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  • PRESSEMITTEILUNG

Stresstest bescheinigt dem Bankensystem im Euroraum Widerstandsfähigkeit in schwierigem gesamtwirtschaftlichen Szenario

30. Juli 2021

  • Endgültige durchschnittliche CET1-Quote von 89 Banken unter EZB-Aufsicht beträgt in dreijährigem adversen Szenario 9,9 % (Rückgang um 5,2 Prozentpunkte gegenüber dem Ausgangswert von 15,1 %)
  • Zu den 89 teilnehmenden Banken gehören 38 Banken der EBA-Stichprobe und weitere 51 von der EZB beaufsichtigte mittelgroße Banken
  • Hauptfaktoren für den Kapitalrückgang: Kreditrisiko, Marktrisiko und Ertragskraft
  • EZB veröffentlicht erstmals individuelle Daten zu Banken, die nicht Gegenstand des EBA-Stresstests waren

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat heute die Ergebnisse des Stresstests 2021 veröffentlicht. Die Resultate zeigen, dass das Bankensystem im Euroraum widerstandsfähig gegenüber ungünstigen wirtschaftlichen Entwicklungen ist. Die harte Kernkapitalquote (CET1-Quote) der 89 Banken im Stresstest würde durchschnittlich um 5,2 Prozentpunkte (von 15,1 % auf 9,9 %) sinken, wenn die Banken einer dreijährigen Stressphase mit schwierigen gesamtwirtschaftlichen Bedingungen ausgesetzt wären. Die CET1-Quote ist eine wichtige Messgröße für die finanzielle Solidität einer Bank.

Die 89 im Bericht aufgeführten Banken werden alle von der EZB beaufsichtigt. Darunter befinden sich 38 Banken des Euroraums, die Gegenstand des EU-weiten Stresstests der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) sind, sowie 51 weitere mittelgroße Banken des Euro-Währungsgebiets. Zusammengenommen entfallen auf diese Banken gut 75 % der Gesamtaktiva der Banken im Euroraum.

Die EBA hat heute die Ergebnisse der einzelnen Banken veröffentlicht, die am EU-weiten Stresstest teilnahmen. Die Ergebnisse umfassen granulare Daten zu den in der Stichprobe enthaltenen 38 Banken im Eurogebiet. Erstmals hat auch die EZB heute ausgewählte Informationen zu den 51 mittelgroßen Banken veröffentlicht, die nicht Teil der EBA-Stichprobe sind.

Bei dem Stresstest geht es nicht darum, ob eine Bank besteht oder nicht besteht. Es gibt auch keinen Schwellenwert, der im Rahmen dieses Tests über den Erfolg oder Misserfolg einer Bank entscheidet. Die Ergebnisse des Stresstests werden vielmehr in den laufenden aufsichtlichen Dialog einfließen.

Die Banken waren bei Testbeginn besser aufgestellt als vor drei Jahren, auf Systemebene sind die Kapitalquoten jedoch stärker eingebrochen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das Szenario ungünstiger als das im Stresstest 2018 verwendete Szenario war.

Die durchschnittliche Abnahme der CET1-Quote um 5,2 Prozentpunkte lässt sich folgendermaßen aufschlüsseln: Bei den 38 von der EBA getesteten Banken ging die durchschnittliche CET1-Quote um 5 Prozentpunkte (von 14,7 % auf 9,7 %) zurück. Bei den 51 mittelgroßen Banken, die nur den EZB-Stresstest durchliefen, brach das Kapital durchschnittlich um 6,8 Prozentpunkte ein (von 18,1 % auf 11,3 %).

Der Unterschied beim Kapitalrückgang im adversen Szenario ist hauptsächlich dadurch bedingt, dass sich ein niedrigeres Zins-, Provisions- und Handelsergebnis über den Dreijahreshorizont hinweg auf mittelgroße Banken stärker auswirkt.

Die Ergebnisse verdeutlichen zudem, dass der erste maßgebliche Faktor für den Kapitalrückgang das Kreditrisiko war, da der wirtschaftliche Schock im adversen Szenario zu Kreditausfällen führte. Das Bankensystem ist zwar insgesamt widerstandsfähig, doch sind mit der Corona-Pandemie (Covid-19) neue Herausforderungen entstanden und die Banken müssen für eine angemessene Messung und Steuerung des Kreditrisikos sorgen.

Für einen Teil der Banken war das Marktrisiko der zweite maßgebliche Faktor für den Kapitalrückgang. Viele Finanzprodukte mussten vollständig neu bewertet werden. Diese Neubewertung war der Einzelfaktor mit den größten Auswirkungen auf das Marktrisiko. Betroffen waren davon vor allem die größten Banken, da sie Aktienkurs- und Credit-Spread-Schocks stärker ausgesetzt sind.

Der dritte maßgebliche Faktor war die begrenzte Fähigkeit, unter ungünstigen wirtschaftlichen Bedingungen Erträge zu generieren, denn die Banken sahen sich im ungünstigen Szenario mit einem beträchtlichen Rückgang ihres Zins-, Handels- und Provisionsergebnisses konfrontiert.

