EBA, von denen sie in vieren den Vorsitz oder gemeinsamen Vorsitz innehatte. Des Weiteren ist die EZB-Bankenaufsicht als Mitglied ohne Stimmrecht im Rat der Aufseher der EBA vertreten.
Anhand der beiden nachstehenden Beispiele wird exemplarisch dargestellt, welche bedeutenden Fortschritte die Arbeitsgruppen der EBA erzielt haben und wie die EBA und die EZB sich gegenseitig bei der Erreichung ihrer gemeinsamen Ziele ergänzen.
Im Jahr 2017 veröffentlichte die EBA in Zusammenarbeit mit der ESMA zunächst ihre Leitlinien zur Beurteilung der Eignung von Mitgliedern des Leitungsorgans und von Inhabern von Schlüsselfunktionen, um a) sicherzustellen, dass Banken über wirksame Governance-Strukturen verfügen, und b) gemeinsame Regeln für die von den Aufsichtsinstanzen durchzuführenden Eignungsprüfungen („fit and proper“-Beurteilungen) festzulegen. Die EZB entwickelte und veröffentlichte in enger Zusammenarbeit mit der EBA ihren eigenen Leitfaden zu Eignungsprüfungen, in dem die aufsichtlichen Kriterien sowie das Verfahren für die Feststellung der Eignung von Mitgliedern der Leitungsorgane von Banken klar dargelegt sind.
Des Weiteren übernahm die EZB-Bankenaufsicht die in den 2017 veröffentlichten EBA-Leitlinien zur Kreditrisikomanagementpraxis und zur Bilanzierung erwarteter Kreditverluste von Kreditinstituten festgelegten Grundsätze vollständig in ihre interne Methodik zur Beurteilung des Vorbereitungsstands von Kreditinstituten auf die Einführung des IFRS 9.
Im Lauf des Jahres 2017 reichte die EZB im Rahmen des Verfahrens nach dem Grundsatz „Einhaltung oder Begründung“ (comply or explain)[53] zu acht[54] EBA‑Leitlinien, einschließlich einer Leitlinie des Gemeinsamen Ausschusses und einer EBA-Empfehlung, Mitteilungen bei der EBA ein.[55] In allen Fällen informierte die EZB die EBA über ihre Einhaltung oder ihre beabsichtigte Einhaltung.
Kasten 3 Überprüfung des EU-Bankenrechts (CRR/CRD IV, BRRD und SRMR)
Der Vorschlag
Im November 2016 veröffentlichte die Europäische Kommission ein umfassendes Paket mit Änderungen der EU-Rechtsvorschriften zu Kapitalanforderungen (CRR und CRD IV) und zum Krisenmanagement (BRRD und SRMR). Der Rat der Europäischen Union begann mit der Prüfung des Vorschlags der Kommission im ersten Quartal 2017, und im November 2017 veröffentlichte der Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments entsprechende Berichtsentwürfe. Die endgültige Verabschiedung der Änderungen wird für Ende 2018 bzw. das erste Quartal 2019 erwartet.
Die EZB beriet die Mitgesetzgeber bezüglich der Änderungen im Rahmen von fachlichen Gutachten. Auf Ebene des EU-Rats brachten EZB-Experten regelmäßig die Sichtweise der EZB zu dem vorgeschlagenen Paket in die Gruppe „Finanzdienstleistungen“ ein. Drei Stellungnahmen, in denen sie ihre grundlegende Verwaltungspraxis bezüglich des Änderungspakets darlegte, veröffentlichte die EZB auf Ersuchen des Europäischen Parlaments und des EU-Rats.[56]
Tabelle A
Überblick über die von dem Vorschlag der Europäischen Kommission erfassten Aufsichtsbereiche
Die Grundsatzstrategien der EZB zum vorgeschlagenen Reformpaket
Die Stellungnahmen der EZB stützten das Änderungspaket der Kommission, welches eine deutliche Stärkung des regulatorischen Rahmens anstrebt und den Bankensektor widerstandsfähiger machen soll. Doch die EZB äußerte auch konkrete Bedenken und Vorschläge.
So begrüßte sie beispielsweise im Hinblick auf den Aufsichtsrahmen grundsätzlich den Vorschlag, den Aufsehern in Einzelfällen und unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit einzuräumen, Ausnahmen bei den Kapitalanforderungen von Tochtergesellschaften zu gewähren, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind als ihre Mutterunternehmen. Dies muss unter Wahrung der Finanzstabilität erfolgen, da die Bankenunion noch nicht vollendet ist. Außerdem setzte sich die EZB für angemessene Übergangsbestimmungen ein und sprach sich für die vorgeschlagene Pflicht zur Zwischenschaltung eines EU-Mutterunternehmens für Bankengruppen aus Drittländern mit zwei oder mehr Instituten innerhalb der EU aus, da dies zu einer effektiveren und kohärenteren Aufsicht beitragen würde. Um Arbitrage zu vermeiden, schlug die EZB jedoch vor, die Pflicht auch auf bedeutende Zweigstellen auszuweiten.
Als besonders kritischen Bereich sieht die EZB die Überarbeitung von Säule 2 an. Wenngleich der Vorschlag der Kommission auf eine stärkere Harmonisierung abzielt, beschneidet er die Aufsichtsmaßnahmen in wesentlichen Bereichen. Die EZB hob hervor, dass Aufsehern in Bezug auf die einzelnen Institute genügend Flexibilität eingeräumt werden sollte, wenn es darum geht, ihre Risiken zu messen, die Höhe der zu haltenden zusätzlichen Eigenmittel zu bestimmen und Änderungen ihrer Zusammensetzung zu genehmigen oder abzulehnen. Darüber hinaus sollte die Aufsicht flexibel agieren und beispielsweise ad hoc die Bereitstellung von granularen Daten verlangen können, wenn dies für die angemessene Beurteilung des Risikoprofils eines Instituts erforderlich ist. Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments teilte diese Ansichten in seinem Berichtsentwurf zu den Änderungen der CRD IV. Die EZB forderte außerdem eine stärkere Harmonisierung des Aufsichtsrahmens in der EU. Dies könne erreicht werden, indem bestimmte Aufsichtsbefugnisse (z. B. Genehmigungsverfahren, insbesondere Eignungsprüfungen) in das EU-Recht integriert und ungerechtfertigte Optionen und Ermessensspielräume gestrichen würden. Eine solche Harmonisierung würde die Anwendung unterschiedlicher nationaler Bestimmungen einschränken, die ein Hindernis für eine wirksame Aufsicht darstellen. Des Weiteren setzte sich die EZB für eine Überprüfung der Aufsicht über große, grenzüberschreitende Wertpapierfirmen ein, die bankähnliche Geschäfte betreiben. Nach Ansicht der EZB sollten diese Firmen wie Kreditinstitute behandelt werden. Die Kommission legte im Dezember 2017 einen entsprechenden Vorschlag vor.[57]
In Bezug auf die Umsetzung von Basel-Standards wie Verschuldungsquote (LR), strukturelle Liquiditätsquote (NSFR) und grundlegende Überprüfung des Handelsbuchs (FRTB) unterstrich die EZB die Notwendigkeit einer angemessenen Umsetzung in EU-Recht. Nur so könne eine Vergleichbarkeit zwischen den einzelnen Instituten sichergestellt und aufsichtliche Gleichbehandlung gewährleistet werden. Die EZB empfahl zudem die Einführung von Überprüfungsklauseln für alle Standards, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Stellungnahme noch im Basler Ausschuss diskutiert wurden (NSFR, LR, FRTB).
Ein weiterer von der EZB befürworteter Vorschlag zum Krisenmanagement-Rahmen betraf die Einführung einer harmonisierten Kategorie von nicht bevorzugten vorrangigen Schuldtiteln, um die Einhaltung der künftigen TLAC- und MREL-Anforderungen zu erleichtern. Doch die EZB sprach sich auch für die Notwendigkeit weiterer Reformen zur Harmonisierung der Rangfolge von Gläubigerforderungen bei Bankinsolvenzen aus, und hier insbesondere für die Einführung einer allgemeinen Regelung zur Vorrangstellung der Einleger.
Die EZB begrüßte die Umsetzung des TLAC-Standards durch die MREL. Hinsichtlich der Kalibrierung der MREL empfahl die EZB jedoch, der Abwicklungsbehörde die Möglichkeit einzuräumen, den Rekapitalisierungsbetrag nach oben anzupassen, um eine Sicherheitsmarge einrichten zu können. So könnte sichergestellt werden, dass aus einer Abwicklung hervorgehende Unternehmen über ausreichende Mittel verfügten, um in der Zeit nach der Abwicklung zusätzlich entstehende unvorhergesehene Verluste und Kosten abdecken zu können. Der vorgeschlagene MREL-Leitfaden sollte dementsprechend wegfallen, da er das Rahmenwerk unnötig verkomplizieren würde. Den Vorschlag einer Ausnahme von der Anwendung von Beschränkungen des ausschüttungsfähigen Höchstbetrags befürwortete die EZB für den Fall, dass ein Verstoß eines Instituts gegen die kombinierte Kapitalpufferanforderung darauf zurückzuführen ist, dass es nicht in der Lage ist, die Verbindlichkeiten zu ersetzen, die die Zulässigkeits- oder Fälligkeitskriterien der MREL nicht mehr erfüllen. Die EZB empfahl jedoch, die Ausnahme nicht wie von der Kommission vorgeschlagen auf einen Sechsmonatszeitraum zu begrenzen. Stattdessen sollte sie für einen Zeitraum von zwölf Monaten gelten.
Darüber hinaus gab die EZB die Empfehlung ab, ihre Frühinterventionsbefugnisse unmittelbar in der Verordnung zur Errichtung eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism Regulation – SRMR) zu verankern, um so die einheitliche Anwendung zu erleichtern. Diesbezüglich regte die EZB auch die Streichung derjenigen Frühinterventionsmaßnahmen aus der BRRD an, die bereits in der CRD IV und der SSM-Verordnung enthalten sind.
Beiträge zur Arbeit des Finanzstabilitätsrats
Im Jahr 2017 leistete die EZB-Bankenaufsicht insbesondere in den Bereichen aufsichtliche und regulatorische Zusammenarbeit, Umsetzung von Standards und Abwicklung einen aktiven Beitrag zur Arbeit des Finanzstabilitätsrats (Financial Stability Board – FSB). Sie nahm darüber hinaus auch an den Sitzungen der regionalen Beratungsgruppe für Europa des FSB teil.
Der FSB hat zuletzt seinen Schwerpunkt von der politischen Ausgestaltung hin zur Überwachung der Umsetzung von Reformen im Finanzsektor und zur Auswertung der entsprechenden Auswirkungen verlagert. Bezüglich des letztgenannten Punktes wird die EZB-Bankenaufsicht auch weiterhin zu den Arbeiten des FSB beitragen und die positiven Auswirkungen der Finanzstabilität und eines funktionierenden Bankensektors auf das Wirtschaftswachstum aufzeigen. Darüber hinaus wird sie an den Arbeiten in anderen wesentlichen Themenfeldern wie Abwicklung und Krisenmanagement, Governance-Rahmen, Vergütung und FinTech-Unternehmen mitwirken.
4 Genehmigungen, Maßnahmen und Sanktionsverfahren
4.1 Entwicklung der Anzahl bedeutender Institute und der gemeinsamen Verfahren
Anzahl der bedeutenden Institute
In Übereinstimmung mit der SSM-Rahmenverordnung wird jährlich eine Bewertung vorgenommen, ob eine Bank oder Bankengruppe eines der Signifikanzkriterien[58] erfüllt. Diese Bewertung fand im Oktober 2017 statt. Aufgrund des Ergebnisses sowie einiger Änderungen der Gruppenstruktur und sonstiger Entwicklungen, von denen fünf Bankengruppen betroffen waren, sank die Zahl der bedeutenden Institute von 125 zu Jahresbeginn auf nunmehr 119.
Die Barclays Bank PLC, Niederlassung Frankfurt, wurde aufgrund ihres erheblichen Größenzuwachses erstmals als bedeutend eingestuft und unterliegt seit dem 1. Januar 2018 der direkten Aufsicht der EZB.
Da die Banken Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien reg. GmbH und SEB AG im Berichtsjahr zum dritten Mal in Folge die Signifikanzkriterien nicht erfüllt haben, gelten sie nicht mehr als bedeutend. Die Aufsicht wurde daher den zuständigen nationalen Behörden in Österreich und Deutschland übertragen.
Die Änderungen der Gruppenstruktur und sonstigen Entwicklungen[59] betrafen die Übernahmen der Banco BPI S.A. und der Banco Popular Español S.A. durch andere bedeutende Institute sowie den Entzug der Bankzulassungen im Fall der Agence Française de Développement (freiwillige Rückgabe), der Veneto Banca S.p.A. und der Banca Popolare di Vicenza S.p.A.
Die Liste der beaufsichtigten Unternehmen wird im Laufe des Jahres kontinuierlich aktualisiert. Die aktuellste Fassung der Liste findet sich auf der Website zur EZB-Bankenaufsicht.
Tabelle 3
Bedeutende und weniger bedeutende Bankengruppen oder Einzelinstitute im SSM nach der jährlichen Bewertung 2017
Mit Blick auf den Brexit verfolgt die EZB die Pläne der Banken aus dem Vereinigten Königreich zur Verlegung ihres Standorts genau. Ziel der EZB ist es, den Status dieser Banken hinsichtlich ihrer Bedeutung zeitnah zu bestimmen und einen reibungslosen Übergang der Aufsicht über die in den Euroraum zu verlagernden Aktivitäten von den Behörden des Vereinigten Königreichs auf die EZB oder die NCAs sicherzustellen.
Umfassende Bewertung (Comprehensive Assessment) 2017
Da im Jahr 2017 keine Bank die Signifikanzkriterien erstmalig erfüllt hat, wurde kein Comprehensive Assessment durchgeführt.[60] Die Methodik zur Prüfung der Aktiva-Qualität (asset quality review – AQR) wurde jedoch in Vorbereitung auf 2018 aktualisiert, um der Einführung des Rechnungslegungsstandards IFRS 9 und dem Risikoprofil der Geschäftsmodelle jener Banken Rechnung zu tragen, die auf Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten spezialisiert sind.
Gemeinsame Verfahren sowie Eignungsprüfungen („fit and proper“-Beurteilungen)
Im Jahr 2017 wurden der EZB-Bankenaufsicht insgesamt 3 026 Genehmigungsverfahren von den NCAs gemeldet. Davon betrafen 24 Verfahren Zulassungsanträge, 41 den Entzug der Zulassung, 52 das Erlöschen der Zulassung,[61] 160 den Erwerb qualifizierter Beteiligungen, 2 301 die Bestellung von Vorstands- oder Aufsichtsratsmitgliedern[62] und 448 die Nutzung des Europäischen Passes.
Im Jahr 2017 erteilten das Aufsichtsgremium und der EZB-Rat ihre Zustimmung zu insgesamt 1 673 Genehmigungsverfahren.[63] Darüber hinaus billigten die zuständigen stellvertretenden Generaldirektoren im Einklang mit dem Rahmen für die Übertragung von Befugnissen[64], der im Juni 2017 in Kraft trat, 319 Genehmigungsverfahren. Weitere 70 Genehmigungsverfahren wurden abgeschlossen, für die kein formeller Beschluss der EZB erforderlich war, darunter hauptsächlich Verfahren für den Europäischen Pass oder das Erlöschen einer Zulassung.
Tabelle 4
Der EZB gemeldete Genehmigungsverfahren[65]
Die Gesamtzahl der gemeinsamen Verfahren (Erteilung, Entzug und Erlöschen von Zulassungen sowie qualifizierte Beteiligungen) blieb gegenüber dem Vorjahr relativ stabil. Bei den Beschlüssen zu Eignungsprüfungen sank die Zahl der Verfahren verglichen mit 2016 um 10 %, was hauptsächlich auf eine Gesetzesänderung in Frankreich zurückzuführen ist, wonach nicht geschäftsführende Mitglieder von Leitungsorganen bei einer Wiederernennung seit November 2016 keiner Prüfung mehr zu unterziehen sind. Der Rückgang bei den Verfahren zum Erlöschen einer Zulassung war zu erwarten, da die große Anzahl solcher Löschungen im Jahr 2016 durch bestimmte Ereignisse bedingt war (Verschmelzung einer Gruppe von verbundenen Banken zu einem einzelnen Institut). Ein erheblicher Anstieg war bei der Anzahl von Verfahren für den Europäischen Pass zu verzeichnen, der mit einer verstärkten Nutzung des Europäischen Passes durch Banken aus dem Vereinigten Königreich zusammenhängen kann. Dies resultierte insbesondere daraus, dass die Banken mit Blick auf den Brexit entsprechende Szenarien implementierten und das britische Gesetz zur Bankenreform (UK Banking Reform Act) umsetzten, das sie verpflichtet, das Kerngeschäft im Privatkundenbereich vom Investmentbanking zu trennen (Ringfencing).
Entwicklungen bei den gemeinsamen Verfahren
Der Großteil der Zulassungsverfahren (rund 80 %) bezog sich auf die Gründung neuer LSIs. Die zwei treibenden Kräfte der im Jahr 2017 neu gestellten Anträge auf eine Bankzulassung waren einerseits FinTech-Unternehmen, die digitale Innovationen nutzen, um für ihre EU-Kunden Dienstleistungen zu erbringen, und andererseits der Brexit, der in der zweiten Jahreshälfte 2017 zu einer steigenden Anzahl solcher Anträge im Euroraum führte. Für das Jahr 2018 ist mit einer Fortsetzung dieser beiden Entwicklungen zu rechnen. Von den Zulassungsverfahren betrafen nur rund 20 % SIs. Es handelte sich dabei in erster Linie um die Erweiterung von Zulassungen um Wertpapierdienstleistungen. Ein SI-Verfahren bezog sich auf die Neugründung einer Zweigstelle für mobile Bankdienstleistungen und ein weiteres ergab sich aufgrund der geplanten Verlagerung einer bestehenden Bank in den Euroraum.
Verfahren zum Entzug und Erlöschen von Zulassungen wurden zumeist bei Kreditinstituten eingeleitet, die ihr Bankgeschäft aus freien Stücken aufgaben, oder bei Banken, die fusionierten oder umstrukturiert wurden. Allein bei 33 der 41 Verfahren zum Entzug von Zulassungen lag ein Verzicht der SIs auf ihre Lizenz zugrunde. Bei einer begrenzten Anzahl solcher Fälle (5) wurde die Erlaubnis jedoch aufgrund der Tatsache entzogen, dass ein Institut nicht in der Lage war, die Aufsichtsanforderungen zu erfüllen.
