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Fragen und Antworten zum Administrativen Überprüfungsausschuss

Frage 1: Welche Funktion hat der Administrative Überprüfungsausschuss (Administrative Board of Review – ABoR), und welchen Nutzen hat seine Tätigkeit?

Mithilfe des ABoR-Verfahrens können Banken und Privatpersonen rasch einen neuen Aufsichtsbeschluss der EZB erwirken, sollten sie mit dem ursprünglich an sie gerichteten Beschluss nicht einverstanden sein. Der Überprüfungsprozess ist schnell, vertraulich und kostengünstig. Die EZB, ihr Aufsichtsgremium und der EZB-Rat stützen sich bei neuen Beschlüssen stets auf die Stellungnahme des ABoR. Letztere enthält eine eingehende Prüfung der Anträge und Argumente der/des Antragstellenden durch den ABoR.

Weitere Informationen hierzu finden sich in einem Interview mit Pentti Hakkarainen, dem Vorsitzenden des ABoR (ABoR: quick, inexpensive and confidential review of supervisory decisions, 17. Mai 2023).

Frage 2: Wer kann eine Überprüfung durch den ABoR beantragen?

Alle Banken und Privatpersonen, an die ein Aufsichtsbeschluss der EZB gerichtet ist, können eine Überprüfung durch den ABoR verlangen. Gleiches gilt für alle, die unmittelbar und individuell von einem solchen Beschluss betroffen sind. Für Verbraucherbeschwerden sind die jeweiligen Verbraucherschutzbehörden zuständig, sie fallen nicht in den Aufgabenbereich des ABoR.

Frage 3: Welchen Umfang hat eine ABoR-Überprüfung?

Der ABoR hat ein breites Themenspektrum, das sämtliche Bereiche der europäischen Bankenaufsicht umfasst. Bislang hat er Überprüfungen in folgenden Bereichen durchgeführt: Beurteilung der Bedeutung von Banken für die Zwecke der europäischen Bankenaufsicht, Umfang der konsolidierten Beaufsichtigung, Verstöße gegen aufsichtliche Regelungen (z. B. Großkreditobergrenzen), Corporate-Governance-Regelungen, Beurteilung der fachlichen Qualifikation und persönlichen Zuverlässigkeit, Aufsichtsmaßnahmen auf der Grundlage von nationalem Recht, Entzug von Bankzulassungen, Sanktionen, Erwerb qualifizierter Beteiligungen, Verwendung interner Modelle und Vor-Ort-Prüfungen.

Der ABoR kann die Einhaltung von Verfahren prüfen, beispielsweise ob die EZB sich an geltende Regeln hält, ob die/der Antragstellende ihren/seinen Anspruch auf rechtliches Gehör geltend machen konnte oder ob die EZB ihre Beschlüsse angemessen begründet hat.

Arbeitsschwerpunkt des ABoR ist die Prüfung von Aussagen und Begründungen von Antragstellenden und von etwaigen Verstößen gegen wesentliche Formvorschriften.

Frage 4: Wann kann eine Überprüfung beantragt werden?

Ein Antrag auf Überprüfung kann binnen eines Monats nach Kommunikation des jeweiligen EZB-Beschlusses gestellt werden. Der Antrag muss begründet und die Begründung durch Dokumente belegt werden. Nähere Informationen finden sich in den Vorschriften für die Arbeitsweise des Administrativen Ausschusses.

Frage 5: Wie lange dauert es bis zu einem neuen EZB-Beschluss?

Der ABoR legt dem Aufsichtsgremium seine Stellungnahme spätestens zwei Monate nach Antragseingang vor. Der neue EZB-Beschluss ergeht etwa zwei Monate später.

Frage 6: Welche Sprache wird bei ABoR-Verfahren verwendet?

Bislang wurde bei nahezu allen Überprüfungsverfahren Englisch verwendet. Prinzipiell sind aber alle Amtssprachen der EU zulässig, die/der Antragstellende kann sich für ihre/seine Muttersprache entscheiden. Da Englisch die Arbeitssprache des ABoR ist, werden in anderen Sprachen verfasste Texte für die Zwecke des Verfahrens ins Englische übersetzt.

Frage 7: Muss ein EZB-Beschluss zuerst vom ABoR überprüft werden, bevor er vor dem Gerichtshof der Europäischen Union angefochten werden kann?

Nein, Antragstellende können direkt Klage beim Gerichtshof erheben. Entscheiden sich Antragstellende für die Überprüfung eines Beschlusses durch den ABoR und möchten den zweiten Beschluss dann anfechten, so sollten sie beim Gerichtshof eine Prüfung des zweiten Beschlusses (nach Stellungnahme des ABoR) erwirken.

Frage 8: Kann man sich trotz des nichtöffentlichen Charakters von ABoR-Verfahren mit der Vorgehensweise des Ausschusses vertraut machen?

Ja, das Dokument Administrativer Überprüfungsausschuss Acht Jahre Überprüfung von Aufsichtsbeschlüssen der EZB: bietet einen umfassenden Überblick über die bis September 2022 vom ABoR geprüften Sachverhalte.

Frage 9: Führt der ABoR mündliche Anhörungen durch?

Der ABoR führt eine mündliche Anhörung durch, wenn er dies für notwendig hält, um eine Überprüfung fair beurteilen zu können. Solche Anhörungen sind jedoch nicht zwingend erforderlich.

Frage 10: Kann der ABoR einen Beschluss der EZB ändern?

Nein, aber er gibt eine Stellungnahme ab, in der er empfiehlt, dass der angefochtene Beschluss aufrechterhalten, geändert oder aufgehoben werden sollte. Adressatin dieser Stellungnahme ist die EZB. Sie muss die Stellungnahme bei der erneuten Prüfung des Sachverhalts und bei Verabschiedung eines neuen Beschlusses berücksichtigen.

Frage 11: Wie viel kostet eine Überprüfung durch den ABoR?

Die Kosten für die Beantragung einer ABoR-Überprüfung sind – abgesehen von der Arbeit der/des Antragstellenden und des Heranziehens externer Anwälte – gering. In Fällen, in denen der EZB-Rat den angefochtenen Beschluss aufhebt oder ändert, erstattet die EZB die der/dem Antragstellenden entstandene Kosten von bis zu 50 000 €. Sind der neue und der ursprüngliche EZB-Beschluss identisch, so müssen Antragstellende der EZB 500 € (natürliche Personen) bzw. 5 000 € (juristische Personen) zahlen.

Weitere Einzelheiten sind der Methodik für die Verteilung der Kosten im Anhang der Vorschriften für die Arbeitsweise des ABoR zu entnehmen.

Frage 12: Sind die Überprüfungen des ABoR unabhängig?

Der ABoR ist in seiner Arbeit unabhängig und unparteiisch. Der Ausschuss setzt sich aus hoch angesehenen Persönlichkeiten mit Aufsichts- und Regulierungserfahrung im Bankensektor oder im Bereich andere Finanzdienstleistungen zusammen. Der EZB-Rat ernennt fünf Mitglieder und zwei stellvertretende Mitglieder für eine auf 5 Jahre begrenzte Amtszeit. Die Ausschussmitglieder sind unabhängig von der EZB-Bankenaufsicht und deren Entscheidungen. Sie arbeiten weder für die EZB noch für eine nationale Bankenaufsichtsbehörde. Die Mitglieder des ABoR haben unabhängig und im öffentlichen Interesse zu handeln.

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