Das Kreditrisiko, das Marktrisiko und die Ertragskraft sind die drei Kernthemen, auf die sich die Aufseher der EZB bei ihrer laufenden Aufsicht konzentrieren.

Berücksichtigung im SREP

Die Aufseher berücksichtigen einige qualitative Ergebnisse des Stresstests, wie etwa die Aktualität und Genauigkeit von Daten und die Qualität von Informationen, wenn sie im Rahmen des jährlichen aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozesses (Supervisory Review and Evaluation Process – SREP) die Governance und das Risikomanagement der Banken beurteilen.

Darüber hinaus sind die quantitativen Auswirkungen des adversen Stresstestszenarios ein wichtiger Parameter, den die Aufsicht zur Bestimmung des P2G-Werts (Säule-2-Empfehlung) heranzieht. Der P2G-Wert ist eine aufsichtliche Empfehlung, die Banken darauf hinweist, wie viel Kapital sie vorhalten sollten, um Stressereignissen standhalten zu können.

In Einklang mit den jüngsten Vorgaben der EBA wird die Bankenaufsicht der EZB dieses Jahr eine neue Methodik zur Festlegung des P2G-Werts verwenden. Diese beruht auf einer Kategorisierung mit zweistufigem Ansatz. Im ersten Schritt wird jede Bank einer P2G-Kategorie zugeordnet. Die Zuordnung basiert auf dem maximalen Rückgang ihrer vollständig umgesetzten harten Kernkapitalquote im Stresstest. Im zweiten Schritt bestimmt die Aufsicht den endgültigen P2G-Wert innerhalb der Bandbreite der jeweiligen Kategorie − in Abhängigkeit von den Besonderheiten der einzelnen Bank. In Ausnahmefällen kann sie auch über die Bandbreite hinausgehen.

Der P2G-Wert einer Bank lässt sich zwar nicht aus ihrem Kapitalrückgang im Stresstest ableiten, die näheren Informationen zur neuen Methodik dürften aber dazu beitragen, dass die Verwendung der Stresstestergebnisse im SREP-Prozess besser nachvollziehbar ist. Durch die neue Methodik werden zudem die P2G-Mindestwerte abgeschafft, die in vergangenen SREP-Zyklen Anwendung fanden. Gleichzeitig werden angemessene P2G-Werte generiert, auch für Banken mit einem sehr hohen Kapitalrückgang. So wird zum Beispiel im aktuellen Aufsichtszyklus voraussichtlich keiner Bank ein P2G-Wert von über 4,5 % zugewiesen.

Diese einfach gestaltete Methodik sorgt für gleiche Rahmenbedingungen und eine einheitliche Vorgehensweise. Sie ermöglicht aber auch, dass den Besonderheiten der einzelnen Banken bei der Festlegung des endgültigen P2G-Werts hinreichend Rechnung getragen wird.

Um den Banken während der Covid-19-Pandemie vorübergehende Kapitalerleichterungen und operative Flexibilität zu gewähren, verpflichtete sich die EZB dazu, den Banken bis mindestens Ende 2022 eine Kapitalunterlegung unterhalb der Säule-2-Empfehlung und der kombinierten Kapitalpufferanforderung zu gestatten. Die Umsetzung der neuen P2G-Methodik wirkt sich auf diese Frist nicht aus. Die EZB beabsichtigt, den Banken hinreichend Zeit für die Aufstockung ihrer Kapitalbasis zu gewähren, falls die P2G-Werte steigen.

Medienanfragen sind an Esther Tejedor zu richten (Tel. +49 69 172 5171280).

Hinweis:

  • Die endgültige Stichprobe umfasst 51 mittelgroße Banken statt der bei Beginn des Tests angekündigten 53 mittelgroßen Banken. Dies ist darauf zurückzuführen, dass zwei Banken, die ursprünglich in der Stichprobe enthalten waren, aufgrund einer Fusion im ersten Quartal 2021 herausgenommen wurden.
  • Einige bedeutende Banken, die direkt von der EZB beaufsichtigt werden, wurden keinem der beiden Stresstests unterzogen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn es sich um Tochtergesellschaften von bedeutenden von der EZB beaufsichtigten Banken handelt, die bereits auf einer höheren Konsolidierungsebene einen Stresstest durchlaufen. Auch könnte eine Bank zur selben Zeit bereits einem anderen Stresstest unterzogen werden (z. B. im Rahmen einer umfassenden Bewertung) oder sie könnte sich in einem Fusions- oder Restrukturierungsprozess befinden.
  • Zur besseren Vergleichbarkeit wird bei allen hier angeführten CET1-Quoten eine Vollumsetzung zugrunde gelegt. Es wird also davon ausgegangen, dass die Banken bereits sämtliche regulatorischen Eigenkapitalanforderungen erfüllen, für die Übergangsregelungen gelten.
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