Einige Verfahren bezüglich qualifizierter Beteiligungen standen im Zusammenhang mit dem Erwerb von Mehrheitsbeteiligungen an beaufsichtigten Instituten durch spezielle Käufer[66], bei denen Aspekte wie komplexe Unternehmensstrukturen, etwaige kurzfristige Anlagehorizonte oder Fremdfinanzierungen zum Tragen kamen. Im Berichtsjahr waren im Bankensektor geringe grenzüberschreitende Kon-solidierungsaktivitäten von SIs zu beobachten. Die Mehrzahl der Verfahren bezüglich qualifizierter Beteiligungen, die der EZB 2017 gemeldet wurden, betraf interne Änderungen der Eigentümerstruktur von beaufsichtigten Instituten. Solche Reorganisationen dienen in den meisten Fällen einer Vereinfachung der Gruppenstruktur und/oder ermöglichen Kosteneinsparungen, die zugrunde liegende Motivation kann jedoch auch eine Steueroptimierung sein.
Entwicklungen bei Eignungsprüfungen
Rund zwei Drittel der Verfahren zu Eignungsprüfungen betrafen nicht geschäftsführende Mitglieder des Leitungsorgans, das verbleibende Drittel entfiel auf geschäftsführende Mitglieder des Leitungsorgans. Die Zahl der Beurteilungen von Inhabern von Schlüsselfunktionen war gering, da nicht alle Mitgliedstaaten die entsprechende Prüfungspflicht in ihren nationalen Rechtsvorschriften verankert haben und die Ernennung solcher Mitarbeiter seltener erfolgt als die von Mitgliedern der Leitungsorgane.[67] In rund einem Fünftel aller Fälle war spezifischen Bedenken Rechnung zu tragen. Die EZB sprach in vielen dieser Fälle Bedingungen, Auflagen oder Empfehlungen aus, um diesen Bedenken entgegenzuwirken, beispielsweise im Hinblick auf die Erfahrung oder das zeitliche Engagement der Kandidaten.
Entwicklung einer grundlegenden Verwaltungspraxis
Die EZB-Bankenaufsicht war auch im Jahr 2017 damit befasst, eine grundlegende Verwaltungspraxis zu entwickeln und in Zusammenarbeit mit den NCAs und der EBA deren einheitliche Umsetzung sicherzustellen. Ihr Ziel ist es, auf diese Weise eine gemeinsame Aufsichtspraxis zu etablieren und Genehmigungsverfahren zu vereinfachen.
Im Mai 2017 wurde der Leitfaden zur Beurteilung der fachlichen Qualifikation und persönlichen Zuverlässigkeit veröffentlicht. Mit diesem Leitfaden verbessert die EZB die Transparenz ihrer Richtlinien, Praktiken und Verfahren, die sie bei der Beurteilung der Eignung von Mitgliedern der Leitungsorgane von SIs anwendet. Diesen Beurteilungen kommt eine hohe Bedeutung zu, da eine mangelhafte Unternehmensführung durch die Leitungsgremien oftmals Ursache für die Schwachstellen und Risiken von Banken ist. Zwar wird der Leitfaden für eine stärkere Harmonisierung der Beurteilungen sorgen, doch wird es weiterhin Abweichungen geben, da sie im Rahmen unterschiedlicher nationaler Rechtsvorschriften durchgeführt werden. Hierzu zählen die uneinheitliche Umsetzung in den einzelnen Ländern und in einigen Fällen eine nur teilweise Umsetzung der CRD IV selbst. Die EZB strebt daher eine größere Konvergenz in diesem Bereich an, damit die in der CRD IV verankerten und durch die neue EZB-Politik ergänzten Grundsätze ihre volle Wirksamkeit entfalten können (siehe Kasten 3).
Grundsätze wurden unter anderem für die Auslegung der verschiedenen Kriterien für qualifizierte Beteiligungen entwickelt.
Die Arbeiten an einem ersten Bündel von Auslegungsschreiben im Bereich der Zulassungsvoraussetzungen und zu Verfahrensfragen hinsichtlich der Erteilung von Zulassungen konnten abgeschlossen werden; die Arbeiten an einer zweiten Gruppe von Auslegungsschreiben zu den Zulassungskriterien sind bereits weit fortgeschritten. Auch das Auslegungsschreiben zu Anträgen auf Bankzulassung durch FinTech-Unternehmen wurde finalisiert. Nach der Fertigstellung der Auslegungsschreiben wurden zwei Leitfäden zur Konsultation vorgelegt, in denen die zur Beurteilung der Zulassungsanträge von Kreditinstituten bzw. FinTech-Kreditinstituten herangezogenen Kriterien dargelegt werden. Die Veröffentlichung der finalen Leitfäden ist für Anfang 2018 geplant.
4.2 Meldung von Verstößen, Maßnahmen und Sanktionsverfahren
Maßnahmen und Sanktionen
Gemäß der SSM-Verordnung und der SSM-Rahmenverordnung hängt die Zuordnung der Befugnisse zur Verhängung von Maßnahmen und Sanktionen (EZB oder NCAs) von der Art des mutmaßlichen Verstoßes, der verantwortlichen Person und dem erforderlichen Aufsichtshandeln ab (siehe EZB-Jahresbericht zur Aufsichtstätigkeit 2014).
Im Jahr 2017 verbesserte die EZB unter anderem durch die Entwicklung und Einführung neuer IT-Tools ihre Prozesse im Bereich der Maßnahmen und Sanktionen, um diese effizienter und konsistenter zu gestalten.
EZB bearbeitete im Jahr 2017 45 Verfahren zur Verhängung von Maßnahmen und Sanktionen
Die EZB leitete 2017 zehn Sanktionsverfahren ein. Einschließlich der 35 Verfahren, die Ende 2016 noch anhängig waren, bearbeitete die EZB im Berichtsjahr insgesamt 45 Verfahren, von denen 44 Sanktionen und eines Maßnahmen betrafen (siehe Tabelle 5).
Tabelle 5
Verfahren zur Verhängung von Maßnahmen und Sanktionen der EZB im Jahr 2017
EZB verhängte 2017 fünf Geldstrafen in Höhe von insgesamt 15,3 Mio € und verbesserte ihre Prozesse zur Verhängung von Maßnahmen und Sanktionen
Von den 44 im Jahr 2017 bearbeiteten Sanktionsverfahren richteten sich 28 gegen Institute, die im Verdacht standen, gegen direkt anwendbare EU-Rechtsvorschriften (einschließlich EZB-Beschlüssen und -Verordnungen) verstoßen zu haben. Diese Fälle betrafen 26 SIs und die Bereiche Eigenmittel, Berichterstattung, Offenlegung, Liquidität und Großkredite. Die EZB erließ im Berichtsjahr drei Sanktionsbeschlüsse, mit denen sie fünf Geldstrafen in einer Höhe von insgesamt 15,3 Mio € verhängte. Die Geldstrafen wurden gegen drei beaufsichtigte Institute angeordnet, die Verstöße in den Bereichen Liquidität (2), Berichterstattung und Offenlegung (1), Großkredite (1) und Eigenmittel (1) begangen hatten. Neun Verfahren wurden 2017 in erster Linie wegen Unwesentlichkeit der mutmaßlichen Verstöße oder in Ermangelung einer Rechtsgrundlage für die Verhängung von Sanktionen eingestellt.
Auf Antrag der EZB zur Verfahrenseröffnung und nach Prüfung der Fälle unter nationalem Recht verhängten NCAs 28 Geldstrafen in Höhe von insgesamt 5,1 Mio €
In den übrigen 16 der 44 im Jahr 2017 bearbeiteten Sanktionsverfahren ging es um den Verdacht von Verstößen gegen nationale Rechtsvorschriften zur Umsetzung der CRD IV durch SIs oder natürliche Personen. Dabei bestand der Verdacht, dass es im Zusammenhang mit Governance-Themen (einschließlich interner Kontrollmechanismen), Funktionen des Leitungsorgans und Vergütung zu Verstößen gekommen war. Im Berichtsjahr forderte die EZB die NCAs in sieben Fällen auf, Sanktionsverfahren einzuleiten, die in deren nationalen Zuständigkeitsbereich fielen. Nach Prüfung der Fälle unter nationalem Recht erließen die NCAs auf Antrag der EZB drei Sanktionsbeschlüsse und verhängten 28 Geldstrafen in Höhe von insgesamt 5,1 Mio €.
Das 2017 bearbeitete Verfahren zur Verhängung von Maßnahmen betraf die Nichtbefolgung eines Aufsichtsbeschlusses der EZB. Dieses Verfahren wurde im Berichtsjahr auch wieder eingestellt, da das beaufsichtigte Institut den Beschluss dann einhielt.
Eine vollständige Aufschlüsselung der 2017 von der EZB bearbeiteten Maßnahmen und Sanktionsverfahren nach Bereichen der mutmaßlichen Zuwiderhandlungen findet sich in Grafik 8.
Grafik 8
Verfahren zur Verhängung von Maßnahmen und Sanktionen – mutmaßliche Verstöße (vor allem bei Eigenmittel- und Eigenkapitalanforderungen)
Hat die EZB Grund zu der Annahme, dass möglicherweise eine Straftat begangen wurde, ersucht sie die betreffende NCA, die Sache im Einklang mit nationalem Recht an die zuständigen Ermittlungsbehörden und gegebenenfalls die Strafverfolgungsbehörden zu verweisen. Fünf solcher Anträge wurden im Jahr 2017 an die betreffenden NCAs übermittelt.
Erfahrungen mit Meldungen über Verstöße gemäß Artikel 23 der SSM-Verordnung
Es obliegt der EZB, für die Einrichtung wirksamer Mechanismen zu sorgen, die es jeder Person ermöglichen, Verstöße gegen einschlägige EU-Rechtsvorschriften zu melden (allgemein als „Whistleblowing“ bezeichnet). Dementsprechend hat die EZB einen Meldemechanismus für Verstöße (breach reporting mechanism – BRM) geschaffen, der auf einer über die Website der EZB-Bankenaufsicht zugänglichen strukturierten Webplattform basiert.
EZB erhielt im Jahr 2017 89 Meldungen über Verstöße
2017 gingen bei der EZB 89 Meldungen über Verstöße ein, was in etwa der Anzahl des Vorjahrs entspricht. Davon bezogen sich 61 Meldungen auf mutmaßliche Verstöße gegen einschlägige EU-Rechtsvorschriften, von denen 56 in den Aufsichtsbereich der EZB und fünf in den Aufsichtsbereich der NCAs fielen. Die 28 verbleibenden Meldungen betrafen im Wesentlichen nationale Fragen, die nicht im Zusammenhang mit bankenaufsichtlichen Anforderungen im engeren Sinne standen und aus diesem Grund nicht in den Anwendungsbereich des BRM fielen (z. B. Verbraucherschutz).
Wie im Vorjahr zählten Governance-Themen (85 %) und eine unzutreffende Berechnung der Eigenmittel- und Eigenkapitalanforderungen (8 %) zu den am häufigsten gemeldeten mutmaßlichen Verstößen. Grafik 9 enthält eine vollständige Aufschlüsselung. Die Governance-Themen bezogen sich überwiegend auf das Risikomanagement und interne Kontrollen, Eignungsanforderungen sowie die Organisationsstruktur.[68]
Grafik 9
Über den BRM gemeldete mutmaßliche Verstöße (überwiegend bei Governance-Themen)
Im Berichtsjahr wurden im Zusammenhang mit den eingegangenen Meldungen über Verstöße hauptsächlich folgende Untersuchungsmaßnahmen durchgeführt:
- interne Beurteilung anhand vorliegender Dokumentation (47 % der Fälle)
- Anträge auf interne Untersuchung/Prüfung oder Aufforderung zur Übermittlung von Dokumenten/Erläuterungen durch das beaufsichtigte Institut (42 % der Fälle)
- Vor-Ort-Prüfungen (11 % der Fälle)
5 Organisatorischer Aufbau: Bankenaufsicht der EZB
5.1 Erfüllung der Rechenschaftspflicht
Bankenaufsicht der EZB auch weiterhin in enger Abstimmung mit dem Europäischen Parlament und dem EU-Rat erfolgt
Der vorliegende Jahresbericht wurde im Einklang mit der SSM-Verordnung erstellt und bildet eines der wichtigsten Instrumente zur Erfüllung der Rechenschaftspflicht über die Aufsichtstätigkeit der EZB. Die Verordnung sieht vor, dass die Aufsichtsaufgaben der EZB angemessenen Anforderungen in Bezug auf die Transparenz und die Rechenschaftspflicht unterliegen sollen. Die EZB machte es sich daher auch 2017 zur Aufgabe, den Rahmen für die Rechenschaftspflicht zu wahren und zu stärken; dieser ist im Einzelnen in der Interinstitutionellen Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament und der EZB festgelegt sowie im Memorandum of Understanding zwischen dem Rat der EU und der EZB.
Was den Austausch mit dem Europäischen Parlament im Berichtsjahr betrifft, so trat die Vorsitzende des Aufsichtsgremiums vor den Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments (ECON), um den EZB-Jahresbericht 2016 zur Aufsichtstätigkeit vorzustellen (23. März), und nahm an zwei ordentlichen öffentlichen Anhörungen teil (19. Juni und 9. November). Sie war außerdem bei einer öffentlichen Anhörung zum Gesetzespaket zur Risikominderung im Bankensektor (25. April) sowie bei drei Ad-hoc-Aussprachen mit Abgeordneten des Europäischen Parlaments (23. März, 19. Juni und 9. November) zugegen. Zu den zentralen Themen gehörten Maßnahmen zum Abbau notleidender Kredite, die ersten Abwicklungs- und Liquidationsfälle bei bedeutenden Instituten sowie Gesetzgebungsdossiers im Bereich der Bankenaufsicht einschließlich der Vollendung der Bankenunion. Darüber hinaus nahm die stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsgremiums an einer gemeinsamen Sitzung des ECON-Ausschusses und des parlamentarischen Haushaltskontrollausschusses zum Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofs zum Einheitlichen Aufsichtsmechanismus teil (13. Februar).
EZB veröffentlichte 41 Antworten auf Fragen von MdEPs zu Aufsichtsthemen
Im Lauf des Jahres 2017 veröffentlichte die EZB auf ihrer Website 41 Antworten auf Fragen von Mitgliedern des Europäischen Parlaments (MdEPs) zu Aufsichtsthemen. Die Anfragen berührten unter anderem den rechtlichen Rahmen für die Bankenaufsicht sowie die Politik der EZB bezüglich eines weiten Spektrums aufsichtlicher Themen, u. a. die Abwicklungs- und Liquidationsfälle bei bedeutenden Instituten, den aufsichtlichen Ansatz der EZB bei bedeutenden und bei weniger bedeutenden Instituten, ihre Aufsichtspolitik hinsichtlich notleidender Kredite und ihren Austausch mit nationalen Behörden.
Auch legte die EZB, wie in der Interinstitutionellen Vereinbarung vorgesehen, dem Europäischen Parlament regelmäßig Berichte über die Beratungen in den Sitzungen des Aufsichtsgremiums vor.
Im Rahmen des Austausches mit dem Rat der Europäischen Union im Jahr 2017 waren die Vorsitzende und die stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsgremiums bei sechs Sitzungen der Euro-Gruppe anwesend: Am 7. April stellte die Vorsitzende den EZB-Jahresbericht 2016 zur Aufsichtstätigkeit vor, und am 6. November nahm sie an einem weiteren turnusmäßigen Meinungsaustausch zur Ausübung der Aufsichtsaufgaben der EZB teil. Die EZB-Bankenaufsicht wohnte weiteren Sitzungen der Euro-Gruppe am 26. Januar, 15. Juni, 11. Juli und 4. Dezember bei. Darüber hinaus war die Vorsitzende des Aufsichtsgremiums am 7. April in einer Diskussion im informellen ECOFIN-Rat vertreten. Die für die Finanzminister relevanten Themen überschnitten sich weitgehend mit jenen, die im Europäischen Parlament beraten wurden.
Im Rahmen der Meldepflichten gemäß der SSM-Verordnung wirkten ferner in der Bankenaufsicht tätige Vertreter der EZB am Meinungsaustausch mit nationalen Parlamenten mit. Des Weiteren veröffentlichte die EZB zwei Antworten auf Fragen von Abgeordneten nationaler Parlamente auf ihrer Website.
5.2 Evaluierungen und Prüfungen der Arbeit des SSM
Arbeit der EZB-Bankenaufsicht eingehend vom Europäischen Rechnungshof und der Europäischen Kommission geprüft
Die Bankenaufsicht der EZB unterliegt umfassenden Prüfungen durch verschiedene Organe und Einrichtungen der EU, wie beispielsweise die Europäische Kommission und den Europäischen Rechnungshof (EuRH).
Im Rahmen seiner ersten nach Artikel 20 Absatz 7 der SSM-Verordnung durchgeführten Prüfung der „Effizienz der Verwaltung der EZB“ veröffentlichte der EuRH im November 2016 einen Sonderbericht mit dem Titel „Der einheitliche Aufsichtsmechanismus - Guter Auftakt, doch bedarf es weiterer Verbesserungen“. Die EZB-Bankenaufsicht setzte als Reaktion darauf Empfehlungen des Berichts im Jahr 2017 um, wobei sie unter anderem:
- das Verfahren für die Annahme von Aufsichtsbeschlüssen straffte,
- die Präsenz der EZB und generell der Mitarbeiter, die nicht aus der NCA des Herkunfts-/Aufnahmelandes stammen, bei Vor-Ort-Prüfungen verstärkte,
- das IT-System der Bankenaufsicht verbesserte,
- zusätzliche Ressourcen für die interne Revision der EZB bereitstellte.
Die EZB setzte außerdem umfangreiche Mittel für die zweite bankenaufsichtliche Prüfung durch den EuRH mit Schwerpunkt auf dem Krisenmanagement ein. Der Bericht zu dieser Prüfung wurde am 16. Januar 2018 veröffentlicht.[69]
Gemäß Artikel 32 der SSM-Verordnung veröffentlichte die Europäische Kommission am 11. Oktober 2017 einen Bericht zur Prüfung des SSM[70] und ein begleitendes Arbeitsdokument.[71] Im Vorfeld der Berichtsveröffentlichung arbeitete die EZB eng mit der Kommission zusammen; sie beantwortete rund 130 Anfragen und veranstaltete zwei gemeinsame Workshops auf Arbeitsebene.
Die Kommission stellte in dem Bericht fest, dass sich die Effektivität der Bankenaufsicht im Euro-Währungsgebiet verbessert hat, wobei die integrierte Aufsicht über Kreditinstitute einen echten Mehrwert hinsichtlich einheitlicher Rahmenbedingungen und Vertrauen schafft. Besonders hervorgehoben wurden in dem Bericht die „bemerkenswerten Anstrengungen“ des SSM bei der weiteren Harmonisierung und Verbesserung der Aufsichtsqualität in Kernbereichen wie SREP, Aufsicht über interne Modelle, Eignungsprüfungen („fit and proper“-Beurteilungen), gemeinsame Verfahren sowie Aufsichtskollegien. Außerdem wurde der konstruktive Ansatz der EZB-Bankenaufsicht bei Empfehlungen aufgrund von Prüfungen (beispielsweise durch den EuRH und den IWF) ebenso begrüßt wie die erfolgreiche Zusammenarbeit mit anderen EU-Gremien und internationalen Organisationen und die Übertragung von Entscheidungsbefugnissen bei Aufsichtsbeschlüssen, die zu deutlichen Effizienzsteigerungen bei der aufsichtlichen Beschlussfassung der EZB führen sollte. Die Kommission brachte außerdem eine Reihe von Feststellungen und Empfehlungen zur Funktionsweise des SSM vor, beispielsweise Sicherheitsvorkehrungen für die gemeinsamen Dienste der EZB, Transparenz und die Verhältnismäßigkeit der Aufsichtsgebühren. Der Bericht kam zu der Schlussfolgerung, dass derzeit keine Änderungen der SSM-Verordnung notwendig sind.
5.3 Beschlussfassung
Aufsichtsgremium und Lenkungsausschuss
Das Aufsichtsgremium tagte im Berichtsjahr insgesamt 32 Mal. Davon fanden 22 Sitzungen in Frankfurt am Main statt, neun wurden als Telefonkonferenz abgehalten. Eine Sitzung fand in Helsinki auf Einladung der finnischen Finanzaufsichtsbehörde (Finanssivalvonta) statt. Die meisten Beschlüsse ergingen 2017 im schriftlichen Verfahren.[72]
Eine sehr große Zahl von Beschlüssen bezog sich auf Einzelinstitute (siehe Abbildung 6) und wurde im Verfahren der impliziten Zustimmung gefasst. Bei diesem zweistufigen Verfahren werden die einzelnen Beschlussvorlagen zunächst dem Aufsichtsgremium zur Zustimmung vorgelegt. Anschließend werden die finalen Beschlussentwürfe dem EZB-Rat zwecks Verabschiedung durch implizite Zustimmung zugeleitet. Im Berichtsjahr stellten 33 der 119 direkt von der EZB beaufsichtigten Bankengruppen[73] den Antrag, formale Beschlüsse der EZB in einer anderen Amtssprache der EU als Englisch zu erhalten.
Abbildung 6Beschlüsse des Aufsichtsgremiums im Jahr 2017
Neben den bankspezifischen Beschlüssen hatte das Aufsichtsgremium auch über mehrere Querschnittsthemen zu entscheiden, darunter vor allem die Anwendung gemeinsamer Methoden und Rahmenbedingungen in bestimmten Aufsichtsbereichen. Einige dieser Entscheidungen wurden im Auftrag des Aufsichtsgremiums von befristet eingesetzten Gremien ausgearbeitet, die sich aus leitenden Mitarbeitern von EZB und NCAs zusammensetzten. Diese Gruppen führten Vorbereitungsarbeiten für die Stresstests, die SREP-Methodik, grenzüberschreitende Vor-Ort-Prüfungen, hohe Bestände an notleidenden Krediten und die Vereinfachung von SSM-Prozessen durch.
Aufsichtsgremium
Der Lenkungsausschuss tagte im Berichtsjahr insgesamt 18 Mal. Davon wurden 17 Sitzungen in Frankfurt am Main abgehalten, eine fand in Helsinki auf Einladung der finnischen Finanzaufsichtsbehörde (Finanssivalvonta) statt. Im April erfolgte die übliche Rotation der für eine Amtszeit von einem Jahr ernannten fünf NCA-Mitglieder.
Darüber hinaus fanden sechs Sitzungen des Lenkungsausschusses in seiner erweiterten Zusammensetzung, d. h. unter Einbeziehung hochrangiger Vertreter aller 19 NCAs, statt. Davon waren zwei Sitzungen in Frankfurt am Main anberaumt und vier wurden als Telefonkonferenz abgehalten. Der Schwerpunkt dieser Sitzungen lag auf der von der EZB 2017 durchgeführten Sensitivitätsanalyse des Zinsänderungsrisikos im Anlagebuch der Banken in Form eines Stresstests.
Straffung des Beschlussfassungsverfahrens
Um ihr Beschlussfassungsverfahren weiter zu straffen, verabschiedete die EZB 2017 einen Rechtsrahmen für die Übertragung von Entscheidungsbefugnissen bei Aufsichtsbeschlüssen. Dieser Rahmen erlaubt es, dass bestimmte Arten von Aufsichtsbeschlüssen von leitenden Mitarbeitern der EZB statt vom Aufsichtsgremium und EZB-Rat getroffen werden. Dieser neue Rahmen wird auf routinemäßige Aufsichtsbeschlüsse angewandt, bei denen begrenzter Ermessensspielraum besteht; dabei werden die Wesentlichkeit und die Auswirkungen der delegierten Entscheidungen berücksichtigt. Dies ermöglicht es dem Aufsichtsgremium und dem EZB-Rat, sich auf komplexere Themen zu konzentrieren. Durch die Verabschiedung eines Rechtsrahmens für die Übertragung von Befugnissen hat die EZB außerdem Bedenken des EuRH,[74] der Europäischen Kommission[75] und des IWF[76] hinsichtlich der Effizienz des aufsichtlichen Beschlussfassungsverfahrens ausgeräumt. Zudem hat das Aufsichtsgremium eine Vereinfachungsgruppe („Simplification Group“) eingerichtet, die eine weitere Überprüfung der Prozesse im SSM leiten wird, um sicherzustellen, dass die Beschlussfassung und andere Verfahren beim SSM effizient gestaltet sind.
Die EZB hat auch ein Alternativverfahren für Eignungsprüfungen genehmigt, das unter bestimmten Bedingungen Entscheidungen der EZB auf alleiniger Basis von NCA-Beurteilungen erlaubt.
Rahmen für die Übertragung von Befugnissen
Der rechtliche Rahmen für die Übertragung von Befugnissen basiert auf einer Reihe von Rechtsakten, die am 1. Juni 2017 im Amtsblatt der Europäischen Union[77] veröffentlicht wurden.
Der allgemeine Rahmen[78] begründet die Möglichkeit der Übertragung von Entscheidungsbefugnissen in Bezug auf Aufsichtsaufgaben. Diese Entscheidung zur Errichtung eines allgemeinen Rahmens, die vom EZB-Rat auf Vorschlag des Direktoriums getroffen wurde, legt die institutionellen Aspekte fest, also den Umfang der den Leitern von Arbeitseinheiten der EZB verliehenen Kompetenzen, die Verfahrensanforderungen für die Verabschiedung delegierter Beschlüsse und die Berichtsanforderungen für delegierte Beschlüsse. Im Übrigen werden Delegierungsbeschlüsse vom EZB-Rat im Verfahren der impliziten Zustimmung angenommen, wobei die spezifischen Kriterien, die für jede Kategorie delegierter Aufsichtsbeschlüsse erfüllt sein müssen, festgelegt werden. Ergänzt werden diese Beschlüsse zur Übertragung von Befugnissen durch Beschlüsse des EZB‑Direktoriums, mit denen mit entsprechenden Entscheidungsbefugnissen ausgestattete Leiter von Arbeitseinheiten der EZB ernannt werden (siehe Abbildung 7).
Der neue Delegierungsrahmen wurde auf zwei Kategorien von Aufsichtsbeschlüssen angewandt:
- Eignungsprüfungen (Beurteilung der „fit and proper“-Anforderungen)[79]
- Statusänderungen hinsichtlich der Bedeutung der beaufsichtigten Institute[80]
Die Beschlüsse zur Ernennung von Leitern von Arbeitseinheiten der EZB, denen übertragene Entscheidungsbefugnisse gewährt werden, wurden vom Direktorium angenommen,[81] und die delegierte Beschlussfassung ist seit dem 21. Juni 2017 in Kraft.
Abbildung 7
Delegierungsrahmen
Anwendung des Delegierungsrahmens
Bei Beschlüssen über die Eignungsprüfung hängt die Entscheidung, ob der Delegierungsprozess aktiviert werden kann, im Wesentlichen von vier Kriterien ab:
- Größe und Art des beaufsichtigten Instituts
- voraussichtliches Ergebnis der Entscheidung
- spezifische Aspekte der Eignungsprüfung (wie beispielsweise Reputationsfragen oder Verwaltungshandeln in Bezug auf die Nichteinhaltung von Vorschriften für Finanzdienstleister)
- rechtzeitige Einreichung des Vorschlags durch die NCA
Für alle Beschlüsse über die Eignungsprüfung (ob delegiert oder nicht) wird die Beurteilung selbst anhand von Kriterien durchgeführt, die auf den nationalen Gesetzen zur Umsetzung der CRD IV beruhen; die Eignungsprüfung berücksichtigt außerdem den von der EZB verfassten Leitfaden zur Beurteilung der fachlichen Qualifikation und persönlichen Zuverlässigkeit. Zwischen Juni und Dezember 2017 wurden 51 % der Beschlüsse über die Eignungsprüfung der EZB im Wege der Delegierung gefasst (siehe Grafik 10).
Hinsichtlich von Statusänderungen bei der Bedeutung der beaufsichtigten Institute ermöglicht der Delegierungsrahmen eine effizientere regelmäßige Aktualisierung der Liste der beaufsichtigten Institute (d. h. der Institute unter direkter Aufsicht der EZB). Die überwiegende Mehrzahl dieser Beschlüsse spiegelt lediglich Veränderungen innerhalb der Unternehmensstruktur einer Bankengruppe wider; gleichwohl ist es aus Gründen der Rechtssicherheit und Transparenz notwendig, dass die EZB einen genauen Überblick über die von ihr direkt beaufsichtigten Institute behält. Die delegierten Beschlüsse können daher einen EZB-Beschluss ändern oder aufheben, durch den ein beaufsichtigtes Institut oder eine beaufsichtigte Gruppe als bedeutend eingestuft wurde; damit sind die meisten Veränderungen innerhalb der Gruppenstruktur sowie die Änderung der Einstufung eines beaufsichtigten Instituts oder einer beaufsichtigten Gruppe von bedeutend zu weniger bedeutend abgedeckt (der umgekehrte Wechsel von weniger bedeutend zu bedeutend kann nicht im Wege der Delegierung entschieden werden). Zwischen Juni und Dezember 2017 wurden 52 % der EZB-Beschlüsse zur Bedeutung von Instituten im Wege der Delegierung gefasst (siehe Grafik 10).
Grafik 10
Beschlussfassung im delegierten und nicht delegierten Beschlussfassungsverfahren
Der Delegierungsrahmen wurde reibungslos umgesetzt und hat zu einem angemessenen Gleichgewicht zwischen delegierten Entscheidungen und solchen, die dem Aufsichtsgremium und dem EZB-Rat vorgelegt werden, geführt. Dieser „zweigleisige“ Beschlussfassungsprozess mit delegierten und nicht delegierten Entscheidungen ermöglicht eine effizientere Nutzung der Ressourcen, und er vereinfacht und beschleunigt die Abläufe.
Es ist nicht vorgesehen, den Delegierungsrahmen im Jahr 2018 auf andere Arten von Aufsichtsbeschlüssen auszuweiten.
Administrativer Überprüfungsausschuss
Im Berichtsjahr wurden dem administrativen Überprüfungsausschuss[82] vier Anträge auf administrative Überprüfung von Aufsichtsbeschlüssen der EZB unterbreitet (siehe Tabelle 6).
Tabelle 6
Zahl der Überprüfungsanträge
In den meisten Fällen entschieden sich die Antragsteller im Berichtsjahr, von einer gerichtlichen Überprüfung abzusehen, nachdem der administrative Ausschuss seine Überprüfung abgeschlossen hatte. Der Ausschuss trug daher weiterhin erfolgreich dazu bei, Kosten und Zeitaufwand bei der Überprüfung von Aufsichtsbeschlüssen für alle beteiligten Parteien zu senken. Diese „Verfahrensökonomie“ war einer der Hauptgründe, die den europäischen Gesetzgeber dazu bewogen hatten, den Überprüfungsausschuss einzurichten.[83] Das Überprüfungsverfahren und insbesondere die Anhörungen bieten zusätzliche Möglichkeiten für einen Dialog mit den beaufsichtigten Kreditinstituten.
Geprüfte Sachverhalte und relevante Themen
Der administrative Überprüfungsausschuss hatte über verschiedene Themen sowie Arten von Aufsichtsbeschlüssen zu befinden: Corporate Governance, Einhaltung aufsichtsrechtlicher Anforderungen, Entzug der Zulassung und verwaltungsrechtliche Sanktionen.
Ebenso wie in den Vorjahren betraf die Überprüfung von Beschlüssen der EZB 2017 im Wesentlichen Fragen ihrer Vereinbarkeit mit Verfahrensregeln (beispielsweise die Einhaltung der vorgegebenen Verfahrensanforderungen, die korrekte Darstellung der Sachlage, das Vorliegen ausreichender Begründungen und die Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit) sowie der Zusammenarbeit zwischen EZB und nationalen zuständigen Behörden bei der Vorbereitung von EZB-Beschlüssen. Der administrative Ausschuss vertrat insbesondere die Auffassung, dass die Anforderungen an die Begründung umso höher sein müssen, je stärker die verhängten Maßnahmen in die Abläufe der betroffenen Institute eingreifen.
Die Rolle des administrativen Überprüfungsausschusses im Beschlussfassungsverfahren der EZB
In seiner Entscheidung in den Fällen Landeskreditbank Baden-Württemberg – Förderbank gegen EZB und Crédit mutuel Arkéa gegen EZB[84] hob das Gericht der Europäischen Union die Rolle des administrativen Überprüfungsausschusses als Teil des Beschlussfassungsverfahrens der EZB hervor.
In ihrem Bericht zum Einheitlichen Aufsichtsmechanismus gemäß Artikel 32 der SSM-Verordnung[85] stellte die Europäische Kommission fest, dass der administrative Ausschuss von den Betroffenen aktiv genutzt wurde und dass seine Stellungnahmen nach Ansicht der EZB die Aufsichtspraxis auch über die einzelnen Fälle hinaus, auf die sie sich bezogen, beeinflusst haben.
5.4 Personalausstattung der EZB-Bankenaufsicht
Mit der Etablierung der EZB-Bankenaufsicht und der Weiterentwicklung ihrer Aufgaben hat sich gezeigt, dass für eine Reihe wichtiger Aufgaben mehr Ressourcen benötigt werden als zunächst erwartet.
Nachdem der Personalbestand 2016 und 2017 gestaffelt angehoben wurde, genehmigte der EZB-Rat für 2017 weitere 113,5 Vollzeitäquivalente (VZÄ) für Kerngeschäftsbereiche der EZB-Bankenaufsicht, sodass die Gesamtbeschäftigtenzahl bei 1 028,5 VZÄ lag. Bei den neu genehmigten Stellen wurde folgenden drei Faktoren Rechnung getragen:
- dem erhöhten Personalbedarf aufgrund der seit 2014 gestiegenen Zahl von Aufgaben (etwa die Errichtung des neuen Rahmens für das Krisenmanagement in der EU),
- der Notwendigkeit, den NCAs mehr Zeit einzuräumen, damit sie ihren Verpflichtungen bei der Besetzung der JSTs nachkommen können,
- der von der EZB ermittelten Freisetzung von Ressourcen (z. B. durch Synergien bei der Beaufsichtigung von Instituten des Aufnahmelandes, die derselben Nicht-SSM-Bankengruppe angehören).
Der für 2017 gebilligte Personalbestand deckt auch den Personalbedarf für SSM-bezogene Aufgaben der gemeinsamen Dienste ab (z. B. Verwaltung, Personal, Finanzwesen, Kommunikation, Rechtsdienste), deren gesamter Personalbestand somit auf 422,5 VZÄ steigt.
Im Berichtsjahr wurden 33 Einstellungskampagnen erfolgreich durchgeführt, um die freien Stellen zu besetzen. Im Rahmen des standardmäßigen Rekrutierungsverfahrens der EZB mussten alle Kandidaten neben den geforderten Fachkenntnissen auch soziale Kompetenzen und gegebenenfalls Führungsqualitäten nachweisen.
In Bezug auf die Geschlechterverteilung stieg der Prozentsatz weiblicher Mitarbeiter leicht an und erreichte 2017 einen Anteil von 40 % aller unbefristeten und befristeten Mitarbeiter in Kerngeschäftsfeldern der EZB-Bankenaufsicht. Der Anteil weiblicher Mitarbeiter in Führungspositionen war mit 32 % unverändert gegenüber dem Vorjahr. In Nicht-Führungspositionen erhöhte sich der Anteil weiblicher Mitarbeiter um 2 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr und erreichte 2017 einen Wert von 42 %.
Es wird erwartet, dass der Brexit zu einer dauerhaften Zunahme der bedeutenden Institute unter direkter Aufsicht der EZB führt, da mehrere Bankengruppen planen, ihren Sitz in das Euro-Währungsgebiet zu verlegen. Um die erwartete zusätzliche Arbeitsbelastung zu bewältigen, genehmigte der EZB-Rat für 2018 eine Anhebung des Personalbestands um 70,5 VZÄ in den Kerngeschäftsbereichen der EZB-Bankenaufsicht. Zudem billigte er zusätzliche Ressourcen für 2019 und 2020, die abhängig von der tatsächlichen Entwicklung nochmals evaluiert werden sollen. Der EZB-Rat plant, den Personalbestand im Zeitraum 2018-2020 gestaffelt anzuheben. Dabei soll der voraussichtliche Bedarf auf Grundlage der tatsächlichen Zunahme der Arbeitsbelastung sowie der ab Mitte 2018 entstehenden Möglichkeiten für eine interne Neuordnung der Prioritäten angepasst werden.
Grafik 11
Aufgliederung der genehmigten Planstellen (VZÄ) in den Kernbereichen der EZB-Bankenaufsicht für den Zeitraum 2014-2018
Mit der Weiterentwicklung der Aufgaben und dem Ausbau der Organisation des SSM muss sich auch das Personalmanagement im gesamten SSM weiterentwickeln. Das SSM-Schulungsprogramm und das SSM-Praktikumsprogramm wurden 2017 weiter verbessert, um eine stärkere Zusammenarbeit mit den NCAs zu fördern. Darüber hinaus wurden ein Rotationsverfahren für JSTs konzipiert und organisatorische Veränderungen vereinbart.
Umstrukturierung von Kernbereichen der EZB-Bankenaufsicht
Um den Umfang der Geschäftsbereiche der EZB-Bankenaufsicht neu auszutarieren und die Struktur mit den Best Practices und der Good Governance in Einklang zu bringen, wurden Ende 2017 organisatorische Veränderungen beschlossen; so wurden die Abteilungen Zulassungsverfahren, Durchsetzung und Sanktionen sowie Aufsichtliche Qualitätssicherung von der Generaldirektion Mikroprudenzielle Aufsicht IV zum Sekretariat des Aufsichtsgremiums verlagert. Diese im Februar 2018 durchgeführte Umstrukturierung wird für eine klarere Aufgabenteilung sorgen und die Unternehmensführung verbessern, da sie die Qualitätssicherung sowie die internen Kontroll- und Prüfungsfunktionen von den horizontalen Kernaufsichtsfunktionen trennt.
SSM-Schulungsprogramm
Für die Effektivität der europäischen Bankenaufsicht ist es wichtig, dass die Mitarbeiter der EZB wie auch der NCAs über die notwendigen Fähigkeiten verfügen und ihre Kompetenzen im Laufe der Zeit weiterentwickeln können. Hier hat die Schaffung eines gemeinsamen Schulungsansatzes für SSM-Aufseher zu einem einheitlichen Aufsichtskonzept und einer gemeinsamen Aufsichtskultur beigetragen. Mit diesem Ansatz war es zudem möglich, innerhalb des SSM von Skaleneffekten zu profitieren und Fachkenntnisse zu nutzen.
Seit der Einführung des SSM-Schulungsprogramms im September 2016 wurden 83 systemweite Schulungen angeboten, was 269 Schulungseinheiten entspricht. Rund 41 % dieser Einheiten wurden von den NCAs organisiert, entsprechend dem ursprünglichen übergeordneten Ziel einer zentralisierten Planung und einer systemweiten Umsetzung. Von September 2016 bis September 2017 besuchten 2 800 Teilnehmer die systemweiten Kurse. Davon stammte jeweils rund die Hälfte von den NCAs (48 %) und der EZB (52 %). Eine Weiterentwicklung des Schulungsangebots für 2018 sieht spezielle Kurse für Mitarbeiter vor, die an Vor-Ort-Prüfungen beteiligt sind. Zudem werden die Kurse ausgeweitet und eine breitere Palette an Schulungsinstrument genutzt, darunter computergestütztes und videobasiertes Lernen.
SSM-Praktikumsprogramm
Das SSM-Praktikumsprogramm wurde 2016 als eine einzigartige Chance für junge Hochschulabsolventen aufgelegt, bei der EZB und einer oder zwei NCAs Erfahrungen aus erster Hand in der Bankenaufsicht zu sammeln. Das Programm hat dazu beigetragen, eine gemeinsame Aufsichtskultur zu pflegen und einen Talent-Pool für den gesamten SSM aufzubauen; nach Abschluss ihres Praktikums haben die EZB und die NCAs eine Reihe von Teilnehmern eingestellt.
Auf Basis der Rückmeldungen der ersten Gruppe von Praktikanten und der JST‑Koordinatoren wurde das Programm leicht angepasst und bietet den Teilnehmern nun mehr technische Schulungen. Die 31 Teilnehmer der zweiten Gruppe von Praktikanten nahmen ihre Kurse im Oktober 2017 auf.
SSM-Rotation
Die europäische Bankenaufsicht verfügt über ein Rotationsverfahren für die EZB‑Vertreter in JSTs, um eine Befangenheit der Aufseher („supervisory capture“) zu verhindern und hohe Aufsichtsstandards zu gewährleisten. Die Rotation wird darüber hinaus als ein Element der beruflichen Weiterentwicklung gesehen und als eine Chance für die Mitarbeiter, ihre Kenntnisse in der Bankenaufsicht auszubauen. In den Jahren 2016 und 2017 übernahmen mehr als 20 JST-Koordinatoren die Verantwortung für neue JSTs. Unter Berücksichtigung der insgesamt positiven Rückmeldungen zu diesem Verfahren wurde 2017 der JST-Rotationsrahmen des SSM für alle JST-Mitglieder eingerichtet. Die Rotation ist nun ein jährliches Verfahren für Mitarbeiter, die seit drei bis fünf Jahren im gleichen JST sind. Die erste vollständige Runde wurde am 1. Januar 2018 umgesetzt, wobei 53 Mitarbeiter in ein anderes JST wechselten.
Vorbereitung von „Supervisors Connect“
„Supervisors Connect“ – die erste im Rahmen des SSM organisierte Veranstaltung dieser Art und Größenordnung
„Supervisors Connect“ ist eine von der EZB-Bankenaufsicht organisierte Veranstaltung für die Mitarbeiter von NCAs, NZBen und EZB. Sie wird erstmalig vom 17. bis 19. April 2018 am Standort der EZB in Frankfurt am Main stattfinden.
Durch die Veranstaltung soll die europäische Aufsichtskultur weiterentwickelt werden, indem sie Aufsehern aus dem gesamten Euroraum alle zwei Jahre ein Forum bietet. Sie ist vor allem für jene NCA-Mitarbeiter gedacht, die zwar stark in Arbeit für den SSM eingebunden sind, aber nur gelegentlich nach Frankfurt kommen. Zielpublikum sind in erster Linie JST-Koordinatoren und -Unterkoordinatoren, Mitglieder des Netzwerks hochrangiger Mitarbeiter, die für die Aufsicht über weniger bedeutende Institute zuständig sind, Vorsitzende und leitende Mitglieder horizontaler Netzwerke sowie Mitarbeiter auf Expertenebene, die für die Vorbereitung von Sitzungen des Aufsichtsgremiums verantwortlich sind (beispielsweise SSM-Koordinatoren).
Es ist davon auszugehen, dass von den 350 Teilnehmern 75 % aus den NCAs/NZBen und 25 % aus der EZB stammen.
Für die Gestaltung des Veranstaltungsprogramms hat die EZB im Mai 2017 eine Lenkungsgruppe bestehend aus Vertretern von fünf Geschäftsbereichen der Bankenaufsicht und der Generaldirektion Kommunikation ernannt.
„Supervisors Connect“ ist eine Veranstaltung von und für die teilnehmenden Bankenaufseher. Daher werden viele Teilnehmer auch als Sprecher und Moderatoren in Podiumsdiskussionen zu einschlägigen Themen auftreten, darunter die Digitalisierung und Cyber-Risiken, die Auswirkungen des Brexit und die Herausforderungen der Banken hinsichtlich der Rentabilität.
5.5 Umsetzung des Verhaltenskodex
Gemäß Artikel 19 Absatz 3 der SSM-Verordnung ist die EZB verpflichtet, für Mitarbeiter und leitende Angestellte, die an der Bankenaufsicht beteiligt sind, einen Verhaltenskodex zum Umgang mit potenziellen Interessenkonflikten zu erstellen. Die entsprechenden Bestimmungen sind im Ethik-Rahmen der EZB verankert, der von der Stabsstelle Compliance und Governance umgesetzt wird. Die Stabsstelle berät sämtliche Mitarbeiter der EZB bei ethischen Fragen.
Um die Mitarbeiter stärker für die Berufsethik und die professionelle Integrität zu sensibilisieren und eine starke Ethikkultur zu schaffen, wurden 2017 Workshops und ein verpflichtendes E-Learning-Programm eingeführt. Das Programm wurde von allen in der Bankenaufsicht tätigen Mitarbeitern im ersten Quartal 2017 erfolgreich absolviert.
Im Laufe des Berichtsjahrs erhielt die Stabsstelle Compliance und Governance über 2 000 Anfragen von Mitarbeitern der EZB zu einer breiten Palette an Themen. Ein Drittel dieser Anfragen wurde von Mitarbeitern der EZB-Bankenaufsicht eingereicht. Annähernd die Hälfte der Anfragen betraf private Finanztransaktionen, gefolgt von Anfragen zu Interessenkonflikten und Beschränkungen bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses (siehe Grafik 12). Diese Anfragen weisen auf eine erhöhte Sensibilisierung der EZB-Mitarbeiter in ethischen Fragen hin. Die Stabsstelle ermittelte lediglich eine geringe Zahl von Verstößen, von denen ein Drittel auf Mitarbeiter und Führungskräfte der EZB-Bankenaufsicht entfiel. Bei keinem dieser Fälle ging es um vorsätzliches Fehlverhalten oder sonstige gravierende Verstöße.
Grafik 12
Überblick über Anfragen von Mitarbeitern der EZB-Bankenaufsicht im Berichtsjahr
Im Hinblick auf diejenigen Mitarbeiter und Führungskräfte in der Bankenaufsicht, die ihre Position im Berichtsjahr aufgaben, wurde in drei Fällen eine „Cooling-off“-Zeit gemäß den Vorschriften des Ethik-Rahmens veranlasst. Zwei dieser Fälle betrafen SSM-Führungskräfte, die in Querschnittsfunktionen tätig waren und zu Finanzunternehmen wechselten. Dies führte zu einer „Cooling-off“-Zeit von jeweils drei Monaten. Im dritten Fall wechselte eine Führungskraft zu einem Finanzunternehmen, für dessen Aufsicht sie zuvor nicht zuständig und an der sie nicht beteiligt war. Die betreffende SSM-Führungskraft hielt tatsächlich eine „Cooling-Off“-Zeit von sechs Monaten ein.
Mit dem Ziel, eine geeignete Unternehmens- und Ethikkultur im gesamten SSM zu gewährleisten, stellte die EZB sicher, dass die von den NCAs ergriffenen Maßnahmen mit der EZB-Leitlinie vereinbar waren. Diese Leitlinie legt die gemeinsamen Grundsätze eines Ethik-Rahmens sowohl für die EZB als auch die NCAs fest und wurde bis auf ganz wenige Ausnahmen vollständig umgesetzt. Um eine abgestimmte Umsetzung der Leitlinie zu erleichtern und mittelfristig eine Konvergenz der Ethikstandards auf einem noch höheren Niveau zu erreichen, schuf der EZB-Rat eine spezielle Arbeitsgruppe bestehend aus Ethik- und Compliance-Beauftragten.
Der Ethikausschuss der EZB berät die Mitglieder der mit der Entscheidungsfindung der EZB befassten Gremien in ethischen Fragen. Im Berichtsjahr gab der Ausschuss elf Stellungnahmen mit Bezug zum SSM ab, von denen sich die Mehrheit auf berufliche Tätigkeiten von Mitgliedern in staatlichen oder internationalen Organisationen sowie nichtfinanziellen Unternehmen nach Beendigung ihrer Mitarbeit im SSM bezog. In zwei Fällen erteilte der Ethikausschuss eine Empfehlung zur „Cooling-off“-Zeit für ehemalige stellvertretende Mitglieder des Aufsichtsgremiums der EZB, die zu Kreditinstituten wechselten; in einem weiteren Fall beriet er zur „Cooling-off“-Zeit eines Mitglieds des Aufsichtsgremiums, das eine Tätigkeit bei einem Nichtbanken-Finanzinstitut aufnahm. Der Ethikausschuss bewertete außerdem eine neue externe Tätigkeit eines Mitglieds des Aufsichtsgremiums, die dieses in seiner Eigenschaft als Privatperson erbrachte.
5.6 Anwendung des Trennungsgrundsatzes zwischen Geldpolitik und Bankenaufsicht
Die SSM-Verordnung verpflichtet die EZB, die ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben unbeschadet und getrennt von ihren Aufgaben im Bereich der Geldpolitik wahrzunehmen.
Anwendung auf den Informationsaustausch und die Beschlussfassung
Die Anwendung des Trennungsgrundsatzes zwischen geldpolitischen und aufsichtsrechtlichen Aufgaben bezog sich im Berichtsjahr vorwiegend auf den Informationsaustausch zwischen den beiden Funktionsbereichen.[86] Gemäß Beschluss EZB/2014/39 über die Umsetzung der Trennung zwischen der geldpolitischen Funktion und der Aufsichtsfunktion der Europäischen Zentralbank erfolgte der Austausch von Informationen nach dem Prinzip „Kenntnis nur, wenn nötig“, d. h., jeder Bereich musste nachweisen, dass die angeforderten Informationen zum Erreichen seiner Ziele erforderlich waren. In den meisten Fällen wurde der Zugang zu vertraulichen Informationen direkt von dem für die Informationen zuständigen Funktionsbereich der EZB gewährt. Dies erfolgte im Einklang mit Beschluss EZB/2014/39, der es den Funktionsbereichen ermöglicht, direkten Zugang zu Informationen in Form von anonymisierten Daten oder zu nicht sensiblen strategischen Informationen zu gewähren; ein Eingreifen des Direktoriums zur Behebung möglicher Interessenkonflikte war nicht erforderlich. In Übereinstimmung mit dem Beschluss EZB/2014/39 musste das Direktorium gleichwohl einige Male eingebunden werden, um den Austausch nicht anonymisierter Daten in Bezug auf einzelne Banken (z. B. einzelne FINREP- oder COREP-Meldebögen[87] oder sonstige Rohdaten) oder sensibler strategischer Einschätzungen zu ermöglichen. Der Zugang zu den Daten wurde gemäß dem Prinzip „Kenntnis nur, wenn nötig“ nach einer Einzelfallprüfung und nur für einen begrenzten Zeitraum gewährt, um sicherzustellen, dass die Vorgabe dieses Prinzips zu jedem relevanten Zeitpunkt erfüllt war.
Hinsichtlich der Trennung auf Ebene der Beschlussorgane wurden keine Bedenken geäußert, und so musste die Schlichtungsstelle nicht tätig werden.
Nutzung gemeinsamer Dienste
Das Konzept der „gemeinsamen Dienste“ ist von hoher Bedeutung für die Funktionsweise des SSM. Im Rahmen dieses Konzepts wurden bestimmte Abteilungen der EZB dazu bestimmt, Unterstützung sowohl für die geldpolitische Funktion als auch für die Aufsichtsfunktion zu leisten. Gemeinsame Dienste wurden im Interesse einer effizienten und wirksamen Erbringung von Dienstleistungen geschaffen. Das Ziel hierbei war sicherzustellen, dass Doppelarbeit in Bereichen vermieden wurde, in denen gemeinsame Dienste, da sie technischer Art sind, nicht zu Interessenkonflikten zwischen den beiden Funktionsbereichen der EZB führten. Das Konzept der gemeinsamen Dienste ist eine langfristige Lösung, die eingeführt wurde, um doppelten Arbeitsaufwand zu vermeiden; gleichzeitig ermöglichte sie es der EZB, die Aufsichtsfunktion schneller mit Ressourcen auszustatten und die Kosten niedrig zu halten, vor allem in der Gründungsphase. Zudem trug das Konzept dazu bei, die innerhalb der EZB bereits vorhandenen Erfahrungen bezüglich Fragen der makroökonomischen und finanziellen Stabilität zu nutzen und Doppelarbeit bei der Erhebung von Daten und der Erfüllung von Verwaltungsaufgaben zu verringern. Dieser Aspekt findet auch Niederschlag in Erwägungsgrund 14 des Beschlusses EZB/2014/39, in dem es heißt: „Zugleich sollte eine wirksame Trennung der geldpolitischen und aufsichtlichen Aufgaben nicht verhindern, dass sämtliche Vorteile, die dadurch entstehen, dass dasselbe Organ beide Aufgaben ausübt, — soweit wie dies möglich und wünschenswert ist — genutzt werden [...]“.
Im Berichtsjahr nahm die EZB eine Beurteilung der Tätigkeiten der EZB-Geschäftsbereiche vor und präzisierte die Definition der gemeinsamen Dienste. Dies geschah mit dem Ziel, die Umsetzung des Konzepts der gemeinsamen Dienste auf Basis der seit 2014 gesammelten Erfahrungen weiter zu verbessern und eine Empfehlung des Europäischen Rechnungshofs bezüglich der potenziellen Risiken der Nutzung gemeinsamer Dienste umzusetzen.
„Gemeinsame Dienste“ sind Geschäftsbereiche, die
- Unterstützungsfunktionen zum Nutzen der Zentralbank- wie auch der Bankenaufsichtsfunktion erbringen,
- Kernfunktionen erfüllen, die sowohl der Aufsichts- als auch der Zentralbankfunktion nutzen, sofern diese Funktionen Unterstützungsdienste darstellen und dadurch keine Interessenkonflikte darstellen.
Unter Anwendung dieser Definition und Berücksichtigung der organisatorischen Struktur der EZB wurden folgende Organisationseinheiten als gemeinsame Dienste eingestuft: Interne Revision, Verwaltung, Kommunikation, Finanzen, Personal, Informationssysteme, Sekretariat, Organisationseffektivität, Operationelles Risikomanagement und Business-Continuity-Management, Rechtsdienste und Statistik.
Die Bewertung potenzieller Risiken aus der Nutzung gemeinsamer Dienste bestätigte, dass die ergriffenen Maßnahmen die festgestellten Risiken zufriedenstellend minimieren.
Was das theoretische Risiko betrifft, dass die Nutzung gemeinsamer Dienste Interessenkonflikte verursachen könnte, die die Politik der EZB behindern könnten, so ist sichergestellt, dass die überwiegende Mehrzahl der gemeinsame Dienste leistenden Geschäftsbereiche entweder nicht über relevante Informationen verfügen oder im Rahmen ihrer normalen Geschäftsaktivitäten nicht die Möglichkeit haben, politische Entscheidungen zu beeinflussen. In den verbleibenden Geschäftsbereichen wurde der Trennungsgrundsatz umgesetzt.
Das Risiko einer ungleichen Behandlung von Anfragen (beispielsweise in Bezug auf Einstellungen, Übersetzungen, IT) aufgrund einer unangemessenen Priorisierung von Anfragen der Zentralbankfunktion oder der Bankenaufsichtsfunktion wird in allen Geschäftsbereichen mit gemeinsamen Diensten durch verschiedene Maßnahmen kontrolliert. Hierzu gehören regelmäßige Bedarfsabfragen und Planungsrunden, die Möglichkeit, bei Ressourcenknappheit auf externe Anbieter zurückzugreifen, sowie ein spezielles Forum, um den Dialog zwischen Kunden und Dienstleistern zu fördern.
Zudem wurde 2016 ein EZB-weiter strategischer Planungsansatz für alle Geschäftsbereiche eingeführt und damit ein formaler Prozess festgelegt, der den finanziellen und personellen Bedarf der verschiedenen Geschäftsbereiche berücksichtigt. Das Ergebnis spiegelt sich im EZB-Haushalt wider, der die Aufwendungen für Aufsichtsaufgaben gesondert ausweist und zu dem die Vorsitzende und die stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsgremiums vor der Verabschiedung zu Rate gezogen werden.
Kasten 4 Herausforderungen der multilingualen Kommunikation in der europäischen Bankenaufsicht
Die EZB hat sich darauf verpflichtet, für alle relevanten Interessenträger innerhalb des Euroraums und der EU verständlich zu kommunizieren und ihnen zugänglich zu sein. Zu diesem Zweck stellt sie alle notwendigen und gesetzlich vorgeschriebenen Informationen auch in anderen Sprachen als Englisch bereit. Dies ist seit 1998 eine Konstante in der externen Kommunikation der EZB. Seit die EZB 2014 die europäische Bankenaufsicht übernahm, hat diese Verpflichtung eine neue Dimension angenommen, insbesondere in der Kommunikation zwischen der EZB und den beaufsichtigten Instituten.
Gemäß der SSM-Verordnung haben die Institute unter der direkten Aufsicht der EZB das Recht, die Sprache für die Kommunikation mit der EZB zu wählen. Rund 40 Banken haben sich dafür entschieden, von diesem Recht Gebrauch zu machen und mit der EZB in einer anderen Sprache als Englisch zu kommunizieren. Deutsch ist unter diesen Sprachen die am häufigsten, nämlich von 22 Banken, gewählte Sprache. Bei der EZB hat dies zu einer deutlich höheren Nachfrage nach Übersetzungsdienstleistungen geführt. Allein 2017 wurden im Rahmen der aufsichtlichen Kommunikation rund 72 500 Seiten ins Englische und aus dem Englischen übersetzt.
Um diesen Anstieg zu bewältigen, musste die EZB nicht nur ihren Personalbestand im Bereich der Übersetzungsdienste aufstocken, sondern auch ihr Geschäftsmodell anpassen, um sicherzustellen, dass die Kapazitäten kurzfristig und flexibel erweitert werden können, um das deutlich höhere Übersetzungsvolumen abzudecken. Ein auf dem Prinzip gemeinsamer Dienste für die Aufsichts- und die Zentralbankfunktion der EZB basierendes Modell hat sich als wesentlich effizienter erwiesen als ein Modell, das auf einem eigenen Sprachendienst des SSM beruht.
Grafik A
Nachfrage nach Leistungen des Sprachendienstes der EZB 2013-2017
Von entscheidender Bedeutung ist auch, eine hohe Qualität der Rechtsakte und Gerichtsdokumente der EZB im Bereich Bankenaufsicht zu gewährleisten, und zwar sowohl in englischer Sprache als auch in den anderen relevanten Sprachen des SSM-Gebiets. Alle einschlägigen Interessenträger und insbesondere EU-Bürger können ihre Rechte und Pflichten besser verstehen und beurteilen, wenn Rechtsdokumente der EZB klar, einheitlich und präzise in allen amtlichen Sprachen der EU erstellt sind und den Regeln für die Abfassung und Übersetzung von Rechtstexten entsprechen.
Die Nachfrage nach sprachlichen Überarbeitungen und Übersetzungen rechtlicher Texte erreichte 2017 im Bereich Bankenaufsicht ein Volumen von insgesamt 23 450 Seiten (neben den Überarbeitungen und Übersetzungen nichtjuristischer Texte). Davon waren:
- 6 000 Seiten SSM-Rechtsakte zur Übersetzung in alle amtlichen EU-Sprachen,
- 5 150 Seiten Rechtsdokumente zur sprachlichen Überarbeitung in Englisch,
- 12 300 Seiten Rechtsdokumente zur Übersetzung in bestimmte Sprachen des Euroraums.
Im Hinblick auf einzelne Aufsichtsbeschlüsse und andere Dokumente mit Bezug zum SSM fertigte die EZB 4 260 Seiten juristische Übersetzungen ins Deutsche an, 2 790 Seiten ins Französische, 2 060 Seiten ins Englische und 1 740 Seiten in die verbleibenden Sprachen des Euroraums.
5.7 Rahmen für die aufsichtliche Berichterstattung und Informationsmanagement
Weiterentwicklung des Rahmens für die aufsichtliche Berichterstattung
Gemäß den Bestimmungen der SSM-Rahmenverordnung obliegt der EZB die Organisation der Verfahren für die Erhebung und Qualitätsprüfung der von den beaufsichtigten Unternehmen zur Verfügung gestellten Daten.[88] Dabei soll insbesondere gewährleistet werden, dass der SSM verlässliche und genaue Aufsichtsdaten verwendet.
Aufsichtsdaten werden auf Basis eines sequenziellen Ansatzes unter Beteiligung der NCAs erhoben
Der Datenfluss folgt einem sequenziellen Ansatz,[89] bei dem die EZB eng mit den NCAs zusammenarbeitet, die von den Kreditinstituten die aufsichtlichen Meldungen aus erster Hand erhalten und diese einer ersten Qualitätsprüfung unterziehen. Daneben arbeitet die EZB im Falle direkter Meldungen an die EZB auch unmittelbar mit den beaufsichtigten Instituten zusammen.
Gegenwärtig wird der sequenzielle Ansatz weiter ausgestaltet, wobei zwei getrennte Zeitrahmen greifen, ein kurzfristiger und ein langfristiger. Beim kurzfristigen Ansatz müssen die NCAs Daten innerhalb der von der EZB gesetzten Frist an die EZB übermitteln, unabhängig davon, ob laut den Validierungsregeln noch Fehler abzuklären sind. Dadurch soll sichergestellt werden, dass a) die von den Instituten gemeldeten Daten den SSM-Aufsehern möglichst zeitnah zur Verfügung stehen und b) die Inhalte der Datenbanken von NCAs und EZB übereinstimmen. Die NCAs wurden aufgefordert, die kurzfristige Lösung für alle ab dem zweiten Quartal 2017 erstellten Daten umzusetzen. Der langfristige Ansatz sieht hingegen vor, Best Practices in jeder NCA auszuarbeiten und zu harmonisieren. Die Harmonisierung der Methoden zur Erhebung aufsichtlicher Daten der beaufsichtigten Institute und zur Weiterleitung dieser Daten an die EZB wird derzeit erörtert.
Aufsichtliche Daten werden Interessenträgern zugänglich gemacht
Aufsichtliche Datenmeldungen werden nach Eingang bei der EZB in das Information Management System (IMAS) des SSM eingepflegt, um sie den Endnutzern, darunter die JSTs und die Querschnittsfunktionen in der EZB-Bankenaufsicht, zugänglich zu machen. Außerdem werden ausgewählte Daten einer Untergruppe von vorwiegend bedeutenden Instituten nach Eingang an die EBA und den SRB weitergeleitet.
Datenmeldungen können monatlich, vierteljährlich, halbjährlich oder jährlich erfolgen. Die Daten sind ab dem Referenzzeitraum Dezember 2014 verfügbar (sofern zutreffend).
Im Lauf des Berichtsjahrs und nach der offiziellen Veröffentlichung der zugrunde liegenden Rechtsakte[90] wurde der aufsichtliche Datensatz um Daten zum aufsichtlichen Benchmarking und zu Finanzierungsplänen sowie Veränderungen beim FINREP-Berichtsrahmen erweitert.
Aufsichtsdaten werden Qualitätsprüfung unterzogen
Die EZB prüft die Qualität der Aufsichtsdaten, die im Rahmen der von der EBA veröffentlichten technischen Durchführungsstandards (ITS) und der Kurzfristdatenerhebung (short-term exercises – STE) übermittelt werden. Die Übersichtsdarstellung zur Datenqualität je Institut spielt in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle. Sie bietet benutzerfreundlich eine Bewertung und Zusammenfassung der Qualität der von einem Institut gemeldeten Aufsichtsdaten. Die Überblicksdarstellung wurde im Lauf des Berichtsjahrs erheblich verbessert; dabei war das Ziel, Informationen zu wichtigen Indikatoren für die Datenqualität zu liefern und den Dialog zwischen den Aufsichtsbehörden und den beaufsichtigten Instituten zu Datenqualitätsaspekten zu fördern.
Aggregierte Aufsichtsdaten und Offenlegung nach Säule 3 auf der Website der EZB-Bankenaufsicht verfügbar
Neben den Übersichtsdarstellungen erstellt die EZB regelmäßige aufsichtliche Datensätze, wichtige Risikoindikatoren und Berichte für die Aufsichtsbehörden. Darüber hinaus veröffentlicht die EZB-Bankenaufsicht jedes Quartal aggregierte Bankdaten zu den bedeutenden Instituten auf der obersten Konsolidierungsebene auf ihrer Website.[91] Im Berichtsjahr wurden diese Daten deutlich erweitert, und zwar um zusätzliche Statistiken zu Verschuldungsquote und Liquiditätsdeckungsquote sowie detailliertere Aufschlüsselungen (z. B. geografisch und/oder nach Bankkategorien). Außerdem veröffentlicht die EZB jährlich Indikatoren zur Solvenz und Verschuldung auf Bankebene, basierend auf den Offenlegungen der Banken gemäß den Säule-3-Anforderungen.
Informationsmanagement innerhalb des SSM – IMAS
Im Berichtsjahr wurde das Information Management System (IMAS) des SSM deutlich weiterentwickelt.
So wurden neue Module konzipiert, um bestimmte SSM-Prozesse besser zu unterstützen: Beispielsweise wurden die Überprüfung interner Modelle und die Verfahren zur Verhängung von Maßnahmen und Sanktionen integriert, die nun innerhalb des IMAS-Systems gesteuert werden.
Darüber hinaus wurden bestehende Module verbessert, um Weiterentwicklungen der Abläufe und Methoden des SSM abzubilden, insbesondere in Bezug auf die laufende Aufsicht, Vor-Ort-Prüfungen, operationelle Planungen, den SREP und Genehmigungsverfahren.
6 Berichterstattung zu den Haushaltsausgaben
Gemäß SSM-Verordnung muss die EZB zur wirksamen Wahrnehmung ihrer Aufsichtsaufgaben über angemessene Ressourcen verfügen. Diese Ressourcen werden über eine Aufsichtsgebühr finanziert, die von den unter direkter Aufsicht der EZB stehenden Instituten zu leisten ist.
Die Aufwendungen für Aufsichtsaufgaben werden im Haushaltsplan der EZB gesondert ausgewiesen.[92] Für Haushaltsangelegenheiten der EZB ist der EZB-Rat zuständig. Dieser beschließt den jährlichen Haushalt der EZB im Zusammenhang mit der Bankenaufsicht auf Vorschlag des EZB-Direktoriums und nach Beratung mit der Vorsitzenden und der stellvertretenden Vorsitzenden des Aufsichtsgremiums. Dem EZB-Rat steht der Haushaltsausschuss (Budget Committee – BUCOM) zur Seite, dem Vertreter aller nationalen Zentralbanken des Eurosystems und der EZB angehören. Der Haushaltsausschuss unterstützt den EZB-Rat, indem er die Berichte der EZB zur Haushaltsplanung und Haushaltsüberwachung auswertet und diese Auswertungen dem EZB-Rat zur Verfügung stellt. Die im Vergleich zum Vorjahr höheren Gesamtausgaben für die Bankenaufsicht sind in erster Linie auf die genehmigte Aufstockung des EZB-Personalbestands für die Bankenaufsicht im Jahr 2017 sowie auf den Start der groß angelegten, über mehrere Jahre laufenden gezielten Überprüfung interner Modelle zurückzuführen.
Die EZB erwartet für das Jahr 2018 einen Anstieg der verwalteten Ausgaben, insbesondere für die direkte Aufsicht über bedeutende Institute. Während sich die für regelmäßige Aufgaben angesetzten Ausgaben stabilisiert haben, erfordern externe Faktoren auch im nächsten Jahr eine Aufstockung der Ressourcen, wie in Kapitel 1 zu den Aufsichtsprioritäten für 2018 dargelegt. Ursächlich hierfür sind vor allem der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU und die alle zwei Jahre durchgeführten aufsichtlichen Stresstests für bedeutende Institute, die 2018 wieder anstehen. Wie in Abschnitt 5.4 näher erläutert, hat der EZB-Rat daher im September 2017 beschlossen, den Personalbestand der EZB-Bankenaufsicht im Jahr 2018 weiter aufzustocken.
6.1 Ausgaben im Jahr 2017
Die Ausgaben der EZB im Zusammenhang mit ihren Aufsichtsaufgaben umfassen in erster Linie die direkten Kosten der für die EZB-Bankenaufsicht zuständigen Generaldirektionen und des Sekretariats des Aufsichtsgremiums. Die Aufsichtsfunktion nimmt auch gemeinsame Dienste in Anspruch, die von den bestehenden EZB-Geschäftsbereichen bereitgestellt werden (siehe Abschnitt 5.6.2).
Ausgaben im Jahr 2017 um 6 % niedriger als erwartet
Im April 2017 verabschiedete der EZB-Rat den Beschluss der EZB über den durch Aufsichtsgebühren zu deckenden Betrag für das Jahr 2017. [93] Mit diesem Beschluss wurden die jährlichen Ausgaben für Aufgaben der Bankenaufsicht mit 464,7 Mio € veranschlagt. Ende 2017 beliefen sich die Ausgaben der EZB für Aufsichtsaufgaben auf 436,7 Mio €. Sie waren damit 6 % niedriger als erwartet, was einem Überschuss von 27,9 Mio € gegenüber den für 2017 geschätzten Ausgaben entspricht. Gemäß der geltenden Verordnung der EZB über Aufsichtsgebühren (der „Gebührenverordnung“) wird dieser Überschuss vollständig auf den 2018 zu erhebenden Gesamtbetrag angerechnet.[94]
Tabelle 7
Aufschlüsselung der Ausgaben der EZB-Bankenaufsicht (2015-2017)
Gehälter und Leistungen
In den Gehältern und Zusatzleistungen sind alle Aufwendungen im Zusammenhang mit den Gehältern für Aufsichtsmitarbeiter und Mitarbeiter der gemeinsamen Dienste enthalten, einschließlich Überstunden, Zulagen und Kosten in Bezug auf Leistungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses und andere langfristig fällige Leistungen.
Im Jahr 2017 betrugen die tatsächlichen Ausgaben für Gehälter und Leistungen 215,0 Mio €; sie machten damit 103 % der geplanten Gesamtausgaben aus. Die Mehrausgaben in dieser Kategorie ergeben sich aus der Einberechnung von Leistungen für die Mitarbeiter nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses wie Rentenleistungen und andere langfristig fällige Leistungen (z. B. bei Erwerbsunfähigkeit) in Höhe von 12 Mio €. Bewertet werden diese Leistungen gemäß dem Internationalen Rechnungslegungsstandard IAS 19 „Leistungen an Arbeitnehmer“. In diesem Rechnungslegungsstandard ist festgeschrieben, dass die Kosten für die Bereitstellung von Leistungen an Arbeitnehmer in der Periode anzusetzen sind, in der sie erdient werden, und nicht in der Periode ihrer Auszahlung.
Miete und Gebäudeinstandhaltung
Zum Ende des Geschäftsjahrs beliefen sich die tatsächlichen Ausgaben für Miete und Gebäudeinstandhaltung einschließlich Abschreibungen auf gebäudebezogene Vermögenswerte auf 53,0 Mio €. Die Kosten für 2017 entsprechen den Kosten, die im Beschluss der EZB über den durch Aufsichtsgebühren zu deckenden Betrag für das Jahr 2017 veranschlagt wurden.
Sonstige betriebliche Aufwendungen
Die Kategorie „sonstige betriebliche Aufwendungen“ beinhaltet unter anderem Kosten für Beratungsleistungen, IT-Dienste, statistische Dienste, Abschreibungen auf Anlagevermögen (ohne gebäudebezogene Vermögenswerte), Reise- und Schulungskosten.
Insgesamt liegt das Haushaltsergebnis in dieser Kategorie bei 168,8 Mio €. Die Minderausgaben sind hauptsächlich auf eine Überschätzung des Mittelbedarfs für Aktivitäten wie Dienstreisen oder Schulungen sowie im Vergleich zur Planung niedrigere Ausgaben für Beratungsdienstleistungen zurückzuführen.
Der größte kostenverursachende Posten in dieser Kategorie ist die mehrjährige gezielte Überprüfung interner Modelle, das TRIM-Projekt. Im Berichtsjahr beliefen sich die Kosten für damit verbundene externe Leistungen auf 45,1 Mio € und lagen damit 10,9 Mio € unter dem ursprünglichen Haushaltsansatz. Das Projekt soll 2019 abgeschlossen werden. Nähere Informationen hierzu sind in Abschnitt 1.5 zu finden.
Neben dem TRIM-Projekt umfassten die sonstigen betrieblichen Aufwendungen im Jahr 2017 externe Unterstützungsleistungen für die Durchführung der „regulären“ Aufgaben im Zusammenhang mit Vor-Ort-Prüfungen, die Vorbereitung auf die Änderungen an IFRS 9 (Finanzinstrumente) und die Vorbereitungen für den Brexit. Erläuterungen zu diesen Themen enthalten die Kapitel 1 und 3.
Aufwendungen im Jahr 2017 nach Aufsichtsaufgaben
Die der EZB entstehenden Kosten werden nach zwei Ansätzen untergliedert: a) „für was“ – hier werden die vorstehend genannten Ausgabenkategorien Gehälter und Leistungen, Miete und Gebäudebewirtschaftung sowie sonstige betriebliche Aufwendungen ausgewiesen – und b) „wofür“ – hier erfolgt eine Klassifizierung nach aufgabenbasierten Funktionen. Anhand dieser Klassifizierung legt die EZB auch fest, welcher Teil der jährlichen Kosten durch jährliche Aufsichtsgebühren von den beaufsichtigten Instituten einzuziehen ist. Die Festlegung richtet sich danach, ob das jeweilige Institut als bedeutend oder weniger bedeutend eingestuft wurde.
Die Aufsichtsaufgaben der EZB werden auf Basis der Haupttätigkeitsbereiche wie folgt unterteilt:
- direkte Aufsicht über bedeutende Banken oder Bankengruppen
- Überwachung der Aufsicht (indirekte Aufsicht) über weniger bedeutende Banken oder Bankengruppen
- Ausübung von Querschnitts- und Expertenaufgaben
Die Aufteilung erfolgt auf Basis der Kosten, die den für die jeweiligen Aufsichtstätigkeiten zuständigen Geschäftsbereichen der EZB entstehen. Die Kostenkategorie „direkte Aufsicht über bedeutende Banken oder Bankengruppen“ setzt sich im Wesentlichen aus den Kosten für JSTs und Vor-Ort-Prüfungen zusammen. Ebenfalls enthalten sind die Kosten für das TRIM-Projekt. Die Überwachung der Aufsicht über weniger bedeutende Banken oder Bankengruppen umfasst Überwachungstätigkeiten und Genehmigungsaufgaben. Querschnitts- und Expertenaufgaben sind insbesondere Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit dem Sekretariat des Aufsichtsgremiums, makroprudenziellen Aufgaben, der Aufsichtspolitik, statistischen Diensten und speziellen Rechtsdiensten anfallen.
Die in Artikel 8 der Gebührenverordnung definierte Methodik für die Unterteilung der jährlichen Aufsichtsgebühren sieht eine proportionale Allokation der mit den Querschnitts- und Expertenaufgaben verbundenen Kosten vor. Grundlage hierfür sind jeweils die Gesamtkosten für die Aufsicht über bedeutende beaufsichtigte Banken und für die Überwachung der Aufsicht über weniger bedeutende beaufsichtigte Banken.
Die Kosten für die von den Supportbereichen der EZB erbrachten gemeinsamen Dienste sind in den nachstehenden Kategorien ebenfalls enthalten.
Tabelle 8
Kosten für die Aufsichtsaufgaben der EZB nach Funktionen (2015-2017)
6.2 Gebührenrahmen 2017
Zusammen mit der SSM-Verordnung bildet die Gebührenverordnung den Rechtsrahmen für die jährliche Aufsichtsgebühr, die die EZB für Aufwendungen im Zusammenhang mit ihren Aufsichtsaufgaben erhebt. In der Verordnung über Aufsichtsgebühren sind die Methoden festgelegt für:
- die Festsetzung des Gesamtbetrags der jährlichen Aufsichtsgebühr
- die Berechnung des von jedem beaufsichtigten Institut zu entrichtenden Betrags
- die Einziehung der jährlichen Aufsichtsgebühr
Aktuelle Informationen zur Überprüfung des EZB-Rahmens für Aufsichtsgebühren
Im Jahr 2017 leitete die EZB eine Überprüfung ihres Rahmens für Aufsichtsgebühren ein. Die Überprüfung konzentriert sich auf die Methoden und Kriterien zur Berechnung der jährlichen Aufsichtsgebühr, die bei der jeweiligen beaufsichtigten Bank bzw. Gruppe erhoben wird. Betroffen sind insbesondere diejenigen Bestimmungen der Gebührenverordnung, die bei der Festlegung der Methodik zur Berechnung, Allokation und Erhebung der jährlichen Aufsichtsgebühr eine wesentlichen Rolle spielen, d. h. Teil III (Festsetzung der jährlichen Aufsichtsgebühr) und Teil V (Rechnungsstellung) der Gebührenverordnung. Die Deckung der Ausgaben, die der EZB durch die Ausübung ihrer aufsichtsbezogenen Aufgaben entstehen, ist in Artikel 30 der SSM-Verordnung geregelt und daher nicht Bestandteil der Überprüfung.
Vom 2. Juni bis zum 20. Juli 2017 führte die EZB ein öffentliches Konsultationsverfahren zur Überprüfung des Rahmens für Aufsichtsgebühren durch, im Zuge dessen insgesamt 13 Antworten – hauptsächlich von Bankenverbänden – eingingen. Demgegenüber waren es 2014, als der Rahmen eingerichtet wurde, 31 Antworten. Die Konsultation der NCAs erfolgte über das Aufsichtsgremium.
Zwar steht das Ergebnis der Überprüfung noch nicht fest, doch deutet eine vorläufige Auswertung der Kommentare darauf hin, dass die zentralen Bestimmungen und Grundsätze des Rahmens auf große Akzeptanz stoßen. In den Antworten wurden überwiegend zusätzliche Erläuterungen zu bestimmten Bestandteilen des Gebührenrahmens bzw. prozessbezogene Verbesserungen wie eine Verschlankung des Erhebungsverfahrens für statistische Daten (Gebührenfaktor) angeregt. Die EZB konnte – wo dies möglich war – bei der Umsetzung der eingegangenen Kommentare bereits im Berichtsjahr schnelle Erfolge präsentieren, z. B. durch inhaltliche Verbesserungen ihrer Website.
Das Ergebnis der Überprüfung wird die EZB-Bankenaufsicht in der zweiten Jahreshälfte 2018 auf ihrer Website veröffentlichen.
Insgesamt erhobener Betrag
EZB erhob Aufsichtsgebühren in Höhe von 425 Mio €
Im Jahr 2017 erhob die EZB insgesamt Gebühren in Höhe von 425,0 Mio € für Ausgaben im Zusammenhang mit ihren Aufsichtsaufgaben. Dieser Betrag errechnet sich aus den geschätzten Ausgaben für das Gesamtjahr in Höhe von 464,7 Mio €, bereinigt um: a) den aus dem Gebührenzeitraum 2016 übertragenen Überschuss von 41,1 Mio € und b) einzelnen Banken zurückerstattete Beträge in Höhe von 1,4 Mio € für vorherige Gebührenzeiträume.
Der durch jährliche Aufsichtsgebühren einzuziehende Betrag gliedert sich in zwei Bestandteile. Diese Aufgliederung richtet sich nach dem Status der beaufsichtigten Institute als bedeutend oder weniger bedeutend und spiegelt damit den unterschiedlichen Grad der Beaufsichtigung durch die EZB wider.
Tabelle 9
Gesamteinnahmen im Zusammenhang mit bankenaufsichtlichen Aufgaben
Wie in Abschnitt 6.1 erläutert, ergibt sich aus den tatsächlich entstandenen Kosten für die Bankenaufsicht im Jahr 2017 und dem im gleichen Zeitraum erhobenen Betrag ein Nettoüberschuss von 27,9 Mio €. Die Aufteilung der Ausgaben auf die Kategorien SIs und LSIs erfolgt anhand des bei den entsprechenden Funktionen im Berichtsjahr entstandenen Kostenanteils. Da die tatsächlichen Kosten für die direkte Aufsicht über SIs niedriger ausfielen als veranschlagt, haben sich die Ausgaben für Querschnittsaufgaben stärker auf die Kategorie der LSIs verlagert. In dem Beschluss vom April 2017 wurde erwartet, dass 92 % der Ausgaben auf bedeutende beaufsichtigte Banken und 8 % auf weniger bedeutende beaufsichtigte Banken entfallen würden. Die tatsächliche Quote, basierend auf den tatsächlich entstandenen Ausgaben, liegt bei 91 % bzw. 9 % . Daraus ergibt sich ein Defizit in dem 2017 bei den LSIs erhobenen Gesamtbetrag, sodass auf die LSIs zusätzlich zu den Gebühren für 2018 noch Zahlungen von insgesamt 2,3 Mio € zukommen. Ungeachtet dieser Anpassung lag die auf LSIs entfallende Gebühr im Berichtsjahr mit 39,3 Mio € unter der Gebühr des Vorjahrs (43,7 Mio €).
Individuelle Aufsichtsgebühren
Auf Bankebene werden die Gebühren auf Basis der Bedeutung und des Risikoprofils der einzelnen Institute errechnet. Dabei werden jährliche Gebührenfaktoren zugrunde gelegt, die von allen beaufsichtigten Banken mit Stichtag 31. Dezember des Vorjahrs gemeldet werden. Die je Bank errechnete Aufsichtsgebühr wird dann über jährliche Zahlungen erhoben, die im letzten Quartal des jeweiligen Geschäftsjahrs zu entrichten sind.
Im Oktober 2017 wurden – zeitlich abgestimmt auf die Versendung der jährlichen Gebührenbescheide – die Seiten des Internetauftritts zu den Aufsichtsgebühren erweitert, um den im Zuge der öffentlichen Konsultation zum Rahmen für die Aufsichtsgebühren eingegangenen Kommentaren Rechnung zu tragen. Unter anderem gibt es einen verbesserten Bereich „Schätzen Sie Ihre Gebühr“. Dank der zusätzlich zur Verfügung gestellten Daten und Beispiele können die beaufsichtigten Banken und Bankengruppen ihre eigene Aufsichtsgebühr nun besser abschätzen.
Die Aufsichtsgebühr wird auf der obersten Konsolidierungsebene innerhalb der am SSM teilnehmenden Mitgliedstaaten berechnet. Sie setzt sich aus einer variablen Gebührenkomponente und einer Mindestgebühr zusammen. Letztere gilt einheitlich für alle Banken und deckt 10 % des zu erhebenden Gesamtbetrags.[95]
Abbildung 8
Berechnung der variablen Gebührenkomponente auf Basis der Bedeutung und des Risikoprofils der einzelnen Institute
Laut Artikel 7 der Gebührenverordnung ist die Aufsichtsgebühr bei folgenden Änderungen in Bezug auf ein Einzelinstitut anzupassen: a) der Status des beaufsichtigten Instituts ändert sich, d. h., das Institut wird statt als bedeutend nun als weniger bedeutend eingestuft oder umgekehrt, b) ein neues beaufsichtigtes Institut wird zugelassen oder c) eine bestehende Zulassung wird entzogen. Änderungen in Bezug auf vorangegangene Gebührenzeiträume, die bis April 2017 – also bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung über die Gesamthöhe der im Berichtsjahr zu erhebenden Gebühren getroffen wurde – zu neuen EZB-Beschlüssen hinsichtlich der Aufsichtsgebühr führten, beliefen sich auf 1,4 Mio €. Dieser Betrag wurde Anfang 2017 zurückerstattet und bei der Ermittlung des im April 2017 genehmigten Gesamtgebührenbetrags berücksichtigt. Danach wurden darüber hinausgehende Änderungen der erhobenen individuellen Aufsichtsgebühren ermittelt, die eine weitere Nettorückerstattung von 0,3 Mio € zur Folge hatten. Dieser Betrag wird bei der Berechnung des im Jahr 2018 bei den beaufsichtigten Instituten zu erhebenden Gesamtbetrags berücksichtigt werden.
Weitere Informationen zu den Aufsichtsgebühren finden sich auf der Website der EZB zur Bankenaufsicht. Die entsprechenden Seiten werden regelmäßig überarbeitet und um nützliche und praktische Informationen ergänzt, die in allen EU-Amtssprachen veröffentlicht werden.
Sonstige Einnahmen im Zusammenhang mit bankenaufsichtlichen Aufgaben
Die EZB ist befugt, Verwaltungsgeldbußen gegen beaufsichtigte Institute zu verhängen, wenn diese ihren Verpflichtungen gemäß dem EU-Bankenaufsichtsrecht nicht nachkommen. Hierzu zählen auch die Aufsichtsbeschlüsse der EZB. Die damit verbundenen Einnahmen werden bei der Berechnung der jährlichen Aufsichtsgebühren nicht berücksichtigt. Die Gebührenverordnung der EZB stellt sicher, dass weder gegenüber Dritten zu leistende Schadenersatzzahlungen noch von SIs an die EZB zu entrichtende Verwaltungsgeldbußen (Sanktionen) die Höhe der Aufsichtsgebühr beeinflussen. In der Gewinn- und Verlustrechnung der EZB werden die gegen SIs verhängten Verwaltungsgeldbußen als Einnahmen ausgewiesen.
Im Jahr 2017 fasste die EZB drei Sanktionsbeschlüsse, mit denen sie fünf Geldstrafen in Höhe von insgesamt 15,3 Mio € verhängte. Davon können 11,2 Mio € möglicherweise nicht eingenommen werden, da dem Institut, gegen das die Geldbuße verhängt wurde, die Bankzulassung entzogen wurde und sich das Institut derzeit in der Abwicklung befindet. Dem Vorsichtsprinzip entsprechend wurde zum Jahresende eine Rückstellung in Höhe des gesamten Forderungsbetrags gebildet.
Nähere Angaben zu den Maßnahmen und Sanktionen sind in Abschnitt 4.2 dieses Berichts zu finden.
7 Von der EZB erlassene Rechtsinstrumente
In der nachstehenden Übersicht sind die Rechtsinstrumente aufgeführt, die 2017 in Bezug auf die Bankenaufsicht von der EZB erlassen und im Amtsblatt der Europäischen Union bzw. auf der Website der EZB veröffentlicht wurden. Berücksichtigt werden Rechtsinstrumente, die gemäß Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 erlassen wurden, sowie andere relevante Rechtsinstrumente.
7.1 EZB-Verordnungen
EZB/2017/25
Verordnung (EU) 2017/1538 der Europäischen Zentralbank vom 25. August 2017 zur Änderung der Verordnung (EU) 2015/534 über die Meldung aufsichtlicher Finanzinformationen (ABl. L 240 vom 19.9.2017, S. 1)
EZB/2017/26
Verordnung (EU) 2017/1539 der Europäischen Zentralbank vom 25. August 2017 zur Festlegung des Geltungsbeginns der Verordnung (EU) 2017/1538 zur Änderung der Verordnung (EU) 2015/534 über die Meldung aufsichtlicher Finanzinformationen (EZB/2017/25) für weniger bedeutende beaufsichtigte Unternehmen, die nationalen Rechnungslegungsrahmen unterliegen (ABl. L 240 vom 19.9.2017, S. 212)
7.2 EZB-Rechtsinstrumente (ohne Verordnungen)
EZB/2017/6
Beschluss (EU) 2017/274 der Europäischen Zentralbank vom 10. Februar 2017 zur Festlegung der Verfahrensgrundsätze zur Leistungsbeurteilung von Unterkoordinatoren der nationalen zuständigen Behörden und zur Aufhebung des Beschlusses (EU) 2016/3 (ABl. L 40 vom 17.2.2017, S. 72)
EZB/2017/9
Leitlinie (EU) 2017/697 der Europäischen Zentralbank vom 4. April 2017 über die Nutzung der im Unionsrecht eröffneten Optionen und Ermessensspielräume durch die nationalen zuständigen Behörden bei weniger bedeutenden Instituten (ABl. L 101 vom 13.4.2017, S. 156)
EZB/2017/10
Empfehlung der Europäischen Zentralbank vom 4. April 2017 zu einheitlichen Kriterien für die Nutzung einiger im Unionsrecht eröffneter Optionen und Ermessensspielräume durch die nationalen zuständigen Behörden bei weniger bedeutenden Instituten (ABl. C 120 vom 13.4.2017, S. 2)
EZB/2017/11
Beschluss (EU) 2017/760 der Europäischen Zentralbank vom 24. April 2017 über den Gesamtbetrag der jährlichen Aufsichtsgebühren für 2017 (ABl. L 113 vom 29.4.2017, S. 52)
EZB/2016/40
Beschluss (EU) 2017/933 der Europäischen Zentralbank vom 16. November 2016 über einen allgemeinen Rahmen für die Übertragung von Entscheidungsbefugnissen in Bezug auf Rechtsinstrumente im Zusammenhang mit Aufsichtsaufgaben (ABl. L 141 vom 1.6.2017, S. 14)
EZB/2016/41
Beschluss (EU) 2017/934 der Europäischen Zentralbank vom 16. November 2016 über die Übertragung von Beschlüssen über die Bedeutung der beaufsichtigten Unternehmen (ABl. L 141 vom 1.6.2017, S. 18)
EZB/2016/42
Beschluss (EU) 2017/935 der Europäischen Zentralbank vom 16. November 2016 zur Übertragung der Befugnis zum Erlass von Beschlüssen über die Eignungsprüfung und zur Prüfung der Eignungsanforderungen (ABl. L 141 vom 1.6.2017, S. 21)
EZB/2017/16
Beschluss (EU) 2017/936 der Europäischen Zentralbank vom 23. Mai 2017 zur Ernennung von Leitern von Arbeitseinheiten für den Erlass von delegierten Beschlüssen über die Eignungsprüfung (ABl. L 141 vom 1.6.2017, S. 26)
EZB/2017/17Beschluss (EU) 2017/937 der Europäischen Zentralbank vom 23. Mai 2017 zur Ernennung von Leitern von Arbeitseinheiten für den Erlass von delegierten Beschlüssen über die Bedeutung der beaufsichtigten Unternehmen (ABl. L 141 vom 1.6.2017, S. 28)
EZB/2017/21Beschluss (EU) 2017/1198 der Europäischen Zentralbank vom 27. Juni 2017 zur Meldung von Finanzierungsplänen von Kreditinstituten durch die nationalen zuständigen Behörden an die Europäische Zentralbank (ABl. L 172 vom 5.7.2017, S. 32)
ECB/2017/23Beschluss (EU) 2017/1493 der Europäischen Zentralbank vom 3. August 2017 zur Änderung des Beschlusses EZB/2014/29 über die Lieferung der aufsichtlichen Daten an die Europäische Zentralbank, die von den beaufsichtigten Unternehmen gemäß der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 680/2014 der Kommission den nationalen zuständigen Behörden gemeldet werden (ABl. L 216 vom 22.8.2017, S. 23)
8 Der europäische Bankensektor in Zahlen
Website der EZB-Bankenaufsicht um Angaben zu den wichtigsten Entwicklungen bei den Verschuldungs- und Liquiditätsindikatoren erweitert
Seit Dezember 2016 veröffentlicht die EZB auf ihrer Website zur Bankenaufsicht aggregierte Daten zur Bilanzstruktur, Ertragskraft, Solvenz und zum Kreditrisiko der bedeutenden Institute. Der Umfang der veröffentlichten Daten wurde im Jahr 2017 um Informationen zu Verschuldungs- und Liquiditätsdeckungsquoten erweitert. Diese Statistiken der Bankenaufsicht werden vierteljährlich veröffentlicht und sind geografisch bzw. nach Einstufung der Bank aufgeschlüsselt.
Nachfolgend werden einige wichtige Statistiken für den Berichtszeitraum dargestellt. Die Auswahl der Banken weist für die verschiedenen Referenzzeiträume eine unterschiedliche Zusammensetzung auf, da sich Änderungen an der Liste der bedeutenden Institute ergeben haben.
Bei Betrachtung der obersten Konsolidierungsebene ist über die letzten Berichtszeiträume hinweg ein Trend zu höheren Eigenkapitalquoten zu erkennen (siehe Tabelle 10). Nach 17,18 % im entsprechenden Vorjahrsquartal stieg die Gesamtkapitalquote im dritten Quartal 2017 auf 17,98 % an. Ähnliche Zuwächse sind bei der Quote des harten Kernkapitals (CET1-Quote) und der Kernkapitalquote (Tier‑1‑Quote) zu beobachten. Die Verschuldungsquote hat sich sowohl auf Basis der Übergangsdefinition als auch auf Basis der Definition nach vollständiger Umsetzung der neuen Bestimmungen geringfügig verbessert. Die Liquiditätsdeckungsquote erhöhte sich im dritten Quartal 2017 auf 140,27 % nach 137,64 % vor Jahresfrist.
Tabelle 10
Gesamtkapitalquote und deren Komponenten, Verschuldungs- und Liquiditätsdeckungsquote nach Referenzzeitraum
Aktiva-Qualität verbessert
Die Aktiva-Qualität der Banken hat sich ebenfalls verbessert. Der Anteil notleidender Kredite verzeichnete einen stetigen Rückgang von 6,49 % im dritten Quartal 2016 auf 5,15 % im dritten Jahresviertel 2017 (siehe Grafik 13).
Grafik 13
Aktiva-Qualität: notleidende Kredite nach Referenzzeitraum
Bilanzstruktur bleibt stabil (bei sich verändernder Stichprobengröße)
Die gesamten Aktiva und Passiva der Banken (siehe Grafik 14 und 15) geben die entsprechenden Daten der (sich verändernden) Stichprobe ausgewählter Institute zu bestimmten Zeitpunkten wieder. Vor diesem Hintergrund sind die wichtigsten Bilanzpositionen im Zeitverlauf weitgehend stabil geblieben, wobei die Zusammensetzung der Aktiva eine steigende Tendenz bei der Position „Bargeld, Barguthaben bei Zentralbanken sowie sonstige Sichteinlagen“ und eine rückläufige Tendenz bei den Positionen „Schuldverschreibungen“ und „Derivate“ zeigt. Bei der Zusammensetzung der Passiva ist ein Abwärtstrend bei „Derivaten“ und „begebenen Schuldverschreibungen“ sowie ein leichter Anstieg bei den „Einlagen“ erkennbar.
Grafik 14
Zusammensetzung der Aktiva nach Referenzzeitraum
Grafik 15
Zusammensetzung der Passiva nach Referenzzeitraum
9 Glossar
Aufsichtlicher Überprüfungs- und Bewertungsprozess (supervisory review and evaluation process – SREP): Der SREP dient der Regelung der aufsichtlichen Prüfung bedeutender und weniger bedeutender Kreditinstitute und der Feststellung, ob mögliche zusätzliche Anforderungen (über die Mindestanforderungen hinaus) im Hinblick auf Eigenmittel, Offenlegung oder Liquidität gestellt oder sonstige Aufsichtsmaßnahmen ergriffen werden sollten.
Ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend (failing or likely to fail – FOLTF): Es gibt vier Gründe, warum eine Bank als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend eingestuft werden kann: a) Sie erfüllt nicht mehr die Zulassungsanforderungen der Aufsichtsbehörden, b) die Höhe ihrer Passiva übersteigt die der Aktiva, c) sie ist nicht in der Lage, ihre Schulden bei Fälligkeit zu begleichen, d) sie benötigt außerordentliche finanzielle Unterstützung aus öffentlichen Mitteln. Zum Zeitpunkt der Feststellung, dass eine Bank ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend ist, muss eine dieser Bedingungen gegeben oder wahrscheinlich gegeben sein.
Ausschüttungsfähiger Höchstbetrag (maximum distributable amount – MDA): Wenn eine Bank die kombinierte Kapitalpufferanforderung nicht erfüllt, führt dies zu einer obligatorischen automatischen Begrenzung der Ausschüttungen (z. B. Dividenden, Kuponzahlungen auf Instrumente des zusätzlichen Kernkapitals, freiwillige Bonuszahlungen) auf den ausschüttungsfähigen Höchstbetrag (MDA). Zur Berechnung des MDA wird der ausschüttungsfähige Gewinn mit einem Faktor zwischen 0,6 und 0 multipliziert – je nachdem, wie stark das harte Kernkapital die kombinierte Kapitalpufferanforderung unterschreitet.
Bankenunion (banking union): Die Bankenunion ist einer der Bausteine zur Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion. Sie besteht aus einem integrierten Finanzrahmen mit einem Einheitlichen Aufsichtsmechanismus, einem Einheitlichen Abwicklungsmechanismus und einem einheitlichen Regelwerk, unter anderem für harmonisierte Einlagensicherungssysteme, die sich zu einem gemeinsamen europäischen Einlagensicherungssystem entwickeln könnten.
Basel III: Das Basel-III-Regelwerk ist ein umfangreiches Reformpaket des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht, das als Reaktion auf die 2008 ausgebrochene Finanzkrise entwickelt wurde. Aufbauend auf den Basel-II-Vorschriften soll es die Regulierung und Aufsicht des Bankensektors stärken und dessen Risikomanagement auf ein solides Fundament stellen. Die Maßnahmen zielen darauf ab, die Widerstandsfähigkeit des Bankensektors gegenüber Schocks aus Stresssituationen im Finanzsektor und in der Wirtschaft zu erhöhen, das Risikomanagement und die Unternehmensführung von Banken zu verbessern und eine größere Transparenz und vermehrte Offenlegung herbeizuführen.
Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (Basel Committee on Banking Supervision – BCBS): Der Basler Ausschuss ist die weltweit wichtigste normgebende Instanz für die Bankenregulierung und ein Forum für die Zusammenarbeit in Fragen der Bankenaufsicht. Sein Mandat ist es, die Bankenaufsicht mit Blick auf die Regelungen, Verfahren und Bankpraktiken weltweit zu stärken und dadurch die Finanzstabilität zu fördern. Zu seinen Mitgliedern zählen Instanzen mit direkten Bankenaufsichtsbefugnissen sowie Zentralbanken.
Bedeutendes Institut (significant institution – SI): Die Kriterien, anhand deren festgestellt wird, ob ein Institut bedeutend ist und somit unter die direkte Aufsicht der EZB fällt, sind in der SSM-Verordnung und der SSM-Rahmenverordnung festgelegt. Ein Institut wird als bedeutend eingestuft, wenn es mindestens eines der dort genannten Kriterien erfüllt. Dessen ungeachtet kann der SSM ein Institut als bedeutend einstufen, um die einheitliche Anwendung hoher Aufsichtsstandards zu gewährleisten. Die EZB beaufsichtigt derzeit insgesamt 118 bedeutende Bankengruppen direkt.
Comprehensive Assessment: Bevor die EZB die direkte Aufsicht über ein Kreditinstitut übernimmt, muss sie eine Überprüfung der finanziellen Solidität des Instituts durchführen. Durch diese umfassende Bewertung soll sichergestellt werden, dass Banken eine adäquate Kapitalausstattung aufweisen und möglichen finanziellen Schocks standhalten können. Sie besteht aus einer Prüfung der Aktiva-Qualität und einem Stresstest.
CRR/CRD IV: Eigenkapitalverordnung und Eigenkapitalrichtlinie: Verordnung (EU) Nr. 575/2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen (CRR) und Richtlinie 2013/36/EU über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen (CRD IV). Oft werden beide auch gemeinsam als CRD IV bezeichnet.
Eignungsprüfung (fit and proper assessment): Die Aufsichtsbehörden beurteilen die fachliche Qualifikation und persönliche Zuverlässigkeit von Kandidaten für Positionen in Leitungsorganen von Kreditinstituten. Die Eignungsprüfungen für die 118 größten Banken des Euroraums fallen in den Zuständigkeitsbereich der EZB, während die diesbezüglichen Entscheidungen für die weniger bedeutenden Institute den nationalen Aufsichtsbehörden obliegen, es sei denn, es handelt sich um neu zugelassene Institute.
Einheitlicher Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism – SSM): Der SSM umfasst die EZB und die NCAs in den teilnehmenden Mitgliedstaaten und dient der Wahrnehmung der auf die EZB übertragenen Aufsichtsaufgaben. Die EZB ist für die wirksame und einheitliche Funktionsweise dieses Mechanismus zuständig, der Bestandteil der europäischen Bankenunion ist.
Europäische Bankenaufsichtsbehörde (European Banking Authority – EBA): Die EBA ist eine unabhängige EU-Behörde, die am 1. Januar 2011 als Bestandteil des Europäischen Finanzaufsichtssystems mit dem Auftrag geschaffen wurde, ein wirksames und einheitliches Maß an Regulierung und Beaufsichtigung im EU-Bankensektor zu gewährleisten. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, das einheitliche europäische Regelwerk für das Bankenwesen zu erarbeiten, mit dem ein einziges Paket harmonisierter aufsichtlicher Regeln für die gesamte EU zur Verfügung gestellt werden soll.
Finanzstabilitätsrat (Financial Stability Board – FSB): Dieses auf internationaler Ebene tätige Gremium zur Förderung der weltweiten Finanzstabilität koordiniert die Bemühungen der nationalen Finanzaufsichtsbehörden und internationalen Normierungsgremien zur Entwicklung robuster Regulierungs- und Aufsichtsstandards sowie anderer den Finanzsektor betreffender Maßnahmen. Der FSB setzt sich für eine sektor- und länderübergreifend einheitliche Umsetzung dieser Standards ein und stärkt dadurch die Ausgewogenheit der aufsichtlichen Rahmenbedingungen.
Gemeinsames Aufsichtsteam (Joint Supervisory Team – JST): Ein JST ist ein Team von Aufsehern der EZB und der NCAs, die mit der Aufsicht eines bedeutenden beaufsichtigten Unternehmens oder einer bedeutenden beaufsichtigten Gruppe betraut sind.
Internes Modell (internal model): Interne Modelle sind kreditinstitutseigene Ansätze zur Risikomessung oder -steuerung, die bei der Berechnung der Eigenmittelanforderungen herangezogen werden. Ihre Verwendung bedarf gemäß Teil 3 der CRR der vorherigen Genehmigung der zuständigen Behörden.
Level-1-, Level-2- und Level-3-Aktiva: Diese drei Aktiva-Kategorien unterscheiden sich durch die Informationen, die ihrer Bewertung zugrunde liegen. Level-1-Aktiva werden an aktiven Märkten gehandelt, und ihre Bewertung erfolgt beispielsweise anhand von Börsennotierungen. Level-2-Aktiva werden an inaktiven Märkten gehandelt, sodass die Bewertung anhand anderer Bestimmungsgrößen erfolgen muss, die direkt oder indirekt beobachtbar sein sollten. Level-3-Aktiva werden an Märkten mit keiner oder sehr geringer Aktivität gehandelt. Dementsprechend liegen für ihre Bewertung keine beobachtbaren Daten vor, und sie müssen anhand der bestmöglichen verfügbaren Informationen zu den Annahmen bewertet werden, die die Marktteilnehmer bei der Bepreisung zugrunde legen würden.
Mindestanforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten (minimum requirement for own funds and eligible liabilities – MREL): Diese EU-weit geltenden Anforderungen sollen die Verlustabsorptionsfähigkeit der Kreditinstitute bei einem Ausfall sicherstellen. Die MREL wurden von der Europäischen Kommission in der Sanierungs- und Abwicklungsrichtlinie (BRRD) verankert und verfolgen dasselbe Ziel wie die TLAC-Anforderungen, wobei die MREL-Kapitalanforderungen jedoch anders berechnet werden (anhand von Kriterien der EBA).
Nationale zuständige Behörde (national competent authority – NCA): Hierbei handelt es sich um eine nach nationalem Recht anerkannte Behörde oder Stelle, die nach nationalem Recht als Teil des im betreffenden Mitgliedstaat vorhandenen Aufsichtssystems zur Beaufsichtigung von Instituten befugt ist.
Notleidende Kredite (non-performing loans – NPLs): Gemäß Anhang V Absatz 145 der technischen Durchführungsstandards der EBA für die aufsichtlichen Meldungen gelten Kreditpositionen als notleidend, wenn mindestens eines der nachfolgenden Kriterien erfüllt ist: a) Es handelt sich um wesentliche Risikopositionen, die mehr als 90 Tage überfällig sind, oder b) es wird als unwahrscheinlich angesehen, dass der Schuldner seine Verbindlichkeiten – ohne Verwertung von Sicherheiten – in voller Höhe begleichen wird, unabhängig davon, ob bereits Zahlungen überfällig sind, und unabhängig von der Anzahl der Tage des etwaigen Zahlungsverzugs.
Optionen und Ermessensspielräume (options and national discretions): Optionen sind Bestimmungen im EU-Recht, die den zuständigen Behörden bzw. Mitgliedstaaten das Recht einräumen, zwischen mehreren Möglichkeiten der Erfüllung auszuwählen. Ermessensspielräume sind Bestimmungen im EU-Bankenrecht, über deren Anwendung oder Nichtanwendung die Mitgliedstaaten bzw. zuständigen Behörden selbst entscheiden können.
Qualifizierte Beteiligung (qualifying holding): Eine qualifizierte Beteiligung ist eine Beteiligung an einem Kreditinstitut, die 10 % oder mehr des Kapitals oder der Stimmrechte des Unternehmens ausmacht oder eine andere Möglichkeit der maßgeblichen Einflussnahme auf die Geschäftsführung dieses Kreditinstituts verschafft.
SSM-Rahmenverordnung (SSM Framework Regulation): Die SSM-Rahmenverordnung liefert den Rechtsrahmen für die praktische Zusammenarbeit zwischen der EZB und den nationalen zuständigen Behörden im Einheitlichen Aufsichtsmechanismus gemäß den Vorgaben der SSM-Verordnung.
SSM-Verordnung (SSM Regulation): Die SSM-Verordnung ist der Rechtsakt zur Errichtung des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus für Kreditinstitute im Euro-Währungsgebiet und gegebenenfalls in anderen EU-Mitgliedstaaten als einer der wichtigsten Bausteine der europäischen Bankenunion. Die SSM-Verordnung überträgt der EZB spezifische Aufgaben zur Wahrnehmung der Aufsicht über Kreditinstitute.
Verfahren der impliziten Zustimmung (non-objection procedure): Dieses Verfahren ist in der SSM-Verordnung als standardmäßiges Entscheidungsverfahren für die Aufsichtstätigkeiten der EZB vorgesehen. Dabei werden Beschlussentwürfe vom Aufsichtsgremium genehmigt und anschließend dem EZB-Rat zur Verabschiedung vorgelegt. Beschlüsse gelten als angenommen, sofern der EZB-Rat nicht innerhalb eines vorgegebenen, höchstens zehn Arbeitstage umfassenden Zeitraums Widerspruch erhebt.
Verfahren für den Europäischen Pass (passporting procedures): Dieses Verfahren regelt die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr in einem Mitgliedstaat in Bezug auf Kreditinstitute, die über eine Zulassung der zuständigen Behörden eines anderen Mitgliedstaats verfügen und von diesen beaufsichtigt werden, soweit die betreffenden Tätigkeiten durch die Zulassung abgedeckt sind (gemäß Artikel 33 bis 46 der CRD IV).
Weniger bedeutendes Institut (less significant institution – LSI): Im Gegensatz zu den bedeutenden Instituten, die der direkten Aufsicht durch die EZB unterstehen, werden die weniger bedeutenden Institute von den nationalen zuständigen Behörden (NCAs) beaufsichtigt.
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ISSN 2443-5813 (html) DOI 10.2866/14501 (html)
ISSN 2443-5813 (pdf) DOI 10.2866/966975 (pdf)
ISBN 978-92-899-3150-2 (html) EU-Katalognummer QB-BU-18-001-DE-Q (html)
ISBN 978-92-899-3178-6 (pdf) EU-Katalognummer QB-BU-18-001-DE-N (pdf)
- Dazu zählen die Verbesserung der Effizienz der Sekundärmärkte für notleidende Aktiva und der Mechanismen für die Sicherheitenverwertung sowie die Harmonisierung von Insolvenz- und Restrukturierungsrahmen.
- Andere Risiken wie etwa das Marktrisiko blieben bei der Analyse unberücksichtigt.
- Veränderungen des wirtschaftlichen Werts des Eigenkapitals (economic value of equity) spiegeln die Auswirkung von Zinsänderungen auf den Wert des Anlagebuchs wider.
- Einzelheiten finden sich auf der Website zur EZB-Bankenaufsicht.
- Siehe EZB, Financial integration in Europe, Mai 2017.
- Die Statistiken der EZB-Bankenaufsicht basieren auf Daten, die nach den technischen Durchführungsstandards für die aufsichtlichen Meldungen der Institute gemäß Durchführungsverordnung (EU) Nr. 680/2014 der Kommission zur Festlegung sowie Verordnung (EU) 2015/534 der Europäischen Zentralbank über die Meldung aufsichtlicher Finanzinformationen (EZB/2015/13) erhoben werden.
- Siehe EZB, Stocktake of national supervisory practices and legal frameworks related to NPLs, Juni 2017.
- Siehe EZB, Stocktake of national supervisory practices and legal frameworks related to NPLs, September 2016.
- Siehe EZB, Leitfaden für Banken zu notleidenden Krediten, März 2017.
- Siehe Anhang V der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 680/2014.
- Wie im NPL-Leitfaden dargelegt, definiert die EZB-Bankenaufsicht Banken mit hohem NPL-Bestand als solche, „deren NPL-Bestand deutlich über dem EU-Durchschnitt liegt.“
- Vierteljährliche Meldungen vom 31. Dezember 2016 bis 31. Dezember 2017.
- Die rechtliche Grundlage für die vierteljährliche NPL-Datenerhebung unter den Instituten mit hohen NPL-Quoten liefern Artikel 10 der SSM-Verordnung sowie Artikel 141 der SSM-Rahmenverordnung. Demnach kann die EZB von den in SSM-Mitgliedstaaten niedergelassenen Kreditinstituten die Vorlage sämtlicher Informationen verlangen, die sie für die Wahrnehmung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben benötigt, einschließlich der Informationen, die in regelmäßigen Abständen und in festgelegten Formaten zu Aufsichts- und entsprechenden Statistikzwecken zur Verfügung zu stellen sind. Die EZB übte ihre diesbezüglichen Befugnisse innerhalb der durch den in den ITS der EBA angestrebten Grundsatz der größtmöglichen Harmonisierung gesteckten Grenzen aus. Dieser Ansatz gewährt der EZB die erforderliche Flexibilität, um von den Banken die Daten zu erhalten, die sie zur Ausübung ihrer Aufsichtsaufgaben und für die regelmäßige Anpassung/Aktualisierung der Datenanforderungen benötigt, solange die Datenerhebung nicht den ITS der EBA untersteht.
- Siehe Verordnung (EU) 2017/2395 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2017 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in Bezug auf Übergangsbestimmungen zur Verringerung der Auswirkungen der Einführung des IFRS 9 auf die Eigenmittel und zur Behandlung von bestimmten auf die Landeswährung eines Mitgliedstaats lautenden Risikopositionen gegenüber dem öffentlichen Sektor als Großkredite (ABl. L 345 vom 27.12.2017, S. 27).
- Bei der Kalkulation dieses Effekts wurde berücksichtigt, dass am ersten Tag nach dem Übergang 95 % des Effekts, der sich aus der Anwendung des ECL-Modells ergibt, wieder dem harten Kernkapital zugerechnet werden. Der Effekt von Klassifizierung und Bewertung unterliegt keinen Übergangsregelungen.
- Siehe BCBS, Grundsätze für die effektive Aggregation von Risikodaten und die Risikoberichterstattung, Januar 2013.
- Die EBA hat dies erkannt und kürzlich eine Empfehlung für das Outsourcing an Cloud-Service-Anbieter veröffentlicht.
- Siehe Broschüre zur SREP-Methodik des SSM.
- Committee of European Banking Supervisors – Ausschuss der europäischen Bankenaufsichtsbehörden.
- Siehe CEBS Guidelines on Outsourcing, 14. Dezember 2006.
- Der Anteil der Kreditrisikoprüfungen stieg von 2016 bis 2017 um 8 Prozentpunkte. Der Schwerpunkt lag dabei zunehmend auf Kreditaktenprüfungen, die sehr zeitaufwendig sind. Bei solchen Prüfungen ist der Zeitaufwand für die Feldarbeit vor Ort etwa ein Drittel höher als im Gesamtdurchschnitt.
- Prozess von der Ernennung des Prüfungsleiters bis zur Übermittlung des Follow-up-Schreibens an die Bank.
- Eine Übersicht über die Initiativen zur Förderung eines einheitlichen Aufsichtsstandards für LSIs enthält das Dokument LSI supervision within the SSM.
- Weitere Einzelheiten finden sich in Abschnitt 2.4.1.
- Siehe Leitfaden zur Beurteilung von Anträgen auf Zulassung als FinTech-Kreditinstitut.
- Siehe Leitlinie (EU) 2017/697 der Europäischen Zentralbank vom 4. April 2017 über die Nutzung der im Unionsrecht eröffneten Optionen und Ermessensspielräume durch die nationalen zuständigen Behörden bei weniger bedeutenden Instituten (EZB/2017/9).
- Siehe Empfehlung der Europäischen Zentralbank vom 4. April 2017 zu einheitlichen Kriterien für die Nutzung einiger im Unionsrecht eröffneter Optionen und Ermessensspielräume durch die nationalen zuständigen Behörden bei weniger bedeutenden Instituten (EZB/2017/10).
- Siehe hierzu EZB-Jahresbericht zur Aufsichtstätigkeit 2015.
- Offizielle Meldungen zu den antizyklischen Kapitalpuffern gehen vierteljährlich ein, Meldungen zu den anderen systemrelevanten Instituten und global systemrelevanten Instituten hingegen in jährlichen Abständen. Zusätzlich haben einige nationale Behörden Meldungen zu sonstigen Maßnahmen abgegeben, beispielsweise Maßnahmen gemäß Artikel 458 der CRR. Dieser Artikel ermöglicht den Behörden, auf nationaler Ebene makroprudenzielle Maßnahmen einzuleiten, um Systemrisiken anzugehen, wenn andere Instrumente hierzu nicht in angemessener Form in der Lage sind (z. B. die in Artikel 124 und 164 genannten Risiken). Beispielsweise haben die belgischen und finnischen Behörden Maßnahmen zur Bewältigung von Risiken am Hypothekenmarkt ergriffen.
- Folgende global systemrelevante Institute wurden identifiziert (und müssen somit die Pufferanforderungen bis 2019 vollständig umsetzen): BNP Paribas (FR), Groupe Crédit Agricole (FR), Deutsche Bank (DE), ING Bank (NL), Banco Santander (ES), Société Générale (FR) und UniCredit Group (IT).
- Die Groupe BCPE (FR) wurde 2017 von der Liste gestrichen.
- Siehe Notice summarising the effects of the decision taken in respect of Banca Popolare di Vicenza S.p.A und Notice summarising the effects of the decision taken in respect of Veneto Banca S.p.A., veröffentlicht auf der Website des SRB.
- Siehe Gesetzesdekret Nr. 99 vom 25. Juni 2017, veröffentlicht im Amtsblatt der Italienischen Republik Nr. 146 vom 25. Juni 2017.
- Siehe Pressemitteilung der Europäischen Kommission, Staatliche Beihilfen: Kommission genehmigt Beihilfe für den Marktaustritt der Banca Popolare di Vicenza und der Veneto Banca gemäß dem italienischen Insolvenzrecht, einschließlich des Verkaufs einiger Teile an Intesa Sanpaolo.
- Insbesondere die EZB-Bankenaufsicht und der SRB sowie die nationalen Abwicklungsbehörden, NCAs und Zentralbanken.
- Siehe Artikel 29 Absatz 5 der SRMR und Artikel 83 Absatz 4 der BRRD.
- Siehe Pressemitteilung des SRB vom 23. Juni 2017.
- Siehe Pressemitteilung der EZB, EZB stuft Banco Popular Español S. A. als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend ein.
- Siehe Pressemitteilung der EZB, EZB stuft Veneto Banca und Banca Popolare di Vicenza als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend ein.
- Siehe Pressemitteilung des SRB vom 23. Juni 2017.
- Siehe Comunicato Stampa N° 109 del 23/6/2017.
- Siehe Beschluss der Europäischen Zentralbank vom 4. März 2004 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten der Europäischen Zentralbank (EZB/2004/3), ABl. L 80 vom 18.3.2004, S. 42, zuletzt geändert durch Beschluss EZB/2015/1 (ABl. L 84 vom 28.3.2015, S. 64).
- Siehe Artikel 27 der SSM-Verordnung in Verbindung mit Artikel 53 ff. der CRD IV.
- Die Effizienz der Verwaltung der EZB auf dem Gebiet des Krisenmanagements für Banken.
- Dieses Mandat besteht darin, die Effizienz der Verwaltung der EZB gemäß Artikel 27.2 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und Artikel 20 Absatz 7 der SSM-Verordnung zu bewerten.
- Siehe Delegierte Verordnung (EU) 2016/1075 der Kommission vom 23. März 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards, in denen der Inhalt von Sanierungsplänen, Abwicklungsplänen und Gruppenabwicklungsplänen, die Mindestkriterien, anhand deren die zuständige Behörde Sanierungs- und Gruppensanierungspläne zu bewerten hat, die Voraussetzungen für gruppeninterne finanzielle Unterstützung, die Anforderungen an die Unabhängigkeit der Bewerter, die vertragliche Anerkennung von Herabschreibungs- und Umwandlungsbefugnissen, die Verfahren und Inhalte von Mitteilungen und Aussetzungsbekanntmachungen und die konkrete Arbeitsweise der Abwicklungskollegien festgelegt wird (ABl. L 184 vom 8.7.2016, S. 1).
- Siehe EBA, Leitlinien zur Mindestliste der qualitativen und quantitativen Indikatoren des Sanierungsplans (EBA/GL/2015/02) und EBA, Leitlinien über die bei Sanierungsplänen zugrunde zu legende Bandbreite an Szenarien (EBA/GL/2014/06).
- Siehe EBA, Leitlinien zu gemeinsamen Verfahren und Methoden für den aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozess (SREP) (EBA/GL/2014/13).
- Gemäß Artikel 8 Absatz 2 der BRRD bemühen sich die konsolidierende Aufsichtsbehörde und die zuständigen Behörden der Tochterunternehmen, eine gemeinsame Entscheidung zu treffen über – unter anderem – die Bewertung des Gruppensanierungsplans.
- Das MoU soll die Zusammenarbeit zwischen der EZB-Bankenaufsicht und den skandinavischen Aufsichtsbehörden (sowie dieser untereinander) in Bezug auf bedeutende Zweigstellen sowohl innerhalb als auch außerhalb des Euroraums erleichtern. Es betrifft somit nicht nur die Institute im Eurogebiet, sondern einen breiteren Kreis von Banken, die unter der Aufsicht der dortigen Behörden stehen. Neben bankenaufsichtlichen Aufgaben regelt die Vereinbarung über die Zusammenarbeit auch Fragen zu den Themen Verbraucherschutz, Zahlungsdienste, Zahlungssysteme sowie Geldwäscheprävention und geht damit über die Zuständigkeiten der EZB-Bankenaufsicht hinaus. Dennoch unterliegt der Grad der Kooperation zwischen den unterzeichnenden Behörden weiterhin dem EU-Recht. Folglich nimmt die EZB nur im Rahmen der ihr zugewiesenen Aufsichtstätigkeiten an der innerhalb des MoU geregelten Zusammenarbeit teil.
- Einer der 29 BCPs, BCP 29 „Abuse of financial services“ (Missbrauch von Finanzdienstleistungen), ist nicht Bestandteil dieser Prüfung, da geldwäschebezogene Themen nicht in den Zuständigkeitsbereich der EZB fallen. Das FSAP des Euroraums wird jedoch auch eine Staff Note des IWF zur finanziellen Integrität enthalten.
- Die 28 einschlägigen BCPs decken zusammen 216 zentrale Kriterien und 17 zusätzliche Kriterien ab.
- Siehe Artikel 16 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde).
- Einschließlich der EBA-Mitteilung zur Leitlinie EBA/GL/2016/01, die verspätet von der EZB abgegeben wurde.
- Siehe EBA/GL/2016/01, EBA/GL/2016/05, EBA/GL/2016/07, EBA/GL/2016/08, EBA/GL/2016/09, EBA/GL/2016/11, EBA/GL/2017/01 sowie JC/GL/2016/01 und EBA/Rec/2017/01.
- Siehe Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 8. März 2017 zu einem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf den Rang unbesicherter Schuldtitel in der Insolvenzrangfolge (CON/2017/6), Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 8. November 2017 zu Änderungen des Unionsrahmens für das Krisenmanagement (CON/2017/47) sowie Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 8. November 2017 zu Änderungen des Unionsrahmens für Eigenmittelanforderungen von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen (CON/2017/46).
- Dieser Vorschlag war Teil der breiter angelegten Überprüfung des Aufsichtsrahmens für Wertpapierfirmen durch die Kommission. Nach dem Vorschlag der Kommission würden systemisch relevante Wertpapierfirmen (d. h. mit Vermögenswerten von über 30 Mio €) den gleichen Regelungen und der gleichen Aufsicht unterliegen wie Banken in der EU.
- Diese Kriterien sind in Artikel 6 Absatz 4 der SSM-Verordnung dargelegt.
- Die im Dezember 2017 veröffentlichte Liste der bedeutenden und weniger bedeutenden Institute berücksichtigt a) die den beaufsichtigten Instituten vor dem 5. Dezember 2017 mitgeteilten Signifikanzbeschlüsse sowie b) sonstige Änderungen und Entwicklungen in der Gruppenstruktur, die vor dem 1. Oktober 2017 wirksam wurden.
- Das einzige im Jahr 2017 erstmals als bedeutend eingestufte Institut war eine Zweigstelle der im Vereinigten Königreich gegründeten Barclays Bank PLC. Im Euroraum ansässige Zweigstellen von Kreditinstituten aus nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten unterliegen auf Einzelinstitutsebene nicht dem Comprehensive Assessment.
- Das Erlöschen einer Zulassung bedeutet, dass die Zulassung – soweit einzelstaatliche Rechtsvorschriften dies vorsehen – ihre Gültigkeit verliert, ohne dass hierfür ein formeller Beschluss erforderlich ist. Es handelt sich um eine Rechtswirkung, die eintritt, sobald bestimmte, genau definierte Auslöser vorliegen, wie z. B. der ausdrückliche Verzicht eines Instituts auf die Zulassung oder die Tatsache, dass das Institut selbst etwa aufgrund einer Verschmelzung mit einem anderen Unternehmen nicht weiterbesteht.
- Einschließlich einer begrenzten Anzahl (17) von Anträgen für weitere Leitungs- oder Aufsichtsmandate.
- Diese 1 673 Genehmigungsverfahren flossen in 1 238 EZB-Rechtsakte ein. Einige Rechtsakte umfassen mehr als ein Genehmigungsverfahren (z. B. die Eignungsprüfung für mehrere Mitglieder der Leitungsorgane desselben bedeutenden Instituts oder der Erwerb qualifizierter Beteiligungen an verschiedenen Tochtergesellschaften im Rahmen einer einzigen Transaktion).
- Diese Verfahren beziehen sich auf die Beurteilung von Mitgliedern der Leitungs- und Aufsichtsorgane, die dem durch Beschluss (EU) 2017/935 der Europäischen Zentralbank vom 16. November 2016 zur Übertragung der Befugnis zum Erlass von Beschlüssen über die Eignungsprüfung und zur Prüfung der Eignungsanforderungen (EZB/2016/42) genehmigten Rahmen für die Übertragung von Befugnissen unterliegen.
- Da der Stichtag für 2014 der 15. Januar 2015 war, besteht eine geringe zeitliche Überschneidung der Zahlen für 2014 und 2015.
- „Spezielle Käufer“ zeichnen sich durch ein hohes Maß an Komplexität oder Intransparenz aus (z. B. Private-Equity-Fonds oder Staatsfonds).
- Inhaber von Schlüsselfunktionen sind Beschäftigte, die einen maßgeblichen Einfluss auf die Leitung der Institute unter der Gesamtverantwortung des Leitungsorgans haben, ohne selbst Mitglieder des Leitungsorgans zu sein, wie z. B. Kreditrisikobeauftragte oder Compliance-Beauftragte. Im Jahr 2017 war die Beurteilung von Inhabern von Schlüsselfunktionen in zwölf Ländern des Euroraums im jeweiligen nationalen Recht vorgesehen.
- Unter „Risikomanagement und interne Kontrollen“ werden die Mechanismen und Prozesse zusammengefasst, über die ein Institut verfügen muss, um seine aktuellen oder etwaigen künftigen Risiken angemessen ermitteln, steuern und melden zu können. „Organisationsstruktur“ bezieht sich auf den Grad der Ausstattung eines Instituts mit genau festgelegten, transparenten und kohärenten Zuständigkeiten.
- Weitere Informationen bezüglich der EuRH-Prüfung zum Krisenmanagement finden sich in Abschnitt 2.1.5.
- Siehe Bericht über den einheitlichen Aufsichtsmechanismus gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013.
- Siehe die begleitende Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen zum Bericht über den einheitlichen Aufsichtsmechanismus gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013.
- Gemäß Artikel 6.7 der Verfahrensordnung des Aufsichtsgremiums der Europäischen Zentralbank können Abstimmungen auch im schriftlichen Verfahren durchgeführt werden, wenn nicht mindestens drei stimmberechtigte Mitglieder des Aufsichtsgremiums Einwände dagegen erheben. In diesen Fällen wird der Punkt auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Aufsichtsgremiums gesetzt. In einem schriftlichen Verfahren müssen dem Aufsichtsgremium in der Regel mindestens fünf Arbeitstage zur Prüfung eingeräumt werden.
- Zahl der bedeutenden Institute per 5. Dezember 2017. Die Liste beaufsichtigter Unternehmen wird regelmäßig aktualisiert und auf der Website zur EZB-Bankenaufsicht veröffentlicht.
- Siehe EuRH-Sonderbericht Nr. 29/2016, Der Einheitliche Aufsichtsmechanismus - Guter Auftakt, doch bedarf es weiterer Verbesserungen.
- Siehe Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über den einheitlichen Aufsichtsmechanismus gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013, veröffentlicht am 11. Oktober 2017.
- Siehe IWF-Länderbericht Nr. 16/196, Deutschland: Programm zur Bewertung des Finanzsektors – Detaillierte Bewertung der Einhaltung der Kernprinzipien für eine effektive Bankenaufsicht des Basler Ausschusses, 29. Juni 2016.
- Siehe ABl. L 141 vom 1.6.2017.
- Allgemeiner Rahmen für die Übertragung von Entscheidungsbefugnissen in Bezug auf Rechtsinstrumente im Zusammenhang mit Aufsichtsaufgaben, Beschluss EZB/2016/40.
- Beschluss zur Übertragung der Befugnis zum Erlass von Beschlüssen über die Eignungsprüfung und zur Prüfung der Eignungsanforderungen, Beschluss EZB/2016/42.
- Beschluss über die Übertragung von Beschlüssen über die Bedeutung der beaufsichtigten Unternehmen, EZB/2016/41.
- Beschlüsse zur Ernennung von Leitern von Arbeitseinheiten für den Erlass von delegierten Beschlüssen über die Eignungsprüfung (Beschluss EZB/2017/16) und zur Ernennung von Leitern von Arbeitseinheiten für den Erlass von delegierten Beschlüssen über die Bedeutung der beaufsichtigten Unternehmen (Beschluss EZB/2017/17).
- Der administrative Überprüfungsausschuss setzt sich aus fünf Mitgliedern zusammen: Jean-Paul Redouin (Vorsitzender), Concetta Brescia Morra (stellvertretende Vorsitzende), F. Javier Arístegui Yáñez, André Camilleri und Edgar Meister, sowie aus zwei Stellvertretern: René Smits und Ivan Šramko.
- Siehe Erwägungsgrund 64 der SSM-Verordnung.
- Rechtssache T-122/15, Landeskreditbank Baden-Württemberg – Förderbank gegen EZB, Urteil vom 16. Mai 2017, ECLI:EU:T:2017:337 (Rechtsmittelverfahren anhängig: Rechtssache C-450/17 P). Rechtssachen T-712/15 und T-52/16, Crédit mutuel Arkéa gegen ECB, Urteil vom 13. Dezember 2017, ECLI:EU:T:2017:900.
- COM(2017) 591 final.
- Der Beschluss EZB/2014/39 enthält auch Vorschriften zu organisatorischen Aspekten.
- Die Finanzberichterstattung (financial reporting - FINREP) und die allgemeine Berichterstattung (common reporting - COREP) bilden einen Teil der technischen Durchführungsstandards (ITS) der EBA. FINREP betrifft die Erfassung von Finanzinformationen von Banken und stellt ein standardisiertes Format für deren Jahresabschluss (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und ausführliche Anhänge) dar. COREP betrifft die standardisierte Erfassung von Informationen in Bezug auf die Säule-1-Berechnung, also von Einzelheiten zu Eigenmitteln, Abzügen und Kapitalanforderungen (Kredit-, Markt- und operationelles Risiko) sowie Großkrediten.
- Siehe Artikel 140 Absatz 4 der SSM-Rahmenverordnung.
- Der „sequenzielle Ansatz“ bezeichnet den Ordnungsrahmen für die Übermittlung aufsichtlicher Daten von den Banken an die NCAs, von den NCAs an die EZB und von der EZB an die EBA.
- EZB-Beschluss zur Einbeziehung von Benchmarking: Beschluss (EU) 2017/1493 der Europäischen Zentralbank zur Änderung des Beschlusses EZB/2014/29 (EZB/2017/23); EZB-Beschluss zu Finanzierungsplänen: Beschluss (EU) 2017/1198 der EZB zur Meldung von Finanzierungsplänen durch die NCAs (EZB/2017/21); Aktualisierung der EZB-Verordnung zu FINREP: Verordnung (EU) 2017/1538 der EZB zur Änderung der Verordnung (EU) 2015/534 über die Meldung aufsichtlicher Finanzinformationen (EZB/2017/25) und Verordnung (EU) 2017/1539 der EZB (EZB/2017/26).
- Siehe SSM-Bankenstatistiken.
- Siehe Artikel 29 der SSM-Verordnung.
- Siehe Beschluss (EU) 2017/760 der Europäischen Zentralbank vom 24. April 2017 über den Gesamtbetrag der jährlichen Aufsichtsgebühren für 2017 (EZB/2017/11).
- Siehe Artikel 9 der Verordnung (EU) Nr. 1163/2014 der Europäischen Zentralbank vom 22. Oktober 2014 über Aufsichtsgebühren (EZB/2014/41).
- Bei den kleinsten SIs mit Gesamtaktiva von weniger als 10 Mrd € wird die Mindestgebührenkomponente halbiert.